Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band.lauter, als dieser Familienzwist der Preußischen Kreuzbrüdcr, erheben sich die Anklagen lauter, als dieser Familienzwist der Preußischen Kreuzbrüdcr, erheben sich die Anklagen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0126" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/280213"/> <p xml:id="ID_311" prev="#ID_310" next="#ID_312"> lauter, als dieser Familienzwist der Preußischen Kreuzbrüdcr, erheben sich die Anklagen<lb/> von Seiten des Ordens der übrigen Nationen, der Sächsischen, der Bayrischen u. s. w,,<lb/> gegen die Preußischen Bundesvcrwandteu. Die Kreuzzeitung, welche eben so wie ihre Partei<lb/> auf eine anerkennenswerthe Weise die Oestreichischen Interessen innerhalb des Preußischen<lb/> Staats vertreten hat, wird plötzlich von den specifisch Oestreichischen Blättern, z. B. der<lb/> Freimüthigen Sachscnzeitung und dem Norddeutschen Correspondenten, als eine einge¬<lb/> fleischte Wühlerin, als eine Erregerin von Unzufriedenheit und Haß gegen Oestreichs<lb/> erhabenes Kaiserhaus denuncirt; ja das officielle Organ der Sächsischen Regierung, die<lb/> Leipziger Zeitung, bringt einen höchst interessanten Artikel, in welchem die Kreuzzeitung<lb/> als ein von allen wahrhaften Anhängern der Monarchie längst vcrurtheiltes Blatt be¬<lb/> zeichnet, und von ihrer Partei erklärt wird' „sie führe die Legitimität im Munde und<lb/> trage die Verschwörung im Herzen". Majestätsbeleidigung und Laudesverrath sind die<lb/> geringsten Vorwürfe, die ihr gemacht werden. Man sieht also, nicht blos die Gethaner<lb/> sind Wölfe in Schafskleidern, Rcvolutionairs in Schlafrock und Pantoffeln, Sansculotten<lb/> in Glacehandschuhen; es giebt noch andere Trojaner, von denen sich Niemand Etwas<lb/> hat träumen lassen. — Der Grund dieser Entrüstung ist keineswegs das angeblich<lb/> specifische Preußenthum der Kreuzzeitung. Zwar erfreuen sich die Ministeriellen in Oest¬<lb/> reich keines übertrieben hellen Blickes, aber ganz so weit geht ihre Kurzsichtigkeit denn<lb/> doch nicht. Der Zorn bezieht sich lediglich aus die Oestreichischen Korrespondenzen,<lb/> den Ausdruck desselben ständischen, sogenannten altcvnservativcn Hallerschen Princips,<lb/> welches durch die neuesten Octroyirungen in Preußen den Sieg davon getragen hat.<lb/> Die Ocstreichische Loyalität ist naiver, als die Preußische; sie sagt zu ihren Legitimisten:<lb/> „Meinen denn die Herren, es bedürft der Kaiser Franz Joseph ihres Rathes, um zu<lb/> wissen, was den ihm von Gott anvertrauten Ländern und Völkern frommt?" — Sie<lb/> stellt mit treffendem Jnstinct den Satz auf: „Oestreich als aus consöderirten Ländern<lb/> und Völkern bestehend, und ein starker Kaiser sind Begriffe, die mit einander in auf¬<lb/> hebenden Widerspruch stehen", und sügt eben so apodiktisch und poetisch hinzu: „Eher<lb/> dürfte die Donau rückwärts fließen, ehe die alten ständischen Gerechtsame in Oestreich<lb/> wieder hergestellt werden." — Der Ocstreichische Absolutismus ist weniger philosophisch,<lb/> und hat daher einen richtigern Jnstinct, als der Preußische; er hält eS sür überflüssig,<lb/> die Macht, die er selber in Händen hat, ans Andere zu übertragen, mögen sich Diese<lb/> auch noch so eifrig als seine Freunde und Beschützer geberden. Herr V. Manteuffel<lb/> dagegen, der sich in zu großer Bescheidenheit für einen Ignoranten erklärte, ist, wen»<lb/> nicht ein verkappter Doctrinair, doch ein verkappter Gelehrter, wie er sich schon früher<lb/> in einem übereilten Ausfall als geheimer Demokrat erwies. Er hat durch seine Wieder-<lb/> aufrichtung der Stände aus Vorliebe für historischen Natnrwuchs eine Macht geschaffen,<lb/> die, so bedeutend oder so unbedeutend sie auch sein mag, dem unmittelbaren Einfluß<lb/> des Staats und des Königthums einen sehr beträchtlichen Raum entzieht, und von<lb/> der man noch gar nicht berechnen kaun, in welche Hände sie zu fallen bestimmt ist,<lb/> wenn der Liberalismus nicht thöricht genug ist, seinen Einsatz zurückzuziehen. — Die<lb/> wahre Legitimität wird erst dann wieder hergestellt sein, wenn sie auf den alten naiven<lb/> Grundsatz zurückkommt: Communismus ist, was den weisen Absichten Sr. Majestät<lb/> widerstreitet. -— Eine rührende Familienscene ist auch die kleine Fehde, welche die Frei¬<lb/> müthige Sachsenzeituug mit einigen weniger vorgeschrittenen Organen führt. In dem<lb/> loyalen Verein, aus dem sie dahier, war die interessante Entdeckung gemacht worden,</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0126]
lauter, als dieser Familienzwist der Preußischen Kreuzbrüdcr, erheben sich die Anklagen
von Seiten des Ordens der übrigen Nationen, der Sächsischen, der Bayrischen u. s. w,,
gegen die Preußischen Bundesvcrwandteu. Die Kreuzzeitung, welche eben so wie ihre Partei
auf eine anerkennenswerthe Weise die Oestreichischen Interessen innerhalb des Preußischen
Staats vertreten hat, wird plötzlich von den specifisch Oestreichischen Blättern, z. B. der
Freimüthigen Sachscnzeitung und dem Norddeutschen Correspondenten, als eine einge¬
fleischte Wühlerin, als eine Erregerin von Unzufriedenheit und Haß gegen Oestreichs
erhabenes Kaiserhaus denuncirt; ja das officielle Organ der Sächsischen Regierung, die
Leipziger Zeitung, bringt einen höchst interessanten Artikel, in welchem die Kreuzzeitung
als ein von allen wahrhaften Anhängern der Monarchie längst vcrurtheiltes Blatt be¬
zeichnet, und von ihrer Partei erklärt wird' „sie führe die Legitimität im Munde und
trage die Verschwörung im Herzen". Majestätsbeleidigung und Laudesverrath sind die
geringsten Vorwürfe, die ihr gemacht werden. Man sieht also, nicht blos die Gethaner
sind Wölfe in Schafskleidern, Rcvolutionairs in Schlafrock und Pantoffeln, Sansculotten
in Glacehandschuhen; es giebt noch andere Trojaner, von denen sich Niemand Etwas
hat träumen lassen. — Der Grund dieser Entrüstung ist keineswegs das angeblich
specifische Preußenthum der Kreuzzeitung. Zwar erfreuen sich die Ministeriellen in Oest¬
reich keines übertrieben hellen Blickes, aber ganz so weit geht ihre Kurzsichtigkeit denn
doch nicht. Der Zorn bezieht sich lediglich aus die Oestreichischen Korrespondenzen,
den Ausdruck desselben ständischen, sogenannten altcvnservativcn Hallerschen Princips,
welches durch die neuesten Octroyirungen in Preußen den Sieg davon getragen hat.
Die Ocstreichische Loyalität ist naiver, als die Preußische; sie sagt zu ihren Legitimisten:
„Meinen denn die Herren, es bedürft der Kaiser Franz Joseph ihres Rathes, um zu
wissen, was den ihm von Gott anvertrauten Ländern und Völkern frommt?" — Sie
stellt mit treffendem Jnstinct den Satz auf: „Oestreich als aus consöderirten Ländern
und Völkern bestehend, und ein starker Kaiser sind Begriffe, die mit einander in auf¬
hebenden Widerspruch stehen", und sügt eben so apodiktisch und poetisch hinzu: „Eher
dürfte die Donau rückwärts fließen, ehe die alten ständischen Gerechtsame in Oestreich
wieder hergestellt werden." — Der Ocstreichische Absolutismus ist weniger philosophisch,
und hat daher einen richtigern Jnstinct, als der Preußische; er hält eS sür überflüssig,
die Macht, die er selber in Händen hat, ans Andere zu übertragen, mögen sich Diese
auch noch so eifrig als seine Freunde und Beschützer geberden. Herr V. Manteuffel
dagegen, der sich in zu großer Bescheidenheit für einen Ignoranten erklärte, ist, wen»
nicht ein verkappter Doctrinair, doch ein verkappter Gelehrter, wie er sich schon früher
in einem übereilten Ausfall als geheimer Demokrat erwies. Er hat durch seine Wieder-
aufrichtung der Stände aus Vorliebe für historischen Natnrwuchs eine Macht geschaffen,
die, so bedeutend oder so unbedeutend sie auch sein mag, dem unmittelbaren Einfluß
des Staats und des Königthums einen sehr beträchtlichen Raum entzieht, und von
der man noch gar nicht berechnen kaun, in welche Hände sie zu fallen bestimmt ist,
wenn der Liberalismus nicht thöricht genug ist, seinen Einsatz zurückzuziehen. — Die
wahre Legitimität wird erst dann wieder hergestellt sein, wenn sie auf den alten naiven
Grundsatz zurückkommt: Communismus ist, was den weisen Absichten Sr. Majestät
widerstreitet. -— Eine rührende Familienscene ist auch die kleine Fehde, welche die Frei¬
müthige Sachsenzeituug mit einigen weniger vorgeschrittenen Organen führt. In dem
loyalen Verein, aus dem sie dahier, war die interessante Entdeckung gemacht worden,
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