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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.

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Der Schmuck der Vergoldung gehört in das Innere der Häuser. Am Aeußern
stört er die Harmonie des Eindrucks, und ist überdies dem Einfluß der Witterung
viel zu sehr unterworfen. Daß der Architekt zu Galerien, Gittern, Ornamen¬
ten, also auch zu Balcons, desjenigen Materials sich bedient, welches am leich¬
testen frei, schön und reich zu formen ist, wird Jeder in der Ordnung finden. Daher
wendet mau in solchen Fallen neben dem gebrannten Thon hier ganz besonders den
Gußzink an, der die plastischen Formen, wie die meisten metallischen Stoffe, am schärf¬
sten und saubersten annimmt. Aber wie die Vergoldung nimmt der Gußzink
auch jeden Auftrag von Oelfarbe an, und es ist daher leicht, ihn durch eine
Steinfarbe in die vollkommenste Harmonie mit allen übrigen Bankhalten zu setzen,
und ihm zugleich in der äußern Erscheinung den Stempel der Solidität auszu¬
drücken, die allen Werken aus Stein angeboren ist.

Unter den schönsten Neubauten Berlins nehmen die des Architekten, jetzigen
Bauraths Hitzig, eine der ersten Stellen ein, und unter ihnen sind es namentlich
drei Gebäude, die ich besonders hervorheben will: das Haus des Bildhauers
Drake in der Schulgarteustraße, das Haus des Weinhändlers Krause in der
Leipziger Straße und Hitzig's eigenes Haus am Exercirplatze vor dem Branden¬
burger Thore. Alle drei haben in vollem Sinne des Wortes Styl, da der
Künstler bei ihrer Construction von reinen Grundprincipien der Architektur aus¬
gegangen ist. Bei dem zweiten war ihm ein vorhandenes älteres Gebände ge¬
geben, dessen Umgestaltung er in überraschender Schönheit vollzog. Der Architekt
hat nicht allein die Regeln seiner Kunst aus dieser selbst zu empfangen; er kann,
mich abgesehen von den etwaigen Wünschen und Launen eines Bauherrn, nicht
in schöner Freiheit nur dem Ideale nachtrachten; ihm liegt eine strengere Beob¬
achtung praktischer Anforderungen und Bedürfnisse ob. Zuerst muß er sich mit
dem vollen Inhalte seiner Aufgabe, mit dem Zwecke des Bauwerkes, das er aus
dem Gedanken in das Leben rufen soll, erfüllen. Damit ist die ideale Bestimmt-
heit für den auszuführenden Gedanken gewonnen. Nun handelt es sich darum,
die vorhandene Räumlichkeit, die verschiedenartigen Bedürfnisse und die technischen
Elemente der Construction nach Klima und Material mit der höhern Einheit,
welche dem Ganzen aufgeprägt werden soll, in einem harmonisch geordneten Grund-
plan zu verbinden. Vermag er es, den Ausdruck der Einfachheit und Schön¬
heit in den Formen mit Mannichfaltigkeit der Gliederung, mit Zweckmäßigkeit und
Behaglichkeit der wohnlichen Einrichtungen zu vereinigen, so hat er endlich die
Aufgabe in wahrhaft künstlerischer Weise gelöst. Die Erfüllung dieser Bedingungen
ist es, welche ich in Hitzig's vollendeten Bauwerken wiederfinde. Dazu kommen dann
geschmackvolle Details verschiedener Art, kräftige Simse zwischen den Stockwerken,
über Fenstern und Thüren solide Bekrönungen und eine graziöse Ornamentik,
die aber nie für sich heraustritt, sondern mit der Architektur Hand in Ha"d
geht.


Der Schmuck der Vergoldung gehört in das Innere der Häuser. Am Aeußern
stört er die Harmonie des Eindrucks, und ist überdies dem Einfluß der Witterung
viel zu sehr unterworfen. Daß der Architekt zu Galerien, Gittern, Ornamen¬
ten, also auch zu Balcons, desjenigen Materials sich bedient, welches am leich¬
testen frei, schön und reich zu formen ist, wird Jeder in der Ordnung finden. Daher
wendet mau in solchen Fallen neben dem gebrannten Thon hier ganz besonders den
Gußzink an, der die plastischen Formen, wie die meisten metallischen Stoffe, am schärf¬
sten und saubersten annimmt. Aber wie die Vergoldung nimmt der Gußzink
auch jeden Auftrag von Oelfarbe an, und es ist daher leicht, ihn durch eine
Steinfarbe in die vollkommenste Harmonie mit allen übrigen Bankhalten zu setzen,
und ihm zugleich in der äußern Erscheinung den Stempel der Solidität auszu¬
drücken, die allen Werken aus Stein angeboren ist.

Unter den schönsten Neubauten Berlins nehmen die des Architekten, jetzigen
Bauraths Hitzig, eine der ersten Stellen ein, und unter ihnen sind es namentlich
drei Gebäude, die ich besonders hervorheben will: das Haus des Bildhauers
Drake in der Schulgarteustraße, das Haus des Weinhändlers Krause in der
Leipziger Straße und Hitzig's eigenes Haus am Exercirplatze vor dem Branden¬
burger Thore. Alle drei haben in vollem Sinne des Wortes Styl, da der
Künstler bei ihrer Construction von reinen Grundprincipien der Architektur aus¬
gegangen ist. Bei dem zweiten war ihm ein vorhandenes älteres Gebände ge¬
geben, dessen Umgestaltung er in überraschender Schönheit vollzog. Der Architekt
hat nicht allein die Regeln seiner Kunst aus dieser selbst zu empfangen; er kann,
mich abgesehen von den etwaigen Wünschen und Launen eines Bauherrn, nicht
in schöner Freiheit nur dem Ideale nachtrachten; ihm liegt eine strengere Beob¬
achtung praktischer Anforderungen und Bedürfnisse ob. Zuerst muß er sich mit
dem vollen Inhalte seiner Aufgabe, mit dem Zwecke des Bauwerkes, das er aus
dem Gedanken in das Leben rufen soll, erfüllen. Damit ist die ideale Bestimmt-
heit für den auszuführenden Gedanken gewonnen. Nun handelt es sich darum,
die vorhandene Räumlichkeit, die verschiedenartigen Bedürfnisse und die technischen
Elemente der Construction nach Klima und Material mit der höhern Einheit,
welche dem Ganzen aufgeprägt werden soll, in einem harmonisch geordneten Grund-
plan zu verbinden. Vermag er es, den Ausdruck der Einfachheit und Schön¬
heit in den Formen mit Mannichfaltigkeit der Gliederung, mit Zweckmäßigkeit und
Behaglichkeit der wohnlichen Einrichtungen zu vereinigen, so hat er endlich die
Aufgabe in wahrhaft künstlerischer Weise gelöst. Die Erfüllung dieser Bedingungen
ist es, welche ich in Hitzig's vollendeten Bauwerken wiederfinde. Dazu kommen dann
geschmackvolle Details verschiedener Art, kräftige Simse zwischen den Stockwerken,
über Fenstern und Thüren solide Bekrönungen und eine graziöse Ornamentik,
die aber nie für sich heraustritt, sondern mit der Architektur Hand in Ha»d
geht.


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[0470] Der Schmuck der Vergoldung gehört in das Innere der Häuser. Am Aeußern stört er die Harmonie des Eindrucks, und ist überdies dem Einfluß der Witterung viel zu sehr unterworfen. Daß der Architekt zu Galerien, Gittern, Ornamen¬ ten, also auch zu Balcons, desjenigen Materials sich bedient, welches am leich¬ testen frei, schön und reich zu formen ist, wird Jeder in der Ordnung finden. Daher wendet mau in solchen Fallen neben dem gebrannten Thon hier ganz besonders den Gußzink an, der die plastischen Formen, wie die meisten metallischen Stoffe, am schärf¬ sten und saubersten annimmt. Aber wie die Vergoldung nimmt der Gußzink auch jeden Auftrag von Oelfarbe an, und es ist daher leicht, ihn durch eine Steinfarbe in die vollkommenste Harmonie mit allen übrigen Bankhalten zu setzen, und ihm zugleich in der äußern Erscheinung den Stempel der Solidität auszu¬ drücken, die allen Werken aus Stein angeboren ist. Unter den schönsten Neubauten Berlins nehmen die des Architekten, jetzigen Bauraths Hitzig, eine der ersten Stellen ein, und unter ihnen sind es namentlich drei Gebäude, die ich besonders hervorheben will: das Haus des Bildhauers Drake in der Schulgarteustraße, das Haus des Weinhändlers Krause in der Leipziger Straße und Hitzig's eigenes Haus am Exercirplatze vor dem Branden¬ burger Thore. Alle drei haben in vollem Sinne des Wortes Styl, da der Künstler bei ihrer Construction von reinen Grundprincipien der Architektur aus¬ gegangen ist. Bei dem zweiten war ihm ein vorhandenes älteres Gebände ge¬ geben, dessen Umgestaltung er in überraschender Schönheit vollzog. Der Architekt hat nicht allein die Regeln seiner Kunst aus dieser selbst zu empfangen; er kann, mich abgesehen von den etwaigen Wünschen und Launen eines Bauherrn, nicht in schöner Freiheit nur dem Ideale nachtrachten; ihm liegt eine strengere Beob¬ achtung praktischer Anforderungen und Bedürfnisse ob. Zuerst muß er sich mit dem vollen Inhalte seiner Aufgabe, mit dem Zwecke des Bauwerkes, das er aus dem Gedanken in das Leben rufen soll, erfüllen. Damit ist die ideale Bestimmt- heit für den auszuführenden Gedanken gewonnen. Nun handelt es sich darum, die vorhandene Räumlichkeit, die verschiedenartigen Bedürfnisse und die technischen Elemente der Construction nach Klima und Material mit der höhern Einheit, welche dem Ganzen aufgeprägt werden soll, in einem harmonisch geordneten Grund- plan zu verbinden. Vermag er es, den Ausdruck der Einfachheit und Schön¬ heit in den Formen mit Mannichfaltigkeit der Gliederung, mit Zweckmäßigkeit und Behaglichkeit der wohnlichen Einrichtungen zu vereinigen, so hat er endlich die Aufgabe in wahrhaft künstlerischer Weise gelöst. Die Erfüllung dieser Bedingungen ist es, welche ich in Hitzig's vollendeten Bauwerken wiederfinde. Dazu kommen dann geschmackvolle Details verschiedener Art, kräftige Simse zwischen den Stockwerken, über Fenstern und Thüren solide Bekrönungen und eine graziöse Ornamentik, die aber nie für sich heraustritt, sondern mit der Architektur Hand in Ha»d geht.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/470>, abgerufen am 23.07.2024.