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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band.

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von diesem soll dem Besitzer nun nach Abzug der Ablösuugsrente wenigstens der
dritte Theil bleiben; zeigt sich also, daß die Rente mehr als zwei Drittheile des
Reinertrages beträgt, so wird sie ohne Weiteres bis auf diese zwei Drittheile
herabgesetzt.

Drittens Hort durch das Ablösuugsverfahrcn anch wirklich alles und jedes
Abhängigkeitsverhältniß zwischen dem Gutsbesitzer und dem Bauer auf; der Er¬
stere nämlich erhält sofort das Ablösungscapital entweder baar von dem Letztern
-- in diesem Falle den 18fachen Betrag der Rente -- oder in zinstragendem
Papier, den Nenteubriefeu, vom Staate, welcher nun der Gläubiger der abgelö¬
sten Stelle wird, und von ihr mit den Steuern zugleich regelmäßig die Rente
einziehen läßt; in diesem Falle beträgt das Capital das 20fache der Reute. Zur
Ausgabe und Verzinsung der Nentenbriefe, so wie zur Empfangnahme und wei¬
tern Verwaltung der Ablösungsreutcn ist in jeder Provinz eine besondere Behörde,
die Nentcnbank, errichtet. -- So vortheilhaft der zweite Punkt für den Bauer
ist, so ist es dieser für den Gutsherrn, der nur nicht mehr dnrch säumige Zah¬
lungen oder zeitweilige Zahlungseiustellungeu, wie früher oft, in Verlegenheit
kommen kann.

Das Verhältniß zwischen Verzinsung der Rentenbriefe an den jedesmaligen
Inhaber und den dafür von den abgelösten Stellen zu zahlenden Renten ist aber
derartig, daß der Nentenbankskasse ein Ueberschuß bleibt, der zur Amortisation
benutzt wird und zwar so, daß jede abgelöste Stelle bei regelmäßiger Einzahlung
der Renten in spätestens ö0 Jahren vollkommen frei ist, ein vierter wesentlicher
Vorzug des neuen Gesetzes vor dem alten.

Wie schon gesagt, vou den beiden zunächst interessirten Parteien wurde das
neue Gesetz ziemlich lan aufgenommen; mancher Gutsbesitzer hatte sich wol vorher
nach -- wie er meinte -- billigen Sätzen eine Entschädigungssumme berechnet,
die doch mehr seinen Wünschen, als der Billigkeit entsprach, und nnn vor den
Bestimmungen des neuen Gesetzes zusammenschmolz, wie der Schnee vor der
Märzsonne; er erhielt aber doch immer die Aussicht, auf einmal ein größeres
Capital in die Hand zu bekommen -- wenn nicht etwa das Crcditinstitut oder
Hypotheken-Gläubiger dazwischcutratcu -- mit welchem der Uebergang in eine
neue tüchtige Bcwirthschaftuugsart gemacht, wovon anch wol noch zu andern Zwek-
ken Etwas erübrigt werden konnte. Allgemein war jedenfalls die Unzufriedenheit
bei deu Bauer"; ihre wunderlichen Hoffnungen vom Frühjahr 18L8 waren in
keiner Weise realisirt worden. Sehr bedenklich erschien ihnen die Bestimmung,
daß sie künftig die Renten regelmäßig wie die Steuern zahlen müßten, -- daß im
Falle wirklichen Unvermögens der Staat eher Frist gewähren kann, als ein Privat¬
mann, begreifen sie nicht; -- der Umstand, daß die Ablosnngsrente mit dem Rein¬
ertrage ihrer Stelle in einen vernünftigen Einklang gebracht werden sollte, gab
auch allerlei Hintergedanken Raum, -- mancher Polnische Bauer mochte über den


von diesem soll dem Besitzer nun nach Abzug der Ablösuugsrente wenigstens der
dritte Theil bleiben; zeigt sich also, daß die Rente mehr als zwei Drittheile des
Reinertrages beträgt, so wird sie ohne Weiteres bis auf diese zwei Drittheile
herabgesetzt.

Drittens Hort durch das Ablösuugsverfahrcn anch wirklich alles und jedes
Abhängigkeitsverhältniß zwischen dem Gutsbesitzer und dem Bauer auf; der Er¬
stere nämlich erhält sofort das Ablösungscapital entweder baar von dem Letztern
— in diesem Falle den 18fachen Betrag der Rente — oder in zinstragendem
Papier, den Nenteubriefeu, vom Staate, welcher nun der Gläubiger der abgelö¬
sten Stelle wird, und von ihr mit den Steuern zugleich regelmäßig die Rente
einziehen läßt; in diesem Falle beträgt das Capital das 20fache der Reute. Zur
Ausgabe und Verzinsung der Nentenbriefe, so wie zur Empfangnahme und wei¬
tern Verwaltung der Ablösungsreutcn ist in jeder Provinz eine besondere Behörde,
die Nentcnbank, errichtet. — So vortheilhaft der zweite Punkt für den Bauer
ist, so ist es dieser für den Gutsherrn, der nur nicht mehr dnrch säumige Zah¬
lungen oder zeitweilige Zahlungseiustellungeu, wie früher oft, in Verlegenheit
kommen kann.

Das Verhältniß zwischen Verzinsung der Rentenbriefe an den jedesmaligen
Inhaber und den dafür von den abgelösten Stellen zu zahlenden Renten ist aber
derartig, daß der Nentenbankskasse ein Ueberschuß bleibt, der zur Amortisation
benutzt wird und zwar so, daß jede abgelöste Stelle bei regelmäßiger Einzahlung
der Renten in spätestens ö0 Jahren vollkommen frei ist, ein vierter wesentlicher
Vorzug des neuen Gesetzes vor dem alten.

Wie schon gesagt, vou den beiden zunächst interessirten Parteien wurde das
neue Gesetz ziemlich lan aufgenommen; mancher Gutsbesitzer hatte sich wol vorher
nach — wie er meinte — billigen Sätzen eine Entschädigungssumme berechnet,
die doch mehr seinen Wünschen, als der Billigkeit entsprach, und nnn vor den
Bestimmungen des neuen Gesetzes zusammenschmolz, wie der Schnee vor der
Märzsonne; er erhielt aber doch immer die Aussicht, auf einmal ein größeres
Capital in die Hand zu bekommen — wenn nicht etwa das Crcditinstitut oder
Hypotheken-Gläubiger dazwischcutratcu — mit welchem der Uebergang in eine
neue tüchtige Bcwirthschaftuugsart gemacht, wovon anch wol noch zu andern Zwek-
ken Etwas erübrigt werden konnte. Allgemein war jedenfalls die Unzufriedenheit
bei deu Bauer»; ihre wunderlichen Hoffnungen vom Frühjahr 18L8 waren in
keiner Weise realisirt worden. Sehr bedenklich erschien ihnen die Bestimmung,
daß sie künftig die Renten regelmäßig wie die Steuern zahlen müßten, — daß im
Falle wirklichen Unvermögens der Staat eher Frist gewähren kann, als ein Privat¬
mann, begreifen sie nicht; — der Umstand, daß die Ablosnngsrente mit dem Rein¬
ertrage ihrer Stelle in einen vernünftigen Einklang gebracht werden sollte, gab
auch allerlei Hintergedanken Raum, — mancher Polnische Bauer mochte über den


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280086/82>, abgerufen am 02.07.2024.