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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band.

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man ein eine solche derbe Sprachweise gewöhnt. M. Gilpin ist der Meinung,
daß Derjenige, welcher Geld dazu herlciht, seinen Mitmenschen zu tödten, eben
so strafbar sei, als der wirkliche Mörder. "Und dennoch," rief er in sichtbarer
Aufregung ans -- "dennoch, als der Autokrat des Nordens in unserm Lande
eine Anleihe negvcirte, um angeblich Eisenbahnen zu bauen, -- bekam er das
Geld; o Schmach über die großen Häuser der City, die es'ihm borgten!"
Der nächste Redner war Edward Miall (einer der bedeutendsten Finanzmänner
Englands), welcher klar zu machen versuchte, wie ungerecht es sei, Summen auf¬
zunehmen und Schulden zu coutrcchircu, welche von unsern Nachkommen getilgt
werden müsse". "Denn es sei mit diesen Anleihen die Eigenthümlichkeit verbun¬
den, daß Diejenigen, welche die geliehenen Summen ausgeben, nicht auch Die¬
jenigen sind, welche sie wiederbezahlcn. Aber Niemand sollte besteuert werde",
"ohne seine Zustimmung, und wir sind doch sicher nicht im Stande, die nachkommende
"Generation zu befragen!" --

Unter den Sprechern, welche in dieser Frage noch das Wort ergriffen,
war es der reiche Londoner Banquier, Samuel Gurnch (Bruder der berühm¬
ten Quälerin Elisabeth Fry), welcher als ein "schuldiger Capitalist"
xuill^ <'!>j!i>u!!< wie er sich selbst stylisirte, die uugeth eilteste Aufmerksamkeit der
gauzeu Versammlung in Anspruch nahm. -- Er hielt sich überzeugt, Cobden'S
jüngster Antrag im Unterhaus: "Die Englische Land- und Seemacht bis ans einen
Kostenbetrag von -10 Millionen Psd. Sterling zu kurzen," würde gewiß durchge-
drungen sein, wenn die gesetzgebende Macht von einem wahrhaft christlichen Geiste
geleitet würde. --

Nach einer kurzen Pause erhob sich Cvrmenin und stellte folgenden neuen, prak¬
tischen Antrag: "Der Friedenscongreß empfiehlt seinen Mitgliedern, in allen con-
stitutionellen Ländern ihren ganzen Einfluß geltend zu macheu, um sür ihre Par¬
lamente nur solche Abgeordnete zu wählen, welche entschiedene Freunde des Frie¬
dens find, und ihre Zustimmung allen jenen Maßregeln nicht versagen werde",
welche ans die Reduction der stehenden Heere und die Verkürzung aller für Kriegs¬
zwecke zu veranögabenden Geldsummen abzielen."

Cormcniu erkennt vier Hauptarten eines unnatürlichen, gewaltsamen Todes,
nämlich: den Tod durch die Kanone, den Tod durch die Pistole, den Tod durch
den Dolch und den Tod durch das Schaffot. Diese vier gewaltsamen Todes-
arten zu unterdrücken, sei das Streben der Fricdenösrennde, und zwar durch
folgende Mittel: den Tod durch die Kanone mittelst Abschaffung des Krieges;
den Tod durch die Pistole mittelst Beseitigung des Duells; deu Tod durch den
Dolch mittelst Verminderung der Verbrechen, insoweit religiöse und moralische
Erziehung und die Zustandsverbessernng des Volkes dazu beitragen können, und
endlich den Tod durch das Schaffot mittelst Aushebung der Todesstrafe. Dies


man ein eine solche derbe Sprachweise gewöhnt. M. Gilpin ist der Meinung,
daß Derjenige, welcher Geld dazu herlciht, seinen Mitmenschen zu tödten, eben
so strafbar sei, als der wirkliche Mörder. „Und dennoch," rief er in sichtbarer
Aufregung ans — „dennoch, als der Autokrat des Nordens in unserm Lande
eine Anleihe negvcirte, um angeblich Eisenbahnen zu bauen, — bekam er das
Geld; o Schmach über die großen Häuser der City, die es'ihm borgten!"
Der nächste Redner war Edward Miall (einer der bedeutendsten Finanzmänner
Englands), welcher klar zu machen versuchte, wie ungerecht es sei, Summen auf¬
zunehmen und Schulden zu coutrcchircu, welche von unsern Nachkommen getilgt
werden müsse». „Denn es sei mit diesen Anleihen die Eigenthümlichkeit verbun¬
den, daß Diejenigen, welche die geliehenen Summen ausgeben, nicht auch Die¬
jenigen sind, welche sie wiederbezahlcn. Aber Niemand sollte besteuert werde»,
„ohne seine Zustimmung, und wir sind doch sicher nicht im Stande, die nachkommende
„Generation zu befragen!" —

Unter den Sprechern, welche in dieser Frage noch das Wort ergriffen,
war es der reiche Londoner Banquier, Samuel Gurnch (Bruder der berühm¬
ten Quälerin Elisabeth Fry), welcher als ein „schuldiger Capitalist"
xuill^ <'!>j!i>u!!< wie er sich selbst stylisirte, die uugeth eilteste Aufmerksamkeit der
gauzeu Versammlung in Anspruch nahm. — Er hielt sich überzeugt, Cobden'S
jüngster Antrag im Unterhaus: „Die Englische Land- und Seemacht bis ans einen
Kostenbetrag von -10 Millionen Psd. Sterling zu kurzen," würde gewiß durchge-
drungen sein, wenn die gesetzgebende Macht von einem wahrhaft christlichen Geiste
geleitet würde. —

Nach einer kurzen Pause erhob sich Cvrmenin und stellte folgenden neuen, prak¬
tischen Antrag: „Der Friedenscongreß empfiehlt seinen Mitgliedern, in allen con-
stitutionellen Ländern ihren ganzen Einfluß geltend zu macheu, um sür ihre Par¬
lamente nur solche Abgeordnete zu wählen, welche entschiedene Freunde des Frie¬
dens find, und ihre Zustimmung allen jenen Maßregeln nicht versagen werde»,
welche ans die Reduction der stehenden Heere und die Verkürzung aller für Kriegs¬
zwecke zu veranögabenden Geldsummen abzielen."

Cormcniu erkennt vier Hauptarten eines unnatürlichen, gewaltsamen Todes,
nämlich: den Tod durch die Kanone, den Tod durch die Pistole, den Tod durch
den Dolch und den Tod durch das Schaffot. Diese vier gewaltsamen Todes-
arten zu unterdrücken, sei das Streben der Fricdenösrennde, und zwar durch
folgende Mittel: den Tod durch die Kanone mittelst Abschaffung des Krieges;
den Tod durch die Pistole mittelst Beseitigung des Duells; deu Tod durch den
Dolch mittelst Verminderung der Verbrechen, insoweit religiöse und moralische
Erziehung und die Zustandsverbessernng des Volkes dazu beitragen können, und
endlich den Tod durch das Schaffot mittelst Aushebung der Todesstrafe. Dies


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280086/274>, abgerufen am 02.07.2024.