Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

war auf dem vorderen, durch Säulengänge rundum begränzten, mit bereits vor¬
handenen Bäumen geschmückten und zum öffentlichen Spaziergange dienenden
Haupthöfe ein hohes Gebäude gedacht, welches in zwei unteren Geschossen Hörsäle
und in dem von Säulen umschlossenen Oberbau eine große Aula enthalten sollte,
zu der großartige Freitreppen emporstiegen. Als Beweggründe zu dieser Ban-
anlagc gibt Herr Slüter das in stetem Wachsen begriffene Bedürfniß von Räum¬
lichkeiten an, welche der Kunst und Wissenschaft gewidmet sind, und als Zweck die
Bemerkung, das Ganze solle einen Mittelpunkt für die höchsten geistigen Interessen
des Volkes bilden. Wozu jedoch sollen die projectirten Hörsäle nebst Aula beinahe
werdeu? Man muß wohl annehmen, daß sie der Wissenschaft bestimmt waren,
da die Kunst bereits in den Museen vertreten ist. Aber vergebens rathe ich, da
doch die Universität bereits so ausgedehnte Räume besitzt, uach dem speciellen Zwecke
umher, der sich bis jejzt uoch in nebelhafte Unbestimmtheit zu hüllen scheint.

Nach den vorliegenden Ansichten und Plänen zu urtheilen, läßt sich aller¬
dings Phantasie und Geschmack dem Projecte nicht absprechen; doch würde das¬
selbe ein Werk von ungeheurer Ausdehnung und kaum berechenbarer Kostspielig¬
keit werden. Die Verschwendung von Säulenhallen, Freitreppen und verziertem
Mauerwerke aller Art könnte leicht die Vermuthung erwecken, als sei es hier mit
einem gewaltigen Aufwande von Kosten und künstlerischen Mitteln hauptsächlich
auf eine schöne Decoration abgesehen, zumal die Zwecke noch so unbestimmt ge¬
dacht erscheinen.

Das neue Museum ist zur Aufnahme derjenigen Kunstsammlungen bestimmt,
welche im älteren Museum nicht Raum fanden und bisher zerstreut in königlichen
Schlössern nothdürftig untergebracht waren, also: der Sammluug ägyptischer Al¬
terthümer, ans dem Schlosse Monbijou, der Sammlung der sogenannten Kunst-
kammer nebst einem ethnographischen Cabinet, der Sammlung slavisch-germani¬
scher Alterthümer, der Sammlung der Miniaturen, Handzeichnungen und Kunst¬
drucke (gewöhnlich Knpferstichcabinet genannt) und einer bedeutenden Sammlung
von Gypsabgüssen nach der Antike, welche vorläufig in der Akademie der Künste
untergebracht waren, seitdem aber schon durch Abgüsse uach Kunstwerken des clas¬
sischen Alterthums, des Mittelalters, der Zeit der Wiedererweckung antiker Kunst,
sowie der Neuzeit ansehnlich vermehrt worden sind. Alle diese Sammlungen zur
zweckmäßigen Benutzung räumlich zu vereinigen, ist gewiß ein dankenswerthes
Unternehmen, und die Aufgabe, dieser Verewigung das Gefäß zu schaffen, eine
so würdige und schöne, wie sie einem Architekten nnr irgend zu Theil werden
kann. Herr Slüter hat einen bewundernswerthen Reichthum von Phantasie
und Kenntnissen aufgeboten, um seiner Aufgabe zu genügen, und ein interessan¬
tes Bauwerk geliefert, das überall den geistreichen Künstler verräth, wenn gleich
der Laie nicht immer mit Idee und Anordnung übereinzustimmen vermag.

Eine auf drei edel geschwungenen Bögen ruhende Gallerie verbindet das


36"

war auf dem vorderen, durch Säulengänge rundum begränzten, mit bereits vor¬
handenen Bäumen geschmückten und zum öffentlichen Spaziergange dienenden
Haupthöfe ein hohes Gebäude gedacht, welches in zwei unteren Geschossen Hörsäle
und in dem von Säulen umschlossenen Oberbau eine große Aula enthalten sollte,
zu der großartige Freitreppen emporstiegen. Als Beweggründe zu dieser Ban-
anlagc gibt Herr Slüter das in stetem Wachsen begriffene Bedürfniß von Räum¬
lichkeiten an, welche der Kunst und Wissenschaft gewidmet sind, und als Zweck die
Bemerkung, das Ganze solle einen Mittelpunkt für die höchsten geistigen Interessen
des Volkes bilden. Wozu jedoch sollen die projectirten Hörsäle nebst Aula beinahe
werdeu? Man muß wohl annehmen, daß sie der Wissenschaft bestimmt waren,
da die Kunst bereits in den Museen vertreten ist. Aber vergebens rathe ich, da
doch die Universität bereits so ausgedehnte Räume besitzt, uach dem speciellen Zwecke
umher, der sich bis jejzt uoch in nebelhafte Unbestimmtheit zu hüllen scheint.

Nach den vorliegenden Ansichten und Plänen zu urtheilen, läßt sich aller¬
dings Phantasie und Geschmack dem Projecte nicht absprechen; doch würde das¬
selbe ein Werk von ungeheurer Ausdehnung und kaum berechenbarer Kostspielig¬
keit werden. Die Verschwendung von Säulenhallen, Freitreppen und verziertem
Mauerwerke aller Art könnte leicht die Vermuthung erwecken, als sei es hier mit
einem gewaltigen Aufwande von Kosten und künstlerischen Mitteln hauptsächlich
auf eine schöne Decoration abgesehen, zumal die Zwecke noch so unbestimmt ge¬
dacht erscheinen.

Das neue Museum ist zur Aufnahme derjenigen Kunstsammlungen bestimmt,
welche im älteren Museum nicht Raum fanden und bisher zerstreut in königlichen
Schlössern nothdürftig untergebracht waren, also: der Sammluug ägyptischer Al¬
terthümer, ans dem Schlosse Monbijou, der Sammlung der sogenannten Kunst-
kammer nebst einem ethnographischen Cabinet, der Sammlung slavisch-germani¬
scher Alterthümer, der Sammlung der Miniaturen, Handzeichnungen und Kunst¬
drucke (gewöhnlich Knpferstichcabinet genannt) und einer bedeutenden Sammlung
von Gypsabgüssen nach der Antike, welche vorläufig in der Akademie der Künste
untergebracht waren, seitdem aber schon durch Abgüsse uach Kunstwerken des clas¬
sischen Alterthums, des Mittelalters, der Zeit der Wiedererweckung antiker Kunst,
sowie der Neuzeit ansehnlich vermehrt worden sind. Alle diese Sammlungen zur
zweckmäßigen Benutzung räumlich zu vereinigen, ist gewiß ein dankenswerthes
Unternehmen, und die Aufgabe, dieser Verewigung das Gefäß zu schaffen, eine
so würdige und schöne, wie sie einem Architekten nnr irgend zu Theil werden
kann. Herr Slüter hat einen bewundernswerthen Reichthum von Phantasie
und Kenntnissen aufgeboten, um seiner Aufgabe zu genügen, und ein interessan¬
tes Bauwerk geliefert, das überall den geistreichen Künstler verräth, wenn gleich
der Laie nicht immer mit Idee und Anordnung übereinzustimmen vermag.

Eine auf drei edel geschwungenen Bögen ruhende Gallerie verbindet das


36"
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0295" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/92033"/>
          <p xml:id="ID_923" prev="#ID_922"> war auf dem vorderen, durch Säulengänge rundum begränzten, mit bereits vor¬<lb/>
handenen Bäumen geschmückten und zum öffentlichen Spaziergange dienenden<lb/>
Haupthöfe ein hohes Gebäude gedacht, welches in zwei unteren Geschossen Hörsäle<lb/>
und in dem von Säulen umschlossenen Oberbau eine große Aula enthalten sollte,<lb/>
zu der großartige Freitreppen emporstiegen. Als Beweggründe zu dieser Ban-<lb/>
anlagc gibt Herr Slüter das in stetem Wachsen begriffene Bedürfniß von Räum¬<lb/>
lichkeiten an, welche der Kunst und Wissenschaft gewidmet sind, und als Zweck die<lb/>
Bemerkung, das Ganze solle einen Mittelpunkt für die höchsten geistigen Interessen<lb/>
des Volkes bilden. Wozu jedoch sollen die projectirten Hörsäle nebst Aula beinahe<lb/>
werdeu? Man muß wohl annehmen, daß sie der Wissenschaft bestimmt waren,<lb/>
da die Kunst bereits in den Museen vertreten ist. Aber vergebens rathe ich, da<lb/>
doch die Universität bereits so ausgedehnte Räume besitzt, uach dem speciellen Zwecke<lb/>
umher, der sich bis jejzt uoch in nebelhafte Unbestimmtheit zu hüllen scheint.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_924"> Nach den vorliegenden Ansichten und Plänen zu urtheilen, läßt sich aller¬<lb/>
dings Phantasie und Geschmack dem Projecte nicht absprechen; doch würde das¬<lb/>
selbe ein Werk von ungeheurer Ausdehnung und kaum berechenbarer Kostspielig¬<lb/>
keit werden. Die Verschwendung von Säulenhallen, Freitreppen und verziertem<lb/>
Mauerwerke aller Art könnte leicht die Vermuthung erwecken, als sei es hier mit<lb/>
einem gewaltigen Aufwande von Kosten und künstlerischen Mitteln hauptsächlich<lb/>
auf eine schöne Decoration abgesehen, zumal die Zwecke noch so unbestimmt ge¬<lb/>
dacht erscheinen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_925"> Das neue Museum ist zur Aufnahme derjenigen Kunstsammlungen bestimmt,<lb/>
welche im älteren Museum nicht Raum fanden und bisher zerstreut in königlichen<lb/>
Schlössern nothdürftig untergebracht waren, also: der Sammluug ägyptischer Al¬<lb/>
terthümer, ans dem Schlosse Monbijou, der Sammlung der sogenannten Kunst-<lb/>
kammer nebst einem ethnographischen Cabinet, der Sammlung slavisch-germani¬<lb/>
scher Alterthümer, der Sammlung der Miniaturen, Handzeichnungen und Kunst¬<lb/>
drucke (gewöhnlich Knpferstichcabinet genannt) und einer bedeutenden Sammlung<lb/>
von Gypsabgüssen nach der Antike, welche vorläufig in der Akademie der Künste<lb/>
untergebracht waren, seitdem aber schon durch Abgüsse uach Kunstwerken des clas¬<lb/>
sischen Alterthums, des Mittelalters, der Zeit der Wiedererweckung antiker Kunst,<lb/>
sowie der Neuzeit ansehnlich vermehrt worden sind. Alle diese Sammlungen zur<lb/>
zweckmäßigen Benutzung räumlich zu vereinigen, ist gewiß ein dankenswerthes<lb/>
Unternehmen, und die Aufgabe, dieser Verewigung das Gefäß zu schaffen, eine<lb/>
so würdige und schöne, wie sie einem Architekten nnr irgend zu Theil werden<lb/>
kann. Herr Slüter hat einen bewundernswerthen Reichthum von Phantasie<lb/>
und Kenntnissen aufgeboten, um seiner Aufgabe zu genügen, und ein interessan¬<lb/>
tes Bauwerk geliefert, das überall den geistreichen Künstler verräth, wenn gleich<lb/>
der Laie nicht immer mit Idee und Anordnung übereinzustimmen vermag.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_926" next="#ID_927"> Eine auf drei edel geschwungenen Bögen ruhende Gallerie verbindet das</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> 36"</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0295] war auf dem vorderen, durch Säulengänge rundum begränzten, mit bereits vor¬ handenen Bäumen geschmückten und zum öffentlichen Spaziergange dienenden Haupthöfe ein hohes Gebäude gedacht, welches in zwei unteren Geschossen Hörsäle und in dem von Säulen umschlossenen Oberbau eine große Aula enthalten sollte, zu der großartige Freitreppen emporstiegen. Als Beweggründe zu dieser Ban- anlagc gibt Herr Slüter das in stetem Wachsen begriffene Bedürfniß von Räum¬ lichkeiten an, welche der Kunst und Wissenschaft gewidmet sind, und als Zweck die Bemerkung, das Ganze solle einen Mittelpunkt für die höchsten geistigen Interessen des Volkes bilden. Wozu jedoch sollen die projectirten Hörsäle nebst Aula beinahe werdeu? Man muß wohl annehmen, daß sie der Wissenschaft bestimmt waren, da die Kunst bereits in den Museen vertreten ist. Aber vergebens rathe ich, da doch die Universität bereits so ausgedehnte Räume besitzt, uach dem speciellen Zwecke umher, der sich bis jejzt uoch in nebelhafte Unbestimmtheit zu hüllen scheint. Nach den vorliegenden Ansichten und Plänen zu urtheilen, läßt sich aller¬ dings Phantasie und Geschmack dem Projecte nicht absprechen; doch würde das¬ selbe ein Werk von ungeheurer Ausdehnung und kaum berechenbarer Kostspielig¬ keit werden. Die Verschwendung von Säulenhallen, Freitreppen und verziertem Mauerwerke aller Art könnte leicht die Vermuthung erwecken, als sei es hier mit einem gewaltigen Aufwande von Kosten und künstlerischen Mitteln hauptsächlich auf eine schöne Decoration abgesehen, zumal die Zwecke noch so unbestimmt ge¬ dacht erscheinen. Das neue Museum ist zur Aufnahme derjenigen Kunstsammlungen bestimmt, welche im älteren Museum nicht Raum fanden und bisher zerstreut in königlichen Schlössern nothdürftig untergebracht waren, also: der Sammluug ägyptischer Al¬ terthümer, ans dem Schlosse Monbijou, der Sammlung der sogenannten Kunst- kammer nebst einem ethnographischen Cabinet, der Sammlung slavisch-germani¬ scher Alterthümer, der Sammlung der Miniaturen, Handzeichnungen und Kunst¬ drucke (gewöhnlich Knpferstichcabinet genannt) und einer bedeutenden Sammlung von Gypsabgüssen nach der Antike, welche vorläufig in der Akademie der Künste untergebracht waren, seitdem aber schon durch Abgüsse uach Kunstwerken des clas¬ sischen Alterthums, des Mittelalters, der Zeit der Wiedererweckung antiker Kunst, sowie der Neuzeit ansehnlich vermehrt worden sind. Alle diese Sammlungen zur zweckmäßigen Benutzung räumlich zu vereinigen, ist gewiß ein dankenswerthes Unternehmen, und die Aufgabe, dieser Verewigung das Gefäß zu schaffen, eine so würdige und schöne, wie sie einem Architekten nnr irgend zu Theil werden kann. Herr Slüter hat einen bewundernswerthen Reichthum von Phantasie und Kenntnissen aufgeboten, um seiner Aufgabe zu genügen, und ein interessan¬ tes Bauwerk geliefert, das überall den geistreichen Künstler verräth, wenn gleich der Laie nicht immer mit Idee und Anordnung übereinzustimmen vermag. Eine auf drei edel geschwungenen Bögen ruhende Gallerie verbindet das 36"

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_345606
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_345606/295
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_345606/295>, abgerufen am 23.06.2024.