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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band.

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an der Seite des "greisen Helden", der ihn zu seinen Lieblingen zählte, sich als
tüchtiger Regimentscommandant und tapferer Hußarenofsicier bewährte. -- Im
Vaterlande war sein Name nur von der gelehrten Gesellschaft, die ihn im Jahre
18iL wegen seiner ausgebreiteten militairischen Kenntnisse zum Ehrenmitgliede für
die kriegswissenschaftliche Section ernannte, gekannt, und von einigen Partcihäup-
tern der liberalen Opposition, die vielleicht schon vor dem März an die Möglich¬
keit eines Bedürfnisses wissenschaftlich gebildeter Officiere gedacht haben mochten,
wegen seiner Vaterlandsliebe und seines biedern Charakters geschätzt, und vielleicht
auch für eine der später eintreffenden allenfalls ähnliche Rolle ausersehen. --
Für diese Annahme spricht der Umstand, daß die liberale Partei, als sie im März
zur Regierung kam, viele mit MtMros in gleichem Range stehende gebildete Offi¬
ciere, die theils im Vaterlande, theils in den benachbarten Provinzen lebten --
wir wollen hier nur die spätern Generale: Retter, Kiß, Änlich und Torvk nennen
-- unbeachtet ließ, und sich für den im fernen Italien an Radetzky's Seite kämpfenden
Hnßarenobersten erklärte.

Auch als sein Name aus der Ministerliste erschien, wußte im Publicum fast
Niemand, wer dieser Mäßüros sei, was bei dem damaligen Stand der Dinge,
wo noch Niemand an die bald eintretende hohe Wichtigkeit dieses Postens glaubte,
wenig Beachtung fand.

Mehr als das Publicum scheint der neuernannte Minister selbst durch seine
Berufung überrascht worden zu sein. Hat der loyale Oberst schon damals die
Schwierigkeit seiner neuen Stellung eingesehen, oder fiel es dem Hußaren schwer,
einer Carriere, wie sie der Italienische Feldzug zu bieten versprach, zu entsagen?
mit andern Worten: fürchtete er einen möglichen Krieg, oder schmerzte es ihn,
den bestehenden Krieg zu verlassen? -- darüber läßt sich bis jejzt nichts Be¬
stimmtes sagen; so viel ist gewiß, daß der neucreirte constitutionelle Minister sich
erst dann auf seinen Posten begab, als ihm sein Monarch in Gestalt des obersten
Feldherrn entgegentrat, und ihm am 7. Mai folgendes kategorisches Handschreiben
zuschickte: "Mein lieber Mvßäros! Sie Habens nachdem Sie von Mir zu Meinem
Ungarischen Kriegsminister ernannt worden sind, allsogleich das Kommando Ihres
Regiments dem Oberstlieutenant zu übergeben, und sich auf Ihren neuen Posten
zu verfüge". Ferdinand".

Indessen waren im Vaterlande die Gemüther durch das bekannte Rescript
vom A8. April -- welches durch Zsed<api herabgebracht wurde, und in dem die
Unzulässigkeit eines Ungarischen Finanz- und Kriegsministeriüms ausgesprochen
war -- in die größte Aufregung gebracht worden, und man schrieb das lange
Ausbleiben des Kriegsministers den Machinationen der Camarilla zu. Dieser
Umstand trug viel bei zur Popnlaristrung des um als doppelte Errungenschaft
betrachteten Hnßarenobersten, und Mvßäros wurde auch wirklich bei seiner Ankunft
in Pesth am 23. Mai freudig begrüßt und mit einem Fackelzug beehrt.


an der Seite des „greisen Helden", der ihn zu seinen Lieblingen zählte, sich als
tüchtiger Regimentscommandant und tapferer Hußarenofsicier bewährte. — Im
Vaterlande war sein Name nur von der gelehrten Gesellschaft, die ihn im Jahre
18iL wegen seiner ausgebreiteten militairischen Kenntnisse zum Ehrenmitgliede für
die kriegswissenschaftliche Section ernannte, gekannt, und von einigen Partcihäup-
tern der liberalen Opposition, die vielleicht schon vor dem März an die Möglich¬
keit eines Bedürfnisses wissenschaftlich gebildeter Officiere gedacht haben mochten,
wegen seiner Vaterlandsliebe und seines biedern Charakters geschätzt, und vielleicht
auch für eine der später eintreffenden allenfalls ähnliche Rolle ausersehen. —
Für diese Annahme spricht der Umstand, daß die liberale Partei, als sie im März
zur Regierung kam, viele mit MtMros in gleichem Range stehende gebildete Offi¬
ciere, die theils im Vaterlande, theils in den benachbarten Provinzen lebten —
wir wollen hier nur die spätern Generale: Retter, Kiß, Änlich und Torvk nennen
— unbeachtet ließ, und sich für den im fernen Italien an Radetzky's Seite kämpfenden
Hnßarenobersten erklärte.

Auch als sein Name aus der Ministerliste erschien, wußte im Publicum fast
Niemand, wer dieser Mäßüros sei, was bei dem damaligen Stand der Dinge,
wo noch Niemand an die bald eintretende hohe Wichtigkeit dieses Postens glaubte,
wenig Beachtung fand.

Mehr als das Publicum scheint der neuernannte Minister selbst durch seine
Berufung überrascht worden zu sein. Hat der loyale Oberst schon damals die
Schwierigkeit seiner neuen Stellung eingesehen, oder fiel es dem Hußaren schwer,
einer Carriere, wie sie der Italienische Feldzug zu bieten versprach, zu entsagen?
mit andern Worten: fürchtete er einen möglichen Krieg, oder schmerzte es ihn,
den bestehenden Krieg zu verlassen? — darüber läßt sich bis jejzt nichts Be¬
stimmtes sagen; so viel ist gewiß, daß der neucreirte constitutionelle Minister sich
erst dann auf seinen Posten begab, als ihm sein Monarch in Gestalt des obersten
Feldherrn entgegentrat, und ihm am 7. Mai folgendes kategorisches Handschreiben
zuschickte: „Mein lieber Mvßäros! Sie Habens nachdem Sie von Mir zu Meinem
Ungarischen Kriegsminister ernannt worden sind, allsogleich das Kommando Ihres
Regiments dem Oberstlieutenant zu übergeben, und sich auf Ihren neuen Posten
zu verfüge». Ferdinand".

Indessen waren im Vaterlande die Gemüther durch das bekannte Rescript
vom A8. April — welches durch Zsed<api herabgebracht wurde, und in dem die
Unzulässigkeit eines Ungarischen Finanz- und Kriegsministeriüms ausgesprochen
war — in die größte Aufregung gebracht worden, und man schrieb das lange
Ausbleiben des Kriegsministers den Machinationen der Camarilla zu. Dieser
Umstand trug viel bei zur Popnlaristrung des um als doppelte Errungenschaft
betrachteten Hnßarenobersten, und Mvßäros wurde auch wirklich bei seiner Ankunft
in Pesth am 23. Mai freudig begrüßt und mit einem Fackelzug beehrt.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280086/14>, abgerufen am 30.06.2024.