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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band.

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Weise die Palme des Sieges fast noch am Anfang der Laufbahn reiche, indem sie
ihn zum Genossen von Männern mache, deren Hörsäle er noch vor wenigen
Jahren mit Ehrfurcht und Bewunderung betreten. Ungekünstelte Bescheidenheit
vereinte sich mit wohlanständigen Selbstbewußtsein in dieser Rede des Dr. Dubois
Reymond, der vor Kurzem seine Entdeckungen auf diesem Gebiete veröffentlicht,
und hier, wie in Paris, die glänzendste Anerkennung seiner Beharrlichkeit, der
methodischen Sicherheit seiner Versuche, der überraschenden Resultate seiner For¬
schungen davon getragen hat. Und wenn er zuletzt mit dem geschickt angebrachten
Worte von Leibnitz schloß, daß nicht nur von großen Geistern große Entdeckungen
gemacht werden, sondern auch von mäßig begabten zuweilen einige, so darf er
sich schon jetzt der letztem Klasse kaum zurechnen.

Weniger Frische, weniger Schwung, aber kernhafte und solide Festigkeit ver¬
räth sein hagerer Nachbar, Peters, der bekannte Afrikanische Reisende, der eine
Reihe von Jahren hindurch namentlich Madagaskar durchforscht und ausgebeutet hat,
und, nachdem er einen Theil der Resultate dieser Reise der gelehrten Welt vorgelegt
haben wird, neue, große Entwürfe zu einer andern Expedition in jenen Welttheil zur
Ausführung zu bringen gedenkt. Von jener Reise, diesen Planen spricht er kurz und
bündig, aber präcis und klar. Zwar hat er von dem vorbereiteten Werke über die
frühere Expedition noch nicht viel publicirt, aber die Akademie, aber Johannes Müller
vor Allem, kennen Umfang und Gründlichkeit der Vorarbeiten, und wenn wir auch
hier nicht eine so bahnbrechende Natur vor uns sehen, wie in Dubois, so hat
doch auch Peters durch umfassende Entdeckungen die Afrikanische Fauna in vor¬
her kaum geahnten Umfange bezeichnet, so ist es doch auch der mit festem Blicke
verfolgte eine Zielpunkt seines wissenschaftlichen Strebens, der ihm einen Anspruch
auf einen Sitz in der Akademie verleiht; in feiner Weise in beider Männer
Eigenthümlichkeit und in die Richtung ihrer Studien eingehend, antwortet ihnen
Ehrenberg, der berühmte Erforscher des kleinsten organischen Lebens allüberall,
im Namen der Akademie. Und nnn fällt unser Blick zur äußersten Rechten
auf die neuen Mitglieder der andern Klasse, die Herren Pinder, Buschmann,
Riedel, alle Drei bereits gesetzten Alters, alle Drei fleißige, gründliche Arbeiter
auf wissenschaftlichem Gebiete -- aber alle Drei der festen geschlossenen Einheit
eines leitenden Princips, das ihre ganze Thätigkeit beherrschte, ermangelnd, Keiner
heranreichend an Landmanns Schärfe, an Neanders Tiefe; Dubois kann Jacobi's,
Peters mag Link's Ruhm erreichen, Buschmann wird kein Lachmann werden,
trotz der Diffusion seines sprachlichen Wissens, das sich über den Ocean nach
Amerika und Polynesien erstreckt, Riedel kein Neander, selbst innerhalb der engen
Grenzen des engsten Märkischen Vaterlandes. Mit einem Worte, die Naturwis-
senschaft ist in frischem Aufblühen begriffen, die historische Forschung des Alter¬
thums zumal treibt wenig grüne, frische Zweige, und kaum zeigt sich irgendwo
ein begabtes, aufstrebendes Talent, das es verhieße, einst die Hermann und die


Weise die Palme des Sieges fast noch am Anfang der Laufbahn reiche, indem sie
ihn zum Genossen von Männern mache, deren Hörsäle er noch vor wenigen
Jahren mit Ehrfurcht und Bewunderung betreten. Ungekünstelte Bescheidenheit
vereinte sich mit wohlanständigen Selbstbewußtsein in dieser Rede des Dr. Dubois
Reymond, der vor Kurzem seine Entdeckungen auf diesem Gebiete veröffentlicht,
und hier, wie in Paris, die glänzendste Anerkennung seiner Beharrlichkeit, der
methodischen Sicherheit seiner Versuche, der überraschenden Resultate seiner For¬
schungen davon getragen hat. Und wenn er zuletzt mit dem geschickt angebrachten
Worte von Leibnitz schloß, daß nicht nur von großen Geistern große Entdeckungen
gemacht werden, sondern auch von mäßig begabten zuweilen einige, so darf er
sich schon jetzt der letztem Klasse kaum zurechnen.

Weniger Frische, weniger Schwung, aber kernhafte und solide Festigkeit ver¬
räth sein hagerer Nachbar, Peters, der bekannte Afrikanische Reisende, der eine
Reihe von Jahren hindurch namentlich Madagaskar durchforscht und ausgebeutet hat,
und, nachdem er einen Theil der Resultate dieser Reise der gelehrten Welt vorgelegt
haben wird, neue, große Entwürfe zu einer andern Expedition in jenen Welttheil zur
Ausführung zu bringen gedenkt. Von jener Reise, diesen Planen spricht er kurz und
bündig, aber präcis und klar. Zwar hat er von dem vorbereiteten Werke über die
frühere Expedition noch nicht viel publicirt, aber die Akademie, aber Johannes Müller
vor Allem, kennen Umfang und Gründlichkeit der Vorarbeiten, und wenn wir auch
hier nicht eine so bahnbrechende Natur vor uns sehen, wie in Dubois, so hat
doch auch Peters durch umfassende Entdeckungen die Afrikanische Fauna in vor¬
her kaum geahnten Umfange bezeichnet, so ist es doch auch der mit festem Blicke
verfolgte eine Zielpunkt seines wissenschaftlichen Strebens, der ihm einen Anspruch
auf einen Sitz in der Akademie verleiht; in feiner Weise in beider Männer
Eigenthümlichkeit und in die Richtung ihrer Studien eingehend, antwortet ihnen
Ehrenberg, der berühmte Erforscher des kleinsten organischen Lebens allüberall,
im Namen der Akademie. Und nnn fällt unser Blick zur äußersten Rechten
auf die neuen Mitglieder der andern Klasse, die Herren Pinder, Buschmann,
Riedel, alle Drei bereits gesetzten Alters, alle Drei fleißige, gründliche Arbeiter
auf wissenschaftlichem Gebiete — aber alle Drei der festen geschlossenen Einheit
eines leitenden Princips, das ihre ganze Thätigkeit beherrschte, ermangelnd, Keiner
heranreichend an Landmanns Schärfe, an Neanders Tiefe; Dubois kann Jacobi's,
Peters mag Link's Ruhm erreichen, Buschmann wird kein Lachmann werden,
trotz der Diffusion seines sprachlichen Wissens, das sich über den Ocean nach
Amerika und Polynesien erstreckt, Riedel kein Neander, selbst innerhalb der engen
Grenzen des engsten Märkischen Vaterlandes. Mit einem Worte, die Naturwis-
senschaft ist in frischem Aufblühen begriffen, die historische Forschung des Alter¬
thums zumal treibt wenig grüne, frische Zweige, und kaum zeigt sich irgendwo
ein begabtes, aufstrebendes Talent, das es verhieße, einst die Hermann und die


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280086/92>, abgerufen am 02.07.2024.