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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band.

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in durchaus keinem günstigen Altersverhältnisse zu einander standen, vor das Iko¬
nostas, um ihr Gebet zu verrichten.

Die Heirath zwischen jungen Burschen und viel älteren. Mädchen ist eine in
den Lebensverhältnissen des Volkes gegründete Unsitte. Jeder Hauswirth sucht
die Arbeitskräfte seines Hauses' möglichst zu vermehren. Es ist deshalb eine
seiner Hauptsorgen, seinem Sohne sobald als möglich ein Weib zu verschaffen,
und dadurch ein Paar Hände mehr für seine Wirthschaft zu gewinnen, so wie
Jeder seine Tochter so spät als möglich ausheirathet, um sie möglichst lauge im
eigenen Hause zu verwenden. Vielleicht mag diese Unnatiirlichkeit nicht ohne
Einfluß aus die minder günstigen Pvpnlationsverhältnisse des Landes geblie¬
ben sein.

Nach dem Gebet trat aus dem Ikonostas der Pariutje hervor, wie die Rumä¬
nen vom Römischen Mrcms ihren Popen nennen, und reichte jedem der Brautleute
eine Kerze, worauf er sie an das runde Tischchen geleitete. Hier übergaben die
Brautleute die Kerzen dem Brautführer und der Brautführerin. Der Pariutje
verrichtet ein langes Gebet, bindet dann nicht, wie es sonst üblich, Rechte in
Rechte, sondern beide Hände der Brautleute mittelst eines weißen Tuches fest in
einander, verrichtet wieder ein Mbet, und nun tritt ein zweiter Parintje hervor,
Med einen Kleiderstoff aus einander, den der Bräutigam der Braut zum Ge¬
schenke macht, und wickelt ihn, mag er noch so viele Ellen laug sein, dem neu¬
vermählte" Paare' gemeinschaftlich um die Köpfe, so das; diese wirklich nun mit
Leib und Seele unzertrennlich an einander gebunden siud, und, wie es in der
Liebe eigentlich sein soll, wirklich Nichts von alle Dem scheu, was rings um sie ist,
"in sie vorgeht. Hierauf setzt noch der einsegnende Parintje Jedem von ihnen
eine der Kronen ans das mit Kleiderstoff bedeckte Haupt, und nun befindet sich das
Paar in der gehörigen Verfassung, in welcher es eine lauge Reihe vou Gebeten
und Gesängen über sich ergehen zu lassen hat.

Nachdem es eingesegnet ist, werden ihm die Kronen abgenommen, desgleichen
die Einwickelung und der Händeverband, und schweißtriefend darf der junge
Mann nun seine' alte Frau küssen, um ein schweißtriefendes Leben anzutreten.
Noch kalten ihm die Aeltesten der Gemeinde die zinnernen Teller entgegen, um
eine kleine Gabe für die Kirche zu erhalten. Die beiden Parintje'ö nehmen den
baaren Dank für die Bemühungen, das Paar glücklich zu machen, vou deu Braut¬
zeiten, an, und nun setzt sich der Zug unter dein humoristischen Raisonnement
de" "Bassettlö" wieder in' Bewegung nur daß jetzt die neuen Ehehälften nicht
'"ehr gesondert, sondern Hand in Hand mit einander voranschreiten. --

Auf dem Platze" vor der Kirche hat sich unterdessen ein Hausen junger Leute
versammelt, schmucke, bartlose Burschen, in den schönsten weißen Hosen und mit
weitflatterndeu Hemdärmeln, rothwangige Mädchen mit dem schönste" schwarzen
Haar und mit den schönsten Kotrinje's und Gi^elje's um den üppigen Leib, Ich
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in durchaus keinem günstigen Altersverhältnisse zu einander standen, vor das Iko¬
nostas, um ihr Gebet zu verrichten.

Die Heirath zwischen jungen Burschen und viel älteren. Mädchen ist eine in
den Lebensverhältnissen des Volkes gegründete Unsitte. Jeder Hauswirth sucht
die Arbeitskräfte seines Hauses' möglichst zu vermehren. Es ist deshalb eine
seiner Hauptsorgen, seinem Sohne sobald als möglich ein Weib zu verschaffen,
und dadurch ein Paar Hände mehr für seine Wirthschaft zu gewinnen, so wie
Jeder seine Tochter so spät als möglich ausheirathet, um sie möglichst lauge im
eigenen Hause zu verwenden. Vielleicht mag diese Unnatiirlichkeit nicht ohne
Einfluß aus die minder günstigen Pvpnlationsverhältnisse des Landes geblie¬
ben sein.

Nach dem Gebet trat aus dem Ikonostas der Pariutje hervor, wie die Rumä¬
nen vom Römischen Mrcms ihren Popen nennen, und reichte jedem der Brautleute
eine Kerze, worauf er sie an das runde Tischchen geleitete. Hier übergaben die
Brautleute die Kerzen dem Brautführer und der Brautführerin. Der Pariutje
verrichtet ein langes Gebet, bindet dann nicht, wie es sonst üblich, Rechte in
Rechte, sondern beide Hände der Brautleute mittelst eines weißen Tuches fest in
einander, verrichtet wieder ein Mbet, und nun tritt ein zweiter Parintje hervor,
Med einen Kleiderstoff aus einander, den der Bräutigam der Braut zum Ge¬
schenke macht, und wickelt ihn, mag er noch so viele Ellen laug sein, dem neu¬
vermählte» Paare' gemeinschaftlich um die Köpfe, so das; diese wirklich nun mit
Leib und Seele unzertrennlich an einander gebunden siud, und, wie es in der
Liebe eigentlich sein soll, wirklich Nichts von alle Dem scheu, was rings um sie ist,
»in sie vorgeht. Hierauf setzt noch der einsegnende Parintje Jedem von ihnen
eine der Kronen ans das mit Kleiderstoff bedeckte Haupt, und nun befindet sich das
Paar in der gehörigen Verfassung, in welcher es eine lauge Reihe vou Gebeten
und Gesängen über sich ergehen zu lassen hat.

Nachdem es eingesegnet ist, werden ihm die Kronen abgenommen, desgleichen
die Einwickelung und der Händeverband, und schweißtriefend darf der junge
Mann nun seine' alte Frau küssen, um ein schweißtriefendes Leben anzutreten.
Noch kalten ihm die Aeltesten der Gemeinde die zinnernen Teller entgegen, um
eine kleine Gabe für die Kirche zu erhalten. Die beiden Parintje'ö nehmen den
baaren Dank für die Bemühungen, das Paar glücklich zu machen, vou deu Braut¬
zeiten, an, und nun setzt sich der Zug unter dein humoristischen Raisonnement
de« „Bassettlö" wieder in' Bewegung nur daß jetzt die neuen Ehehälften nicht
'«ehr gesondert, sondern Hand in Hand mit einander voranschreiten. —

Auf dem Platze« vor der Kirche hat sich unterdessen ein Hausen junger Leute
versammelt, schmucke, bartlose Burschen, in den schönsten weißen Hosen und mit
weitflatterndeu Hemdärmeln, rothwangige Mädchen mit dem schönste» schwarzen
Haar und mit den schönsten Kotrinje's und Gi^elje's um den üppigen Leib, Ich
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[0481] in durchaus keinem günstigen Altersverhältnisse zu einander standen, vor das Iko¬ nostas, um ihr Gebet zu verrichten. Die Heirath zwischen jungen Burschen und viel älteren. Mädchen ist eine in den Lebensverhältnissen des Volkes gegründete Unsitte. Jeder Hauswirth sucht die Arbeitskräfte seines Hauses' möglichst zu vermehren. Es ist deshalb eine seiner Hauptsorgen, seinem Sohne sobald als möglich ein Weib zu verschaffen, und dadurch ein Paar Hände mehr für seine Wirthschaft zu gewinnen, so wie Jeder seine Tochter so spät als möglich ausheirathet, um sie möglichst lauge im eigenen Hause zu verwenden. Vielleicht mag diese Unnatiirlichkeit nicht ohne Einfluß aus die minder günstigen Pvpnlationsverhältnisse des Landes geblie¬ ben sein. Nach dem Gebet trat aus dem Ikonostas der Pariutje hervor, wie die Rumä¬ nen vom Römischen Mrcms ihren Popen nennen, und reichte jedem der Brautleute eine Kerze, worauf er sie an das runde Tischchen geleitete. Hier übergaben die Brautleute die Kerzen dem Brautführer und der Brautführerin. Der Pariutje verrichtet ein langes Gebet, bindet dann nicht, wie es sonst üblich, Rechte in Rechte, sondern beide Hände der Brautleute mittelst eines weißen Tuches fest in einander, verrichtet wieder ein Mbet, und nun tritt ein zweiter Parintje hervor, Med einen Kleiderstoff aus einander, den der Bräutigam der Braut zum Ge¬ schenke macht, und wickelt ihn, mag er noch so viele Ellen laug sein, dem neu¬ vermählte» Paare' gemeinschaftlich um die Köpfe, so das; diese wirklich nun mit Leib und Seele unzertrennlich an einander gebunden siud, und, wie es in der Liebe eigentlich sein soll, wirklich Nichts von alle Dem scheu, was rings um sie ist, »in sie vorgeht. Hierauf setzt noch der einsegnende Parintje Jedem von ihnen eine der Kronen ans das mit Kleiderstoff bedeckte Haupt, und nun befindet sich das Paar in der gehörigen Verfassung, in welcher es eine lauge Reihe vou Gebeten und Gesängen über sich ergehen zu lassen hat. Nachdem es eingesegnet ist, werden ihm die Kronen abgenommen, desgleichen die Einwickelung und der Händeverband, und schweißtriefend darf der junge Mann nun seine' alte Frau küssen, um ein schweißtriefendes Leben anzutreten. Noch kalten ihm die Aeltesten der Gemeinde die zinnernen Teller entgegen, um eine kleine Gabe für die Kirche zu erhalten. Die beiden Parintje'ö nehmen den baaren Dank für die Bemühungen, das Paar glücklich zu machen, vou deu Braut¬ zeiten, an, und nun setzt sich der Zug unter dein humoristischen Raisonnement de« „Bassettlö" wieder in' Bewegung nur daß jetzt die neuen Ehehälften nicht '«ehr gesondert, sondern Hand in Hand mit einander voranschreiten. — Auf dem Platze« vor der Kirche hat sich unterdessen ein Hausen junger Leute versammelt, schmucke, bartlose Burschen, in den schönsten weißen Hosen und mit weitflatterndeu Hemdärmeln, rothwangige Mädchen mit dem schönste» schwarzen Haar und mit den schönsten Kotrinje's und Gi^elje's um den üppigen Leib, Ich ^' <i0Unzlu'den, III.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280086/481>, abgerufen am 04.07.2024.