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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.

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wir zuerst das Drake'sche Haus. Gleich in dem Flur desselben scheu wir in die
Wand gemauerte Gypsabgüsse der Reliefs an der Statue deS heiligen Sebaldus
zu Nürnberg von Peter Bischer. Rechts führt eine Thür in das Atelier, links
eine andere in die Wohnung des Erdgeschosses. Schreiten wir zur Treppe, so
wird an ihrem Fuße unser Blick durch deu sterbenden Krieger gefesselt, welcher
dem Meißel Drake's sein Dasein verdankt. Die Treppe erhält ihr Licht von
oben, so daß der Raum ringsum zu Zimmern benutzt werden konnte. Dieselbe
Einrichtung wurde von Hitzig bei mehreren Häusern, z. B. auch in der Lennv-
straße, mit vielem Glücke angewendet. Das mattgeschliffeue Glas des Dcckeu-
sensters wirst ein überaus angenehmes Licht, das die Treppe bis auf deu Grund
vortrefflich beleuchtet. Diese wendet sich an den vier Wänden entlang bis in das
zweite Stockwerk, von wo hinunter sie einen hübschen Anblick gewährt. Das
Geländer ist von polirtem Holz, sehr sein und, wie die ebenfalls ans polirtem
Holz bestehenden kandelaberartigen Träger, nach Zeichnungen des Erbauers gear¬
beitet. Im zweiten Stockwerk befindet sich über der Thür geradezu in der Wand
ein Ständer, auf welchem eine Büste Albrecht Dürer's ihren Platz gefunden.
Ueber der Thür rechts ist das Gesichtsprofil von Cornelius, über der Thür links
das Gestchtsprofil von Rauch, beide in Gypsguß, in die Wand gemauert.
Wenden wir uns um, so haben wir eine noch freundlichere Augenweide, indem
wir in zwei dicht neben einander befindlichen kleinen Nischen, deren Grund mit
tiefdunklen, pompejanischen Noth gefärbt ist, die Wiuzerin von Drake und das
Mädchen mit dem Lamme von dem Bildhauer Emil Wolf erblicken. Die Trep-
pcnhalle, welche in ihrer Mitte eine freie Durchsicht gönnt, eignet sich deshalb,
wie wegen deö von oben hereinfallenden Lichtes, vorzüglich zu eiuer Galerie von
plastischen Kunstwerken, wozu der Besitzer sie benutzte. Und kann- dies gleich dein
Künstler nicht anch der Reiche, der Begüterte, ja der nur einigermaßen Wohl¬
habende? Die plastische Kunst bleibt immer der herrlichste Schmuck architektoni¬
scher Räume, und mit wie wenigen Kosten läßt sich eine solche Galerie her¬
stellen! Der Gyps mag zu diesem Zwecke sehr praktisch den Marmor vertreten;
seine Weiße giebt die plastischen Formen klar und schon. Die theure Bronze
aber läßt sich durch den ungleich wohlfeiler" Gußziuk ersetzen, in welchem die
Berliner Fabrik vou Geiß die trefflichsten Kopien plastischer Meisterwerke zu sehr
billigen Preisen liefert. Seitdem es Herrn Geiß gelungen ist, dem gegossenen
Zink eine leuchtende und dauerhafte Brvuziruug zu ertheilen, sind die von ihm
gefertigten Arbeiten mir bei sehr genauer Untersuchung von der echten Bronze
zu unterscheiden.

Die Treppe in der Mitte des Hauses bietet jedoch uoch andere Vortheile
dar. Sie gestattet auch, die Wohnzimmer in eine sich vierseitig zusammenschlie¬
ßende Folge zu o.rdneu. Nichts war an den alltäglichen Bauten der Maner-
polirer unbequemer und unbehaglicher, als die Unterbrechung der Zimmer durch


wir zuerst das Drake'sche Haus. Gleich in dem Flur desselben scheu wir in die
Wand gemauerte Gypsabgüsse der Reliefs an der Statue deS heiligen Sebaldus
zu Nürnberg von Peter Bischer. Rechts führt eine Thür in das Atelier, links
eine andere in die Wohnung des Erdgeschosses. Schreiten wir zur Treppe, so
wird an ihrem Fuße unser Blick durch deu sterbenden Krieger gefesselt, welcher
dem Meißel Drake's sein Dasein verdankt. Die Treppe erhält ihr Licht von
oben, so daß der Raum ringsum zu Zimmern benutzt werden konnte. Dieselbe
Einrichtung wurde von Hitzig bei mehreren Häusern, z. B. auch in der Lennv-
straße, mit vielem Glücke angewendet. Das mattgeschliffeue Glas des Dcckeu-
sensters wirst ein überaus angenehmes Licht, das die Treppe bis auf deu Grund
vortrefflich beleuchtet. Diese wendet sich an den vier Wänden entlang bis in das
zweite Stockwerk, von wo hinunter sie einen hübschen Anblick gewährt. Das
Geländer ist von polirtem Holz, sehr sein und, wie die ebenfalls ans polirtem
Holz bestehenden kandelaberartigen Träger, nach Zeichnungen des Erbauers gear¬
beitet. Im zweiten Stockwerk befindet sich über der Thür geradezu in der Wand
ein Ständer, auf welchem eine Büste Albrecht Dürer's ihren Platz gefunden.
Ueber der Thür rechts ist das Gesichtsprofil von Cornelius, über der Thür links
das Gestchtsprofil von Rauch, beide in Gypsguß, in die Wand gemauert.
Wenden wir uns um, so haben wir eine noch freundlichere Augenweide, indem
wir in zwei dicht neben einander befindlichen kleinen Nischen, deren Grund mit
tiefdunklen, pompejanischen Noth gefärbt ist, die Wiuzerin von Drake und das
Mädchen mit dem Lamme von dem Bildhauer Emil Wolf erblicken. Die Trep-
pcnhalle, welche in ihrer Mitte eine freie Durchsicht gönnt, eignet sich deshalb,
wie wegen deö von oben hereinfallenden Lichtes, vorzüglich zu eiuer Galerie von
plastischen Kunstwerken, wozu der Besitzer sie benutzte. Und kann- dies gleich dein
Künstler nicht anch der Reiche, der Begüterte, ja der nur einigermaßen Wohl¬
habende? Die plastische Kunst bleibt immer der herrlichste Schmuck architektoni¬
scher Räume, und mit wie wenigen Kosten läßt sich eine solche Galerie her¬
stellen! Der Gyps mag zu diesem Zwecke sehr praktisch den Marmor vertreten;
seine Weiße giebt die plastischen Formen klar und schon. Die theure Bronze
aber läßt sich durch den ungleich wohlfeiler» Gußziuk ersetzen, in welchem die
Berliner Fabrik vou Geiß die trefflichsten Kopien plastischer Meisterwerke zu sehr
billigen Preisen liefert. Seitdem es Herrn Geiß gelungen ist, dem gegossenen
Zink eine leuchtende und dauerhafte Brvuziruug zu ertheilen, sind die von ihm
gefertigten Arbeiten mir bei sehr genauer Untersuchung von der echten Bronze
zu unterscheiden.

Die Treppe in der Mitte des Hauses bietet jedoch uoch andere Vortheile
dar. Sie gestattet auch, die Wohnzimmer in eine sich vierseitig zusammenschlie¬
ßende Folge zu o.rdneu. Nichts war an den alltäglichen Bauten der Maner-
polirer unbequemer und unbehaglicher, als die Unterbrechung der Zimmer durch


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[0472] wir zuerst das Drake'sche Haus. Gleich in dem Flur desselben scheu wir in die Wand gemauerte Gypsabgüsse der Reliefs an der Statue deS heiligen Sebaldus zu Nürnberg von Peter Bischer. Rechts führt eine Thür in das Atelier, links eine andere in die Wohnung des Erdgeschosses. Schreiten wir zur Treppe, so wird an ihrem Fuße unser Blick durch deu sterbenden Krieger gefesselt, welcher dem Meißel Drake's sein Dasein verdankt. Die Treppe erhält ihr Licht von oben, so daß der Raum ringsum zu Zimmern benutzt werden konnte. Dieselbe Einrichtung wurde von Hitzig bei mehreren Häusern, z. B. auch in der Lennv- straße, mit vielem Glücke angewendet. Das mattgeschliffeue Glas des Dcckeu- sensters wirst ein überaus angenehmes Licht, das die Treppe bis auf deu Grund vortrefflich beleuchtet. Diese wendet sich an den vier Wänden entlang bis in das zweite Stockwerk, von wo hinunter sie einen hübschen Anblick gewährt. Das Geländer ist von polirtem Holz, sehr sein und, wie die ebenfalls ans polirtem Holz bestehenden kandelaberartigen Träger, nach Zeichnungen des Erbauers gear¬ beitet. Im zweiten Stockwerk befindet sich über der Thür geradezu in der Wand ein Ständer, auf welchem eine Büste Albrecht Dürer's ihren Platz gefunden. Ueber der Thür rechts ist das Gesichtsprofil von Cornelius, über der Thür links das Gestchtsprofil von Rauch, beide in Gypsguß, in die Wand gemauert. Wenden wir uns um, so haben wir eine noch freundlichere Augenweide, indem wir in zwei dicht neben einander befindlichen kleinen Nischen, deren Grund mit tiefdunklen, pompejanischen Noth gefärbt ist, die Wiuzerin von Drake und das Mädchen mit dem Lamme von dem Bildhauer Emil Wolf erblicken. Die Trep- pcnhalle, welche in ihrer Mitte eine freie Durchsicht gönnt, eignet sich deshalb, wie wegen deö von oben hereinfallenden Lichtes, vorzüglich zu eiuer Galerie von plastischen Kunstwerken, wozu der Besitzer sie benutzte. Und kann- dies gleich dein Künstler nicht anch der Reiche, der Begüterte, ja der nur einigermaßen Wohl¬ habende? Die plastische Kunst bleibt immer der herrlichste Schmuck architektoni¬ scher Räume, und mit wie wenigen Kosten läßt sich eine solche Galerie her¬ stellen! Der Gyps mag zu diesem Zwecke sehr praktisch den Marmor vertreten; seine Weiße giebt die plastischen Formen klar und schon. Die theure Bronze aber läßt sich durch den ungleich wohlfeiler» Gußziuk ersetzen, in welchem die Berliner Fabrik vou Geiß die trefflichsten Kopien plastischer Meisterwerke zu sehr billigen Preisen liefert. Seitdem es Herrn Geiß gelungen ist, dem gegossenen Zink eine leuchtende und dauerhafte Brvuziruug zu ertheilen, sind die von ihm gefertigten Arbeiten mir bei sehr genauer Untersuchung von der echten Bronze zu unterscheiden. Die Treppe in der Mitte des Hauses bietet jedoch uoch andere Vortheile dar. Sie gestattet auch, die Wohnzimmer in eine sich vierseitig zusammenschlie¬ ßende Folge zu o.rdneu. Nichts war an den alltäglichen Bauten der Maner- polirer unbequemer und unbehaglicher, als die Unterbrechung der Zimmer durch

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/472>, abgerufen am 24.07.2024.