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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band.

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war also damals noch sehr bescheiden, und wollte nur die Befähigung eines Kor¬
porals der zwei großen Nationen für sich in Anspruch nehmen. Mvßäros aber
meinte, daß ein solcher Corpocal, "wenn der Redner Den meint, welchen man
Wellington nennt, allerdings manche Fehler entdeckt haben würde," daß aber im
Allgemeinen die Südarmee ihr Möglichstes leiste. Ferner beklagte er sich sehr
bitter über den von Perczel gebrauchten Ausdruck "Verrath", der gegen seine
Person gerichtet zu sein scheine. "Was meine Person anbelangt, daß ich nämlich
selbst nach dem Kriegsschauplatz gehen soll -- setzte er hinzu -- so verstehe ich
mich gern dazu, wenn es sein muß, ob ich aber dort die Angelegenheiten besser
leiten werde, weiß ich nicht; was ich thun kann, thue ich, nur muß ich sagen,
daß ich den jetzigen Befehlshaber -- Blomberg -- für geschickter halte, als ich
selbst bin." An diesen Worten des ehrlichen Mannes war keine Sylbe gegen
seine Ueberzeugung gesprochen, und mit der Geschicklichkeit eines Blomberg, bei
Nacht den Ranzen in Sz. TaimiS Besuche abzustatten, und Tages daraus laut
Verabredung mit den Ungarn Stürme zu unternehmen, konnte sich ein M"M-
ros wahrlich nicht messen. Auch war ein großer Theil der Majorität von dem
Gcgründctsein des von Perczel ausgesprochenen Verdachtes überzeugt, aber Ba-
thyänyi machte die Sache im Namen des ganzen Ministeriums zu einer Lebens¬
frage, und die Majorität, welche bei der Nccrutirnngöfrage den Kriegsminister
zum Nachgeben zwingen half, glaubte jetzt in ihrer Weisheit das Ministerium unter¬
stützen zu müssen, und sprach gegen Perczel eine Mißbilligung aus, welche die
Popularität dieses Mannes, der zugleich seine i-000 Gulden Münze eintragende
Stelle beim Ministerium niedergelegt hatte, nnr steigerte.

Nach diesem ParlamcntSmanöver unternahm "der Alte" -- wie man gewöhn¬
lich den wackern Kriegsminister nannte -- eine zweite Reise nach dem Süden,
stattete einen Besuch in der Festung Peterwardcin ab, bei welcher Gelegenheit
er von einer Naitzischen Strcifpatronille ganz umzingelt, und nnr dnrch seine per¬
sönliche Unerschrockenheit und die Tapferkeit seiner ans 12 Hnßaren bestehenden
Suite gerettet wurde, und unternahm am l9. September unter persönlicher An-
führung den letzten, aber, wie die übrigen, in diesem Jahre vergeblichen Sturm ans
Sz. Tamils. -- Dieses Resultat sollte bei der persönlichen Bravour des Kriegs¬
ministers -- er stand im dichtesten Kugelregen, und schwamm zweimal durch den
Franz - Canal, um überall gegenwärtig zu sein -- und der von allen Augenzeugen
einstimmig gerühmten Begeisterung und Tapferkeit der unter ihm kämpfenden
Truppen die Behauptungen der Verrath witternden Radicalen widerlegen; aber
dem war in Wirklichkeit nicht so, denn die Schanzen hätten zu Anfang des Kampfes,
wo sie noch nicht mit verkappten kaiserlichen Artilleristen und Officieren vollgestopft,
und von diesen zu einem vollkommenen Festungswerke umgestaltet waren, ohne
Verrath mit Sicherheit genommen werden können, und daß der gute Alte eben
jetzt die persönliche Leitung der Operationen übernehmen mußte, wo die zu Ge-


war also damals noch sehr bescheiden, und wollte nur die Befähigung eines Kor¬
porals der zwei großen Nationen für sich in Anspruch nehmen. Mvßäros aber
meinte, daß ein solcher Corpocal, „wenn der Redner Den meint, welchen man
Wellington nennt, allerdings manche Fehler entdeckt haben würde," daß aber im
Allgemeinen die Südarmee ihr Möglichstes leiste. Ferner beklagte er sich sehr
bitter über den von Perczel gebrauchten Ausdruck „Verrath", der gegen seine
Person gerichtet zu sein scheine. „Was meine Person anbelangt, daß ich nämlich
selbst nach dem Kriegsschauplatz gehen soll — setzte er hinzu — so verstehe ich
mich gern dazu, wenn es sein muß, ob ich aber dort die Angelegenheiten besser
leiten werde, weiß ich nicht; was ich thun kann, thue ich, nur muß ich sagen,
daß ich den jetzigen Befehlshaber — Blomberg — für geschickter halte, als ich
selbst bin." An diesen Worten des ehrlichen Mannes war keine Sylbe gegen
seine Ueberzeugung gesprochen, und mit der Geschicklichkeit eines Blomberg, bei
Nacht den Ranzen in Sz. TaimiS Besuche abzustatten, und Tages daraus laut
Verabredung mit den Ungarn Stürme zu unternehmen, konnte sich ein M«M-
ros wahrlich nicht messen. Auch war ein großer Theil der Majorität von dem
Gcgründctsein des von Perczel ausgesprochenen Verdachtes überzeugt, aber Ba-
thyänyi machte die Sache im Namen des ganzen Ministeriums zu einer Lebens¬
frage, und die Majorität, welche bei der Nccrutirnngöfrage den Kriegsminister
zum Nachgeben zwingen half, glaubte jetzt in ihrer Weisheit das Ministerium unter¬
stützen zu müssen, und sprach gegen Perczel eine Mißbilligung aus, welche die
Popularität dieses Mannes, der zugleich seine i-000 Gulden Münze eintragende
Stelle beim Ministerium niedergelegt hatte, nnr steigerte.

Nach diesem ParlamcntSmanöver unternahm „der Alte" — wie man gewöhn¬
lich den wackern Kriegsminister nannte — eine zweite Reise nach dem Süden,
stattete einen Besuch in der Festung Peterwardcin ab, bei welcher Gelegenheit
er von einer Naitzischen Strcifpatronille ganz umzingelt, und nnr dnrch seine per¬
sönliche Unerschrockenheit und die Tapferkeit seiner ans 12 Hnßaren bestehenden
Suite gerettet wurde, und unternahm am l9. September unter persönlicher An-
führung den letzten, aber, wie die übrigen, in diesem Jahre vergeblichen Sturm ans
Sz. Tamils. — Dieses Resultat sollte bei der persönlichen Bravour des Kriegs¬
ministers — er stand im dichtesten Kugelregen, und schwamm zweimal durch den
Franz - Canal, um überall gegenwärtig zu sein — und der von allen Augenzeugen
einstimmig gerühmten Begeisterung und Tapferkeit der unter ihm kämpfenden
Truppen die Behauptungen der Verrath witternden Radicalen widerlegen; aber
dem war in Wirklichkeit nicht so, denn die Schanzen hätten zu Anfang des Kampfes,
wo sie noch nicht mit verkappten kaiserlichen Artilleristen und Officieren vollgestopft,
und von diesen zu einem vollkommenen Festungswerke umgestaltet waren, ohne
Verrath mit Sicherheit genommen werden können, und daß der gute Alte eben
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280086/18>, abgerufen am 30.06.2024.