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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band.

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mißbilligen müssen. Die Haltung der Irländer innerhalb und außerhalb des
Parlaments ist zu verdreht, und der positive Inhalt ihrer Freiheit mit der Zu¬
gabe des Römischen Katholicismus zu wenig übereinstimmend mit unsern Begriffen
von Freiheit, als daß wir ein mehr als sentimentales Mitgefühl hegen sollten.
-- Mehrere von diesen Satyren reichen hoch in die dreißiger Jahre hinein.
Außerdem hat er auch durch prosaische Schriften für seine Sache gewirkt. So
gab er schon 1823 die Memoiren über das Leben des Capitain Nock heraus,
nud in denselben eine sehr lebhafte, energische Schilderung des gehässigen, seit
Jahrhunderten von der Englischen Regierung gegen die Jrländer befolgten Sy¬
stems. Eben so 1831 die Memoiren von Lord Fihgcrald. In seineu 'l'ravels
ok an lriklr KLntleman in hora-et ok rsli^lon (1833) entwickelt er eine glänzende
Sophistik, die dies Mal den Verstand der Engländer nicht blendete, weil sie sich
aus sehr bekannte Interessen bezog. Seine vereinzelten Arbeiten in diesem Fach
concentrirte er nachher in seiner größer" Geschichte vou Irland, -- Ziemlich
gleichzeitig mit ihm traten noch mehrere Schriftsteller ans, welche die gute Sache
Irlands durch novellistische Darstellungen dem Publicum zu empfehlen suchten;
vor allen Dingen die sehr talentvolle Lady Morgan, deren erster provinzieller
Roman, "Glvrwiua, oder das wilde irische Mädchen", 1808 erschien, worauf eine
Reihe vou ähnlichen Gemälden folgte. Wir kommen auf diese Schriftstellerin,
die mit Moore unter Anderm auch die Aehnlichkeit hat, daß sie später gleichfalls
zum Orient überging, noch einmal zurück. In neuerer Zeit hat sich Charles
Lever durch starke und höchst charakteristische Sittenschilderungen aus dem Irlän¬
dischen Leben bekannt gemacht.

Weit segensreicher und eindringlicher, als dnrch diese Satyren und prosaische
Schriften, wirkte Moore aus die Hebung des patriotischen Geistes dnrch seine
Irischen Melodien, zu denen wir nun übergehen. Bereits im Jahre 1796 hatte
Bunting den ersten Band seiner "nationalen Weisen" herausgegeben. Man war
überrascht über diesen Schatz von fast ganz vergessenen Melodien, die zum Theil
vou auffallender Schönheit waren, und die gerade in eine Zeit sielen, wo man
auf das volksthümliche Leben und Denken wieder eine größere Aufmerksamkeit
richtete. Wordswvrth's Balladen, die zwar eigene Gedichte waren, aber sich doch
vorzugsweise auf das Leben des Volks bezogen, erschienen 1798. Walter Scott
gab seine-"Gesänge der Schottischen Grenze" 1802 heraus. Ein Paar Jahre
darauf erschien auch in Deutschland "des Knaben Wunderhorn" zu ähnlichem
Zweck. Moore lernte jene Bunting'sche Sammlung schon auf der Universität
kennen, und faßte schon damals die Absicht, für die Melodien die entsprechenden
Lieder zu finden. Er vereinigte sich mit John Stevenson, der die Melodien ar-
rangirte, und so erschien das erste und zweite Heft, Text und Melodie, 1807,
das vierte 1811, das fünfte 1813, das sechste, welches das letzte sein sollte, 181"!
aber es fanden sich immer neue Weisen, und so kam es bis zum zehnten Heft,


mißbilligen müssen. Die Haltung der Irländer innerhalb und außerhalb des
Parlaments ist zu verdreht, und der positive Inhalt ihrer Freiheit mit der Zu¬
gabe des Römischen Katholicismus zu wenig übereinstimmend mit unsern Begriffen
von Freiheit, als daß wir ein mehr als sentimentales Mitgefühl hegen sollten.
— Mehrere von diesen Satyren reichen hoch in die dreißiger Jahre hinein.
Außerdem hat er auch durch prosaische Schriften für seine Sache gewirkt. So
gab er schon 1823 die Memoiren über das Leben des Capitain Nock heraus,
nud in denselben eine sehr lebhafte, energische Schilderung des gehässigen, seit
Jahrhunderten von der Englischen Regierung gegen die Jrländer befolgten Sy¬
stems. Eben so 1831 die Memoiren von Lord Fihgcrald. In seineu 'l'ravels
ok an lriklr KLntleman in hora-et ok rsli^lon (1833) entwickelt er eine glänzende
Sophistik, die dies Mal den Verstand der Engländer nicht blendete, weil sie sich
aus sehr bekannte Interessen bezog. Seine vereinzelten Arbeiten in diesem Fach
concentrirte er nachher in seiner größer» Geschichte vou Irland, — Ziemlich
gleichzeitig mit ihm traten noch mehrere Schriftsteller ans, welche die gute Sache
Irlands durch novellistische Darstellungen dem Publicum zu empfehlen suchten;
vor allen Dingen die sehr talentvolle Lady Morgan, deren erster provinzieller
Roman, „Glvrwiua, oder das wilde irische Mädchen", 1808 erschien, worauf eine
Reihe vou ähnlichen Gemälden folgte. Wir kommen auf diese Schriftstellerin,
die mit Moore unter Anderm auch die Aehnlichkeit hat, daß sie später gleichfalls
zum Orient überging, noch einmal zurück. In neuerer Zeit hat sich Charles
Lever durch starke und höchst charakteristische Sittenschilderungen aus dem Irlän¬
dischen Leben bekannt gemacht.

Weit segensreicher und eindringlicher, als dnrch diese Satyren und prosaische
Schriften, wirkte Moore aus die Hebung des patriotischen Geistes dnrch seine
Irischen Melodien, zu denen wir nun übergehen. Bereits im Jahre 1796 hatte
Bunting den ersten Band seiner „nationalen Weisen" herausgegeben. Man war
überrascht über diesen Schatz von fast ganz vergessenen Melodien, die zum Theil
vou auffallender Schönheit waren, und die gerade in eine Zeit sielen, wo man
auf das volksthümliche Leben und Denken wieder eine größere Aufmerksamkeit
richtete. Wordswvrth's Balladen, die zwar eigene Gedichte waren, aber sich doch
vorzugsweise auf das Leben des Volks bezogen, erschienen 1798. Walter Scott
gab seine-„Gesänge der Schottischen Grenze" 1802 heraus. Ein Paar Jahre
darauf erschien auch in Deutschland „des Knaben Wunderhorn" zu ähnlichem
Zweck. Moore lernte jene Bunting'sche Sammlung schon auf der Universität
kennen, und faßte schon damals die Absicht, für die Melodien die entsprechenden
Lieder zu finden. Er vereinigte sich mit John Stevenson, der die Melodien ar-
rangirte, und so erschien das erste und zweite Heft, Text und Melodie, 1807,
das vierte 1811, das fünfte 1813, das sechste, welches das letzte sein sollte, 181»!
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[0254] mißbilligen müssen. Die Haltung der Irländer innerhalb und außerhalb des Parlaments ist zu verdreht, und der positive Inhalt ihrer Freiheit mit der Zu¬ gabe des Römischen Katholicismus zu wenig übereinstimmend mit unsern Begriffen von Freiheit, als daß wir ein mehr als sentimentales Mitgefühl hegen sollten. — Mehrere von diesen Satyren reichen hoch in die dreißiger Jahre hinein. Außerdem hat er auch durch prosaische Schriften für seine Sache gewirkt. So gab er schon 1823 die Memoiren über das Leben des Capitain Nock heraus, nud in denselben eine sehr lebhafte, energische Schilderung des gehässigen, seit Jahrhunderten von der Englischen Regierung gegen die Jrländer befolgten Sy¬ stems. Eben so 1831 die Memoiren von Lord Fihgcrald. In seineu 'l'ravels ok an lriklr KLntleman in hora-et ok rsli^lon (1833) entwickelt er eine glänzende Sophistik, die dies Mal den Verstand der Engländer nicht blendete, weil sie sich aus sehr bekannte Interessen bezog. Seine vereinzelten Arbeiten in diesem Fach concentrirte er nachher in seiner größer» Geschichte vou Irland, — Ziemlich gleichzeitig mit ihm traten noch mehrere Schriftsteller ans, welche die gute Sache Irlands durch novellistische Darstellungen dem Publicum zu empfehlen suchten; vor allen Dingen die sehr talentvolle Lady Morgan, deren erster provinzieller Roman, „Glvrwiua, oder das wilde irische Mädchen", 1808 erschien, worauf eine Reihe vou ähnlichen Gemälden folgte. Wir kommen auf diese Schriftstellerin, die mit Moore unter Anderm auch die Aehnlichkeit hat, daß sie später gleichfalls zum Orient überging, noch einmal zurück. In neuerer Zeit hat sich Charles Lever durch starke und höchst charakteristische Sittenschilderungen aus dem Irlän¬ dischen Leben bekannt gemacht. Weit segensreicher und eindringlicher, als dnrch diese Satyren und prosaische Schriften, wirkte Moore aus die Hebung des patriotischen Geistes dnrch seine Irischen Melodien, zu denen wir nun übergehen. Bereits im Jahre 1796 hatte Bunting den ersten Band seiner „nationalen Weisen" herausgegeben. Man war überrascht über diesen Schatz von fast ganz vergessenen Melodien, die zum Theil vou auffallender Schönheit waren, und die gerade in eine Zeit sielen, wo man auf das volksthümliche Leben und Denken wieder eine größere Aufmerksamkeit richtete. Wordswvrth's Balladen, die zwar eigene Gedichte waren, aber sich doch vorzugsweise auf das Leben des Volks bezogen, erschienen 1798. Walter Scott gab seine-„Gesänge der Schottischen Grenze" 1802 heraus. Ein Paar Jahre darauf erschien auch in Deutschland „des Knaben Wunderhorn" zu ähnlichem Zweck. Moore lernte jene Bunting'sche Sammlung schon auf der Universität kennen, und faßte schon damals die Absicht, für die Melodien die entsprechenden Lieder zu finden. Er vereinigte sich mit John Stevenson, der die Melodien ar- rangirte, und so erschien das erste und zweite Heft, Text und Melodie, 1807, das vierte 1811, das fünfte 1813, das sechste, welches das letzte sein sollte, 181»! aber es fanden sich immer neue Weisen, und so kam es bis zum zehnten Heft,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280086/254>, abgerufen am 04.07.2024.