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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. I. Band.

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Studien zur Geschichte der französischen Romantik.
Lamartine.



II

Kaum wiederhergestellt von einer schweren Krankheit, tief bekümniert über den
Verlust einer Geliebten, bot Lamartine im Jahr 1820 eine Sammlung seiner er¬
sten Gedichte verschiedenen Pariser Buchhändlern zum Verkauf. Nach vielen mi߬
lungenen Versuchen fand er endlich in Nicolle einen Verleger. So erschien sein
erstes Werk, die Reelle-rtinns novtiyuos, welches einen so ungewöhnlichen
Anklang fand, daß in Frankreich allein, ohne den belgischen und deutschen Nach¬
druck zu rechnen, innerhalb des kurzen Zeitraums von 4 Jahren 45,000 Exem¬
plare verkauft wurden.

Dieser literarische Erfolg, der glänzendste in Frankreich seit Chateaubriand's
Kein" "In (üllnsUiunsmo, eröffnete Herrn von Lamartine die diplomatische Lauf¬
bahn. Als Attache der Gesandtschaft begab er sich 1821 nach Florenz, lernte
hier eine reiche junge Engländerin kennen, Miß Marianne Birch, die sich in seine
Verse verliebt hatte, und verheiratete sich mit ihr. Von da an lebte er nach
und nach erst in Neapel als Gesandtschaftssecretär, dann mit demselben Titel ei¬
nige Zeit in London, und kam endlich als Geschäftsträger nach Toscana zurück.
Während dieser Zeit war sein schon durch seine Heirath bedeutendes Vermögen
noch durch die Erbschaft eines reichen Oheims vergrößert worden. Auch aus sei-,
nen Gedichten hatte er eine bedeutende Einnahme. Im Jahre 1823 erschienen
die ^""volles in(5<lit!>tilM8, und darin die berühmte Ode an Bonaparte; in dem¬
selben Jahre "der Tod des Socrates," und nach dem Tode Byron's der "letzte
Gesang von Childe Harold's Pilgrimfahrt." In dem letzteren kam eine Stelle
vor gegen die entarteten Nachkommen der alten Römer, für welche der neapoli¬
tanische Obrist Pepe im Namen seiner Nation Genugthuung forderte. Es kam
zu einem Duell, in welchem Lamartine gefährlich verwundet wurde. Nachdem er
bei der Krönung Karls X. den Lenne ein 8i"cro veröffentlicht hatte, kehrte der
Dichter im Jahre 1829 nach Frankreich zurück, und im Mai desselben Jahres
erschienen die it-nmonieZ poeti^nos et reliAivusos. Er wurde in Folge dieses


Grenzboten. >. 1850. g j
Studien zur Geschichte der französischen Romantik.
Lamartine.



II

Kaum wiederhergestellt von einer schweren Krankheit, tief bekümniert über den
Verlust einer Geliebten, bot Lamartine im Jahr 1820 eine Sammlung seiner er¬
sten Gedichte verschiedenen Pariser Buchhändlern zum Verkauf. Nach vielen mi߬
lungenen Versuchen fand er endlich in Nicolle einen Verleger. So erschien sein
erstes Werk, die Reelle-rtinns novtiyuos, welches einen so ungewöhnlichen
Anklang fand, daß in Frankreich allein, ohne den belgischen und deutschen Nach¬
druck zu rechnen, innerhalb des kurzen Zeitraums von 4 Jahren 45,000 Exem¬
plare verkauft wurden.

Dieser literarische Erfolg, der glänzendste in Frankreich seit Chateaubriand's
Kein« «In (üllnsUiunsmo, eröffnete Herrn von Lamartine die diplomatische Lauf¬
bahn. Als Attache der Gesandtschaft begab er sich 1821 nach Florenz, lernte
hier eine reiche junge Engländerin kennen, Miß Marianne Birch, die sich in seine
Verse verliebt hatte, und verheiratete sich mit ihr. Von da an lebte er nach
und nach erst in Neapel als Gesandtschaftssecretär, dann mit demselben Titel ei¬
nige Zeit in London, und kam endlich als Geschäftsträger nach Toscana zurück.
Während dieser Zeit war sein schon durch seine Heirath bedeutendes Vermögen
noch durch die Erbschaft eines reichen Oheims vergrößert worden. Auch aus sei-,
nen Gedichten hatte er eine bedeutende Einnahme. Im Jahre 1823 erschienen
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selben Jahre „der Tod des Socrates," und nach dem Tode Byron's der „letzte
Gesang von Childe Harold's Pilgrimfahrt." In dem letzteren kam eine Stelle
vor gegen die entarteten Nachkommen der alten Römer, für welche der neapoli¬
tanische Obrist Pepe im Namen seiner Nation Genugthuung forderte. Es kam
zu einem Duell, in welchem Lamartine gefährlich verwundet wurde. Nachdem er
bei der Krönung Karls X. den Lenne ein 8i»cro veröffentlicht hatte, kehrte der
Dichter im Jahre 1829 nach Frankreich zurück, und im Mai desselben Jahres
erschienen die it-nmonieZ poeti^nos et reliAivusos. Er wurde in Folge dieses


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[0489] Studien zur Geschichte der französischen Romantik. Lamartine. II Kaum wiederhergestellt von einer schweren Krankheit, tief bekümniert über den Verlust einer Geliebten, bot Lamartine im Jahr 1820 eine Sammlung seiner er¬ sten Gedichte verschiedenen Pariser Buchhändlern zum Verkauf. Nach vielen mi߬ lungenen Versuchen fand er endlich in Nicolle einen Verleger. So erschien sein erstes Werk, die Reelle-rtinns novtiyuos, welches einen so ungewöhnlichen Anklang fand, daß in Frankreich allein, ohne den belgischen und deutschen Nach¬ druck zu rechnen, innerhalb des kurzen Zeitraums von 4 Jahren 45,000 Exem¬ plare verkauft wurden. Dieser literarische Erfolg, der glänzendste in Frankreich seit Chateaubriand's Kein« «In (üllnsUiunsmo, eröffnete Herrn von Lamartine die diplomatische Lauf¬ bahn. Als Attache der Gesandtschaft begab er sich 1821 nach Florenz, lernte hier eine reiche junge Engländerin kennen, Miß Marianne Birch, die sich in seine Verse verliebt hatte, und verheiratete sich mit ihr. Von da an lebte er nach und nach erst in Neapel als Gesandtschaftssecretär, dann mit demselben Titel ei¬ nige Zeit in London, und kam endlich als Geschäftsträger nach Toscana zurück. Während dieser Zeit war sein schon durch seine Heirath bedeutendes Vermögen noch durch die Erbschaft eines reichen Oheims vergrößert worden. Auch aus sei-, nen Gedichten hatte er eine bedeutende Einnahme. Im Jahre 1823 erschienen die ^»»volles in(5<lit!>tilM8, und darin die berühmte Ode an Bonaparte; in dem¬ selben Jahre „der Tod des Socrates," und nach dem Tode Byron's der „letzte Gesang von Childe Harold's Pilgrimfahrt." In dem letzteren kam eine Stelle vor gegen die entarteten Nachkommen der alten Römer, für welche der neapoli¬ tanische Obrist Pepe im Namen seiner Nation Genugthuung forderte. Es kam zu einem Duell, in welchem Lamartine gefährlich verwundet wurde. Nachdem er bei der Krönung Karls X. den Lenne ein 8i»cro veröffentlicht hatte, kehrte der Dichter im Jahre 1829 nach Frankreich zurück, und im Mai desselben Jahres erschienen die it-nmonieZ poeti^nos et reliAivusos. Er wurde in Folge dieses Grenzboten. >. 1850. g j

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_92822/489>, abgerufen am 23.06.2024.