Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band.Leben des Vaters in den letzten Jahren nicht ohne nachtheiligen Einfluß blei¬ Wenn wir von dem Einfluß dieser ersten Periode seines Lebens ans sein Die Deutschthümliche Richtung, welche in der Burschenschaft vorherrschte, Was die Form betrifft, so braucht man heut zu Tage nur ein beliebiges Zwar nahm man sich mit Ungestüm der von der Französischen Ausklärung Leben des Vaters in den letzten Jahren nicht ohne nachtheiligen Einfluß blei¬ Wenn wir von dem Einfluß dieser ersten Periode seines Lebens ans sein Die Deutschthümliche Richtung, welche in der Burschenschaft vorherrschte, Was die Form betrifft, so braucht man heut zu Tage nur ein beliebiges Zwar nahm man sich mit Ungestüm der von der Französischen Ausklärung <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0173" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/280260"/> <p xml:id="ID_449" prev="#ID_448"> Leben des Vaters in den letzten Jahren nicht ohne nachtheiligen Einfluß blei¬<lb/> ben kann.</p><lb/> <p xml:id="ID_450"> Wenn wir von dem Einfluß dieser ersten Periode seines Lebens ans sein<lb/> späteres Denken und Empfinden reden wollen, so werden wir ihn einen ziemlich<lb/> negativen nennen müssen. Die burschenschaftliche Phantastik wurde, gerade weil<lb/> er sie selber durchgemacht hatte, der Hauptgegenstand seiner spätern kritischen<lb/> Thätigkeit, und gab derselbe» mit dem Inhalt auch die Richtung. Es wurde ihm<lb/> schwer, den wesentlichen und positiven Inhalt, der in diesen unklaren Bestrebun¬<lb/> gen vorhanden gewesen war, von der romantischen Form zu sondern, und daraus<lb/> ist manche Ungerechtigkeit zu erklären. In dieser Beziehung müsse» wir das<lb/> Wesen der Burschenschaft kurz ins Ange fassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_451"> Die Deutschthümliche Richtung, welche in der Burschenschaft vorherrschte,<lb/> war weder in ihrer Form, noch in ihrem Inhalt aus dem realen Boden der Na-<lb/> tionalcigenthümlichkeit, ans der realen Bildung der Zeit hervorgegangen, ganz<lb/> abgesehen von der ungesunden Selbstüberschätzung, die sie der Jugend einflößte,<lb/> und die beinahe die einzelnen Vortheile aufwog, welche man bei der sittlichen<lb/> Strenge und bei dem Interesse für ernste Gegenstände, das sie erweckte, nicht<lb/> verkeimen konnte.</p><lb/> <p xml:id="ID_452"> Was die Form betrifft, so braucht man heut zu Tage nur ein beliebiges<lb/> Buch vou Jahr aufzuschlagen, um sich zu überzeugen, daß hier von einem eigent¬<lb/> lich Deutschen Geiste nicht die Rede sein kann. Es ist eine Sprache, die zu<lb/> keiner Zeit und an keinem Orte geredet worden, die buntscheckig aus Altdeutschen<lb/> Reminiscenzen und neuen Einfällen zusammengeflickt ist. Bei Görres war es der¬<lb/> selbe Fall, nnr daß hier noch etwas Jndischer Somnambulismus und Orientalisch-<lb/> nordische Mythologie dazu kam. So arg wie diese Beiden haben es die Andern<lb/> nicht getrieben, aber dieser permanente leutselig pathetische Schwulst, der auch in<lb/> ihnen vorherrscht, macht doch jetzt einen wunderlichen Eindruck. Nimmt man<lb/> hinzu, daß damals das'Philosophiren in der vollsten Blüthe war, daß jeder<lb/> Philosoph sich eine eigene unverständliche Sprache erfand, wie ein eigenes unver¬<lb/> ständliches Denken, so wird man begreisen, daß das Chaos, welches an die<lb/> Stelle der geläuterten und kräftigen Sprache trat, die von Lessing und Goethe<lb/> geschaffen war, die alte Französische Durchsichtigkeit, gegen die man sich vom<lb/> Standpunkt patriotischer Naturwüchsigkeit empörte, schmerzlich vermissen ließ.<lb/> Von der Verworrenheit im Sprechen ist Unklarheit im Denken und Empfinden<lb/> unzertrennlich; der Inhalt dieser neuen Richtung mußte daher der Form entsprechen.</p><lb/> <p xml:id="ID_453" next="#ID_454"> Zwar nahm man sich mit Ungestüm der von der Französischen Ausklärung<lb/> verlästerten Religion und des Vaterlandes an; aber es stand jedem Einzelnen<lb/> frei, sich darunter zu denken, was ihm beliebte, wenn er es nur mit dem nöthi¬<lb/> gen Eifer that. Der springende Punkt der nationalen Reaction war der Haß<lb/> gegen die Französische Unterdrückung und gegen Napoleon. Dieser Haß nbertug</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0173]
Leben des Vaters in den letzten Jahren nicht ohne nachtheiligen Einfluß blei¬
ben kann.
Wenn wir von dem Einfluß dieser ersten Periode seines Lebens ans sein
späteres Denken und Empfinden reden wollen, so werden wir ihn einen ziemlich
negativen nennen müssen. Die burschenschaftliche Phantastik wurde, gerade weil
er sie selber durchgemacht hatte, der Hauptgegenstand seiner spätern kritischen
Thätigkeit, und gab derselbe» mit dem Inhalt auch die Richtung. Es wurde ihm
schwer, den wesentlichen und positiven Inhalt, der in diesen unklaren Bestrebun¬
gen vorhanden gewesen war, von der romantischen Form zu sondern, und daraus
ist manche Ungerechtigkeit zu erklären. In dieser Beziehung müsse» wir das
Wesen der Burschenschaft kurz ins Ange fassen.
Die Deutschthümliche Richtung, welche in der Burschenschaft vorherrschte,
war weder in ihrer Form, noch in ihrem Inhalt aus dem realen Boden der Na-
tionalcigenthümlichkeit, ans der realen Bildung der Zeit hervorgegangen, ganz
abgesehen von der ungesunden Selbstüberschätzung, die sie der Jugend einflößte,
und die beinahe die einzelnen Vortheile aufwog, welche man bei der sittlichen
Strenge und bei dem Interesse für ernste Gegenstände, das sie erweckte, nicht
verkeimen konnte.
Was die Form betrifft, so braucht man heut zu Tage nur ein beliebiges
Buch vou Jahr aufzuschlagen, um sich zu überzeugen, daß hier von einem eigent¬
lich Deutschen Geiste nicht die Rede sein kann. Es ist eine Sprache, die zu
keiner Zeit und an keinem Orte geredet worden, die buntscheckig aus Altdeutschen
Reminiscenzen und neuen Einfällen zusammengeflickt ist. Bei Görres war es der¬
selbe Fall, nnr daß hier noch etwas Jndischer Somnambulismus und Orientalisch-
nordische Mythologie dazu kam. So arg wie diese Beiden haben es die Andern
nicht getrieben, aber dieser permanente leutselig pathetische Schwulst, der auch in
ihnen vorherrscht, macht doch jetzt einen wunderlichen Eindruck. Nimmt man
hinzu, daß damals das'Philosophiren in der vollsten Blüthe war, daß jeder
Philosoph sich eine eigene unverständliche Sprache erfand, wie ein eigenes unver¬
ständliches Denken, so wird man begreisen, daß das Chaos, welches an die
Stelle der geläuterten und kräftigen Sprache trat, die von Lessing und Goethe
geschaffen war, die alte Französische Durchsichtigkeit, gegen die man sich vom
Standpunkt patriotischer Naturwüchsigkeit empörte, schmerzlich vermissen ließ.
Von der Verworrenheit im Sprechen ist Unklarheit im Denken und Empfinden
unzertrennlich; der Inhalt dieser neuen Richtung mußte daher der Form entsprechen.
Zwar nahm man sich mit Ungestüm der von der Französischen Ausklärung
verlästerten Religion und des Vaterlandes an; aber es stand jedem Einzelnen
frei, sich darunter zu denken, was ihm beliebte, wenn er es nur mit dem nöthi¬
gen Eifer that. Der springende Punkt der nationalen Reaction war der Haß
gegen die Französische Unterdrückung und gegen Napoleon. Dieser Haß nbertug
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |