Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Wohnhauses nicht der volle Tag in diesen Raum eindringen, sondern durch den
erwähnten Säulengang gedämpft werden, obwohl es sich hier gewiß nicht um
malerische Abtönung des Lichtes handelt.

Der Saal links, welcher aus der Westseite des Gebäudes liegt, dient zur
Aufstellung verschiedener historischer Denkmäler und kleiner Kunst- und Gebrauchs¬
gegenstände. Die Architektur desselben ist deu Felsengräbern von Beni-Hassan
entlehnt, die Wände bedecken allerlei bunte Darstellungen, welche im nachgeahmten
Styl altägyptischer Malerei geschichtliche und Cnltnrmomente bedeuten sollen, nach
meiner Ansicht jedoch einem nach Ueberlieferung abgefaßten Bilderbuche gleichen,
der bildliche": Erläuterung zu eiuer culturgeschichtlicheu Vorlesung für jugend¬
liche Schüler, die des Künstlerischen wenig an sich trägt. Man hat hierbei
wieder die Absicht gehabt, dnrch Anordnung und Decoration der Localicn
die Sammlungen soviel wie möglich zu ergänzen, und anch in der That das
Mögliche an Ergänzungen geleistet. Aber der dadurch erzielte Eindruck scheint
mir doch allzusehr abgeschwächt und in deu bunten Farben allzu modern, um
uus in die Zeiten des Alterthums zurückversetzen zu können. Gerade bei dem
am entschiedensten in dieser Tendenz angelegten Atrium treten die Halbheiten
derselben am überzeugendsten vor das Auge, wozu der Umstand nicht wenig beiträgt,
daß oberhalb der von den ägyptischen Säulen getragenen Gallerie die Wände sich
in glatter Fläche mit den nach Analogie griechischer Formen construirten Pfeiler-
senstern fortsetzen.

Um in das zweite Geschoß zu gelangen, kehren wir in die Vorhalle des
Treppenhauses zurück und betreten das letztere selbst. Ein überraschend gro߬
artiger Raum nimmt uns auf; denn von der untersten Stufe des Ausgangs zu¬
nächst dem Fußboden des ersten Geschosses steigt die Höhe des Treppenhauses bis
zur Giebelspitze des Mittelbaues empor, welcher das dritte Geschoß überragt und
ausschließlich dem Treppenhause gewidmet ist. Eilte breite Treppe vou schlesischen
Marmor, jetzt während des Baues mit Papier überklebt, führt gerade hinauf;
ihre Brüstungsmauer schmückt in horizotaler Lage der herrliche Amazonenfries von
Phigalia, für dessen Betrachtung sich jedoch nirgend ein recht geeigneter Stand¬
punkt darbietet. Vou der Treppe aus sieht mau ihn natürlich am schlechtesten,
von jeder der beiden Gallerten, welche hinter den Brüstnngsmanern liegen, die
gegenüberliegende Hälfte des Frieses am besten; doch stört hier wieder der Blick
nach Unten, ans den das Werk nicht berechnet ist.

Die Qnergallerie, zu welcher die Treppe emporführt, verbindet Gemächer
des zweiten Geschosses. Von ihr erheben sich herrliche jonische Säulen von weißem
Marmor mit kräftig geschwungenen Voluten an den Capitälen, und tragen eine
zweite Gallerie, welche Gemächer des Obergeschosses verbindet. Die Decke, zu
der die Säulen emporsteigen, ist kassettirt. Der obern Gallerie liegt eine gleich
hohe, ebenfalls das dritte Geschoß verbindende Gallerie an der zweiten Schmal-


Wohnhauses nicht der volle Tag in diesen Raum eindringen, sondern durch den
erwähnten Säulengang gedämpft werden, obwohl es sich hier gewiß nicht um
malerische Abtönung des Lichtes handelt.

Der Saal links, welcher aus der Westseite des Gebäudes liegt, dient zur
Aufstellung verschiedener historischer Denkmäler und kleiner Kunst- und Gebrauchs¬
gegenstände. Die Architektur desselben ist deu Felsengräbern von Beni-Hassan
entlehnt, die Wände bedecken allerlei bunte Darstellungen, welche im nachgeahmten
Styl altägyptischer Malerei geschichtliche und Cnltnrmomente bedeuten sollen, nach
meiner Ansicht jedoch einem nach Ueberlieferung abgefaßten Bilderbuche gleichen,
der bildliche»: Erläuterung zu eiuer culturgeschichtlicheu Vorlesung für jugend¬
liche Schüler, die des Künstlerischen wenig an sich trägt. Man hat hierbei
wieder die Absicht gehabt, dnrch Anordnung und Decoration der Localicn
die Sammlungen soviel wie möglich zu ergänzen, und anch in der That das
Mögliche an Ergänzungen geleistet. Aber der dadurch erzielte Eindruck scheint
mir doch allzusehr abgeschwächt und in deu bunten Farben allzu modern, um
uus in die Zeiten des Alterthums zurückversetzen zu können. Gerade bei dem
am entschiedensten in dieser Tendenz angelegten Atrium treten die Halbheiten
derselben am überzeugendsten vor das Auge, wozu der Umstand nicht wenig beiträgt,
daß oberhalb der von den ägyptischen Säulen getragenen Gallerie die Wände sich
in glatter Fläche mit den nach Analogie griechischer Formen construirten Pfeiler-
senstern fortsetzen.

Um in das zweite Geschoß zu gelangen, kehren wir in die Vorhalle des
Treppenhauses zurück und betreten das letztere selbst. Ein überraschend gro߬
artiger Raum nimmt uns auf; denn von der untersten Stufe des Ausgangs zu¬
nächst dem Fußboden des ersten Geschosses steigt die Höhe des Treppenhauses bis
zur Giebelspitze des Mittelbaues empor, welcher das dritte Geschoß überragt und
ausschließlich dem Treppenhause gewidmet ist. Eilte breite Treppe vou schlesischen
Marmor, jetzt während des Baues mit Papier überklebt, führt gerade hinauf;
ihre Brüstungsmauer schmückt in horizotaler Lage der herrliche Amazonenfries von
Phigalia, für dessen Betrachtung sich jedoch nirgend ein recht geeigneter Stand¬
punkt darbietet. Vou der Treppe aus sieht mau ihn natürlich am schlechtesten,
von jeder der beiden Gallerten, welche hinter den Brüstnngsmanern liegen, die
gegenüberliegende Hälfte des Frieses am besten; doch stört hier wieder der Blick
nach Unten, ans den das Werk nicht berechnet ist.

Die Qnergallerie, zu welcher die Treppe emporführt, verbindet Gemächer
des zweiten Geschosses. Von ihr erheben sich herrliche jonische Säulen von weißem
Marmor mit kräftig geschwungenen Voluten an den Capitälen, und tragen eine
zweite Gallerie, welche Gemächer des Obergeschosses verbindet. Die Decke, zu
der die Säulen emporsteigen, ist kassettirt. Der obern Gallerie liegt eine gleich
hohe, ebenfalls das dritte Geschoß verbindende Gallerie an der zweiten Schmal-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0299" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/92037"/>
          <p xml:id="ID_931" prev="#ID_930"> Wohnhauses nicht der volle Tag in diesen Raum eindringen, sondern durch den<lb/>
erwähnten Säulengang gedämpft werden, obwohl es sich hier gewiß nicht um<lb/>
malerische Abtönung des Lichtes handelt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_932"> Der Saal links, welcher aus der Westseite des Gebäudes liegt, dient zur<lb/>
Aufstellung verschiedener historischer Denkmäler und kleiner Kunst- und Gebrauchs¬<lb/>
gegenstände. Die Architektur desselben ist deu Felsengräbern von Beni-Hassan<lb/>
entlehnt, die Wände bedecken allerlei bunte Darstellungen, welche im nachgeahmten<lb/>
Styl altägyptischer Malerei geschichtliche und Cnltnrmomente bedeuten sollen, nach<lb/>
meiner Ansicht jedoch einem nach Ueberlieferung abgefaßten Bilderbuche gleichen,<lb/>
der bildliche»: Erläuterung zu eiuer culturgeschichtlicheu Vorlesung für jugend¬<lb/>
liche Schüler, die des Künstlerischen wenig an sich trägt. Man hat hierbei<lb/>
wieder die Absicht gehabt, dnrch Anordnung und Decoration der Localicn<lb/>
die Sammlungen soviel wie möglich zu ergänzen, und anch in der That das<lb/>
Mögliche an Ergänzungen geleistet. Aber der dadurch erzielte Eindruck scheint<lb/>
mir doch allzusehr abgeschwächt und in deu bunten Farben allzu modern, um<lb/>
uus in die Zeiten des Alterthums zurückversetzen zu können. Gerade bei dem<lb/>
am entschiedensten in dieser Tendenz angelegten Atrium treten die Halbheiten<lb/>
derselben am überzeugendsten vor das Auge, wozu der Umstand nicht wenig beiträgt,<lb/>
daß oberhalb der von den ägyptischen Säulen getragenen Gallerie die Wände sich<lb/>
in glatter Fläche mit den nach Analogie griechischer Formen construirten Pfeiler-<lb/>
senstern fortsetzen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_933"> Um in das zweite Geschoß zu gelangen, kehren wir in die Vorhalle des<lb/>
Treppenhauses zurück und betreten das letztere selbst. Ein überraschend gro߬<lb/>
artiger Raum nimmt uns auf; denn von der untersten Stufe des Ausgangs zu¬<lb/>
nächst dem Fußboden des ersten Geschosses steigt die Höhe des Treppenhauses bis<lb/>
zur Giebelspitze des Mittelbaues empor, welcher das dritte Geschoß überragt und<lb/>
ausschließlich dem Treppenhause gewidmet ist. Eilte breite Treppe vou schlesischen<lb/>
Marmor, jetzt während des Baues mit Papier überklebt, führt gerade hinauf;<lb/>
ihre Brüstungsmauer schmückt in horizotaler Lage der herrliche Amazonenfries von<lb/>
Phigalia, für dessen Betrachtung sich jedoch nirgend ein recht geeigneter Stand¬<lb/>
punkt darbietet. Vou der Treppe aus sieht mau ihn natürlich am schlechtesten,<lb/>
von jeder der beiden Gallerten, welche hinter den Brüstnngsmanern liegen, die<lb/>
gegenüberliegende Hälfte des Frieses am besten; doch stört hier wieder der Blick<lb/>
nach Unten, ans den das Werk nicht berechnet ist.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_934" next="#ID_935"> Die Qnergallerie, zu welcher die Treppe emporführt, verbindet Gemächer<lb/>
des zweiten Geschosses. Von ihr erheben sich herrliche jonische Säulen von weißem<lb/>
Marmor mit kräftig geschwungenen Voluten an den Capitälen, und tragen eine<lb/>
zweite Gallerie, welche Gemächer des Obergeschosses verbindet. Die Decke, zu<lb/>
der die Säulen emporsteigen, ist kassettirt. Der obern Gallerie liegt eine gleich<lb/>
hohe, ebenfalls das dritte Geschoß verbindende Gallerie an der zweiten Schmal-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0299] Wohnhauses nicht der volle Tag in diesen Raum eindringen, sondern durch den erwähnten Säulengang gedämpft werden, obwohl es sich hier gewiß nicht um malerische Abtönung des Lichtes handelt. Der Saal links, welcher aus der Westseite des Gebäudes liegt, dient zur Aufstellung verschiedener historischer Denkmäler und kleiner Kunst- und Gebrauchs¬ gegenstände. Die Architektur desselben ist deu Felsengräbern von Beni-Hassan entlehnt, die Wände bedecken allerlei bunte Darstellungen, welche im nachgeahmten Styl altägyptischer Malerei geschichtliche und Cnltnrmomente bedeuten sollen, nach meiner Ansicht jedoch einem nach Ueberlieferung abgefaßten Bilderbuche gleichen, der bildliche»: Erläuterung zu eiuer culturgeschichtlicheu Vorlesung für jugend¬ liche Schüler, die des Künstlerischen wenig an sich trägt. Man hat hierbei wieder die Absicht gehabt, dnrch Anordnung und Decoration der Localicn die Sammlungen soviel wie möglich zu ergänzen, und anch in der That das Mögliche an Ergänzungen geleistet. Aber der dadurch erzielte Eindruck scheint mir doch allzusehr abgeschwächt und in deu bunten Farben allzu modern, um uus in die Zeiten des Alterthums zurückversetzen zu können. Gerade bei dem am entschiedensten in dieser Tendenz angelegten Atrium treten die Halbheiten derselben am überzeugendsten vor das Auge, wozu der Umstand nicht wenig beiträgt, daß oberhalb der von den ägyptischen Säulen getragenen Gallerie die Wände sich in glatter Fläche mit den nach Analogie griechischer Formen construirten Pfeiler- senstern fortsetzen. Um in das zweite Geschoß zu gelangen, kehren wir in die Vorhalle des Treppenhauses zurück und betreten das letztere selbst. Ein überraschend gro߬ artiger Raum nimmt uns auf; denn von der untersten Stufe des Ausgangs zu¬ nächst dem Fußboden des ersten Geschosses steigt die Höhe des Treppenhauses bis zur Giebelspitze des Mittelbaues empor, welcher das dritte Geschoß überragt und ausschließlich dem Treppenhause gewidmet ist. Eilte breite Treppe vou schlesischen Marmor, jetzt während des Baues mit Papier überklebt, führt gerade hinauf; ihre Brüstungsmauer schmückt in horizotaler Lage der herrliche Amazonenfries von Phigalia, für dessen Betrachtung sich jedoch nirgend ein recht geeigneter Stand¬ punkt darbietet. Vou der Treppe aus sieht mau ihn natürlich am schlechtesten, von jeder der beiden Gallerten, welche hinter den Brüstnngsmanern liegen, die gegenüberliegende Hälfte des Frieses am besten; doch stört hier wieder der Blick nach Unten, ans den das Werk nicht berechnet ist. Die Qnergallerie, zu welcher die Treppe emporführt, verbindet Gemächer des zweiten Geschosses. Von ihr erheben sich herrliche jonische Säulen von weißem Marmor mit kräftig geschwungenen Voluten an den Capitälen, und tragen eine zweite Gallerie, welche Gemächer des Obergeschosses verbindet. Die Decke, zu der die Säulen emporsteigen, ist kassettirt. Der obern Gallerie liegt eine gleich hohe, ebenfalls das dritte Geschoß verbindende Gallerie an der zweiten Schmal-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_345606
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_345606/299
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_345606/299>, abgerufen am 23.06.2024.