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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band.

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Korinthische Säulen in feiner Ausbauchung emporsteigen und den doppelten Ar-
chitrav mit antikem Gesims und der bekrönenden Brüstung des Daches in schönem
Verhältniß wirklich tragen. Zwischen den Säulen liegen die Feuster zweier
Stockwerke, und ein zweiter nischenartiger Balcon über dem ersten. Das Gebälk
über dem Architrav, deckt den Raum des vierten (Halb-) Geschosses. Eosander's
Portal hat größere Linien, ist mehr auf Pracht berechnet, aber Anmuth, Ge¬
schmack und Verständniß der Antik" überwiegen bei Schlüter.

In Eosandcr's Plane lag es, der Attika seines Portals einen Thurm mit
einer Kuppel aufzusetzen. Mau sieht im Schlosse noch das Modell dazu. Ein
mit Korinthischen Säulen verzierter Aufsatz sollte in einem zweiten Stockwerke
noch einen Kreis freistehender und nach Innen gekuppelter Korinthischer Säulen
und über deren Gebälk die bedeckende Kuppel tragen. König Friedrich der
Prächtige beabsichtigte das untere Sänlengeschoß zur Anlage von Wasserbehältern
zu benutzen, damit die Wasserkünste im Lustgarten höher springen könnten, und
^ dein obern Säulengeschoß wollte er sein beliebtes Glockenspiel ausgehängt
wissen, das von seinem Nachfolger später der Parochialkirche geschenkt wurde, und
jetzt in Berlin unter dem nennen der Singuhr bekannt ist. Der König starb,
bevor dieser Plan zur Ausführung gelangte, und Eosander,. welcher von Friedrich
Wilhelm dem Ersten keine Gunst zu erwarten hatte, nahm seinen Abschied. Der
Thurmbau unterblieb. Die Attika des Portals wurde mit einer Art von Giebel,
aus zwei umgekehrten Consolen bestehend, abgeschlossen, nud nahm die Wasser¬
behälter auf, durch welche zu sehr praktische" Zwecken das Wasser in alle Räume
des Schlosses geleitet werdeu konnte, nachdem es durch ein. Druckwerk an der
Schleuse zu jener Höhe gehoben worden.

Unter dem jetzt regierenden Könige wurde der Plan zu dem Kuppelbau
wieder aufgenommen, aber mit verändertem Zwecke. Nicht einer Wasserkunst und
einem Glockenspiel, sondern dem Gottesdienste sollte er nun bestimmt sein. Der
Bau ist vollendet. Auf der über ihrem Sims mit den Statuen des Moses und
Elias geschmückten Attika erhebt M) die achteckige Form des Cylinders als eine
geschlossen Mauermasse, von kräftigen Pilastern unterbrochen, welche aus der
Wand treten, ohne sich von ihr frei zu lösen; zwischen den Pilastern der acht
Ecken finden sich je zwei kleinere Pilaster und in den an jeder Seite entsprechen¬
den drei Mauerticfen die geradlinigen Fenster. Die Eckpfeiler reichen mit ihren
Capitälen bis zu dem auf Consolen ruhenden, starken Gesims hinauf. Darüber
ist eine steinerne Brüstung angebracht, welche acht Statuen der Propheten, >"
Sandstein gearbeitet, trägt. Sie umschließt eine Galerie, von der aus, aus mien
breiten Mauerbaude fußend, die mit Kupfer gedeckte Kuppel in energisch edlem
Schwunge und vollem Profil sich emporwölbt.

Die Verhältnisse dieses Kuppelbaues sind durchweg in harmonischer Große
gehalten, aber die als Spitze aufgesetzte Laterne ist geradezu eine Verunzierung


Korinthische Säulen in feiner Ausbauchung emporsteigen und den doppelten Ar-
chitrav mit antikem Gesims und der bekrönenden Brüstung des Daches in schönem
Verhältniß wirklich tragen. Zwischen den Säulen liegen die Feuster zweier
Stockwerke, und ein zweiter nischenartiger Balcon über dem ersten. Das Gebälk
über dem Architrav, deckt den Raum des vierten (Halb-) Geschosses. Eosander's
Portal hat größere Linien, ist mehr auf Pracht berechnet, aber Anmuth, Ge¬
schmack und Verständniß der Antik« überwiegen bei Schlüter.

In Eosandcr's Plane lag es, der Attika seines Portals einen Thurm mit
einer Kuppel aufzusetzen. Mau sieht im Schlosse noch das Modell dazu. Ein
mit Korinthischen Säulen verzierter Aufsatz sollte in einem zweiten Stockwerke
noch einen Kreis freistehender und nach Innen gekuppelter Korinthischer Säulen
und über deren Gebälk die bedeckende Kuppel tragen. König Friedrich der
Prächtige beabsichtigte das untere Sänlengeschoß zur Anlage von Wasserbehältern
zu benutzen, damit die Wasserkünste im Lustgarten höher springen könnten, und
^ dein obern Säulengeschoß wollte er sein beliebtes Glockenspiel ausgehängt
wissen, das von seinem Nachfolger später der Parochialkirche geschenkt wurde, und
jetzt in Berlin unter dem nennen der Singuhr bekannt ist. Der König starb,
bevor dieser Plan zur Ausführung gelangte, und Eosander,. welcher von Friedrich
Wilhelm dem Ersten keine Gunst zu erwarten hatte, nahm seinen Abschied. Der
Thurmbau unterblieb. Die Attika des Portals wurde mit einer Art von Giebel,
aus zwei umgekehrten Consolen bestehend, abgeschlossen, nud nahm die Wasser¬
behälter auf, durch welche zu sehr praktische» Zwecken das Wasser in alle Räume
des Schlosses geleitet werdeu konnte, nachdem es durch ein. Druckwerk an der
Schleuse zu jener Höhe gehoben worden.

Unter dem jetzt regierenden Könige wurde der Plan zu dem Kuppelbau
wieder aufgenommen, aber mit verändertem Zwecke. Nicht einer Wasserkunst und
einem Glockenspiel, sondern dem Gottesdienste sollte er nun bestimmt sein. Der
Bau ist vollendet. Auf der über ihrem Sims mit den Statuen des Moses und
Elias geschmückten Attika erhebt M) die achteckige Form des Cylinders als eine
geschlossen Mauermasse, von kräftigen Pilastern unterbrochen, welche aus der
Wand treten, ohne sich von ihr frei zu lösen; zwischen den Pilastern der acht
Ecken finden sich je zwei kleinere Pilaster und in den an jeder Seite entsprechen¬
den drei Mauerticfen die geradlinigen Fenster. Die Eckpfeiler reichen mit ihren
Capitälen bis zu dem auf Consolen ruhenden, starken Gesims hinauf. Darüber
ist eine steinerne Brüstung angebracht, welche acht Statuen der Propheten, >»
Sandstein gearbeitet, trägt. Sie umschließt eine Galerie, von der aus, aus mien
breiten Mauerbaude fußend, die mit Kupfer gedeckte Kuppel in energisch edlem
Schwunge und vollem Profil sich emporwölbt.

Die Verhältnisse dieses Kuppelbaues sind durchweg in harmonischer Große
gehalten, aber die als Spitze aufgesetzte Laterne ist geradezu eine Verunzierung


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280086/390>, abgerufen am 04.07.2024.