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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band.

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dagegen behagt das Leben, und eS giebt nicht wenige Soldaten und Unteroffi-
ciere, die schon 10, 1S--20 Jahre in der Legion gedient haben.

Die frühern Veruntreuungen in der Verwaltung und Verpflegung, wor¬
unter denn alle Truppen, und besonders auch die Lcgioussoldaten gelitten, sollen
jetzt aufgehört haben. Unter dem Gouvernement des Marschalls Bugeaud, und
mehr noch des Generals Cavaignac sollen sehr viele heilsame Reformen geschehen sein.
Besonders die große Strenge und Energie, mit welcher Cavaignac alle derartigen
Mißbräuche verfolgt hat, wird allgemein gerühmt. Derselbe soll von allen Gene¬
ralen, die in Algerien befehligt haben, zwar am Meisten von seinen Soldaten
gefordert, dafür aber auch am Besten für Dieselben gesorgt haben.

Der Tag verging mir uuter diesen Beobachtungen ungemein rasch. Eine
gute Mahlzeit aus i verschiedenen Gerichten erhielten wir an dem Tisch der Offi-
ciere, die zusammen in der Hütte des Bataillonscommandanten speisten. Ham¬
melbraten von seltener Güte, Reis verschiedenartig zubereitet, und treffliche Forellen,
die im Bache gefangen waren, machten den Hauptbestandtheil der Mahlzeit ans,
die durch ein reiches Dessert der verschiedenartigsten Südfrüchte, theils roh, theils
in Compots, und guten Spanischen Wein noch verbessert wurde. Nicht arm an
materiellen Genüssen ist übrigens das Leben der Officiere, in den entfernteren
Gegenden von Algerien aber ziemlich einförmig. Militärische Uebungen, Jagdver¬
gnügungen und Kartenspiel oder Dominospiel tonnen allein ihre Zeit ausfüllen. Allen
Vergnügungen der Civilisation müssen sie entsagen, obgleich dieselben in Algier
selbst, wie in jeder andern Provinzialstadt, zu finden sind. Es giebt aber Offi¬
ciere der Fremdenlegion, die in 3--t Jahren nicht mehr in Algier gewesen sind,
und diese ganze Zeit ununterbrochen auf Märschen oder in Lagern im Innern
der Kolonie zugebracht haben.

Nachmittags gegen 6 Uhr, wo die Sonnenstrahlen nicht mehr in voller
Gluth brannten, rüsteten auch wir uns zum Ausbruch. Unsre Rosse hatten sich
in den Stunden der Rast und bei dem reichlichen Gerftenfutter so wieder erholt,
daß sie vor Muth wieherten und aus den Hinterfüßen umhertanzten. Noch ein
herzlicher Abschied von den Officieren des Bataillons, die uns, als wir schon in
den Sätteln saßen, zuletzt noch ein Glas Sect als Steigbügeltrunk kredenzten,
und fort ging es in dem sausenden Galopp, in dem wir gekommen waren. Wir
nahmen unsern Weg nicht nach Konstantine zurück, sondern nach dem Cautonne-
mentsplatz eines Französischen Linienregiments, das circa 3 Meilen von dem
Lager des Bataillons der Fremdenlegion entfernt stand. Zwar ging der Weg
beständig bergauf und bergab, und oft in ziemlich steilen Abhängen, allein unsre
Pferde kletterten so sicher, daß sie auch nicht ein einziges Mal strauchelten, und
der mitgenommene Führer, ein Eingeborner der Gegend, der einen prächtigen
Schimmelhengst ritt, wußte den schwierigen Pfad stets genau zu finden, so daß
wir ohne Unfall den Weg zurücklegten. Tiefe Dunkelheit bedeckte schon den Him-


Greuzbotcn. M, <I8ö->, 27

dagegen behagt das Leben, und eS giebt nicht wenige Soldaten und Unteroffi-
ciere, die schon 10, 1S—20 Jahre in der Legion gedient haben.

Die frühern Veruntreuungen in der Verwaltung und Verpflegung, wor¬
unter denn alle Truppen, und besonders auch die Lcgioussoldaten gelitten, sollen
jetzt aufgehört haben. Unter dem Gouvernement des Marschalls Bugeaud, und
mehr noch des Generals Cavaignac sollen sehr viele heilsame Reformen geschehen sein.
Besonders die große Strenge und Energie, mit welcher Cavaignac alle derartigen
Mißbräuche verfolgt hat, wird allgemein gerühmt. Derselbe soll von allen Gene¬
ralen, die in Algerien befehligt haben, zwar am Meisten von seinen Soldaten
gefordert, dafür aber auch am Besten für Dieselben gesorgt haben.

Der Tag verging mir uuter diesen Beobachtungen ungemein rasch. Eine
gute Mahlzeit aus i verschiedenen Gerichten erhielten wir an dem Tisch der Offi-
ciere, die zusammen in der Hütte des Bataillonscommandanten speisten. Ham¬
melbraten von seltener Güte, Reis verschiedenartig zubereitet, und treffliche Forellen,
die im Bache gefangen waren, machten den Hauptbestandtheil der Mahlzeit ans,
die durch ein reiches Dessert der verschiedenartigsten Südfrüchte, theils roh, theils
in Compots, und guten Spanischen Wein noch verbessert wurde. Nicht arm an
materiellen Genüssen ist übrigens das Leben der Officiere, in den entfernteren
Gegenden von Algerien aber ziemlich einförmig. Militärische Uebungen, Jagdver¬
gnügungen und Kartenspiel oder Dominospiel tonnen allein ihre Zeit ausfüllen. Allen
Vergnügungen der Civilisation müssen sie entsagen, obgleich dieselben in Algier
selbst, wie in jeder andern Provinzialstadt, zu finden sind. Es giebt aber Offi¬
ciere der Fremdenlegion, die in 3—t Jahren nicht mehr in Algier gewesen sind,
und diese ganze Zeit ununterbrochen auf Märschen oder in Lagern im Innern
der Kolonie zugebracht haben.

Nachmittags gegen 6 Uhr, wo die Sonnenstrahlen nicht mehr in voller
Gluth brannten, rüsteten auch wir uns zum Ausbruch. Unsre Rosse hatten sich
in den Stunden der Rast und bei dem reichlichen Gerftenfutter so wieder erholt,
daß sie vor Muth wieherten und aus den Hinterfüßen umhertanzten. Noch ein
herzlicher Abschied von den Officieren des Bataillons, die uns, als wir schon in
den Sätteln saßen, zuletzt noch ein Glas Sect als Steigbügeltrunk kredenzten,
und fort ging es in dem sausenden Galopp, in dem wir gekommen waren. Wir
nahmen unsern Weg nicht nach Konstantine zurück, sondern nach dem Cautonne-
mentsplatz eines Französischen Linienregiments, das circa 3 Meilen von dem
Lager des Bataillons der Fremdenlegion entfernt stand. Zwar ging der Weg
beständig bergauf und bergab, und oft in ziemlich steilen Abhängen, allein unsre
Pferde kletterten so sicher, daß sie auch nicht ein einziges Mal strauchelten, und
der mitgenommene Führer, ein Eingeborner der Gegend, der einen prächtigen
Schimmelhengst ritt, wußte den schwierigen Pfad stets genau zu finden, so daß
wir ohne Unfall den Weg zurücklegten. Tiefe Dunkelheit bedeckte schon den Him-


Greuzbotcn. M, <I8ö->, 27
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[0217] dagegen behagt das Leben, und eS giebt nicht wenige Soldaten und Unteroffi- ciere, die schon 10, 1S—20 Jahre in der Legion gedient haben. Die frühern Veruntreuungen in der Verwaltung und Verpflegung, wor¬ unter denn alle Truppen, und besonders auch die Lcgioussoldaten gelitten, sollen jetzt aufgehört haben. Unter dem Gouvernement des Marschalls Bugeaud, und mehr noch des Generals Cavaignac sollen sehr viele heilsame Reformen geschehen sein. Besonders die große Strenge und Energie, mit welcher Cavaignac alle derartigen Mißbräuche verfolgt hat, wird allgemein gerühmt. Derselbe soll von allen Gene¬ ralen, die in Algerien befehligt haben, zwar am Meisten von seinen Soldaten gefordert, dafür aber auch am Besten für Dieselben gesorgt haben. Der Tag verging mir uuter diesen Beobachtungen ungemein rasch. Eine gute Mahlzeit aus i verschiedenen Gerichten erhielten wir an dem Tisch der Offi- ciere, die zusammen in der Hütte des Bataillonscommandanten speisten. Ham¬ melbraten von seltener Güte, Reis verschiedenartig zubereitet, und treffliche Forellen, die im Bache gefangen waren, machten den Hauptbestandtheil der Mahlzeit ans, die durch ein reiches Dessert der verschiedenartigsten Südfrüchte, theils roh, theils in Compots, und guten Spanischen Wein noch verbessert wurde. Nicht arm an materiellen Genüssen ist übrigens das Leben der Officiere, in den entfernteren Gegenden von Algerien aber ziemlich einförmig. Militärische Uebungen, Jagdver¬ gnügungen und Kartenspiel oder Dominospiel tonnen allein ihre Zeit ausfüllen. Allen Vergnügungen der Civilisation müssen sie entsagen, obgleich dieselben in Algier selbst, wie in jeder andern Provinzialstadt, zu finden sind. Es giebt aber Offi¬ ciere der Fremdenlegion, die in 3—t Jahren nicht mehr in Algier gewesen sind, und diese ganze Zeit ununterbrochen auf Märschen oder in Lagern im Innern der Kolonie zugebracht haben. Nachmittags gegen 6 Uhr, wo die Sonnenstrahlen nicht mehr in voller Gluth brannten, rüsteten auch wir uns zum Ausbruch. Unsre Rosse hatten sich in den Stunden der Rast und bei dem reichlichen Gerftenfutter so wieder erholt, daß sie vor Muth wieherten und aus den Hinterfüßen umhertanzten. Noch ein herzlicher Abschied von den Officieren des Bataillons, die uns, als wir schon in den Sätteln saßen, zuletzt noch ein Glas Sect als Steigbügeltrunk kredenzten, und fort ging es in dem sausenden Galopp, in dem wir gekommen waren. Wir nahmen unsern Weg nicht nach Konstantine zurück, sondern nach dem Cautonne- mentsplatz eines Französischen Linienregiments, das circa 3 Meilen von dem Lager des Bataillons der Fremdenlegion entfernt stand. Zwar ging der Weg beständig bergauf und bergab, und oft in ziemlich steilen Abhängen, allein unsre Pferde kletterten so sicher, daß sie auch nicht ein einziges Mal strauchelten, und der mitgenommene Führer, ein Eingeborner der Gegend, der einen prächtigen Schimmelhengst ritt, wußte den schwierigen Pfad stets genau zu finden, so daß wir ohne Unfall den Weg zurücklegten. Tiefe Dunkelheit bedeckte schon den Him- Greuzbotcn. M, <I8ö->, 27

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280086/217>, abgerufen am 02.07.2024.