Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

reglement ist dasselbe, das Kommando durchgängig Französisch.' Hinsichtlich ihrer
Brauchbarkeit fiir den Krieg ist die Legion von verschiedenem Werth. Die Com¬
pagnien co cLntrv enthalten viele unbrauchbare Soldaten, und kommen hinsichtlich
ihrer militairischen Tüchtigkeit nicht den Compagnien an c<mu-l; eines guten Fran¬
zösischen Regimentes, das schon seine erste Probezeit in Algerien bestanden hat,
gleich. Gar manche Soldaten derselben sind dem harten Dienst und den vielen
Beschwerden und Entbehrungen aller Art, die das Leben eines Legivnssoldaten
in Algerien unausgesetzt mit sich bringt, nicht gewachsen. Unzählig sind die Opfer,
die hier schon untergegangen sind, Tausende und wieder Tausende von Legiouairen
sind seit dem Bestände der Legion in den Hospitälern Algeriens ihrem harten
Geschick unterlegen. Manche Recruten der Legion bringen bei ihrer Anwerbung
schon einen durch Ausschweifungen aller Art frühzeitig geschwächten Körper mit,
und fallen daun in Afrika bald dem Tode als leichte Beute. Andere, die einst
in ihrer Heimath als Studenten, Officiere, Beamte einer bessern Lebensart ge¬
wohnt waren, können hier die vielen Entbehrungen nicht ertragen, und stechen
rasch dahin. Gar Manchem bricht anch das Heimweh oder die Neue über das
verfehlte Leben frühzeitig das Herz. Hunderte von Selbstmorden sind in der
Fremdenlegion vorgekommen, und es erregt keine Verwunderung, wenn beim
Frührapport der SergentMajor dem Capitain meldet, wieder habe sich ein Sol¬
dat in der Nacht erschossen. Auch Desertionen, so unendlich schwer sie auch in
Algerien ausgeführt werde" können, gehören nicht zu deu Seltenheiten. Trotz
der vielen Enttäuschungen früherer Kameraden treibt die Verzweiflung oder un¬
verbesserlicher Leichtsinn doch noch häufig zu den Arabern. Die meisten dieser De¬
serteure werden von den feindlichen Stämmen niedergehauen, oder verkommen in
Hunger und Elend, Manche melden sich auch nach Wochen und Monden wieder
freiwillig bei ihren verlassenen Fahnen, und ertragen geduldig die Strafe, die
ihrer dann harrt. Daß Deserteure bei deu Arabern ihr Glück, wenn überhaupt
von einem solchen die Rede sein kann, gemacht hätten, gehört zu den seltenen
Ausnahmen. Als Abtei-Kader, dieser gefährlichste Gegner der Französischen Herr¬
schaft in Algerien, noch in Freiheit und Macht war, fanden freilich viele Deserteure in
seinem Heere eine ziemlich lohnende Anstellung. Die mehr diScipliuirte Infanterie
Desselben soll größtentheils von Deserteuren der Fremdenlegion ausgebildet und
angeführt worden sein. Noch jetzt erzählt man im Französischen Heer in Algerien
viel von der großen militairischen Tüchtigkeit und dem außerordentlichen Muthe
eines solchen Deserteurs, eines frühern Schneidergesellen aus dem Hannöver-
schen, der zu Abtei-Kader desertirt, Mohammedaner geworden, und durch se"
eminentes militairischcs Talent in nicht langer Zeit zu dem Range eines Scheit
emporgekommen war. Als solcher hatte er den Franzosen großen Schaden z"g>"
fügt. Endlich bei einem hitzigen Treffen von Französischer Uebermacht umringt,
hat er hartnäckig jeden Pardon verweigert, und ist so nach wüthender Gegenwehr,


reglement ist dasselbe, das Kommando durchgängig Französisch.' Hinsichtlich ihrer
Brauchbarkeit fiir den Krieg ist die Legion von verschiedenem Werth. Die Com¬
pagnien co cLntrv enthalten viele unbrauchbare Soldaten, und kommen hinsichtlich
ihrer militairischen Tüchtigkeit nicht den Compagnien an c<mu-l; eines guten Fran¬
zösischen Regimentes, das schon seine erste Probezeit in Algerien bestanden hat,
gleich. Gar manche Soldaten derselben sind dem harten Dienst und den vielen
Beschwerden und Entbehrungen aller Art, die das Leben eines Legivnssoldaten
in Algerien unausgesetzt mit sich bringt, nicht gewachsen. Unzählig sind die Opfer,
die hier schon untergegangen sind, Tausende und wieder Tausende von Legiouairen
sind seit dem Bestände der Legion in den Hospitälern Algeriens ihrem harten
Geschick unterlegen. Manche Recruten der Legion bringen bei ihrer Anwerbung
schon einen durch Ausschweifungen aller Art frühzeitig geschwächten Körper mit,
und fallen daun in Afrika bald dem Tode als leichte Beute. Andere, die einst
in ihrer Heimath als Studenten, Officiere, Beamte einer bessern Lebensart ge¬
wohnt waren, können hier die vielen Entbehrungen nicht ertragen, und stechen
rasch dahin. Gar Manchem bricht anch das Heimweh oder die Neue über das
verfehlte Leben frühzeitig das Herz. Hunderte von Selbstmorden sind in der
Fremdenlegion vorgekommen, und es erregt keine Verwunderung, wenn beim
Frührapport der SergentMajor dem Capitain meldet, wieder habe sich ein Sol¬
dat in der Nacht erschossen. Auch Desertionen, so unendlich schwer sie auch in
Algerien ausgeführt werde» können, gehören nicht zu deu Seltenheiten. Trotz
der vielen Enttäuschungen früherer Kameraden treibt die Verzweiflung oder un¬
verbesserlicher Leichtsinn doch noch häufig zu den Arabern. Die meisten dieser De¬
serteure werden von den feindlichen Stämmen niedergehauen, oder verkommen in
Hunger und Elend, Manche melden sich auch nach Wochen und Monden wieder
freiwillig bei ihren verlassenen Fahnen, und ertragen geduldig die Strafe, die
ihrer dann harrt. Daß Deserteure bei deu Arabern ihr Glück, wenn überhaupt
von einem solchen die Rede sein kann, gemacht hätten, gehört zu den seltenen
Ausnahmen. Als Abtei-Kader, dieser gefährlichste Gegner der Französischen Herr¬
schaft in Algerien, noch in Freiheit und Macht war, fanden freilich viele Deserteure in
seinem Heere eine ziemlich lohnende Anstellung. Die mehr diScipliuirte Infanterie
Desselben soll größtentheils von Deserteuren der Fremdenlegion ausgebildet und
angeführt worden sein. Noch jetzt erzählt man im Französischen Heer in Algerien
viel von der großen militairischen Tüchtigkeit und dem außerordentlichen Muthe
eines solchen Deserteurs, eines frühern Schneidergesellen aus dem Hannöver-
schen, der zu Abtei-Kader desertirt, Mohammedaner geworden, und durch se"
eminentes militairischcs Talent in nicht langer Zeit zu dem Range eines Scheit
emporgekommen war. Als solcher hatte er den Franzosen großen Schaden z»g>"
fügt. Endlich bei einem hitzigen Treffen von Französischer Uebermacht umringt,
hat er hartnäckig jeden Pardon verweigert, und ist so nach wüthender Gegenwehr,


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0116" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/280733"/>
          <p xml:id="ID_349" prev="#ID_348" next="#ID_350"> reglement ist dasselbe, das Kommando durchgängig Französisch.' Hinsichtlich ihrer<lb/>
Brauchbarkeit fiir den Krieg ist die Legion von verschiedenem Werth.  Die Com¬<lb/>
pagnien co cLntrv enthalten viele unbrauchbare Soldaten, und kommen hinsichtlich<lb/>
ihrer militairischen Tüchtigkeit nicht den Compagnien an c&lt;mu-l; eines guten Fran¬<lb/>
zösischen Regimentes, das schon seine erste Probezeit in Algerien bestanden hat,<lb/>
gleich.  Gar manche Soldaten derselben sind dem harten Dienst und den vielen<lb/>
Beschwerden und Entbehrungen aller Art, die das Leben eines Legivnssoldaten<lb/>
in Algerien unausgesetzt mit sich bringt, nicht gewachsen. Unzählig sind die Opfer,<lb/>
die hier schon untergegangen sind, Tausende und wieder Tausende von Legiouairen<lb/>
sind seit dem Bestände der Legion in den Hospitälern Algeriens ihrem harten<lb/>
Geschick unterlegen.  Manche Recruten der Legion bringen bei ihrer Anwerbung<lb/>
schon einen durch Ausschweifungen aller Art frühzeitig geschwächten Körper mit,<lb/>
und fallen daun in Afrika bald dem Tode als leichte Beute.  Andere, die einst<lb/>
in ihrer Heimath als Studenten, Officiere, Beamte einer bessern Lebensart ge¬<lb/>
wohnt waren, können hier die vielen Entbehrungen nicht ertragen, und stechen<lb/>
rasch dahin.  Gar Manchem bricht anch das Heimweh oder die Neue über das<lb/>
verfehlte Leben frühzeitig das Herz. Hunderte von Selbstmorden sind in der<lb/>
Fremdenlegion vorgekommen, und es erregt keine Verwunderung, wenn beim<lb/>
Frührapport der SergentMajor dem Capitain meldet, wieder habe sich ein Sol¬<lb/>
dat in der Nacht erschossen.  Auch Desertionen, so unendlich schwer sie auch in<lb/>
Algerien ausgeführt werde» können, gehören nicht zu deu Seltenheiten. Trotz<lb/>
der vielen Enttäuschungen früherer Kameraden treibt die Verzweiflung oder un¬<lb/>
verbesserlicher Leichtsinn doch noch häufig zu den Arabern. Die meisten dieser De¬<lb/>
serteure werden von den feindlichen Stämmen niedergehauen, oder verkommen in<lb/>
Hunger und Elend, Manche melden sich auch nach Wochen und Monden wieder<lb/>
freiwillig bei ihren verlassenen Fahnen, und ertragen geduldig die Strafe, die<lb/>
ihrer dann harrt.  Daß Deserteure bei deu Arabern ihr Glück, wenn überhaupt<lb/>
von einem solchen die Rede sein kann, gemacht hätten, gehört zu den seltenen<lb/>
Ausnahmen. Als Abtei-Kader, dieser gefährlichste Gegner der Französischen Herr¬<lb/>
schaft in Algerien, noch in Freiheit und Macht war, fanden freilich viele Deserteure in<lb/>
seinem Heere eine ziemlich lohnende Anstellung. Die mehr diScipliuirte Infanterie<lb/>
Desselben soll größtentheils von Deserteuren der Fremdenlegion ausgebildet und<lb/>
angeführt worden sein.  Noch jetzt erzählt man im Französischen Heer in Algerien<lb/>
viel von der großen militairischen Tüchtigkeit und dem außerordentlichen Muthe<lb/>
eines solchen Deserteurs, eines frühern Schneidergesellen aus dem Hannöver-<lb/>
schen, der zu Abtei-Kader desertirt, Mohammedaner geworden, und durch se"<lb/>
eminentes militairischcs Talent in nicht langer Zeit zu dem Range eines Scheit<lb/>
emporgekommen war.  Als solcher hatte er den Franzosen großen Schaden z»g&gt;"<lb/>
fügt.  Endlich bei einem hitzigen Treffen von Französischer Uebermacht umringt,<lb/>
hat er hartnäckig jeden Pardon verweigert, und ist so nach wüthender Gegenwehr,</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0116] reglement ist dasselbe, das Kommando durchgängig Französisch.' Hinsichtlich ihrer Brauchbarkeit fiir den Krieg ist die Legion von verschiedenem Werth. Die Com¬ pagnien co cLntrv enthalten viele unbrauchbare Soldaten, und kommen hinsichtlich ihrer militairischen Tüchtigkeit nicht den Compagnien an c<mu-l; eines guten Fran¬ zösischen Regimentes, das schon seine erste Probezeit in Algerien bestanden hat, gleich. Gar manche Soldaten derselben sind dem harten Dienst und den vielen Beschwerden und Entbehrungen aller Art, die das Leben eines Legivnssoldaten in Algerien unausgesetzt mit sich bringt, nicht gewachsen. Unzählig sind die Opfer, die hier schon untergegangen sind, Tausende und wieder Tausende von Legiouairen sind seit dem Bestände der Legion in den Hospitälern Algeriens ihrem harten Geschick unterlegen. Manche Recruten der Legion bringen bei ihrer Anwerbung schon einen durch Ausschweifungen aller Art frühzeitig geschwächten Körper mit, und fallen daun in Afrika bald dem Tode als leichte Beute. Andere, die einst in ihrer Heimath als Studenten, Officiere, Beamte einer bessern Lebensart ge¬ wohnt waren, können hier die vielen Entbehrungen nicht ertragen, und stechen rasch dahin. Gar Manchem bricht anch das Heimweh oder die Neue über das verfehlte Leben frühzeitig das Herz. Hunderte von Selbstmorden sind in der Fremdenlegion vorgekommen, und es erregt keine Verwunderung, wenn beim Frührapport der SergentMajor dem Capitain meldet, wieder habe sich ein Sol¬ dat in der Nacht erschossen. Auch Desertionen, so unendlich schwer sie auch in Algerien ausgeführt werde» können, gehören nicht zu deu Seltenheiten. Trotz der vielen Enttäuschungen früherer Kameraden treibt die Verzweiflung oder un¬ verbesserlicher Leichtsinn doch noch häufig zu den Arabern. Die meisten dieser De¬ serteure werden von den feindlichen Stämmen niedergehauen, oder verkommen in Hunger und Elend, Manche melden sich auch nach Wochen und Monden wieder freiwillig bei ihren verlassenen Fahnen, und ertragen geduldig die Strafe, die ihrer dann harrt. Daß Deserteure bei deu Arabern ihr Glück, wenn überhaupt von einem solchen die Rede sein kann, gemacht hätten, gehört zu den seltenen Ausnahmen. Als Abtei-Kader, dieser gefährlichste Gegner der Französischen Herr¬ schaft in Algerien, noch in Freiheit und Macht war, fanden freilich viele Deserteure in seinem Heere eine ziemlich lohnende Anstellung. Die mehr diScipliuirte Infanterie Desselben soll größtentheils von Deserteuren der Fremdenlegion ausgebildet und angeführt worden sein. Noch jetzt erzählt man im Französischen Heer in Algerien viel von der großen militairischen Tüchtigkeit und dem außerordentlichen Muthe eines solchen Deserteurs, eines frühern Schneidergesellen aus dem Hannöver- schen, der zu Abtei-Kader desertirt, Mohammedaner geworden, und durch se" eminentes militairischcs Talent in nicht langer Zeit zu dem Range eines Scheit emporgekommen war. Als solcher hatte er den Franzosen großen Schaden z»g>" fügt. Endlich bei einem hitzigen Treffen von Französischer Uebermacht umringt, hat er hartnäckig jeden Pardon verweigert, und ist so nach wüthender Gegenwehr,

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/116
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/116>, abgerufen am 29.06.2024.