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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. I. Band.

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Eine kleine, nur interimistische Pforte führt jetzt, nachdem man sich dnrch die
Ruinen der ehemaligen Geschirrniederlage hindurchgearbeitet hat, links von
dem Haupteingange in das Innere des Museums, zunächst in den für die vater¬
ländischen, slavisch-germanischen Alterthümer bestimmten Saal, in welchem vorläufig
einige Kuustfragmeute chaotisch durch einander liegen. Der Saal jedoch ist voll¬
endet; die Säulen, welche ihn tragen, sind, wie überhaupt die Säulen des unte¬
ren Geschosses größtentheils, ans Sandstein gearbeitet und mit Stucco überzogen.
Die Fußböden bestehen hier wie im zweiten Geschoß theils ans venetianischen
Estrich, theils ans Mosaik von Thonsteinen, der Ueberzug der Wände fast durch-
gehends aus einem geglätteten und verschiedenartig gefärbten Mischstoff von Kalk
und Marmorstaub, die Thüreinfassnngen und Gesimse in dem gauzen Lau aus
Keeu'sehen Marblecement. Ans der West- und Südseite desselben Flügels, in
welchem sich der Saal für vaterländische Alterthümer befindet, enthält das Unter¬
geschoß in drei großen Sälen mit einigen Nebenräumen die ethnographische Samm¬
lung, die jedoch zur Zeit uoch uicht besucht werden kauu. Wir begeben uus
daher durch die Vorhalle des Treppenhauses nach dem jenseitigen Flügel des
Untergeschosses, und treten dnrch einen kleinen Vorraum mit einer ächten altägyp-
tischen Säule in deu Hof der ägyptischen Abtheilung, welcher das Atrium eines
Tempels bildet. Die umgearbeiteten Säulen mit den dicken und schweren Kelch-
capitälen siud nach dem Vorbilde altägyptischer Säulen mit bunten Bildern und
Hieroglyphen bemalt, gleich dem Friese, der um deu Hof oberhalb der Säulen sich
herumzieht, wie denn dieser ganze Raum ein Modell nach dem Muster jener Zeit
vorstellen soll, wo über das Nilthal noch die Pharaonen herrschten. Freilich macht
das Modell eben nnr den Eindruck einer Miniatnre, und obendrein weiß der
Laie nicht einmal, was denn an den Aufstellungen eigentlich ächt und was unächt
sei. So weiß ich z. B. uur durch einen günstigen Schicksalswurf, daß vou den
beiden Widdern, welche in dem Hofe stehen, der eine theilweise ächt und restaurirt,
der andere ganz neu ist, daß die beideu gewaltigen Götzenbilder am Eingange
des Tempels ebenfalls nur zur Hälfte ächt siud und vou der kolossalen Bildsäule
eiues Königs im Grunde der mittleren Tempelzelle gar nur der Kopf. Zum Ueber¬
flusse hat man noch den beiden Widdern die Hörner ganz frisch und neu vergoldet.
An den Wänden des den Hof umgebenden Sänlenganges stehen Grab - und
Denksteine, und darüber befinden sich schön gemalte Wandbilder, Landschaften vou
Graeb, Pape, Biermauu, Schirmer und Max Schmidt. Sie stellen
folgende Gegenden und Architekturen dar: einen Gang in der Pyramide des
Cheops -- den Hathortempel und das Typhonium zu Dendera -- das Ramesseum
zu Theben -- die Memnonstatne ebendaselbst in Mondbeleuchtung -- den Hyvo-
ftyl des Tempels zu Karnak -- den Tempel zu Karnak -- den Tempel von Gerf
Hnssön -- das Felsengrab von Beni-Hassan die Gräber von Beni-Hassan --
die großen Pyramiden zu Memphis -- die Pyramiden von Meroe -- den Berg


Eine kleine, nur interimistische Pforte führt jetzt, nachdem man sich dnrch die
Ruinen der ehemaligen Geschirrniederlage hindurchgearbeitet hat, links von
dem Haupteingange in das Innere des Museums, zunächst in den für die vater¬
ländischen, slavisch-germanischen Alterthümer bestimmten Saal, in welchem vorläufig
einige Kuustfragmeute chaotisch durch einander liegen. Der Saal jedoch ist voll¬
endet; die Säulen, welche ihn tragen, sind, wie überhaupt die Säulen des unte¬
ren Geschosses größtentheils, ans Sandstein gearbeitet und mit Stucco überzogen.
Die Fußböden bestehen hier wie im zweiten Geschoß theils ans venetianischen
Estrich, theils ans Mosaik von Thonsteinen, der Ueberzug der Wände fast durch-
gehends aus einem geglätteten und verschiedenartig gefärbten Mischstoff von Kalk
und Marmorstaub, die Thüreinfassnngen und Gesimse in dem gauzen Lau aus
Keeu'sehen Marblecement. Ans der West- und Südseite desselben Flügels, in
welchem sich der Saal für vaterländische Alterthümer befindet, enthält das Unter¬
geschoß in drei großen Sälen mit einigen Nebenräumen die ethnographische Samm¬
lung, die jedoch zur Zeit uoch uicht besucht werden kauu. Wir begeben uus
daher durch die Vorhalle des Treppenhauses nach dem jenseitigen Flügel des
Untergeschosses, und treten dnrch einen kleinen Vorraum mit einer ächten altägyp-
tischen Säule in deu Hof der ägyptischen Abtheilung, welcher das Atrium eines
Tempels bildet. Die umgearbeiteten Säulen mit den dicken und schweren Kelch-
capitälen siud nach dem Vorbilde altägyptischer Säulen mit bunten Bildern und
Hieroglyphen bemalt, gleich dem Friese, der um deu Hof oberhalb der Säulen sich
herumzieht, wie denn dieser ganze Raum ein Modell nach dem Muster jener Zeit
vorstellen soll, wo über das Nilthal noch die Pharaonen herrschten. Freilich macht
das Modell eben nnr den Eindruck einer Miniatnre, und obendrein weiß der
Laie nicht einmal, was denn an den Aufstellungen eigentlich ächt und was unächt
sei. So weiß ich z. B. uur durch einen günstigen Schicksalswurf, daß vou den
beiden Widdern, welche in dem Hofe stehen, der eine theilweise ächt und restaurirt,
der andere ganz neu ist, daß die beideu gewaltigen Götzenbilder am Eingange
des Tempels ebenfalls nur zur Hälfte ächt siud und vou der kolossalen Bildsäule
eiues Königs im Grunde der mittleren Tempelzelle gar nur der Kopf. Zum Ueber¬
flusse hat man noch den beiden Widdern die Hörner ganz frisch und neu vergoldet.
An den Wänden des den Hof umgebenden Sänlenganges stehen Grab - und
Denksteine, und darüber befinden sich schön gemalte Wandbilder, Landschaften vou
Graeb, Pape, Biermauu, Schirmer und Max Schmidt. Sie stellen
folgende Gegenden und Architekturen dar: einen Gang in der Pyramide des
Cheops — den Hathortempel und das Typhonium zu Dendera — das Ramesseum
zu Theben — die Memnonstatne ebendaselbst in Mondbeleuchtung — den Hyvo-
ftyl des Tempels zu Karnak — den Tempel zu Karnak — den Tempel von Gerf
Hnssön — das Felsengrab von Beni-Hassan die Gräber von Beni-Hassan —
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[0297] Eine kleine, nur interimistische Pforte führt jetzt, nachdem man sich dnrch die Ruinen der ehemaligen Geschirrniederlage hindurchgearbeitet hat, links von dem Haupteingange in das Innere des Museums, zunächst in den für die vater¬ ländischen, slavisch-germanischen Alterthümer bestimmten Saal, in welchem vorläufig einige Kuustfragmeute chaotisch durch einander liegen. Der Saal jedoch ist voll¬ endet; die Säulen, welche ihn tragen, sind, wie überhaupt die Säulen des unte¬ ren Geschosses größtentheils, ans Sandstein gearbeitet und mit Stucco überzogen. Die Fußböden bestehen hier wie im zweiten Geschoß theils ans venetianischen Estrich, theils ans Mosaik von Thonsteinen, der Ueberzug der Wände fast durch- gehends aus einem geglätteten und verschiedenartig gefärbten Mischstoff von Kalk und Marmorstaub, die Thüreinfassnngen und Gesimse in dem gauzen Lau aus Keeu'sehen Marblecement. Ans der West- und Südseite desselben Flügels, in welchem sich der Saal für vaterländische Alterthümer befindet, enthält das Unter¬ geschoß in drei großen Sälen mit einigen Nebenräumen die ethnographische Samm¬ lung, die jedoch zur Zeit uoch uicht besucht werden kauu. Wir begeben uus daher durch die Vorhalle des Treppenhauses nach dem jenseitigen Flügel des Untergeschosses, und treten dnrch einen kleinen Vorraum mit einer ächten altägyp- tischen Säule in deu Hof der ägyptischen Abtheilung, welcher das Atrium eines Tempels bildet. Die umgearbeiteten Säulen mit den dicken und schweren Kelch- capitälen siud nach dem Vorbilde altägyptischer Säulen mit bunten Bildern und Hieroglyphen bemalt, gleich dem Friese, der um deu Hof oberhalb der Säulen sich herumzieht, wie denn dieser ganze Raum ein Modell nach dem Muster jener Zeit vorstellen soll, wo über das Nilthal noch die Pharaonen herrschten. Freilich macht das Modell eben nnr den Eindruck einer Miniatnre, und obendrein weiß der Laie nicht einmal, was denn an den Aufstellungen eigentlich ächt und was unächt sei. So weiß ich z. B. uur durch einen günstigen Schicksalswurf, daß vou den beiden Widdern, welche in dem Hofe stehen, der eine theilweise ächt und restaurirt, der andere ganz neu ist, daß die beideu gewaltigen Götzenbilder am Eingange des Tempels ebenfalls nur zur Hälfte ächt siud und vou der kolossalen Bildsäule eiues Königs im Grunde der mittleren Tempelzelle gar nur der Kopf. Zum Ueber¬ flusse hat man noch den beiden Widdern die Hörner ganz frisch und neu vergoldet. An den Wänden des den Hof umgebenden Sänlenganges stehen Grab - und Denksteine, und darüber befinden sich schön gemalte Wandbilder, Landschaften vou Graeb, Pape, Biermauu, Schirmer und Max Schmidt. Sie stellen folgende Gegenden und Architekturen dar: einen Gang in der Pyramide des Cheops — den Hathortempel und das Typhonium zu Dendera — das Ramesseum zu Theben — die Memnonstatne ebendaselbst in Mondbeleuchtung — den Hyvo- ftyl des Tempels zu Karnak — den Tempel zu Karnak — den Tempel von Gerf Hnssön — das Felsengrab von Beni-Hassan die Gräber von Beni-Hassan — die großen Pyramiden zu Memphis — die Pyramiden von Meroe — den Berg

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_345606/297>, abgerufen am 23.06.2024.