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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band.

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besondern Rolle geht das Kolorit Fanstscher Melancholie, und daneben sogar mit¬
unter ein leise pedantischer Zug durch die Mehrzahl seiner Darstellungen. Letzterer
ist nur die Kehrseite einer Gewissenhaftigkeit des Küustlerstrebens, welche die leichten
Künste eines hohlen Idealismus verachtet, und überall des Lebens realen Inhalt
A. G. zu ergreifen sucht.




Ca Spanischer Dramatiker.

Seit etwa zwanzig Jabren hat das Spanische Theater nach langer Pause
wieder einen neuen Aufschwung versucht. Es arbeiten eine Menge nicht unge¬
schickter Schriftsteller für die Bühne, und suchen theils die alte goldene Zeit des
Spanischen Theaters zu erneuern, theils sich der neuen Romantik, welche in dem
gesammten gebildeten Europa vorherrschend ist, anzuschließen. Wir haben vor
einiger Zeit eines der Dramen dieser, neuen Poeten, den Don Juan Tenorio
von Zorilla, ausführlich besprochen, und in demselben die Wiederaufnahme der alt¬
katholischen Richtung Calderon's nachgewiesen, freilich mit Zuthaten von neuem
Geschmack. Ein anderer dieser Dichter, der in derselben Richtung arbeitet, ist
Breton de los Herreros. Derjenige Dichter, der uns hier beschäftigt, Don
Eugenio Hartzcnbusch, von dem so eben in Paris und London Gesammrausgaben
erschienen sind, ist ein halber Landsmann von uus. Sein Vater, ein Rheinpreu¬
ßischer Kunstschreiner, wanderte nach Madrid ans, wo der Sohn, geboren im
Jahre -1806, im Anfang das Gewerbe fortsetzte; aber seine Bekanntschaft mit
dem Theater zog ihn bald von dieser Beschäftigung ab. Er sing zuerst an,
Französische Stücke zu bearbeiten, und ältere Spanische für die Bühne einzurichten.
Sein erster Versuch der Art wurde -1829 auf dem Theater as 1a ern? aufge¬
führt; es folgten mehrere ähnliche, bis er endlich im Jahre 1837 mit einem
Originalstück: "Die Liebenden von Teruel," welches eine Nationalsage behandelte,
einen großen Erfolg errang. Sein Vater war mittlerweile 1834 gestorben, er
selbst hatte das Geschäft vollständig aufgegeben, und die Berichterstattung der
CorteSsttzungen für die Madrider Zeitung übernommen. Es folgten mehrere
ähnliche Stücke, darunter vorzüglich: "Eine Hochzeit in der Inquisition", "Alphons
der Keusche", "der Eid in Santa Gadea" und "die Mutter des Pelagius";
auch viele Lustspiele, die aber nicht den gleichen Erfolg errangen. Außerdem
übersetzte er Fabeln aus dem Deutschen und Französischen ins Spanische,
und arbeitete für einige Journale. In Folge dieser Leistungen wurde er 1844-
in der Nationalbibliothek von Madrid angestellt, und 18-17 in die königliche Aka¬
demie aufgenommen.

Seine ersten Studien bezogen sich auf das classische Französische Drama,


besondern Rolle geht das Kolorit Fanstscher Melancholie, und daneben sogar mit¬
unter ein leise pedantischer Zug durch die Mehrzahl seiner Darstellungen. Letzterer
ist nur die Kehrseite einer Gewissenhaftigkeit des Küustlerstrebens, welche die leichten
Künste eines hohlen Idealismus verachtet, und überall des Lebens realen Inhalt
A. G. zu ergreifen sucht.




Ca Spanischer Dramatiker.

Seit etwa zwanzig Jabren hat das Spanische Theater nach langer Pause
wieder einen neuen Aufschwung versucht. Es arbeiten eine Menge nicht unge¬
schickter Schriftsteller für die Bühne, und suchen theils die alte goldene Zeit des
Spanischen Theaters zu erneuern, theils sich der neuen Romantik, welche in dem
gesammten gebildeten Europa vorherrschend ist, anzuschließen. Wir haben vor
einiger Zeit eines der Dramen dieser, neuen Poeten, den Don Juan Tenorio
von Zorilla, ausführlich besprochen, und in demselben die Wiederaufnahme der alt¬
katholischen Richtung Calderon's nachgewiesen, freilich mit Zuthaten von neuem
Geschmack. Ein anderer dieser Dichter, der in derselben Richtung arbeitet, ist
Breton de los Herreros. Derjenige Dichter, der uns hier beschäftigt, Don
Eugenio Hartzcnbusch, von dem so eben in Paris und London Gesammrausgaben
erschienen sind, ist ein halber Landsmann von uus. Sein Vater, ein Rheinpreu¬
ßischer Kunstschreiner, wanderte nach Madrid ans, wo der Sohn, geboren im
Jahre -1806, im Anfang das Gewerbe fortsetzte; aber seine Bekanntschaft mit
dem Theater zog ihn bald von dieser Beschäftigung ab. Er sing zuerst an,
Französische Stücke zu bearbeiten, und ältere Spanische für die Bühne einzurichten.
Sein erster Versuch der Art wurde -1829 auf dem Theater as 1a ern? aufge¬
führt; es folgten mehrere ähnliche, bis er endlich im Jahre 1837 mit einem
Originalstück: „Die Liebenden von Teruel," welches eine Nationalsage behandelte,
einen großen Erfolg errang. Sein Vater war mittlerweile 1834 gestorben, er
selbst hatte das Geschäft vollständig aufgegeben, und die Berichterstattung der
CorteSsttzungen für die Madrider Zeitung übernommen. Es folgten mehrere
ähnliche Stücke, darunter vorzüglich: „Eine Hochzeit in der Inquisition", „Alphons
der Keusche", „der Eid in Santa Gadea" und „die Mutter des Pelagius";
auch viele Lustspiele, die aber nicht den gleichen Erfolg errangen. Außerdem
übersetzte er Fabeln aus dem Deutschen und Französischen ins Spanische,
und arbeitete für einige Journale. In Folge dieser Leistungen wurde er 1844-
in der Nationalbibliothek von Madrid angestellt, und 18-17 in die königliche Aka¬
demie aufgenommen.

Seine ersten Studien bezogen sich auf das classische Französische Drama,


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[0043] besondern Rolle geht das Kolorit Fanstscher Melancholie, und daneben sogar mit¬ unter ein leise pedantischer Zug durch die Mehrzahl seiner Darstellungen. Letzterer ist nur die Kehrseite einer Gewissenhaftigkeit des Küustlerstrebens, welche die leichten Künste eines hohlen Idealismus verachtet, und überall des Lebens realen Inhalt A. G. zu ergreifen sucht. Ca Spanischer Dramatiker. Seit etwa zwanzig Jabren hat das Spanische Theater nach langer Pause wieder einen neuen Aufschwung versucht. Es arbeiten eine Menge nicht unge¬ schickter Schriftsteller für die Bühne, und suchen theils die alte goldene Zeit des Spanischen Theaters zu erneuern, theils sich der neuen Romantik, welche in dem gesammten gebildeten Europa vorherrschend ist, anzuschließen. Wir haben vor einiger Zeit eines der Dramen dieser, neuen Poeten, den Don Juan Tenorio von Zorilla, ausführlich besprochen, und in demselben die Wiederaufnahme der alt¬ katholischen Richtung Calderon's nachgewiesen, freilich mit Zuthaten von neuem Geschmack. Ein anderer dieser Dichter, der in derselben Richtung arbeitet, ist Breton de los Herreros. Derjenige Dichter, der uns hier beschäftigt, Don Eugenio Hartzcnbusch, von dem so eben in Paris und London Gesammrausgaben erschienen sind, ist ein halber Landsmann von uus. Sein Vater, ein Rheinpreu¬ ßischer Kunstschreiner, wanderte nach Madrid ans, wo der Sohn, geboren im Jahre -1806, im Anfang das Gewerbe fortsetzte; aber seine Bekanntschaft mit dem Theater zog ihn bald von dieser Beschäftigung ab. Er sing zuerst an, Französische Stücke zu bearbeiten, und ältere Spanische für die Bühne einzurichten. Sein erster Versuch der Art wurde -1829 auf dem Theater as 1a ern? aufge¬ führt; es folgten mehrere ähnliche, bis er endlich im Jahre 1837 mit einem Originalstück: „Die Liebenden von Teruel," welches eine Nationalsage behandelte, einen großen Erfolg errang. Sein Vater war mittlerweile 1834 gestorben, er selbst hatte das Geschäft vollständig aufgegeben, und die Berichterstattung der CorteSsttzungen für die Madrider Zeitung übernommen. Es folgten mehrere ähnliche Stücke, darunter vorzüglich: „Eine Hochzeit in der Inquisition", „Alphons der Keusche", „der Eid in Santa Gadea" und „die Mutter des Pelagius"; auch viele Lustspiele, die aber nicht den gleichen Erfolg errangen. Außerdem übersetzte er Fabeln aus dem Deutschen und Französischen ins Spanische, und arbeitete für einige Journale. In Folge dieser Leistungen wurde er 1844- in der Nationalbibliothek von Madrid angestellt, und 18-17 in die königliche Aka¬ demie aufgenommen. Seine ersten Studien bezogen sich auf das classische Französische Drama,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280086/43>, abgerufen am 30.06.2024.