Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. I. Band.theilt; er hat in der Proclamation des 18. wie in dem Ritt des 21. März Ideen Die militärischen Einrichtungen lasse ich bei Seite. Es versteht sich von Aber was sollte denn eigentlich ausgeführt werden? "Allgemeine Jnspicirun- *) Vous necs orlvvre, Ur. 5osss!
theilt; er hat in der Proclamation des 18. wie in dem Ritt des 21. März Ideen Die militärischen Einrichtungen lasse ich bei Seite. Es versteht sich von Aber was sollte denn eigentlich ausgeführt werden? „Allgemeine Jnspicirun- *) Vous necs orlvvre, Ur. 5osss!
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0416" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/93239"/> <p xml:id="ID_1432" prev="#ID_1431"> theilt; er hat in der Proclamation des 18. wie in dem Ritt des 21. März Ideen<lb/> ausgesprochen, die man sehr mit Unrecht zur Grundlage seiner Charakteristik be¬<lb/> nutzen würde. Der eigentliche Held, um den es sich darin handelt, ist nicht<lb/> Friedrich Wilhelm, sondern Joseph von Radowitz.</p><lb/> <p xml:id="ID_1433"> Die militärischen Einrichtungen lasse ich bei Seite. Es versteht sich von<lb/> selbst, daß im Umfang des alten Bundes in materiellen, auch selbst in geistigen<lb/> Dingen aus friedlichem Wege viele nützliche, zweckmäßige und wesentliche Refor¬<lb/> men sich durchführen ließen. Nicht durch den Bund, sondern ungeachtet des Bun¬<lb/> des, durch einzelne Verträge. So will es aber Radowitz nicht aufgefaßt wissen.<lb/> Es soll eine totale, auf das ganze Leben Deutschlands sich beziehende Wiederge¬<lb/> burt sein. Und da müssen wir sagen, daß die Idee, welche ihm vorschwebte, eine<lb/> sehr unbestimmte, haltlose und weitaussehende war, die, wenn man sie sich ausge¬<lb/> führt denkt, in der Hauptsache nicht viel gefruchtet habe» würde, und an deren<lb/> Ausführung uach deu uns mitgetheilten Maximen nicht in Jahrtausende» zu deu¬<lb/> ten war. Diese Maxime besteht darin, daß man, wenn Oestreich in Noth war,<lb/> es zur Reform aufforderte, daß es dann antwortete, es ist gegen die Pietät, un-<lb/> sere Lage zu benutzen, später! und daß Preußen dann sich bescheiden verbeugte,<lb/> allerdings wäre es unfreundlich; also später! — Und daß, wenn die Noth vor¬<lb/> über war, Oestreich freundlich bemerkte: nun ist es ja nicht nöthig; warten wir<lb/> ab, bis Noth da sein wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_1434" next="#ID_1435"> Aber was sollte denn eigentlich ausgeführt werden? „Allgemeine Jnspicirun-<lb/> gen des Bundesheeres, Buudeswappen *), Bundesgericht, gemeinsames Strafrecht,<lb/> Ausdehnung des Zollvereins über deu ganzen Bund, Preßgesetz." — „Zuerst<lb/> sollte die Zustimmung des kaiserlichen Hoff um jeden Preis errungen werden.<lb/> War dieses Ziel erreicht, so trat Preußen zurück, und überließ die Leitung der<lb/> fernern Schritte Oestreich. — Hätte Oestreichs Zustimmung nicht erreicht werden<lb/> können, dann würde Preußen diesen Weg mit Schmerz, aber furchtlos betreten<lb/> haben. Es würde seineu eignen Ständen (! die noch gar nicht cxistirtenü) und<lb/> dem gesammten Deutschland offene Rechenschaft abgelegt haben von dem, was es<lb/> für Alle gewollt und angestrebt. Es würde dann diejenigen Regierungen, bei<lb/> welchen für die eine oder die andere der neuen Institutionen Anklang erwartet<lb/> werden durfte, direct angegangen haben, um eine Reihe von Specialvereinignngen<lb/> nach Art des Zollvereins zu Staude zu bringen." — Es ist hier absolut unbe¬<lb/> greiflich, worin das Schmerzhafte eines solchen Verfahrens hätte liegen sollen.<lb/> Derartige Verträge lassen sich natürlich nur zwischeu einzelnen Staaten schließen,<lb/> so lange die Souveränität derselben nicht principiell aufgehoben ist. Der Beitritt<lb/> Oestreichs zum Zollvereine stieß auf andere als blos politische Schwierigkeiten;</p><lb/> <note xml:id="FID_37" place="foot"> *) Vous necs orlvvre, Ur. 5osss!</note><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0416]
theilt; er hat in der Proclamation des 18. wie in dem Ritt des 21. März Ideen
ausgesprochen, die man sehr mit Unrecht zur Grundlage seiner Charakteristik be¬
nutzen würde. Der eigentliche Held, um den es sich darin handelt, ist nicht
Friedrich Wilhelm, sondern Joseph von Radowitz.
Die militärischen Einrichtungen lasse ich bei Seite. Es versteht sich von
selbst, daß im Umfang des alten Bundes in materiellen, auch selbst in geistigen
Dingen aus friedlichem Wege viele nützliche, zweckmäßige und wesentliche Refor¬
men sich durchführen ließen. Nicht durch den Bund, sondern ungeachtet des Bun¬
des, durch einzelne Verträge. So will es aber Radowitz nicht aufgefaßt wissen.
Es soll eine totale, auf das ganze Leben Deutschlands sich beziehende Wiederge¬
burt sein. Und da müssen wir sagen, daß die Idee, welche ihm vorschwebte, eine
sehr unbestimmte, haltlose und weitaussehende war, die, wenn man sie sich ausge¬
führt denkt, in der Hauptsache nicht viel gefruchtet habe» würde, und an deren
Ausführung uach deu uns mitgetheilten Maximen nicht in Jahrtausende» zu deu¬
ten war. Diese Maxime besteht darin, daß man, wenn Oestreich in Noth war,
es zur Reform aufforderte, daß es dann antwortete, es ist gegen die Pietät, un-
sere Lage zu benutzen, später! und daß Preußen dann sich bescheiden verbeugte,
allerdings wäre es unfreundlich; also später! — Und daß, wenn die Noth vor¬
über war, Oestreich freundlich bemerkte: nun ist es ja nicht nöthig; warten wir
ab, bis Noth da sein wird.
Aber was sollte denn eigentlich ausgeführt werden? „Allgemeine Jnspicirun-
gen des Bundesheeres, Buudeswappen *), Bundesgericht, gemeinsames Strafrecht,
Ausdehnung des Zollvereins über deu ganzen Bund, Preßgesetz." — „Zuerst
sollte die Zustimmung des kaiserlichen Hoff um jeden Preis errungen werden.
War dieses Ziel erreicht, so trat Preußen zurück, und überließ die Leitung der
fernern Schritte Oestreich. — Hätte Oestreichs Zustimmung nicht erreicht werden
können, dann würde Preußen diesen Weg mit Schmerz, aber furchtlos betreten
haben. Es würde seineu eignen Ständen (! die noch gar nicht cxistirtenü) und
dem gesammten Deutschland offene Rechenschaft abgelegt haben von dem, was es
für Alle gewollt und angestrebt. Es würde dann diejenigen Regierungen, bei
welchen für die eine oder die andere der neuen Institutionen Anklang erwartet
werden durfte, direct angegangen haben, um eine Reihe von Specialvereinignngen
nach Art des Zollvereins zu Staude zu bringen." — Es ist hier absolut unbe¬
greiflich, worin das Schmerzhafte eines solchen Verfahrens hätte liegen sollen.
Derartige Verträge lassen sich natürlich nur zwischeu einzelnen Staaten schließen,
so lange die Souveränität derselben nicht principiell aufgehoben ist. Der Beitritt
Oestreichs zum Zollvereine stieß auf andere als blos politische Schwierigkeiten;
*) Vous necs orlvvre, Ur. 5osss!
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |