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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band.

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auch Wippermann in seinem ,/mrhcssen nach dem Befreiungskriege" S. 7. 8.
erwähnt. Hessen hatte trotz dieser Ausnahmen bei einer Bevölkerung von "ö0,000 Ein¬
wohnern über 20,000 Soldaten; bei dem großen Manöver 1700 oder 1800 vor
dem Könige von Preuße" und andern Fürsten waren 12,000 Mann Kcrntruppen
bei Cassel versammelt. Im I. 1776 konnte mau 12,000 für England entbehren.
Der ganze Druck lag aus dem Handwerker, Landmann und Taglöhner. Der
Schulze F. zu E. im Amte W. Hütte 6 Söhne im Dienste, er wünschte umsonst
deu siebenten zur sichern Stütze zu behalten; wol bescheinigte.ihm der seul"'
der von H.'schen Familie, daß er sein persönlicher Diener und von ihm nicht gut z"
entbehren sei (also wichtiger als des. Vaters Gut), allein aus die Vorstellung
des Beamten, daß er dann Bedienter bleiben müsse, und dem Vater doch nicht
helfen könne, gab er ihn nnter die Reiter.

Das war vor 1806; allein es war nach der Restauration nicht besser. Jo
Jahr 1814 hatte obige Gemeinde eine Vorstellung dem Landesherrn zu übergeben;
sie sollte durch einen gewandten Mann überreicht werden, um etwa noch münd¬
liche Auskunft zu geben. Es- wurde der schönste Manu an Wuchs und Haltung
erwählt. Er hatte bis 1806 unter der Garde gedient, dann unter der West-
phälischen Garde, war verabschiedet, hatte seines Bruders Wittwe mit einige"
Kindern nud einem verschuldeten kleinen Köthergute geheirathet, und hielt sich nur
mit großer Anstrengung über Wasser. Als der Kurfürst den schönen Mann sieht,
fragt er: Bei welchem Regimente stehst Du?") Nach Darlegung seiner jetzige"
Verhältnisse wird ihm der Bescheid: "Du meldest Dich sogleich beim Capitain vo"
Vullv!" Nun wagten auch die Beamten nicht, ihn unter die Unabkömmlichen 6"
setzen, weil Nachfrage kommen könne. Der Capital" war aber so freundlich, dem
Manne zu erlauben, es durch den Prediger melden zu lassen, wenn er am Be¬
quemsten dienen könne. Bei dem Wiedereintritt ins Land bot Wilhelm l-
Alliirten 12,000 Mann und eine eben so starke Landwehr gegen Frankreich an-

Es ist hier nicht die Rede von den schweren Abgaben, welche das Land
in die sogenannte Kriegs-Kasse, welche wieder mit der Schatnll-Kasse zusammen-
hing, zahlte, das mag man erschöpfend in Wippermanns Buche nachlese", so"'
dem von dem großen Drucke, welchen das Soldatenscin durchs ganze Leben
auf die arbeitende Klasse ausübte. Noch drückender wurde die Lage durch den
""bestimmten Urlaub. Es hing lediglich vom Hauptmann ab, wer einberufen,
wer beurlaubt werden sollte. Niemand wußte, wann er dienen sollte, das Schwert



-> Der Kurfürst kehrte den ZU, November -Ill-U! zurück; am zz. erkiest er ""^u
die ant -I. November 1"N6 beurlaubten Soldaten sollte" sich in ihren zuletzt gehabten
platzen einfinden. Die KhcfS der Regimenter befahlen das Erscheinen bei schwerer ^
Ein General befahl sogar, alle damals mitgenommenen Montirungöstücke, Nnnatnr-
Lederwerk mitzubringen. (W. S. <i.) Die 7 Jahre der Fremdherrschaft waren in de" ^
gar nicht gewesen.

auch Wippermann in seinem ,/mrhcssen nach dem Befreiungskriege" S. 7. 8.
erwähnt. Hessen hatte trotz dieser Ausnahmen bei einer Bevölkerung von »ö0,000 Ein¬
wohnern über 20,000 Soldaten; bei dem großen Manöver 1700 oder 1800 vor
dem Könige von Preuße» und andern Fürsten waren 12,000 Mann Kcrntruppen
bei Cassel versammelt. Im I. 1776 konnte mau 12,000 für England entbehren.
Der ganze Druck lag aus dem Handwerker, Landmann und Taglöhner. Der
Schulze F. zu E. im Amte W. Hütte 6 Söhne im Dienste, er wünschte umsonst
deu siebenten zur sichern Stütze zu behalten; wol bescheinigte.ihm der seul"'
der von H.'schen Familie, daß er sein persönlicher Diener und von ihm nicht gut z»
entbehren sei (also wichtiger als des. Vaters Gut), allein aus die Vorstellung
des Beamten, daß er dann Bedienter bleiben müsse, und dem Vater doch nicht
helfen könne, gab er ihn nnter die Reiter.

Das war vor 1806; allein es war nach der Restauration nicht besser. Jo
Jahr 1814 hatte obige Gemeinde eine Vorstellung dem Landesherrn zu übergeben;
sie sollte durch einen gewandten Mann überreicht werden, um etwa noch münd¬
liche Auskunft zu geben. Es- wurde der schönste Manu an Wuchs und Haltung
erwählt. Er hatte bis 1806 unter der Garde gedient, dann unter der West-
phälischen Garde, war verabschiedet, hatte seines Bruders Wittwe mit einige»
Kindern nud einem verschuldeten kleinen Köthergute geheirathet, und hielt sich nur
mit großer Anstrengung über Wasser. Als der Kurfürst den schönen Mann sieht,
fragt er: Bei welchem Regimente stehst Du?») Nach Darlegung seiner jetzige«
Verhältnisse wird ihm der Bescheid: „Du meldest Dich sogleich beim Capitain vo»
Vullv!" Nun wagten auch die Beamten nicht, ihn unter die Unabkömmlichen 6"
setzen, weil Nachfrage kommen könne. Der Capital« war aber so freundlich, dem
Manne zu erlauben, es durch den Prediger melden zu lassen, wenn er am Be¬
quemsten dienen könne. Bei dem Wiedereintritt ins Land bot Wilhelm l-
Alliirten 12,000 Mann und eine eben so starke Landwehr gegen Frankreich an-

Es ist hier nicht die Rede von den schweren Abgaben, welche das Land
in die sogenannte Kriegs-Kasse, welche wieder mit der Schatnll-Kasse zusammen-
hing, zahlte, das mag man erschöpfend in Wippermanns Buche nachlese«, so»'
dem von dem großen Drucke, welchen das Soldatenscin durchs ganze Leben
auf die arbeitende Klasse ausübte. Noch drückender wurde die Lage durch den
»»bestimmten Urlaub. Es hing lediglich vom Hauptmann ab, wer einberufen,
wer beurlaubt werden sollte. Niemand wußte, wann er dienen sollte, das Schwert



-> Der Kurfürst kehrte den ZU, November -Ill-U! zurück; am zz. erkiest er ""^u
die ant -I. November 1«N6 beurlaubten Soldaten sollte» sich in ihren zuletzt gehabten
platzen einfinden. Die KhcfS der Regimenter befahlen das Erscheinen bei schwerer ^
Ein General befahl sogar, alle damals mitgenommenen Montirungöstücke, Nnnatnr-
Lederwerk mitzubringen. (W. S. <i.) Die 7 Jahre der Fremdherrschaft waren in de» ^
gar nicht gewesen.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280086/504>, abgerufen am 02.07.2024.