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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.

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Betrachten wir zuerst das Drake'sche Haus. In dem Untergeschoß der
Fayade, vor der sich ein kleiner Vorraum hinter eisernem Gitter befindet, springt
eine von Arcaden umgebene Erkerhallc heraus. Sie ist sast in Art eines Cabi-
"elf angelegt, und kann im Winter durch Einsetzen von Glasfenstern abgeschlossen wer¬
den. Darüber erheben sich eben so frei als massiv und kräftig zwei Balcons für die
beiden Obergeschosse. Der oberste Balcon.ist unbedeckt, und wird von drei Ka¬
ryatiden getragen, die auf der Brüstung des mittlern Altans fußen. Sie sind
nach Modellen von Drake gefertigt, und stellen die drei Schwesterkünste Baukunst,
Bildhauerkunst und Malerei dar. Unter denselben, an den Feldern der Brüstung,
gewahrt man als Reliefs die Büsten der großen Meister Erwin von Steinbach,
Michel Angelo und Peter Bischer. Zu jeder Seite dieses prachtvollen Mittel¬
stücks liegt ein drei Scheiben breites und vier oder fünf Scheiben hohes Fenster,
dessen Dimensionen der großen baulichen Anlage entsprechen. Der Eingang zum
Hause ist von der Seite, wo der Raum hinter dem Gitter sich in einen Gang
verlängert. Das Hans hat also eine Border- und eine Seitenfront, was der
etwas enge Raum bedingte, und wodurch zugleich der architektonische Schmuck der
Hauptfa?abe ermöglicht wurde.

Als ein langgestreckter Palast von drei hohen Stockwerken zeigt sich uns das
Krause'sche Haus. Im untern Geschoß liegt eine Reihe glänzender Läden; ein
Mittelbau von drei Fenstern in der Breite tritt stolz aus der Fa-^abc, und jeder
Flügel zählt außerdem fünf Fenster in der Breite. Mit Ausnahme der je drei
Mittelfenster sind sämmtliche Fenster oben geradlinig abgeschlossen. Ueber denen
des Mittelgeschosses aber schwingen sich energisch prosilirte Simse im Halbkreis¬
bogen, und in diesen Bogen sind, ebenfalls erhaben, Kränze angebracht, ans denen
die plastischen Köpfe historisch berühmter deutscher Mäuner, unsrer Heroen der
Wissenschaft, Literatur und Kunst, zu uns herniederschauen. Sehr würdevoll
Präsentirt sich das Mittelstück mit seinen ruudbogigen Fenstern, deren Höhe bis
ZU gleicher Linie mit den geschwungenen Simsen der Flügel emporsteigt, und mit
dem bedeutenden, soliden Altan des Mittelgeschosses. Ein mächtiger Sims und
darauf die Brüstung einer Galerie, aus welcher Urnen prangen, bekrönen das
Ganze. Es lebt etwas von der soliden Pracht edler Renaissance in der Archi¬
tektur dieses Gebäudes, aber in höchst geschmackvoller Weise mit den Bedingungen
der modernen Baukunst in Einklang gebracht. -- Das Hans am Exercirplatzc
ist ein Eckhaus mit etwas abgestumpfter Ecke, und an ihm besonders bemerkens¬
wert!) der Bau mehrerer über einander stehender, von Pfeilern getragener Bal¬
cons in durchweg geradlinigen Formen. Der untere hat den italienischen Cha¬
rakter der Nerauda, und kann zu einem Erker geschlossen werden. Im Ue-
brigen erfreuen uns an diesem Gebäude eben so einfache als imponirende Ver¬
hältnisse.

Um nun auch im Innern moderner Wohnhäuser uns umzusehen, betreten


Betrachten wir zuerst das Drake'sche Haus. In dem Untergeschoß der
Fayade, vor der sich ein kleiner Vorraum hinter eisernem Gitter befindet, springt
eine von Arcaden umgebene Erkerhallc heraus. Sie ist sast in Art eines Cabi-
»elf angelegt, und kann im Winter durch Einsetzen von Glasfenstern abgeschlossen wer¬
den. Darüber erheben sich eben so frei als massiv und kräftig zwei Balcons für die
beiden Obergeschosse. Der oberste Balcon.ist unbedeckt, und wird von drei Ka¬
ryatiden getragen, die auf der Brüstung des mittlern Altans fußen. Sie sind
nach Modellen von Drake gefertigt, und stellen die drei Schwesterkünste Baukunst,
Bildhauerkunst und Malerei dar. Unter denselben, an den Feldern der Brüstung,
gewahrt man als Reliefs die Büsten der großen Meister Erwin von Steinbach,
Michel Angelo und Peter Bischer. Zu jeder Seite dieses prachtvollen Mittel¬
stücks liegt ein drei Scheiben breites und vier oder fünf Scheiben hohes Fenster,
dessen Dimensionen der großen baulichen Anlage entsprechen. Der Eingang zum
Hause ist von der Seite, wo der Raum hinter dem Gitter sich in einen Gang
verlängert. Das Hans hat also eine Border- und eine Seitenfront, was der
etwas enge Raum bedingte, und wodurch zugleich der architektonische Schmuck der
Hauptfa?abe ermöglicht wurde.

Als ein langgestreckter Palast von drei hohen Stockwerken zeigt sich uns das
Krause'sche Haus. Im untern Geschoß liegt eine Reihe glänzender Läden; ein
Mittelbau von drei Fenstern in der Breite tritt stolz aus der Fa-^abc, und jeder
Flügel zählt außerdem fünf Fenster in der Breite. Mit Ausnahme der je drei
Mittelfenster sind sämmtliche Fenster oben geradlinig abgeschlossen. Ueber denen
des Mittelgeschosses aber schwingen sich energisch prosilirte Simse im Halbkreis¬
bogen, und in diesen Bogen sind, ebenfalls erhaben, Kränze angebracht, ans denen
die plastischen Köpfe historisch berühmter deutscher Mäuner, unsrer Heroen der
Wissenschaft, Literatur und Kunst, zu uns herniederschauen. Sehr würdevoll
Präsentirt sich das Mittelstück mit seinen ruudbogigen Fenstern, deren Höhe bis
ZU gleicher Linie mit den geschwungenen Simsen der Flügel emporsteigt, und mit
dem bedeutenden, soliden Altan des Mittelgeschosses. Ein mächtiger Sims und
darauf die Brüstung einer Galerie, aus welcher Urnen prangen, bekrönen das
Ganze. Es lebt etwas von der soliden Pracht edler Renaissance in der Archi¬
tektur dieses Gebäudes, aber in höchst geschmackvoller Weise mit den Bedingungen
der modernen Baukunst in Einklang gebracht. — Das Hans am Exercirplatzc
ist ein Eckhaus mit etwas abgestumpfter Ecke, und an ihm besonders bemerkens¬
wert!) der Bau mehrerer über einander stehender, von Pfeilern getragener Bal¬
cons in durchweg geradlinigen Formen. Der untere hat den italienischen Cha¬
rakter der Nerauda, und kann zu einem Erker geschlossen werden. Im Ue-
brigen erfreuen uns an diesem Gebäude eben so einfache als imponirende Ver¬
hältnisse.

Um nun auch im Innern moderner Wohnhäuser uns umzusehen, betreten


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[0471] Betrachten wir zuerst das Drake'sche Haus. In dem Untergeschoß der Fayade, vor der sich ein kleiner Vorraum hinter eisernem Gitter befindet, springt eine von Arcaden umgebene Erkerhallc heraus. Sie ist sast in Art eines Cabi- »elf angelegt, und kann im Winter durch Einsetzen von Glasfenstern abgeschlossen wer¬ den. Darüber erheben sich eben so frei als massiv und kräftig zwei Balcons für die beiden Obergeschosse. Der oberste Balcon.ist unbedeckt, und wird von drei Ka¬ ryatiden getragen, die auf der Brüstung des mittlern Altans fußen. Sie sind nach Modellen von Drake gefertigt, und stellen die drei Schwesterkünste Baukunst, Bildhauerkunst und Malerei dar. Unter denselben, an den Feldern der Brüstung, gewahrt man als Reliefs die Büsten der großen Meister Erwin von Steinbach, Michel Angelo und Peter Bischer. Zu jeder Seite dieses prachtvollen Mittel¬ stücks liegt ein drei Scheiben breites und vier oder fünf Scheiben hohes Fenster, dessen Dimensionen der großen baulichen Anlage entsprechen. Der Eingang zum Hause ist von der Seite, wo der Raum hinter dem Gitter sich in einen Gang verlängert. Das Hans hat also eine Border- und eine Seitenfront, was der etwas enge Raum bedingte, und wodurch zugleich der architektonische Schmuck der Hauptfa?abe ermöglicht wurde. Als ein langgestreckter Palast von drei hohen Stockwerken zeigt sich uns das Krause'sche Haus. Im untern Geschoß liegt eine Reihe glänzender Läden; ein Mittelbau von drei Fenstern in der Breite tritt stolz aus der Fa-^abc, und jeder Flügel zählt außerdem fünf Fenster in der Breite. Mit Ausnahme der je drei Mittelfenster sind sämmtliche Fenster oben geradlinig abgeschlossen. Ueber denen des Mittelgeschosses aber schwingen sich energisch prosilirte Simse im Halbkreis¬ bogen, und in diesen Bogen sind, ebenfalls erhaben, Kränze angebracht, ans denen die plastischen Köpfe historisch berühmter deutscher Mäuner, unsrer Heroen der Wissenschaft, Literatur und Kunst, zu uns herniederschauen. Sehr würdevoll Präsentirt sich das Mittelstück mit seinen ruudbogigen Fenstern, deren Höhe bis ZU gleicher Linie mit den geschwungenen Simsen der Flügel emporsteigt, und mit dem bedeutenden, soliden Altan des Mittelgeschosses. Ein mächtiger Sims und darauf die Brüstung einer Galerie, aus welcher Urnen prangen, bekrönen das Ganze. Es lebt etwas von der soliden Pracht edler Renaissance in der Archi¬ tektur dieses Gebäudes, aber in höchst geschmackvoller Weise mit den Bedingungen der modernen Baukunst in Einklang gebracht. — Das Hans am Exercirplatzc ist ein Eckhaus mit etwas abgestumpfter Ecke, und an ihm besonders bemerkens¬ wert!) der Bau mehrerer über einander stehender, von Pfeilern getragener Bal¬ cons in durchweg geradlinigen Formen. Der untere hat den italienischen Cha¬ rakter der Nerauda, und kann zu einem Erker geschlossen werden. Im Ue- brigen erfreuen uns an diesem Gebäude eben so einfache als imponirende Ver¬ hältnisse. Um nun auch im Innern moderner Wohnhäuser uns umzusehen, betreten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/471>, abgerufen am 23.07.2024.