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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.

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die Treppe. Es bildete sich dadurch eine einzige Kette mit einigen Hinteren An¬
hängen, welche wol noch dnrch ein Seitengebäude verlängert wurde, und als
eine bandwurmartige Flucht sich von einem Ende der Züumerreihe zum andern
dehnte. Ein großer Fortschritt an Behaglichkeit und Comfort ist es, daß jetzt
die Zimmer möglichst zu einem Gesammtkörper gruppirt werden. In zweckmä¬
ßiger Verbindung damit stehen die Korridore, welche die Euer^e bilden, den Ein¬
tritt nach verschiedenen Zimmern möglich macheu, und so, ohne die Zimmergruppe
zu zerreißen, jede Störung verhindern, auch die Communication zwischen den ver¬
schiedenen Räumen erleichtern. Wo große Hofräume vorhanden sind, lassen sich
die gedachten praktischen Vortheile auch dadurch erreichen, daß die Treppe thurm¬
artig in den Hof hinausgerückt wird, um auf diese Weise die Unterbrechung
der doppelten Zimmerreihe zu vermeiden.

Das mattgeschliffcne Glas hat Hitzig mehrfach sehr zweckmäßig angewendet.
So auch außer dem Deckenfenster der Treppenhalle noch an einer andern Stelle
des Drake'sehen Hauses. Es befindet sich hier in einem Fenster nach der Treppe
hinaus, das einen die Küche mit den vorderen Zimmern verbindenden Gang er¬
hellt, ohne die Durchsicht von außen zu gestatten. Diese Vorrichtung ist nament¬
lich in Paris verbreitet. Zum Schmuck und zur Behaglichkeit der inneren Räume
konnte auch die Glasmalerei, die jetzt in München wie in Berlin (dnrch den Por-
Manbrcnncr Mertens) glücklich gefordert worden, das Ihrige beitragen. Die
Glasmalerei ist eine derjenigen Richtungen der Kunst, dnrch welche diese dem
Leben recht nahe gebracht zu werden und ihren Einfluß aus Bildung des Ge¬
schmacks recht unmittelbar in fortwährender Erziehung des Auges zu üben vermag.
Ich halte es daher für wünschenswert!), daß die Glasmalerei an Bauwerken ver¬
schiedener Art in Gebrauch komme. In Privathäusern kann mau damit zuerst
einem Fenster mehrfenstrigcr Zimmer beginnen, in denen es sich um Behag¬
lichkeit oder anmuthige Heimlichkeit handelt. Das Schlafzimmer junger Frauen
würde gerade durch diesen Schmuck einen eigenthümlichen Reiz erhalten. Möchten
u"r diejenigen Kniistgattungen überhaupt, welche der schönen Decorirung des
Wohnhauses dienen können, so gewürdigt werden, wie man es von dem Ge¬
schmack gebildeter und wohlhabender Personen erwarten sollte! Ganz neue Wir¬
kungskreise würden sich dann dem Talente eröffnen. Ich finde einen Fortschritt
des Geschmacks in dem Umstände, daß man jetzt schon mehr als noch vor wenigen
Jahren den Erzeugnissen der Bildhauerkunst als Zimmerschmuck einen Platz ver¬
gönnt neben Oelgemälde und Kupferstich. Das Atrium und die Treppenhalle
bieten der Plastik ein sehr weites, im Ganzen wenig benutztes Gebiet, wie die
Fenster einem besondern Zweige der Malerei.

Der im Drake'schen Hause herrschende Anstrich der Thüren mit Lack macht
sich elegant, und der braune Ton, welcher den weißen Anstrich mehr und mehr
zu verdrängen beginnt, giebt dem Holze das Ansehen werthvoller Solidität.


die Treppe. Es bildete sich dadurch eine einzige Kette mit einigen Hinteren An¬
hängen, welche wol noch dnrch ein Seitengebäude verlängert wurde, und als
eine bandwurmartige Flucht sich von einem Ende der Züumerreihe zum andern
dehnte. Ein großer Fortschritt an Behaglichkeit und Comfort ist es, daß jetzt
die Zimmer möglichst zu einem Gesammtkörper gruppirt werden. In zweckmä¬
ßiger Verbindung damit stehen die Korridore, welche die Euer^e bilden, den Ein¬
tritt nach verschiedenen Zimmern möglich macheu, und so, ohne die Zimmergruppe
zu zerreißen, jede Störung verhindern, auch die Communication zwischen den ver¬
schiedenen Räumen erleichtern. Wo große Hofräume vorhanden sind, lassen sich
die gedachten praktischen Vortheile auch dadurch erreichen, daß die Treppe thurm¬
artig in den Hof hinausgerückt wird, um auf diese Weise die Unterbrechung
der doppelten Zimmerreihe zu vermeiden.

Das mattgeschliffcne Glas hat Hitzig mehrfach sehr zweckmäßig angewendet.
So auch außer dem Deckenfenster der Treppenhalle noch an einer andern Stelle
des Drake'sehen Hauses. Es befindet sich hier in einem Fenster nach der Treppe
hinaus, das einen die Küche mit den vorderen Zimmern verbindenden Gang er¬
hellt, ohne die Durchsicht von außen zu gestatten. Diese Vorrichtung ist nament¬
lich in Paris verbreitet. Zum Schmuck und zur Behaglichkeit der inneren Räume
konnte auch die Glasmalerei, die jetzt in München wie in Berlin (dnrch den Por-
Manbrcnncr Mertens) glücklich gefordert worden, das Ihrige beitragen. Die
Glasmalerei ist eine derjenigen Richtungen der Kunst, dnrch welche diese dem
Leben recht nahe gebracht zu werden und ihren Einfluß aus Bildung des Ge¬
schmacks recht unmittelbar in fortwährender Erziehung des Auges zu üben vermag.
Ich halte es daher für wünschenswert!), daß die Glasmalerei an Bauwerken ver¬
schiedener Art in Gebrauch komme. In Privathäusern kann mau damit zuerst
einem Fenster mehrfenstrigcr Zimmer beginnen, in denen es sich um Behag¬
lichkeit oder anmuthige Heimlichkeit handelt. Das Schlafzimmer junger Frauen
würde gerade durch diesen Schmuck einen eigenthümlichen Reiz erhalten. Möchten
u»r diejenigen Kniistgattungen überhaupt, welche der schönen Decorirung des
Wohnhauses dienen können, so gewürdigt werden, wie man es von dem Ge¬
schmack gebildeter und wohlhabender Personen erwarten sollte! Ganz neue Wir¬
kungskreise würden sich dann dem Talente eröffnen. Ich finde einen Fortschritt
des Geschmacks in dem Umstände, daß man jetzt schon mehr als noch vor wenigen
Jahren den Erzeugnissen der Bildhauerkunst als Zimmerschmuck einen Platz ver¬
gönnt neben Oelgemälde und Kupferstich. Das Atrium und die Treppenhalle
bieten der Plastik ein sehr weites, im Ganzen wenig benutztes Gebiet, wie die
Fenster einem besondern Zweige der Malerei.

Der im Drake'schen Hause herrschende Anstrich der Thüren mit Lack macht
sich elegant, und der braune Ton, welcher den weißen Anstrich mehr und mehr
zu verdrängen beginnt, giebt dem Holze das Ansehen werthvoller Solidität.


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[0473] die Treppe. Es bildete sich dadurch eine einzige Kette mit einigen Hinteren An¬ hängen, welche wol noch dnrch ein Seitengebäude verlängert wurde, und als eine bandwurmartige Flucht sich von einem Ende der Züumerreihe zum andern dehnte. Ein großer Fortschritt an Behaglichkeit und Comfort ist es, daß jetzt die Zimmer möglichst zu einem Gesammtkörper gruppirt werden. In zweckmä¬ ßiger Verbindung damit stehen die Korridore, welche die Euer^e bilden, den Ein¬ tritt nach verschiedenen Zimmern möglich macheu, und so, ohne die Zimmergruppe zu zerreißen, jede Störung verhindern, auch die Communication zwischen den ver¬ schiedenen Räumen erleichtern. Wo große Hofräume vorhanden sind, lassen sich die gedachten praktischen Vortheile auch dadurch erreichen, daß die Treppe thurm¬ artig in den Hof hinausgerückt wird, um auf diese Weise die Unterbrechung der doppelten Zimmerreihe zu vermeiden. Das mattgeschliffcne Glas hat Hitzig mehrfach sehr zweckmäßig angewendet. So auch außer dem Deckenfenster der Treppenhalle noch an einer andern Stelle des Drake'sehen Hauses. Es befindet sich hier in einem Fenster nach der Treppe hinaus, das einen die Küche mit den vorderen Zimmern verbindenden Gang er¬ hellt, ohne die Durchsicht von außen zu gestatten. Diese Vorrichtung ist nament¬ lich in Paris verbreitet. Zum Schmuck und zur Behaglichkeit der inneren Räume konnte auch die Glasmalerei, die jetzt in München wie in Berlin (dnrch den Por- Manbrcnncr Mertens) glücklich gefordert worden, das Ihrige beitragen. Die Glasmalerei ist eine derjenigen Richtungen der Kunst, dnrch welche diese dem Leben recht nahe gebracht zu werden und ihren Einfluß aus Bildung des Ge¬ schmacks recht unmittelbar in fortwährender Erziehung des Auges zu üben vermag. Ich halte es daher für wünschenswert!), daß die Glasmalerei an Bauwerken ver¬ schiedener Art in Gebrauch komme. In Privathäusern kann mau damit zuerst einem Fenster mehrfenstrigcr Zimmer beginnen, in denen es sich um Behag¬ lichkeit oder anmuthige Heimlichkeit handelt. Das Schlafzimmer junger Frauen würde gerade durch diesen Schmuck einen eigenthümlichen Reiz erhalten. Möchten u»r diejenigen Kniistgattungen überhaupt, welche der schönen Decorirung des Wohnhauses dienen können, so gewürdigt werden, wie man es von dem Ge¬ schmack gebildeter und wohlhabender Personen erwarten sollte! Ganz neue Wir¬ kungskreise würden sich dann dem Talente eröffnen. Ich finde einen Fortschritt des Geschmacks in dem Umstände, daß man jetzt schon mehr als noch vor wenigen Jahren den Erzeugnissen der Bildhauerkunst als Zimmerschmuck einen Platz ver¬ gönnt neben Oelgemälde und Kupferstich. Das Atrium und die Treppenhalle bieten der Plastik ein sehr weites, im Ganzen wenig benutztes Gebiet, wie die Fenster einem besondern Zweige der Malerei. Der im Drake'schen Hause herrschende Anstrich der Thüren mit Lack macht sich elegant, und der braune Ton, welcher den weißen Anstrich mehr und mehr zu verdrängen beginnt, giebt dem Holze das Ansehen werthvoller Solidität.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/473>, abgerufen am 23.07.2024.