Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band.Ein anderes war noch treffender: Friedrich Schlegel schrieb in sein Stammbuch: Nur der Sehnsucht fließt der Nach 18 monatlichen Aufenthalt verließ Oehlcnschläger Paris, erhielt von Im Mai 1809 reiste er nach Italien ab. In Rom lernte er Thorwaldsen Ein anderes war noch treffender: Friedrich Schlegel schrieb in sein Stammbuch: Nur der Sehnsucht fließt der Nach 18 monatlichen Aufenthalt verließ Oehlcnschläger Paris, erhielt von Im Mai 1809 reiste er nach Italien ab. In Rom lernte er Thorwaldsen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0335" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/280422"/> <p xml:id="ID_895" prev="#ID_894"> Ein anderes war noch treffender:</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_17" type="poem"> <l/> </lg><lb/> <p xml:id="ID_896"> Friedrich Schlegel schrieb in sein Stammbuch: Nur der Sehnsucht fließt der<lb/> Sehnsucht Quell, nnr der Demuth scheint die Wahrheit'hell; — wozu Oehlen-<lb/> schläger ganz mit Recht bemerkt: Auf diese Weise wäre der gute Friedrich niemals zur<lb/> Erkenntniß der Wahrheit gekommen, denn Demuth drückte ihn nicht sehr. —<lb/> Auch mit Frau v. Staöl wurde er bekannt, so wie er seinen Verkehr mit Bag-<lb/> gesen, der uach Paris kam, erneuerte. Baggesen trieb damals eine Art enthu¬<lb/> siastischer Freundschaft, die aber nicht lange darauf ein Eude mit Schrecken nahm.<lb/> Die beiden Naturen stimmten einmal nicht zusammen.</p><lb/> <p xml:id="ID_897"> Nach 18 monatlichen Aufenthalt verließ Oehlcnschläger Paris, erhielt von<lb/> Cotta für seine neuen Dramen Hakon Jarl, Palnatoke und die Gedichte ein<lb/> gutes Honorar, machte Uhland's Bekanntschaft, reiste mit ein Paar reichen Ham¬<lb/> burger Kaufleute», die ihn frei hielten, durch die Schweiz und besuchte Frau v.<lb/> Staöl in Coppet, wo er A. W. Schlegel, Benjamin Constant, Zacharias Wer¬<lb/> ner nud andere Schöngeister zusammen fand. Seine Schilderungen von diesem<lb/> Kreise sind sehr ansprechend. Frau v. Staöl hat ihm sehr imponirt; er schätzte<lb/> ihre Kenntnisse, ihren Geist und ihre Wahrheitsliebe nach Gebühr. Vou Werner<lb/> erzählt er: „Er trat eines Tages mit einer großen Schnupftabaksdose in der<lb/> engen Westentasche, die Nase voller Tabak und mit tiefen Verbeugungen in die<lb/> Halle. Er sprach schlecht Französisch, aber dies genirte ihn nicht. In seinem<lb/> Patois theilte er täglich über Tisch der Gesellschaft in einer Art von Vorlesungen<lb/> seine mystische Aesthetik mit; mau hörte ihm sehr andächtig zu, und es fehlte<lb/> nicht wenig, so hätte er Proselyten gemacht, denn obgleich die Franzosen oft für<lb/> fremde Natur taub sind, so leihen sie der fremden Unnatur doch gern das Ohr,<lb/> was Cagliostro, MeSmer, Frau v. Krüdener und Andere bezeugen können. Selbst<lb/> Fran v. Staöl hörte ihm bewundernd zu, und schalt mich, weil ich mir seine An¬<lb/> sichten nicht aufmerksamer zu Herzen nahm."—Ueberhaupt wurde Oehlenschläger in<lb/> dein Kreise noch nicht als ebenbürtig behandelt, und das fortwährende Zusammenleben,<lb/> wo Einer den Andern im Geistmachen überbot, und vou einer stillen, andächtigen<lb/> Sammlung, so wie von ernsthafter Arbeit nicht die Rede war, ermüdete ihn zu¬<lb/> letzt sehr, bis er sich endlich ein eigenes Local verschaffte, wo er sein man ge¬<lb/> dichtetes Drama „Axel und Wälborg" ius Deutsche übersetzte.</p><lb/> <p xml:id="ID_898" next="#ID_899"> Im Mai 1809 reiste er nach Italien ab. In Rom lernte er Thorwaldsen<lb/> kennen, so wie den Maler Müller, und verlebte mit Diesen, wie mit einigen<lb/> Dänischen Familien, schöne Tage. Im Allgemeinen aber sagte Italien seiner<lb/> »ordländischen Natur nicht zu. , Als er ans seiner Rückkehr an die Grenze der<lb/> Schweiz kam, machte er einen langen Sprung über sie, wandte sich übermüthig<lb/> gegen Italien, und rief: „Nun, sieh zu, wie Dn mich wieder kriegst." — In</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0335]
Ein anderes war noch treffender:
Friedrich Schlegel schrieb in sein Stammbuch: Nur der Sehnsucht fließt der
Sehnsucht Quell, nnr der Demuth scheint die Wahrheit'hell; — wozu Oehlen-
schläger ganz mit Recht bemerkt: Auf diese Weise wäre der gute Friedrich niemals zur
Erkenntniß der Wahrheit gekommen, denn Demuth drückte ihn nicht sehr. —
Auch mit Frau v. Staöl wurde er bekannt, so wie er seinen Verkehr mit Bag-
gesen, der uach Paris kam, erneuerte. Baggesen trieb damals eine Art enthu¬
siastischer Freundschaft, die aber nicht lange darauf ein Eude mit Schrecken nahm.
Die beiden Naturen stimmten einmal nicht zusammen.
Nach 18 monatlichen Aufenthalt verließ Oehlcnschläger Paris, erhielt von
Cotta für seine neuen Dramen Hakon Jarl, Palnatoke und die Gedichte ein
gutes Honorar, machte Uhland's Bekanntschaft, reiste mit ein Paar reichen Ham¬
burger Kaufleute», die ihn frei hielten, durch die Schweiz und besuchte Frau v.
Staöl in Coppet, wo er A. W. Schlegel, Benjamin Constant, Zacharias Wer¬
ner nud andere Schöngeister zusammen fand. Seine Schilderungen von diesem
Kreise sind sehr ansprechend. Frau v. Staöl hat ihm sehr imponirt; er schätzte
ihre Kenntnisse, ihren Geist und ihre Wahrheitsliebe nach Gebühr. Vou Werner
erzählt er: „Er trat eines Tages mit einer großen Schnupftabaksdose in der
engen Westentasche, die Nase voller Tabak und mit tiefen Verbeugungen in die
Halle. Er sprach schlecht Französisch, aber dies genirte ihn nicht. In seinem
Patois theilte er täglich über Tisch der Gesellschaft in einer Art von Vorlesungen
seine mystische Aesthetik mit; mau hörte ihm sehr andächtig zu, und es fehlte
nicht wenig, so hätte er Proselyten gemacht, denn obgleich die Franzosen oft für
fremde Natur taub sind, so leihen sie der fremden Unnatur doch gern das Ohr,
was Cagliostro, MeSmer, Frau v. Krüdener und Andere bezeugen können. Selbst
Fran v. Staöl hörte ihm bewundernd zu, und schalt mich, weil ich mir seine An¬
sichten nicht aufmerksamer zu Herzen nahm."—Ueberhaupt wurde Oehlenschläger in
dein Kreise noch nicht als ebenbürtig behandelt, und das fortwährende Zusammenleben,
wo Einer den Andern im Geistmachen überbot, und vou einer stillen, andächtigen
Sammlung, so wie von ernsthafter Arbeit nicht die Rede war, ermüdete ihn zu¬
letzt sehr, bis er sich endlich ein eigenes Local verschaffte, wo er sein man ge¬
dichtetes Drama „Axel und Wälborg" ius Deutsche übersetzte.
Im Mai 1809 reiste er nach Italien ab. In Rom lernte er Thorwaldsen
kennen, so wie den Maler Müller, und verlebte mit Diesen, wie mit einigen
Dänischen Familien, schöne Tage. Im Allgemeinen aber sagte Italien seiner
»ordländischen Natur nicht zu. , Als er ans seiner Rückkehr an die Grenze der
Schweiz kam, machte er einen langen Sprung über sie, wandte sich übermüthig
gegen Italien, und rief: „Nun, sieh zu, wie Dn mich wieder kriegst." — In
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |