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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. I. Band.

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ihrer Stellung nothwendig sind. So oft Türkei im Schloß ist, wird an der
großen Tafel gespeist und es gibt Festlichkeiten, die die Grenze der gewöhnlichen
Hausfeste überschreiten.




Das k. V. östreichische Heer.
in.
Die Greuzregimenter.

Die Ereignisse der letzten Jahre haben den Grenzregimentern Oestreichs eine
höhere Bedeutung verliehen und sie dem allgemeinen Interesse näher geführt.
Man glaubte die Grenzer früher nur bestimmt, die lange Grenze Oestreichs vom
adriatischen Meere bis an die siebenbürgischen Gebirgspässe gegen Einfälle räu¬
berischer Horden des türkischen Gebietes und gegen das noch gefährlichere Ein¬
dringen der Pest zu schützen, plötzlich sah man ihre wilden Gestalten überall auf-
tauchen, wo die Fahne des Doppeladlers sich entfaltete. Croatische und walla¬
chische Grenzregimenter fochten in Italien in den beiden Feldzügen von 48 und
49, ließen sich in Pesciera gefangen nehmen, plünderten und mordeten unter
Haynan in Brescia und zogen als Sieger in die alte Dogenstadt ein, als diese
sich uach lauger Belagerung deu alten Herren wieder ergeben mußte. Die
kaiserliche Hauptstadt Wien sah diese gefürchteten Gäste in den Schreckenstagen
des Octobers nicht zu ihrer Freude, und weiß Manches von ihrem beutelustigen
Sinn und der Fertigkeit, womit sie Alles, was nicht niet- und nagelfest war, mit¬
gehen hießen, zu erzählen. In dem ungarischen Krieg spielten sie keine geringe
Rolle und schadeten, weniger ans dem offenen Schlachtfelde, als im kleinen Vor¬
postendienst, dem feindlichen Heere nicht wenig. Auch Deutschland sollte vor
Kurzem auch mit ihnen bekannt werden, an 40,0ol) Mann Grenztruppen, größten-
theils von den arvalischen und wallachischen Regimentern, standen in Böhmen bis
an die preußische und sächsische Grenze vorgeschoben.

Vier verschiedene, ganz von einander getrennte, ja sich oft bitter hassende
Volksstämme liefern das Contingent zu diesen Truppen. Zuerst die Croaten
Slavonier und Jllyrier, aus denen die Mehrzahl der Regimenter besteht, dann
Wallachen oder Romanen, serner Naizen oder Serben, die übrigens nur einen kleinen
Theil einiger Regimenter, zumal die Tschailisteu oder Soldaten der Donauflotille,
ausmachen, und endlich die Szekler, echte Magyaren, aus denen in Siebenbürgen
2 Grenzinfanterie- und 1 Husarenregiment besteht. Diese Szeklerregimenter foch¬
ten mit äußerster Wuth gegen Oestreich und bildeten einen Haupttheil der Armee,


ihrer Stellung nothwendig sind. So oft Türkei im Schloß ist, wird an der
großen Tafel gespeist und es gibt Festlichkeiten, die die Grenze der gewöhnlichen
Hausfeste überschreiten.




Das k. V. östreichische Heer.
in.
Die Greuzregimenter.

Die Ereignisse der letzten Jahre haben den Grenzregimentern Oestreichs eine
höhere Bedeutung verliehen und sie dem allgemeinen Interesse näher geführt.
Man glaubte die Grenzer früher nur bestimmt, die lange Grenze Oestreichs vom
adriatischen Meere bis an die siebenbürgischen Gebirgspässe gegen Einfälle räu¬
berischer Horden des türkischen Gebietes und gegen das noch gefährlichere Ein¬
dringen der Pest zu schützen, plötzlich sah man ihre wilden Gestalten überall auf-
tauchen, wo die Fahne des Doppeladlers sich entfaltete. Croatische und walla¬
chische Grenzregimenter fochten in Italien in den beiden Feldzügen von 48 und
49, ließen sich in Pesciera gefangen nehmen, plünderten und mordeten unter
Haynan in Brescia und zogen als Sieger in die alte Dogenstadt ein, als diese
sich uach lauger Belagerung deu alten Herren wieder ergeben mußte. Die
kaiserliche Hauptstadt Wien sah diese gefürchteten Gäste in den Schreckenstagen
des Octobers nicht zu ihrer Freude, und weiß Manches von ihrem beutelustigen
Sinn und der Fertigkeit, womit sie Alles, was nicht niet- und nagelfest war, mit¬
gehen hießen, zu erzählen. In dem ungarischen Krieg spielten sie keine geringe
Rolle und schadeten, weniger ans dem offenen Schlachtfelde, als im kleinen Vor¬
postendienst, dem feindlichen Heere nicht wenig. Auch Deutschland sollte vor
Kurzem auch mit ihnen bekannt werden, an 40,0ol) Mann Grenztruppen, größten-
theils von den arvalischen und wallachischen Regimentern, standen in Böhmen bis
an die preußische und sächsische Grenze vorgeschoben.

Vier verschiedene, ganz von einander getrennte, ja sich oft bitter hassende
Volksstämme liefern das Contingent zu diesen Truppen. Zuerst die Croaten
Slavonier und Jllyrier, aus denen die Mehrzahl der Regimenter besteht, dann
Wallachen oder Romanen, serner Naizen oder Serben, die übrigens nur einen kleinen
Theil einiger Regimenter, zumal die Tschailisteu oder Soldaten der Donauflotille,
ausmachen, und endlich die Szekler, echte Magyaren, aus denen in Siebenbürgen
2 Grenzinfanterie- und 1 Husarenregiment besteht. Diese Szeklerregimenter foch¬
ten mit äußerster Wuth gegen Oestreich und bildeten einen Haupttheil der Armee,


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[0195] ihrer Stellung nothwendig sind. So oft Türkei im Schloß ist, wird an der großen Tafel gespeist und es gibt Festlichkeiten, die die Grenze der gewöhnlichen Hausfeste überschreiten. Das k. V. östreichische Heer. in. Die Greuzregimenter. Die Ereignisse der letzten Jahre haben den Grenzregimentern Oestreichs eine höhere Bedeutung verliehen und sie dem allgemeinen Interesse näher geführt. Man glaubte die Grenzer früher nur bestimmt, die lange Grenze Oestreichs vom adriatischen Meere bis an die siebenbürgischen Gebirgspässe gegen Einfälle räu¬ berischer Horden des türkischen Gebietes und gegen das noch gefährlichere Ein¬ dringen der Pest zu schützen, plötzlich sah man ihre wilden Gestalten überall auf- tauchen, wo die Fahne des Doppeladlers sich entfaltete. Croatische und walla¬ chische Grenzregimenter fochten in Italien in den beiden Feldzügen von 48 und 49, ließen sich in Pesciera gefangen nehmen, plünderten und mordeten unter Haynan in Brescia und zogen als Sieger in die alte Dogenstadt ein, als diese sich uach lauger Belagerung deu alten Herren wieder ergeben mußte. Die kaiserliche Hauptstadt Wien sah diese gefürchteten Gäste in den Schreckenstagen des Octobers nicht zu ihrer Freude, und weiß Manches von ihrem beutelustigen Sinn und der Fertigkeit, womit sie Alles, was nicht niet- und nagelfest war, mit¬ gehen hießen, zu erzählen. In dem ungarischen Krieg spielten sie keine geringe Rolle und schadeten, weniger ans dem offenen Schlachtfelde, als im kleinen Vor¬ postendienst, dem feindlichen Heere nicht wenig. Auch Deutschland sollte vor Kurzem auch mit ihnen bekannt werden, an 40,0ol) Mann Grenztruppen, größten- theils von den arvalischen und wallachischen Regimentern, standen in Böhmen bis an die preußische und sächsische Grenze vorgeschoben. Vier verschiedene, ganz von einander getrennte, ja sich oft bitter hassende Volksstämme liefern das Contingent zu diesen Truppen. Zuerst die Croaten Slavonier und Jllyrier, aus denen die Mehrzahl der Regimenter besteht, dann Wallachen oder Romanen, serner Naizen oder Serben, die übrigens nur einen kleinen Theil einiger Regimenter, zumal die Tschailisteu oder Soldaten der Donauflotille, ausmachen, und endlich die Szekler, echte Magyaren, aus denen in Siebenbürgen 2 Grenzinfanterie- und 1 Husarenregiment besteht. Diese Szeklerregimenter foch¬ ten mit äußerster Wuth gegen Oestreich und bildeten einen Haupttheil der Armee,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_345606/195>, abgerufen am 27.06.2024.