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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. I. Band.

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Unglauben schmählich zu Grunde geht -- die Exaltation, die im Augenblick der
Noth Frankreichs wiederkehrt, und dadurch ihre Vergangenheit führt, steigert sich sogar
bis zum Wunder; aber es hat sich doch soviel herausgestellt, daß sie sterben muß,
wenn sie uach Vollendung ihres Berufs nicht deu Kampf der innern Selbstver¬
nichtung kämpfen soll. Sie stirbt schön, von den siegreichen Fahnen ihres Va¬
^. 8. terlandes umweht, aber ihr Vater bleibt fern; er ist nicht überzeugt.




Revolutionen in der Pflanzenwelt.

Wildes Leben im Innern von Central-Amerika. Von Georg Byam. Aus
dem Englischen von M. B. Lindau. Dresden, Rudolf Knabe, 18ö0.

Das kleine Werk, welches unter so wildem Titel in diesen Wochen durch den
Buchhandel versendet wurde, verdient die Anfmerffamt'eit der deutschen Leser. Der
Verfasser gehört zu der Classe unternehmender Engländer, welche durch Geschäfte
zum Reisen in ferne Gegenden kommt und durch Freude an Abenteuern und
Gefahren zuweilen länger in der Fremde gehalten wird, als die praktischen Zwecke
ihrer Reise nöthig gemacht hätten. In den Neiseschildernngen solcher Männer
wird der Gelehrte allerdings wissenschaftliche Vorbildung und Genauigkeit häusig
vermissen, sie können demungeachtet einen bedeutenden Werth haben, wenn der
Reisende ein tüchtiger und energischer Mann ist, welcher das fremdartige Leben,
in dem er sich tummelt, versteht und zu beherrschen weiß. Seine Urtheile über
Menschen, politische und Culturverhältnisse siud nicht weniger achtungswerth, wenn
er sich von Jugend ans mehr mit Geschäften, als mit Büchern vertraut gemacht
hat. Georg Byam ist durchaus kein Gelehrter, aber ein sehr verständiger und
kühner Mann, der gut beobachtet und der in einem Ueberfluß von Unternehmungs¬
geist sich gerade da am wohlsten fühlt, wo er keine andern Hilfsquellen hat, als
seiue eigene Umsicht und Bravour. Vou Chili aus reiste er uach Leon in Central-
Amerika und schlug in diesem Staate fern von Menschenwohnungen in einem
Ramado, eiuer Holzhütte, die er sich mit seinen Jägern gebant hatte, seine Woh¬
nung auf und lebte dort zwei Jahre zwischen der weiten Prairie und dem unend-
lichen Wald, am Rande des großen Gebirges. Sein Hauptzweck scheint gewesen
zu- sein, Kupferminen und edlere Metalllager zu suchen; abenteuerliche Prohibitiv-
gesetze der mittelamerikanischen Republiken machten diese Nachforschungen resultatlos.
Das Buch aber zeigt uns den Reisenden zumeist als Jäger. Das Leben der
Thierwelt wird genau und mit großer Liebe geschildert. Panther und Puma, Tapir und


Unglauben schmählich zu Grunde geht — die Exaltation, die im Augenblick der
Noth Frankreichs wiederkehrt, und dadurch ihre Vergangenheit führt, steigert sich sogar
bis zum Wunder; aber es hat sich doch soviel herausgestellt, daß sie sterben muß,
wenn sie uach Vollendung ihres Berufs nicht deu Kampf der innern Selbstver¬
nichtung kämpfen soll. Sie stirbt schön, von den siegreichen Fahnen ihres Va¬
^. 8. terlandes umweht, aber ihr Vater bleibt fern; er ist nicht überzeugt.




Revolutionen in der Pflanzenwelt.

Wildes Leben im Innern von Central-Amerika. Von Georg Byam. Aus
dem Englischen von M. B. Lindau. Dresden, Rudolf Knabe, 18ö0.

Das kleine Werk, welches unter so wildem Titel in diesen Wochen durch den
Buchhandel versendet wurde, verdient die Anfmerffamt'eit der deutschen Leser. Der
Verfasser gehört zu der Classe unternehmender Engländer, welche durch Geschäfte
zum Reisen in ferne Gegenden kommt und durch Freude an Abenteuern und
Gefahren zuweilen länger in der Fremde gehalten wird, als die praktischen Zwecke
ihrer Reise nöthig gemacht hätten. In den Neiseschildernngen solcher Männer
wird der Gelehrte allerdings wissenschaftliche Vorbildung und Genauigkeit häusig
vermissen, sie können demungeachtet einen bedeutenden Werth haben, wenn der
Reisende ein tüchtiger und energischer Mann ist, welcher das fremdartige Leben,
in dem er sich tummelt, versteht und zu beherrschen weiß. Seine Urtheile über
Menschen, politische und Culturverhältnisse siud nicht weniger achtungswerth, wenn
er sich von Jugend ans mehr mit Geschäften, als mit Büchern vertraut gemacht
hat. Georg Byam ist durchaus kein Gelehrter, aber ein sehr verständiger und
kühner Mann, der gut beobachtet und der in einem Ueberfluß von Unternehmungs¬
geist sich gerade da am wohlsten fühlt, wo er keine andern Hilfsquellen hat, als
seiue eigene Umsicht und Bravour. Vou Chili aus reiste er uach Leon in Central-
Amerika und schlug in diesem Staate fern von Menschenwohnungen in einem
Ramado, eiuer Holzhütte, die er sich mit seinen Jägern gebant hatte, seine Woh¬
nung auf und lebte dort zwei Jahre zwischen der weiten Prairie und dem unend-
lichen Wald, am Rande des großen Gebirges. Sein Hauptzweck scheint gewesen
zu- sein, Kupferminen und edlere Metalllager zu suchen; abenteuerliche Prohibitiv-
gesetze der mittelamerikanischen Republiken machten diese Nachforschungen resultatlos.
Das Buch aber zeigt uns den Reisenden zumeist als Jäger. Das Leben der
Thierwelt wird genau und mit großer Liebe geschildert. Panther und Puma, Tapir und


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[0260] Unglauben schmählich zu Grunde geht — die Exaltation, die im Augenblick der Noth Frankreichs wiederkehrt, und dadurch ihre Vergangenheit führt, steigert sich sogar bis zum Wunder; aber es hat sich doch soviel herausgestellt, daß sie sterben muß, wenn sie uach Vollendung ihres Berufs nicht deu Kampf der innern Selbstver¬ nichtung kämpfen soll. Sie stirbt schön, von den siegreichen Fahnen ihres Va¬ ^. 8. terlandes umweht, aber ihr Vater bleibt fern; er ist nicht überzeugt. Revolutionen in der Pflanzenwelt. Wildes Leben im Innern von Central-Amerika. Von Georg Byam. Aus dem Englischen von M. B. Lindau. Dresden, Rudolf Knabe, 18ö0. Das kleine Werk, welches unter so wildem Titel in diesen Wochen durch den Buchhandel versendet wurde, verdient die Anfmerffamt'eit der deutschen Leser. Der Verfasser gehört zu der Classe unternehmender Engländer, welche durch Geschäfte zum Reisen in ferne Gegenden kommt und durch Freude an Abenteuern und Gefahren zuweilen länger in der Fremde gehalten wird, als die praktischen Zwecke ihrer Reise nöthig gemacht hätten. In den Neiseschildernngen solcher Männer wird der Gelehrte allerdings wissenschaftliche Vorbildung und Genauigkeit häusig vermissen, sie können demungeachtet einen bedeutenden Werth haben, wenn der Reisende ein tüchtiger und energischer Mann ist, welcher das fremdartige Leben, in dem er sich tummelt, versteht und zu beherrschen weiß. Seine Urtheile über Menschen, politische und Culturverhältnisse siud nicht weniger achtungswerth, wenn er sich von Jugend ans mehr mit Geschäften, als mit Büchern vertraut gemacht hat. Georg Byam ist durchaus kein Gelehrter, aber ein sehr verständiger und kühner Mann, der gut beobachtet und der in einem Ueberfluß von Unternehmungs¬ geist sich gerade da am wohlsten fühlt, wo er keine andern Hilfsquellen hat, als seiue eigene Umsicht und Bravour. Vou Chili aus reiste er uach Leon in Central- Amerika und schlug in diesem Staate fern von Menschenwohnungen in einem Ramado, eiuer Holzhütte, die er sich mit seinen Jägern gebant hatte, seine Woh¬ nung auf und lebte dort zwei Jahre zwischen der weiten Prairie und dem unend- lichen Wald, am Rande des großen Gebirges. Sein Hauptzweck scheint gewesen zu- sein, Kupferminen und edlere Metalllager zu suchen; abenteuerliche Prohibitiv- gesetze der mittelamerikanischen Republiken machten diese Nachforschungen resultatlos. Das Buch aber zeigt uns den Reisenden zumeist als Jäger. Das Leben der Thierwelt wird genau und mit großer Liebe geschildert. Panther und Puma, Tapir und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_345606/260>, abgerufen am 23.06.2024.