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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band.

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wenden, wo er mit seinen Anhängern in Oporto heimlich Unterhandlungen anknüpfte.
Auch hier fand er keinen Anklang, denn der dortige Gouverneur, Graf Casal, hatte
noch zur rechten Zeit ausgedehnte Maßregeln ergriffe", um die Nuhe der Stadt
z" sichern und die Treue der Truppen ansteche zu erhalten. Jetzt schwand dem
Marschall alle Hoffnung. Seine letzte Hoffnung war noch Oporto, wo seine
Anhänger ihm versichert hatten, die Garnison würde sich für ihn erklären, so wie
er sich ihr zeigte, und sollte er auch ohne Begleitung kommen. Ans dieses Ver¬
sprechen vertrauend, verließ er die wenigen Truppen, die sich ihm angeschlossen,
in Castro d'Aire, ließ ihnen seinen Sohn als Geißel, und ritt mit nur zwei
Adjutanten während der Nacht bis an den Duero, wo er acht Meilen von
Oporto ein Boot nahm. Unmittelbar vor Oporto aber erfuhr er von seinen
Freunden, mit denen er sich heimlich in Verbindung gesetzt, daß eine Bewegung
in der Stadt unmöglich sei, da der Gouverneur, Graf Casal, auf die Nachricht
von der Entfernung des Marschalls ans Lissabon ausreichende Vorkehrungen ge¬
troffen hätte, um die Ruhe in der Stadt zu sichern, und die Treue der Truppen
aufrecht zu erhalten. Ans dem Flusse umkehren konnte er nicht, weil die Strömung
zu groß war, er mußte sich daher bis zur Nacht verbergen, wo er dann nach
Spanien zu fliehen beschloß, von der Hoffnungslosigkeit seines Unternehmens
überzeugt. Und doch war> um dieselbe Zeit jede Stadt, durch die er gekommen,
voll von Anhängern, und in der ganzen Armee befand sich kein Regiment, welches
man mit Sicherheit hätte gegen ihn verwenden tonnen. Wenige Tage Verzug,
und der schlummernde Funke wird zur Flamme. Schon ist Saldanha an der
Spanischen Greuze, da bricht bei Gelegenheit einiger Verhaftungen, welche der
Gouverneur von Oporto, Graf Casal, vornehmen läßt, eine Soldatenemcnte aus,
in Folge deren Casal aus der Stadt flüchten muß. Mau schickt Saldauha so¬
gleich einen Courier nach, nud am 27. hält derselbe Mann seinen Einzug in
Oporto, mit dem Jubel aller Bewohner, der vor wenigen Tagen noch daselbst
kaum ein Versteck oder Mittel zur Flucht finden konnte.

Dieser rasche Umschlag und die Huldigung eines so ansehnlichen Theils der
Armee, wie die Garnison von Oporto war, zeigte sowol dem König wie dem
Grafen Thomar die Unmöglichkeit, den gegenwärtigen Zustand der Dinge auf¬
recht zu erhalten. Letzterer nahm seine Entlassung, und begab sich an Bord eines
Englischen Schiffs, Ersterer eilte nach Lissabon zurück, und riech der Königin, ein
populaires Ministerium zu ernennen. Diese trennte sich jedoch nicht so leicht von
den Cabralisten, und wollte Anfangs unter Terceira ein neues Cabinet bilden,
mußte sich aber zuletzt doch bequemen, zu Saldauha ihre Zuflucht zu nehmen, der
ein Cabinet aus der constitutionellen Partei, nicht frei von septcmbristischen Ele¬
menten, ernannte. Damit schloß der erste Act des Revolutions-Dramas.

Was Saldanha seitdem gethan hat, um seine Herrschaft zu befestigen, läßt
eben nicht viel Gutes für ihre lange Dauer prophezeihen. Wir haben gesehen,


wenden, wo er mit seinen Anhängern in Oporto heimlich Unterhandlungen anknüpfte.
Auch hier fand er keinen Anklang, denn der dortige Gouverneur, Graf Casal, hatte
noch zur rechten Zeit ausgedehnte Maßregeln ergriffe», um die Nuhe der Stadt
z» sichern und die Treue der Truppen ansteche zu erhalten. Jetzt schwand dem
Marschall alle Hoffnung. Seine letzte Hoffnung war noch Oporto, wo seine
Anhänger ihm versichert hatten, die Garnison würde sich für ihn erklären, so wie
er sich ihr zeigte, und sollte er auch ohne Begleitung kommen. Ans dieses Ver¬
sprechen vertrauend, verließ er die wenigen Truppen, die sich ihm angeschlossen,
in Castro d'Aire, ließ ihnen seinen Sohn als Geißel, und ritt mit nur zwei
Adjutanten während der Nacht bis an den Duero, wo er acht Meilen von
Oporto ein Boot nahm. Unmittelbar vor Oporto aber erfuhr er von seinen
Freunden, mit denen er sich heimlich in Verbindung gesetzt, daß eine Bewegung
in der Stadt unmöglich sei, da der Gouverneur, Graf Casal, auf die Nachricht
von der Entfernung des Marschalls ans Lissabon ausreichende Vorkehrungen ge¬
troffen hätte, um die Ruhe in der Stadt zu sichern, und die Treue der Truppen
aufrecht zu erhalten. Ans dem Flusse umkehren konnte er nicht, weil die Strömung
zu groß war, er mußte sich daher bis zur Nacht verbergen, wo er dann nach
Spanien zu fliehen beschloß, von der Hoffnungslosigkeit seines Unternehmens
überzeugt. Und doch war> um dieselbe Zeit jede Stadt, durch die er gekommen,
voll von Anhängern, und in der ganzen Armee befand sich kein Regiment, welches
man mit Sicherheit hätte gegen ihn verwenden tonnen. Wenige Tage Verzug,
und der schlummernde Funke wird zur Flamme. Schon ist Saldanha an der
Spanischen Greuze, da bricht bei Gelegenheit einiger Verhaftungen, welche der
Gouverneur von Oporto, Graf Casal, vornehmen läßt, eine Soldatenemcnte aus,
in Folge deren Casal aus der Stadt flüchten muß. Mau schickt Saldauha so¬
gleich einen Courier nach, nud am 27. hält derselbe Mann seinen Einzug in
Oporto, mit dem Jubel aller Bewohner, der vor wenigen Tagen noch daselbst
kaum ein Versteck oder Mittel zur Flucht finden konnte.

Dieser rasche Umschlag und die Huldigung eines so ansehnlichen Theils der
Armee, wie die Garnison von Oporto war, zeigte sowol dem König wie dem
Grafen Thomar die Unmöglichkeit, den gegenwärtigen Zustand der Dinge auf¬
recht zu erhalten. Letzterer nahm seine Entlassung, und begab sich an Bord eines
Englischen Schiffs, Ersterer eilte nach Lissabon zurück, und riech der Königin, ein
populaires Ministerium zu ernennen. Diese trennte sich jedoch nicht so leicht von
den Cabralisten, und wollte Anfangs unter Terceira ein neues Cabinet bilden,
mußte sich aber zuletzt doch bequemen, zu Saldauha ihre Zuflucht zu nehmen, der
ein Cabinet aus der constitutionellen Partei, nicht frei von septcmbristischen Ele¬
menten, ernannte. Damit schloß der erste Act des Revolutions-Dramas.

Was Saldanha seitdem gethan hat, um seine Herrschaft zu befestigen, läßt
eben nicht viel Gutes für ihre lange Dauer prophezeihen. Wir haben gesehen,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280086/30>, abgerufen am 30.06.2024.