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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band.

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Eingebornen, als bei den Franzosen sehen, der älter als 10 -- 12 Jahre ist.
Der Preis dieser Pferde ist sehr verschieden und hängt vom Zufall ab. Der
Durchschnittspreis der Hengste, welche die Spahis reiten, soll zwischen 800--1300
Francs betragen. Sehr schöne Hengste kommen wol auf 2300 bis 3000 Francs,
welch letzterer Preis aber schon zu den Ausnahmen gehört.

Wir hatten den 3 Deutsche Meilen betragenden Weg bis zu dem Canton-
uementsplatz des Bataillons der Fremdenlegion, welches wir besuchen wollten,
ungefähr in 3 Stunden zurückgelegt, und es mochte gegen 7 Uhr Morgens sein,
als wir bei dem ersten Vorposten ankamen. Schon das "c^ni vive", womit uns der
Soldat anrief, kam ans keiner Französischen Kehle, und der Korporal der Feld¬
wache, der uns die Losung abnahm, sprach ein unheimliches Französisch. Es war
ein Preuße aus Posen, wie er uns erzählte, der vor mehrern Jahren die Preu¬
ßischen Fahnen mit den Französischen vertauscht hatte, aber mit dem Wechsel
nicht sonderlich zufrieden zu sein schien. Das Hüttenlager des Bataillons
selbst war ungefähr eine Deutsche Viertelmeile von der Feldwache entfernt, und in
wenigen Minuten durchflogen unsre Nenner diese kurze Strecke, und wir sprengten
vor die Hütte des Bataillonscommandanten. Ein Franzose wird, wenn irgend
möglich, nicht leicht anders als im Galopp an dem Ort seiner Bestimmung an¬
kommen. Einen reizendem Fleck aus Gottes Erde, wie diese Thalschlucht,
in der das Lager der Fremdenlegion war, wird man nicht leicht finden.
Sanft ansteigende Hügel, über und über mit dem üppigsten Pflanzenwuchs
des Südens bedeckt, begrenzten das ungesähr 3000 Schritt breite Thal von 3
Seiten, während die vierte, allmählich sich abflachend, gegen, die Ebene sich öff¬
nete; die gezackten Kuppen des höhern Gebirges schlössen rückwärts im Süden
den Horizont, während das Auge vorwärts sich auf der unermeßlichen grünen
Fläche verlor. Mitten durch das Thal schlängelte sich ein ziemlich tiefer, rascher
Gebirgsflnß, dessen klare Gewässer eine angenehme, kühle Frische ringsherum
verbreiteten. Größere und kleinere Gruppen von Dattelpalmen, dieses edeln,
stolzen Baumes, der den Orientalischen Landschaften einen so eigenthümlichen Reiz
verleiht, waren rings im ganzen Thale zerstreut, untermischt mit hochstämmigen
Tamarinden, Limonien, Aloen und Granatgebüschen. Der Boden des Thales
selbst, wo er nicht von den Fußstapfen der Menschen oder den Hufen der Rosse zer¬
treten war, erschien über und über mit dichtem üppigem Gras, untermischt mit viel¬
farbigen, süßduftenden Blumen aller Art, bedeckt. Nach Compagnien abgesondert,
lagen die Hütten des Bataillons möglichst nahe an dem Ufer des Baches unter dem
Schatten der hohen Bäume. Die Bauart derselben war kunstlos und einfach,
aber dem Klima sehr angemessen, und zeugte von dem praktischen Geschick, das
der Soldat im Felde so leicht sich erwirbt. Man hatte einen länglichen Raum,
in dem 16--20 Mann an beiden Seiten bequem liegen konnten, so daß in der
Mitte doch noch ein Gang von 3--6 Fuß breit frei blieb, ungefähr i Fuß tief


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Eingebornen, als bei den Franzosen sehen, der älter als 10 — 12 Jahre ist.
Der Preis dieser Pferde ist sehr verschieden und hängt vom Zufall ab. Der
Durchschnittspreis der Hengste, welche die Spahis reiten, soll zwischen 800—1300
Francs betragen. Sehr schöne Hengste kommen wol auf 2300 bis 3000 Francs,
welch letzterer Preis aber schon zu den Ausnahmen gehört.

Wir hatten den 3 Deutsche Meilen betragenden Weg bis zu dem Canton-
uementsplatz des Bataillons der Fremdenlegion, welches wir besuchen wollten,
ungefähr in 3 Stunden zurückgelegt, und es mochte gegen 7 Uhr Morgens sein,
als wir bei dem ersten Vorposten ankamen. Schon das „c^ni vive", womit uns der
Soldat anrief, kam ans keiner Französischen Kehle, und der Korporal der Feld¬
wache, der uns die Losung abnahm, sprach ein unheimliches Französisch. Es war
ein Preuße aus Posen, wie er uns erzählte, der vor mehrern Jahren die Preu¬
ßischen Fahnen mit den Französischen vertauscht hatte, aber mit dem Wechsel
nicht sonderlich zufrieden zu sein schien. Das Hüttenlager des Bataillons
selbst war ungefähr eine Deutsche Viertelmeile von der Feldwache entfernt, und in
wenigen Minuten durchflogen unsre Nenner diese kurze Strecke, und wir sprengten
vor die Hütte des Bataillonscommandanten. Ein Franzose wird, wenn irgend
möglich, nicht leicht anders als im Galopp an dem Ort seiner Bestimmung an¬
kommen. Einen reizendem Fleck aus Gottes Erde, wie diese Thalschlucht,
in der das Lager der Fremdenlegion war, wird man nicht leicht finden.
Sanft ansteigende Hügel, über und über mit dem üppigsten Pflanzenwuchs
des Südens bedeckt, begrenzten das ungesähr 3000 Schritt breite Thal von 3
Seiten, während die vierte, allmählich sich abflachend, gegen, die Ebene sich öff¬
nete; die gezackten Kuppen des höhern Gebirges schlössen rückwärts im Süden
den Horizont, während das Auge vorwärts sich auf der unermeßlichen grünen
Fläche verlor. Mitten durch das Thal schlängelte sich ein ziemlich tiefer, rascher
Gebirgsflnß, dessen klare Gewässer eine angenehme, kühle Frische ringsherum
verbreiteten. Größere und kleinere Gruppen von Dattelpalmen, dieses edeln,
stolzen Baumes, der den Orientalischen Landschaften einen so eigenthümlichen Reiz
verleiht, waren rings im ganzen Thale zerstreut, untermischt mit hochstämmigen
Tamarinden, Limonien, Aloen und Granatgebüschen. Der Boden des Thales
selbst, wo er nicht von den Fußstapfen der Menschen oder den Hufen der Rosse zer¬
treten war, erschien über und über mit dichtem üppigem Gras, untermischt mit viel¬
farbigen, süßduftenden Blumen aller Art, bedeckt. Nach Compagnien abgesondert,
lagen die Hütten des Bataillons möglichst nahe an dem Ufer des Baches unter dem
Schatten der hohen Bäume. Die Bauart derselben war kunstlos und einfach,
aber dem Klima sehr angemessen, und zeugte von dem praktischen Geschick, das
der Soldat im Felde so leicht sich erwirbt. Man hatte einen länglichen Raum,
in dem 16—20 Mann an beiden Seiten bequem liegen konnten, so daß in der
Mitte doch noch ein Gang von 3—6 Fuß breit frei blieb, ungefähr i Fuß tief


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280086/211>, abgerufen am 02.07.2024.