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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band.

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Male der Akademie einen Senkung liefert, Lust zu macheu nicht unterlasse" konnte,
so suchte Herr Riedel bei dieser Gelegenheit seinem glühenden Patriotismus, dessen
Farben man in höheren Regionen seit neuester Zeit für etwas verschossen erachtet,
mit inhaltsdürren und wenig bedeutenden, aber wie es dieser Staatsmann
liebt, von dem Lächeln der süffisantesten Selbstgenügsamkeit begleiteten Worten,
ein selbstgefertigtes Denkmal zu setzen. Wenig erquicklich war dabei die unend¬
liche Breite Buschmanns, der von tausenderlei Dingen sprach, die er angefangen, aber
unterbrochen habe, und nun wieder aufnehmen werde, vou Amerikanischen, Asiatischen,
Europäischen und andern Sprachen -- ganz in dem Style der Ankündigung des
Ritters -- Köln> soit mal > ponse -- Wollheim da Fonseca in den Leetivns-
katalogcn der Universität, in denen er seit einiger Zeit, auss Wärmste von der
Kreuzzeitung protegirt, als Privatdocent figurirt; umsonst verspricht Der in einem
und demselben Semester die Lnstade des Camoens oder Calderon zu erklären,
für Geld Einleitung in die Persische Literaturgeschichte, Persische Grammatik und
die Lecture einer Persischen Chrestomathie, für mehr Geld (Mo-rUssimc) ohne
Ausnahme alle Orientalischen, Romanischen und Skandinavischen Sprachen nebst dem
neugriechischen zu lehren; eben so viele Berheißuugcn vou seiner flüchtigen Wirk¬
samkeit machte Buschmann der Akademie; von dem Geiste Wilhelm von Hum¬
boldt's, der ihn protegirt und uoch durch die Macht seines Namens und die Pietät
seines gleich großen Bruders von jenseits des Grabes Hieher geführt hatte,
hat sich dagegen auf den Herausgeber seiner großartigen, sprachwissenschaftlichen
Untersuchungen, wenn man nach dieser rhetorischen Exhibition schließen darf, wenig
übertragen. Freilich hat Herr Buschmann nicht die Uebung des Herrn Riedel,
des Professor nicht nur, nein, anch des Deputirten Riedel; aber freilich auch
Uebung macht, dem Sprichwort zum Trotz, nicht immer den Meister, und Herr
Riedel (bei aller Achtung vor dem äinstgcn Fleiße, der die vierzehn Quartbände
des Loäex üIMmkliLas der Mark Brandenburg zusammengestellt hat, sei es
gesagt,) ist wirklich kein Meister geworden auf dem Felde der Beredsamkeit. Er
ist eine jener allezeit rührigen, allezeit fertigen Naturen, die sich zu Allem ge¬
schickt halten, weil sie in manchen Dingen eine gewisse Mrtnosität erreicht haben;
ich kann ihn nicht ansehen, den Mann mit dem aalglatten Gesicht, das erst in
neuester Zeit einige würdevolle Falten sich angeeignet, mit dem kühn emporstre¬
benden, widerspenstigen Haarschopf, ohne der Ehren zu denken, die einst in deu
Zeiten seiner vielseitigsten Wirksamkeit am Johannistage des Jahres 18i8 die
ewige Lampe auf sei" einzig Haupt häufte. Die ewige Lampe ernannte damals
den Professor und Stadtverordneten Riedel zum Volksvertreter des geheimen
Archivs, den Stadtverordneten und Deputirten Riedel zum geheimen Archivar
der Universität, den Deputirten und geheimen Archivar Riedel zum Professor bei
der Stadtverordnetenversammlung, und deu geheimen Archivar und Professor
Riedel zum Stadtverordneten in der Nationalversammlung. Heute setzt er, jetzt


Male der Akademie einen Senkung liefert, Lust zu macheu nicht unterlasse» konnte,
so suchte Herr Riedel bei dieser Gelegenheit seinem glühenden Patriotismus, dessen
Farben man in höheren Regionen seit neuester Zeit für etwas verschossen erachtet,
mit inhaltsdürren und wenig bedeutenden, aber wie es dieser Staatsmann
liebt, von dem Lächeln der süffisantesten Selbstgenügsamkeit begleiteten Worten,
ein selbstgefertigtes Denkmal zu setzen. Wenig erquicklich war dabei die unend¬
liche Breite Buschmanns, der von tausenderlei Dingen sprach, die er angefangen, aber
unterbrochen habe, und nun wieder aufnehmen werde, vou Amerikanischen, Asiatischen,
Europäischen und andern Sprachen — ganz in dem Style der Ankündigung des
Ritters — Köln> soit mal > ponse — Wollheim da Fonseca in den Leetivns-
katalogcn der Universität, in denen er seit einiger Zeit, auss Wärmste von der
Kreuzzeitung protegirt, als Privatdocent figurirt; umsonst verspricht Der in einem
und demselben Semester die Lnstade des Camoens oder Calderon zu erklären,
für Geld Einleitung in die Persische Literaturgeschichte, Persische Grammatik und
die Lecture einer Persischen Chrestomathie, für mehr Geld (Mo-rUssimc) ohne
Ausnahme alle Orientalischen, Romanischen und Skandinavischen Sprachen nebst dem
neugriechischen zu lehren; eben so viele Berheißuugcn vou seiner flüchtigen Wirk¬
samkeit machte Buschmann der Akademie; von dem Geiste Wilhelm von Hum¬
boldt's, der ihn protegirt und uoch durch die Macht seines Namens und die Pietät
seines gleich großen Bruders von jenseits des Grabes Hieher geführt hatte,
hat sich dagegen auf den Herausgeber seiner großartigen, sprachwissenschaftlichen
Untersuchungen, wenn man nach dieser rhetorischen Exhibition schließen darf, wenig
übertragen. Freilich hat Herr Buschmann nicht die Uebung des Herrn Riedel,
des Professor nicht nur, nein, anch des Deputirten Riedel; aber freilich auch
Uebung macht, dem Sprichwort zum Trotz, nicht immer den Meister, und Herr
Riedel (bei aller Achtung vor dem äinstgcn Fleiße, der die vierzehn Quartbände
des Loäex üIMmkliLas der Mark Brandenburg zusammengestellt hat, sei es
gesagt,) ist wirklich kein Meister geworden auf dem Felde der Beredsamkeit. Er
ist eine jener allezeit rührigen, allezeit fertigen Naturen, die sich zu Allem ge¬
schickt halten, weil sie in manchen Dingen eine gewisse Mrtnosität erreicht haben;
ich kann ihn nicht ansehen, den Mann mit dem aalglatten Gesicht, das erst in
neuester Zeit einige würdevolle Falten sich angeeignet, mit dem kühn emporstre¬
benden, widerspenstigen Haarschopf, ohne der Ehren zu denken, die einst in deu
Zeiten seiner vielseitigsten Wirksamkeit am Johannistage des Jahres 18i8 die
ewige Lampe auf sei» einzig Haupt häufte. Die ewige Lampe ernannte damals
den Professor und Stadtverordneten Riedel zum Volksvertreter des geheimen
Archivs, den Stadtverordneten und Deputirten Riedel zum geheimen Archivar
der Universität, den Deputirten und geheimen Archivar Riedel zum Professor bei
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Riedel zum Stadtverordneten in der Nationalversammlung. Heute setzt er, jetzt


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280086/94>, abgerufen am 02.07.2024.