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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. I. Band.

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Verletzung des Baukprivilegiums, beschlossen hatte. Der Minister erspart sich das
Ansuchen bei der Bank, und gibt selbst so viel Papiergeld aus, als er braucht.
Die NichtVermehrung der Banknoten, und die Schnldabtragnng an die Bank sind
daher nur ein Wechsel der Masken.

Ein noch unwürdigeres Gaukelspiel ist die Zuweisung des sardinischen Tri¬
buts an die Bank. So gering die Summe von 30 Millionen Gulden ist, so
wäre sie dennoch von bedeutendem Einfluß auf den Werth der Noten gewesen,
wenn sie baar und klingend, wie es der Kaiser nach dem Rathe des Ministeriums
bestimmte, an die Bank abgeführt worden wären. Je größer der Fond, desto
größer das Vertrauen. Mit voller Erkenntniß dieser Sachlage wurde in mehreren
ministeriellen Erlässen darauf hingedeutet, und dieser Zuwachs an Silber in
Helles Licht gestellt. Aber schon die ersten Raten werden vom Ministerium nur
theilweise an die Bank abgegeben, da die Regierung baare Münze zur Zahlung
der an den Grenzen, stationirten Truppen benöthigte. Sardinien hat bereits über
8 Millionen gezahlt, aber kaum die Hälfte davon floß baar in die Bank.

Die Einwirkung der auswärtigen politischen Zustände auf die östreichischen
Geldverhältnisse war in den letzten Monaten eher hebend als niederdrückend; in
Paris, Amsterdam, Frankfurt und Berlin zeigte sich gute Miene. Allein die in¬
nern Zustände paralysirten alsobald jedes günstige Symptom. Man überzeugte sich,
daß die Entlassung der Militärs und Reoucirung der Armee nur ein willentlich
ausgestreutes Gerücht sei; der Minister gab der Lüge eine" Stempel, indem er
eine Verminderung der Heerausgaben in nahe Aussicht stellte. Aus der Ver¬
minderung wurde eine Vermehrung, da kein Mann entlassen, hingegen so viele
Tausende Honvvos eingereiht wurden, und schon nach wenigen Wochen sah sich
derselbe Minister gezwungen, auf den fortgesetzten Bedarf des Heeres anzuspielen,
um die neueingeführten Steuern zu rechtfertigen.

Das Kapitel der Steuern wollen wir nicht vom Gesichtspunkte der Ungesetz¬
lichkeit betrachten, weil sie ohne Mitwirkung des Reichstages ausgeschrieben und
eingetrieben werden. Vom staatlichen Standpunkte ist es nur zu billigen, daß statt
des Schuldenmachens, der Bankcorruption und anderer momentanen Behelfe die
eigenen Quellen des Landes angebohrt werden; allein jeder Vrunneumeister weiß,
wie viel Wasser auf einer Stelle zu erlangen ist, und legt keine größere Röhre
an, als der Boden zu füllen vermag. Der östreichische Finanzminister ist kein
solcher Brunnenmeister. Die Einkommensteuer, die erhöhte Grundsteuer, die
Stempeltaxc, die Einregistrirungstaxe u. tgi. belasten das Reich mit einem Mehr
von 50 --6g Millionen Gulden, dieses Mehr für den Staat ist ein Minus für
das Land, es ist ein Entziehen von Geldkraft, wo ohnehin keine Kapitalien vor¬
handen sind. Wir wollen nur ein Beispiel angeben. DaS so eben erschienene
Grundstenerprovisvrium für Ungarn, Croatien u. s. in, belegt die Grunderträg¬
nisse und die Nutzung von Gebäuden mit einem Tarif, welcher much falls der


Verletzung des Baukprivilegiums, beschlossen hatte. Der Minister erspart sich das
Ansuchen bei der Bank, und gibt selbst so viel Papiergeld aus, als er braucht.
Die NichtVermehrung der Banknoten, und die Schnldabtragnng an die Bank sind
daher nur ein Wechsel der Masken.

Ein noch unwürdigeres Gaukelspiel ist die Zuweisung des sardinischen Tri¬
buts an die Bank. So gering die Summe von 30 Millionen Gulden ist, so
wäre sie dennoch von bedeutendem Einfluß auf den Werth der Noten gewesen,
wenn sie baar und klingend, wie es der Kaiser nach dem Rathe des Ministeriums
bestimmte, an die Bank abgeführt worden wären. Je größer der Fond, desto
größer das Vertrauen. Mit voller Erkenntniß dieser Sachlage wurde in mehreren
ministeriellen Erlässen darauf hingedeutet, und dieser Zuwachs an Silber in
Helles Licht gestellt. Aber schon die ersten Raten werden vom Ministerium nur
theilweise an die Bank abgegeben, da die Regierung baare Münze zur Zahlung
der an den Grenzen, stationirten Truppen benöthigte. Sardinien hat bereits über
8 Millionen gezahlt, aber kaum die Hälfte davon floß baar in die Bank.

Die Einwirkung der auswärtigen politischen Zustände auf die östreichischen
Geldverhältnisse war in den letzten Monaten eher hebend als niederdrückend; in
Paris, Amsterdam, Frankfurt und Berlin zeigte sich gute Miene. Allein die in¬
nern Zustände paralysirten alsobald jedes günstige Symptom. Man überzeugte sich,
daß die Entlassung der Militärs und Reoucirung der Armee nur ein willentlich
ausgestreutes Gerücht sei; der Minister gab der Lüge eine» Stempel, indem er
eine Verminderung der Heerausgaben in nahe Aussicht stellte. Aus der Ver¬
minderung wurde eine Vermehrung, da kein Mann entlassen, hingegen so viele
Tausende Honvvos eingereiht wurden, und schon nach wenigen Wochen sah sich
derselbe Minister gezwungen, auf den fortgesetzten Bedarf des Heeres anzuspielen,
um die neueingeführten Steuern zu rechtfertigen.

Das Kapitel der Steuern wollen wir nicht vom Gesichtspunkte der Ungesetz¬
lichkeit betrachten, weil sie ohne Mitwirkung des Reichstages ausgeschrieben und
eingetrieben werden. Vom staatlichen Standpunkte ist es nur zu billigen, daß statt
des Schuldenmachens, der Bankcorruption und anderer momentanen Behelfe die
eigenen Quellen des Landes angebohrt werden; allein jeder Vrunneumeister weiß,
wie viel Wasser auf einer Stelle zu erlangen ist, und legt keine größere Röhre
an, als der Boden zu füllen vermag. Der östreichische Finanzminister ist kein
solcher Brunnenmeister. Die Einkommensteuer, die erhöhte Grundsteuer, die
Stempeltaxc, die Einregistrirungstaxe u. tgi. belasten das Reich mit einem Mehr
von 50 —6g Millionen Gulden, dieses Mehr für den Staat ist ein Minus für
das Land, es ist ein Entziehen von Geldkraft, wo ohnehin keine Kapitalien vor¬
handen sind. Wir wollen nur ein Beispiel angeben. DaS so eben erschienene
Grundstenerprovisvrium für Ungarn, Croatien u. s. in, belegt die Grunderträg¬
nisse und die Nutzung von Gebäuden mit einem Tarif, welcher much falls der


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[0470] Verletzung des Baukprivilegiums, beschlossen hatte. Der Minister erspart sich das Ansuchen bei der Bank, und gibt selbst so viel Papiergeld aus, als er braucht. Die NichtVermehrung der Banknoten, und die Schnldabtragnng an die Bank sind daher nur ein Wechsel der Masken. Ein noch unwürdigeres Gaukelspiel ist die Zuweisung des sardinischen Tri¬ buts an die Bank. So gering die Summe von 30 Millionen Gulden ist, so wäre sie dennoch von bedeutendem Einfluß auf den Werth der Noten gewesen, wenn sie baar und klingend, wie es der Kaiser nach dem Rathe des Ministeriums bestimmte, an die Bank abgeführt worden wären. Je größer der Fond, desto größer das Vertrauen. Mit voller Erkenntniß dieser Sachlage wurde in mehreren ministeriellen Erlässen darauf hingedeutet, und dieser Zuwachs an Silber in Helles Licht gestellt. Aber schon die ersten Raten werden vom Ministerium nur theilweise an die Bank abgegeben, da die Regierung baare Münze zur Zahlung der an den Grenzen, stationirten Truppen benöthigte. Sardinien hat bereits über 8 Millionen gezahlt, aber kaum die Hälfte davon floß baar in die Bank. Die Einwirkung der auswärtigen politischen Zustände auf die östreichischen Geldverhältnisse war in den letzten Monaten eher hebend als niederdrückend; in Paris, Amsterdam, Frankfurt und Berlin zeigte sich gute Miene. Allein die in¬ nern Zustände paralysirten alsobald jedes günstige Symptom. Man überzeugte sich, daß die Entlassung der Militärs und Reoucirung der Armee nur ein willentlich ausgestreutes Gerücht sei; der Minister gab der Lüge eine» Stempel, indem er eine Verminderung der Heerausgaben in nahe Aussicht stellte. Aus der Ver¬ minderung wurde eine Vermehrung, da kein Mann entlassen, hingegen so viele Tausende Honvvos eingereiht wurden, und schon nach wenigen Wochen sah sich derselbe Minister gezwungen, auf den fortgesetzten Bedarf des Heeres anzuspielen, um die neueingeführten Steuern zu rechtfertigen. Das Kapitel der Steuern wollen wir nicht vom Gesichtspunkte der Ungesetz¬ lichkeit betrachten, weil sie ohne Mitwirkung des Reichstages ausgeschrieben und eingetrieben werden. Vom staatlichen Standpunkte ist es nur zu billigen, daß statt des Schuldenmachens, der Bankcorruption und anderer momentanen Behelfe die eigenen Quellen des Landes angebohrt werden; allein jeder Vrunneumeister weiß, wie viel Wasser auf einer Stelle zu erlangen ist, und legt keine größere Röhre an, als der Boden zu füllen vermag. Der östreichische Finanzminister ist kein solcher Brunnenmeister. Die Einkommensteuer, die erhöhte Grundsteuer, die Stempeltaxc, die Einregistrirungstaxe u. tgi. belasten das Reich mit einem Mehr von 50 —6g Millionen Gulden, dieses Mehr für den Staat ist ein Minus für das Land, es ist ein Entziehen von Geldkraft, wo ohnehin keine Kapitalien vor¬ handen sind. Wir wollen nur ein Beispiel angeben. DaS so eben erschienene Grundstenerprovisvrium für Ungarn, Croatien u. s. in, belegt die Grunderträg¬ nisse und die Nutzung von Gebäuden mit einem Tarif, welcher much falls der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_92822/470>, abgerufen am 23.06.2024.