Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band.Vergnügen daraus, sentimentale Blaustrümpfe durch spöttische Bemerkungen außer In diesem ästhetischen Stillleben hat die romantische Jngend es gar nicht Heut zu Tage hat diese Art Poesie für uns doch etwas Sonderbares, die Im Französischen machte Oehleuschläger in Paris nicht viel Fortschritte; mit Vergnügen daraus, sentimentale Blaustrümpfe durch spöttische Bemerkungen außer In diesem ästhetischen Stillleben hat die romantische Jngend es gar nicht Heut zu Tage hat diese Art Poesie für uns doch etwas Sonderbares, die Im Französischen machte Oehleuschläger in Paris nicht viel Fortschritte; mit <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0334" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/280421"/> <p xml:id="ID_891" prev="#ID_890"> Vergnügen daraus, sentimentale Blaustrümpfe durch spöttische Bemerkungen außer<lb/> Fassung zu setzen. Außerdem beschäftigte er sich in dieser Zeit damit, eine neue<lb/> Dänische Tragödie zu schreiben, „Baldur der Gute", und die ersten Acte seines<lb/> „Aladdin" ins Deutsche zu'übertragen.</p><lb/> <p xml:id="ID_892"> In diesem ästhetischen Stillleben hat die romantische Jngend es gar nicht<lb/> gemerkt, daß die Zeiten anfingen, für Deutschland sehr ernst zu werden. Oehlen-<lb/> schläger war schon einmal, durch das Bombardement von Kopenhagen, der Ernst<lb/> der Geschichte nahe getreten, im Ganzen hatte er aber wenig Sinn dafür, wie<lb/> die ganze Schule, der er angehörte. Nun störten die Kanonen der Schlacht von<lb/> Jena diese stofflose Gemüthlichkeit. Alles entfernte sich ans den bedrohten Ge¬<lb/> genden; auch Oehleuschläger reiste nach Paris ab.</p><lb/> <p xml:id="ID_893"> Heut zu Tage hat diese Art Poesie für uns doch etwas Sonderbares, die<lb/> in einer leidenschaftlich bewegten Zeit sich von allen realen öffentlichen Interessen<lb/> so abschließt, daß es aussieht, als stehe sie unter der Glasglocke;,— diese ernst-<lb/> hafte, wichtig thuende Beschäftigung mit nordischen Alterthümern und Orienta¬<lb/> lischen Märchen, während mit dem furchtbarsten Ernst der große Kampf um das<lb/> Fortbestehen der Nation zur Entscheidung drängt. Wir können nicht oft genug<lb/> auf dieses Krankhafte, Treibhausartige der damaligen Bildung hindeuten, damit<lb/> man nicht zu viel Wesens davon macht, daß sie für uns verloren ist. —</p><lb/> <p xml:id="ID_894" next="#ID_895"> Im Französischen machte Oehleuschläger in Paris nicht viel Fortschritte; mit<lb/> desto größeren Ernst trieb er das Deutsche. Er studirte mit mehr Nachdenken<lb/> als bisher die großen Schriftsteller dieser Nation, »ud bearbeitete seinen Aladdin<lb/> in einer neuen, diesmal ziemlich reinen Uebersetzung. Von der romantischen<lb/> Schule entfernte er sich immer mehr. Er war den Anhängern derselben nicht<lb/> frei, fromm und altmodisch genng. In Paris machte er mit Friedrich Schlegel<lb/> Bekanntschaft. Er hatte ihn sich anders vorgestellt; er hatte einen magern Kri¬<lb/> tikus erwartet, und es glänzte ihm ein ironisch fettes Gesicht sanguinisch ent¬<lb/> gegen. Schlegel war natürlich unzufrieden über seinen Abfall, aber er scherzte<lb/> doch freundschaftlich mit ihm, wie mit einem jungen Tollkopf, aus dem Etwas<lb/> hätte werden können, wenn er den rechten Weg gewählt, d. h. wenn er blind<lb/> zur Fahne der Schule geschworen. Ans dieser Zeit stammen ein Paar Epigramme<lb/> ans die Schlegels, das eine:</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_16" type="poem"> <l/> </lg><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0334]
Vergnügen daraus, sentimentale Blaustrümpfe durch spöttische Bemerkungen außer
Fassung zu setzen. Außerdem beschäftigte er sich in dieser Zeit damit, eine neue
Dänische Tragödie zu schreiben, „Baldur der Gute", und die ersten Acte seines
„Aladdin" ins Deutsche zu'übertragen.
In diesem ästhetischen Stillleben hat die romantische Jngend es gar nicht
gemerkt, daß die Zeiten anfingen, für Deutschland sehr ernst zu werden. Oehlen-
schläger war schon einmal, durch das Bombardement von Kopenhagen, der Ernst
der Geschichte nahe getreten, im Ganzen hatte er aber wenig Sinn dafür, wie
die ganze Schule, der er angehörte. Nun störten die Kanonen der Schlacht von
Jena diese stofflose Gemüthlichkeit. Alles entfernte sich ans den bedrohten Ge¬
genden; auch Oehleuschläger reiste nach Paris ab.
Heut zu Tage hat diese Art Poesie für uns doch etwas Sonderbares, die
in einer leidenschaftlich bewegten Zeit sich von allen realen öffentlichen Interessen
so abschließt, daß es aussieht, als stehe sie unter der Glasglocke;,— diese ernst-
hafte, wichtig thuende Beschäftigung mit nordischen Alterthümern und Orienta¬
lischen Märchen, während mit dem furchtbarsten Ernst der große Kampf um das
Fortbestehen der Nation zur Entscheidung drängt. Wir können nicht oft genug
auf dieses Krankhafte, Treibhausartige der damaligen Bildung hindeuten, damit
man nicht zu viel Wesens davon macht, daß sie für uns verloren ist. —
Im Französischen machte Oehleuschläger in Paris nicht viel Fortschritte; mit
desto größeren Ernst trieb er das Deutsche. Er studirte mit mehr Nachdenken
als bisher die großen Schriftsteller dieser Nation, »ud bearbeitete seinen Aladdin
in einer neuen, diesmal ziemlich reinen Uebersetzung. Von der romantischen
Schule entfernte er sich immer mehr. Er war den Anhängern derselben nicht
frei, fromm und altmodisch genng. In Paris machte er mit Friedrich Schlegel
Bekanntschaft. Er hatte ihn sich anders vorgestellt; er hatte einen magern Kri¬
tikus erwartet, und es glänzte ihm ein ironisch fettes Gesicht sanguinisch ent¬
gegen. Schlegel war natürlich unzufrieden über seinen Abfall, aber er scherzte
doch freundschaftlich mit ihm, wie mit einem jungen Tollkopf, aus dem Etwas
hätte werden können, wenn er den rechten Weg gewählt, d. h. wenn er blind
zur Fahne der Schule geschworen. Ans dieser Zeit stammen ein Paar Epigramme
ans die Schlegels, das eine:
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