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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band.

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zwischen dem Heidenthum und dem Christenthum geschildert,^ mit dem Uebergewicht
der idealen Kraft auf Seite des Christenthums, weshalb jenes trotz seines grö¬
ßern poetischen und politischen Lebens untergehen mußte. Ju Paluatoke da¬
gegen ist Pflicht und Tugend auf Seite deö Helden im Kampf mit dem falschen
Mönchswesen, dem verbrecherischen Mönchskönig; deshalb siegt das Heidenthum
und blüht noch einmal in dem kräftigen Jomöbnrger Bunde anf. In diesem
Stück -- in welchem beiläufig die auch in den nordischen Mythen vorkommende
Sage vom Apfelschuß angebracht ist -- hat Oehleuschläger die Kühnheit gehabt,
die Liebe ganz bei Seite zu lassen, welche im Hakon Jarl eine bedeutende Rolle
gespielt hatte; dafür wurde Ersatz in der etwas sentimentalen Haltung einiger
Nebenpersonen gegeben. In Axel und Walborg spielt die Liebe die Haupt¬
sache. Die Liebe eines edlen Paars wird durch die Bosheit atheistischer Mouche
zu Gunsten eiues despotischen Königs, der in die Zeit Heinrich des Löwen fällt,-
mit Berufung anf das verwickelte System der Blutsverwandtschaften und Tauf-
verwandschaften gestört. Der Held nimmt gar keinen Anstand, gegen den König
sehr energisch auszutreten, aber als dieser in Gefahr kommt, siegt das Gefühl der
Loyalität, er stirbt für ihn im Kampfe gegen Ausländer, die zu seiner eigenen Hilfe
kommen. Eigenthümliche Figuren sind in diesem Stück ein alter Normann, der
schon damals gegen die Verweichlichung der alten Sitte eifert, und ein Deutscher
Ritter, der die Verwandtschaft der beiden Völker aufrecht erhalten soll:


Da Odin's Stamm sich in zwei Aeste theilte,
Ward doch die Wurzel unsrer alten Sprache
Und die Gesinnung, Denkart unsrer Herzen
Nicht mit getheilt, und drum gebührt es sich,
Daß sich Normannen und Germanen liebe".

In allen diesen Stücken ist im Ganzen der ernste, tragische Ton gut gehalten,
"A) die Localfarben sind zum Theil vortrefflich, und man muß dem Dichter Dank
rissen, wenn er gegen die Doctrinen der neuhistorischen Schule die Barbarei
seiner Helden gemildert hat, obgleich er auch darin zu weit geht, wenn er z. B.
seinen Palnatokc sagen läßt:


Ihr Brüder, Kraft und Frömmigkeit, das sind
Die beiden Flammen, die ins Leben strahlen.
Es scheint die Kraft der Sonne gleich am Tage
Und weckt mit ihren starken Sommcrstrahlen
Die schönen Blumen aus dem todten Grunde.
Es leuchtet Frömmigkeit ein bleicher Mond,
Verleihe den Blumen ihren schönsten Reiz,

dergleichen Sentenzen ist vor allen Dingen tadelhaft, daß die Sprache nicht
dramatisch kräftig, sondern reflectirt lyrisch gehalten ist. In der Frihthiossage kommt
""letzt auch ein symbolisch christlicher Aufschwung, aber einmal ist dieser, wie billig,
'"ehe dem Helden, sondern dein Priester in den Mund gelegt, sodann tritt er als


zwischen dem Heidenthum und dem Christenthum geschildert,^ mit dem Uebergewicht
der idealen Kraft auf Seite des Christenthums, weshalb jenes trotz seines grö¬
ßern poetischen und politischen Lebens untergehen mußte. Ju Paluatoke da¬
gegen ist Pflicht und Tugend auf Seite deö Helden im Kampf mit dem falschen
Mönchswesen, dem verbrecherischen Mönchskönig; deshalb siegt das Heidenthum
und blüht noch einmal in dem kräftigen Jomöbnrger Bunde anf. In diesem
Stück — in welchem beiläufig die auch in den nordischen Mythen vorkommende
Sage vom Apfelschuß angebracht ist — hat Oehleuschläger die Kühnheit gehabt,
die Liebe ganz bei Seite zu lassen, welche im Hakon Jarl eine bedeutende Rolle
gespielt hatte; dafür wurde Ersatz in der etwas sentimentalen Haltung einiger
Nebenpersonen gegeben. In Axel und Walborg spielt die Liebe die Haupt¬
sache. Die Liebe eines edlen Paars wird durch die Bosheit atheistischer Mouche
zu Gunsten eiues despotischen Königs, der in die Zeit Heinrich des Löwen fällt,-
mit Berufung anf das verwickelte System der Blutsverwandtschaften und Tauf-
verwandschaften gestört. Der Held nimmt gar keinen Anstand, gegen den König
sehr energisch auszutreten, aber als dieser in Gefahr kommt, siegt das Gefühl der
Loyalität, er stirbt für ihn im Kampfe gegen Ausländer, die zu seiner eigenen Hilfe
kommen. Eigenthümliche Figuren sind in diesem Stück ein alter Normann, der
schon damals gegen die Verweichlichung der alten Sitte eifert, und ein Deutscher
Ritter, der die Verwandtschaft der beiden Völker aufrecht erhalten soll:


Da Odin's Stamm sich in zwei Aeste theilte,
Ward doch die Wurzel unsrer alten Sprache
Und die Gesinnung, Denkart unsrer Herzen
Nicht mit getheilt, und drum gebührt es sich,
Daß sich Normannen und Germanen liebe».

In allen diesen Stücken ist im Ganzen der ernste, tragische Ton gut gehalten,
"A) die Localfarben sind zum Theil vortrefflich, und man muß dem Dichter Dank
rissen, wenn er gegen die Doctrinen der neuhistorischen Schule die Barbarei
seiner Helden gemildert hat, obgleich er auch darin zu weit geht, wenn er z. B.
seinen Palnatokc sagen läßt:


Ihr Brüder, Kraft und Frömmigkeit, das sind
Die beiden Flammen, die ins Leben strahlen.
Es scheint die Kraft der Sonne gleich am Tage
Und weckt mit ihren starken Sommcrstrahlen
Die schönen Blumen aus dem todten Grunde.
Es leuchtet Frömmigkeit ein bleicher Mond,
Verleihe den Blumen ihren schönsten Reiz,

dergleichen Sentenzen ist vor allen Dingen tadelhaft, daß die Sprache nicht
dramatisch kräftig, sondern reflectirt lyrisch gehalten ist. In der Frihthiossage kommt
»"letzt auch ein symbolisch christlicher Aufschwung, aber einmal ist dieser, wie billig,
'"ehe dem Helden, sondern dein Priester in den Mund gelegt, sodann tritt er als


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[0343] zwischen dem Heidenthum und dem Christenthum geschildert,^ mit dem Uebergewicht der idealen Kraft auf Seite des Christenthums, weshalb jenes trotz seines grö¬ ßern poetischen und politischen Lebens untergehen mußte. Ju Paluatoke da¬ gegen ist Pflicht und Tugend auf Seite deö Helden im Kampf mit dem falschen Mönchswesen, dem verbrecherischen Mönchskönig; deshalb siegt das Heidenthum und blüht noch einmal in dem kräftigen Jomöbnrger Bunde anf. In diesem Stück — in welchem beiläufig die auch in den nordischen Mythen vorkommende Sage vom Apfelschuß angebracht ist — hat Oehleuschläger die Kühnheit gehabt, die Liebe ganz bei Seite zu lassen, welche im Hakon Jarl eine bedeutende Rolle gespielt hatte; dafür wurde Ersatz in der etwas sentimentalen Haltung einiger Nebenpersonen gegeben. In Axel und Walborg spielt die Liebe die Haupt¬ sache. Die Liebe eines edlen Paars wird durch die Bosheit atheistischer Mouche zu Gunsten eiues despotischen Königs, der in die Zeit Heinrich des Löwen fällt,- mit Berufung anf das verwickelte System der Blutsverwandtschaften und Tauf- verwandschaften gestört. Der Held nimmt gar keinen Anstand, gegen den König sehr energisch auszutreten, aber als dieser in Gefahr kommt, siegt das Gefühl der Loyalität, er stirbt für ihn im Kampfe gegen Ausländer, die zu seiner eigenen Hilfe kommen. Eigenthümliche Figuren sind in diesem Stück ein alter Normann, der schon damals gegen die Verweichlichung der alten Sitte eifert, und ein Deutscher Ritter, der die Verwandtschaft der beiden Völker aufrecht erhalten soll: Da Odin's Stamm sich in zwei Aeste theilte, Ward doch die Wurzel unsrer alten Sprache Und die Gesinnung, Denkart unsrer Herzen Nicht mit getheilt, und drum gebührt es sich, Daß sich Normannen und Germanen liebe». In allen diesen Stücken ist im Ganzen der ernste, tragische Ton gut gehalten, "A) die Localfarben sind zum Theil vortrefflich, und man muß dem Dichter Dank rissen, wenn er gegen die Doctrinen der neuhistorischen Schule die Barbarei seiner Helden gemildert hat, obgleich er auch darin zu weit geht, wenn er z. B. seinen Palnatokc sagen läßt: Ihr Brüder, Kraft und Frömmigkeit, das sind Die beiden Flammen, die ins Leben strahlen. Es scheint die Kraft der Sonne gleich am Tage Und weckt mit ihren starken Sommcrstrahlen Die schönen Blumen aus dem todten Grunde. Es leuchtet Frömmigkeit ein bleicher Mond, Verleihe den Blumen ihren schönsten Reiz, dergleichen Sentenzen ist vor allen Dingen tadelhaft, daß die Sprache nicht dramatisch kräftig, sondern reflectirt lyrisch gehalten ist. In der Frihthiossage kommt »"letzt auch ein symbolisch christlicher Aufschwung, aber einmal ist dieser, wie billig, '"ehe dem Helden, sondern dein Priester in den Mund gelegt, sodann tritt er als

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280086/343>, abgerufen am 29.06.2024.