Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. I. Band.unsere Commandanten erinnern sich manchmal ihrer mit einer väterlichen Ermahnung. Zu meinem jüngsten Bericht über unser Nationaltheater habe ich noch hinzuzufügen, Der Austritt Schmerling's aus dem Ministerium hat hier, wie immer, wieder zu Durch den Tod des Professor Seur am 14. Januar d. I. in Oberungarn hat Hier unterhält man sich mit einem Ereigniß, welches interessant genug ist. In unsere Commandanten erinnern sich manchmal ihrer mit einer väterlichen Ermahnung. Zu meinem jüngsten Bericht über unser Nationaltheater habe ich noch hinzuzufügen, Der Austritt Schmerling's aus dem Ministerium hat hier, wie immer, wieder zu Durch den Tod des Professor Seur am 14. Januar d. I. in Oberungarn hat Hier unterhält man sich mit einem Ereigniß, welches interessant genug ist. In <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0288" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/92026"/> <p xml:id="ID_899" prev="#ID_898"> unsere Commandanten erinnern sich manchmal ihrer mit einer väterlichen Ermahnung.<lb/> So wurden unsere Pesther Redacteure dieser Tage zum Rapport commandirt und ihnen<lb/> begreiflich gemacht, wie revolutionär sie sich trotz ihrer loyalen Gesinnungsäußerungen<lb/> noch immer benehmen, da sie die Jnsurgentenführer noch immer per General tituliren.<lb/> Die geplagten Zeitungsmacher versprachen Besserung, und wurden in Gnaden entlassen.<lb/> Veranlassung zu dieser Lection gab eine Notiz von der Ausweisung des Generals<lb/> — oder vielmehr Nebellenchefs — Vetter aus Hamburg.</p><lb/> <p xml:id="ID_900"> Zu meinem jüngsten Bericht über unser Nationaltheater habe ich noch hinzuzufügen,<lb/> daß sich in jüngster Zeit hier eine Verschwörung gegen dieses Institut gebildet, an deren<lb/> Spitze sich die Pesther Zeitung gestellt hat. Zweck dieser Verschwörung ist, dem<lb/> herabgekommenen deutschen Theater aus die Beine zu helfen, und zu diesem Behufe<lb/> sollen die beiden Theater — das deutsche und das Nationaltheater — unter eine Haube<lb/> gebracht werden. Die Pesther Zeitung hat hier nicht einmal das Verdienst der Erfin-<lb/> dung, deun gleich nach der östreichischen Occupation, noch unter Haynau, wurde ver¬<lb/> ordnet, daß im Nationaltheater deutsche mit ungarischen Vorstellungen abwechseln sollen.<lb/> Was Haynau nicht gelungen ist, will jetzt die Pesther Zeitung durch Leitartikel und<lb/> Feuilletongeschwätz zu Stande bringen. — Daß durch ein solches Zusammenkuppeln<lb/> zweier durch die Maßregeln unserer Regierung einander feindlich gegenüberstehender Ele¬<lb/> mente weder das eine noch das andere gefördert werden kann, wird außer der Pesther<lb/> Zeitung Jedermann klar sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_901"> Der Austritt Schmerling's aus dem Ministerium hat hier, wie immer, wieder zu<lb/> den drolligsten Kannegießereien Anlaß gegeben, man hofft sogar ein theilweises Aufgeben<lb/> der starren Centralisationspläne und geringere Freundschaft für die Slaven. Thatsache<lb/> ist, daß die Beschwerden der Rumänen-Wallachen gegen die kirchliche Suprematie der<lb/> Szerben in Wien ein sehr geöffnetes Ohr gefunden; daß Jellachich, der für seine Pro¬<lb/> vinzen eine Erleichterung in Betreff der Stempelsteuern und anderer Lasten erflehen<lb/> wollte, unverrichteter Dinge von Wien abzog; und eine Deputation, welche von der<lb/> hiesigen Stadt unter Präsidium des russenbegeisterten Ministerialraths Kollar nach Wien<lb/> zog, um nach eingeholter Erlaubniß das Pesther Ehrenbürgerrecht an den Fürsten von<lb/> Warschau zu überbringen, wurde mit einem Verweis zurück expedirt und der Befehl<lb/> ertheilt, daß künstig derartige Deputationen nur nach eingeholter Erlaubniß von Pesth<lb/> abgehen sollen. Die schöne Reise von Pesth nach Warschau, das Einathmen der loya¬<lb/> len Lust des gebenedeiten Czarenreichs, und ein Lächeln, oder ein gnädiger Händedruck<lb/> von dem Manne, teri das schöne Vaterland dem großen Czaren zu Füßen gelegt hat,<lb/> sind Dinge, die solche Männer, wie die Deputation sie enthalten sollte, wohl zu schätzen<lb/> wissen.</p><lb/> <p xml:id="ID_902"> Durch den Tod des Professor Seur am 14. Januar d. I. in Oberungarn hat<lb/> der ungarische Panslavismus einen seiner besten Kämpen verloren. Seur kämpfte mit<lb/> Energie und Talent für seine Ueberzeugung, und hatte vor vielen seiner Kollegen —^ wie<lb/> Hurban, Hodzsa :c. — das voraus, daß er überhaupt eine Ueberzeugung hatte. Möge<lb/> ihm Friede werden in dem Reiche der Wahrheit!</p><lb/> <p xml:id="ID_903" next="#ID_904"> Hier unterhält man sich mit einem Ereigniß, welches interessant genug ist. In<lb/> Debreczin vereinigten sich die jungen Leute der höhern Classe, um einen Ball (wie<lb/> Manche sagen, zu einem wohlthätigen Zweck) zu veranstalten; die Damen zeigten keine<lb/> besondere Lust. Am Abend des Festes hatten sich alle Schmollkrankheiten über die</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0288]
unsere Commandanten erinnern sich manchmal ihrer mit einer väterlichen Ermahnung.
So wurden unsere Pesther Redacteure dieser Tage zum Rapport commandirt und ihnen
begreiflich gemacht, wie revolutionär sie sich trotz ihrer loyalen Gesinnungsäußerungen
noch immer benehmen, da sie die Jnsurgentenführer noch immer per General tituliren.
Die geplagten Zeitungsmacher versprachen Besserung, und wurden in Gnaden entlassen.
Veranlassung zu dieser Lection gab eine Notiz von der Ausweisung des Generals
— oder vielmehr Nebellenchefs — Vetter aus Hamburg.
Zu meinem jüngsten Bericht über unser Nationaltheater habe ich noch hinzuzufügen,
daß sich in jüngster Zeit hier eine Verschwörung gegen dieses Institut gebildet, an deren
Spitze sich die Pesther Zeitung gestellt hat. Zweck dieser Verschwörung ist, dem
herabgekommenen deutschen Theater aus die Beine zu helfen, und zu diesem Behufe
sollen die beiden Theater — das deutsche und das Nationaltheater — unter eine Haube
gebracht werden. Die Pesther Zeitung hat hier nicht einmal das Verdienst der Erfin-
dung, deun gleich nach der östreichischen Occupation, noch unter Haynau, wurde ver¬
ordnet, daß im Nationaltheater deutsche mit ungarischen Vorstellungen abwechseln sollen.
Was Haynau nicht gelungen ist, will jetzt die Pesther Zeitung durch Leitartikel und
Feuilletongeschwätz zu Stande bringen. — Daß durch ein solches Zusammenkuppeln
zweier durch die Maßregeln unserer Regierung einander feindlich gegenüberstehender Ele¬
mente weder das eine noch das andere gefördert werden kann, wird außer der Pesther
Zeitung Jedermann klar sein.
Der Austritt Schmerling's aus dem Ministerium hat hier, wie immer, wieder zu
den drolligsten Kannegießereien Anlaß gegeben, man hofft sogar ein theilweises Aufgeben
der starren Centralisationspläne und geringere Freundschaft für die Slaven. Thatsache
ist, daß die Beschwerden der Rumänen-Wallachen gegen die kirchliche Suprematie der
Szerben in Wien ein sehr geöffnetes Ohr gefunden; daß Jellachich, der für seine Pro¬
vinzen eine Erleichterung in Betreff der Stempelsteuern und anderer Lasten erflehen
wollte, unverrichteter Dinge von Wien abzog; und eine Deputation, welche von der
hiesigen Stadt unter Präsidium des russenbegeisterten Ministerialraths Kollar nach Wien
zog, um nach eingeholter Erlaubniß das Pesther Ehrenbürgerrecht an den Fürsten von
Warschau zu überbringen, wurde mit einem Verweis zurück expedirt und der Befehl
ertheilt, daß künstig derartige Deputationen nur nach eingeholter Erlaubniß von Pesth
abgehen sollen. Die schöne Reise von Pesth nach Warschau, das Einathmen der loya¬
len Lust des gebenedeiten Czarenreichs, und ein Lächeln, oder ein gnädiger Händedruck
von dem Manne, teri das schöne Vaterland dem großen Czaren zu Füßen gelegt hat,
sind Dinge, die solche Männer, wie die Deputation sie enthalten sollte, wohl zu schätzen
wissen.
Durch den Tod des Professor Seur am 14. Januar d. I. in Oberungarn hat
der ungarische Panslavismus einen seiner besten Kämpen verloren. Seur kämpfte mit
Energie und Talent für seine Ueberzeugung, und hatte vor vielen seiner Kollegen —^ wie
Hurban, Hodzsa :c. — das voraus, daß er überhaupt eine Ueberzeugung hatte. Möge
ihm Friede werden in dem Reiche der Wahrheit!
Hier unterhält man sich mit einem Ereigniß, welches interessant genug ist. In
Debreczin vereinigten sich die jungen Leute der höhern Classe, um einen Ball (wie
Manche sagen, zu einem wohlthätigen Zweck) zu veranstalten; die Damen zeigten keine
besondere Lust. Am Abend des Festes hatten sich alle Schmollkrankheiten über die
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