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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. I. Band.

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Blaue, über den grandiosen Kursaal, die herrlichen Parkanlagen und alle diese
kostbaren Einrichtungen. Wem es so leicht gemacht wird, Schätze zu gewinnen,
der kann allerdings Stadt und Land verschönern. Allerdings ist nicht zu leugnen,
die Herren Bevollmächtigten der anonymen Gesellschaft haben in Verschönerung
des kleinen Homburgs und <u Unterhaltung der Fremden Außerordentliches ge¬
leistet. Dieser Kursaal bietet Alles was das Herz uur begehren kann: eine vor¬
treffliche Restauration, zweimal des Tages table d'linke, mehrere Zimmer für Whist
und Piquet; ein Lesezimmer, wo alle möglichen Zeitungen und Journale zu haben
sind (ich zählte 17 französische, 9 englische, 15 deutsche und holländische, und 2 russische).
Auch hat die "Gesellschaft" das Jagdrecht über 30,000 Acker Land erworben und
macht sich ein Vergnügen daraus, sämmtliche Kurgäste daran Theilnehmen zu lassen.

Die Herren verstehen sehr gut zu speculiren und haben nichts vergessen, was
ihnen von Nutzen sein könnte. Auch sind sie wohl bedacht gewesen, ihrem Unter¬
nehmen einen gewissen Anstrich der Solidität und Uneigennützigkeit zu geben. Ans
ihrem Roulette befindet sich nur eine Null, was allerdings für den Banquier we¬
niger vortheilhaft ist, denn man bedarf zum wenigsten mehr Zeit zum Verlieren.
Bekanntlich ist der Cylinder am Roulett in 38 Felder getheilt, welche mit den
Nummern 1 -- 36, einer einfachen und einer doppelten Null bezeichnet sind.
Hiernach hat die Bank einen Vortheil von 5'°/z8 Procent. In Homburg
dagegen hat der Cylinder nur 37 Theile; der Vortheil der Bank ist mit¬
hin nnr 2-"/z7 Procent. Das Verhältniß ist wie 74 zu 38. -Wenn also
Jemand bei einer andern Bank zwei Jahre bedurft hätte, um mit seinem
Vermögen zu Ende zu kommen, so wird er in Homburg dies wünschenswerthe
Ziel erst in vier Jahren erreichen. Dagegen spielt man in Homburg vom 1. Ja¬
nuar bis zum 31. December, und gerade im Winter sollen oft die größten Sum¬
men gewonnen werden. Man sieht, die Herren Blanc wissen was sie thun.

Abscheu, Verachtung und Ekel vor diesem Treiben! Wie lauge wird man in
Deutschland noch solchen Unfug dulden? Als vor einiger Zeit das Hazardspiel
durch ein Reichsgesetz überall verboten wurde, da nannten sich auf mehreren Bä¬
dern die Banquiersund Croupiers eine geschlossene Gesellschaft und der Zutritt zu
ihren Spielsälen war nnr gegen einzulösende Karten gestattet. Man beachtete jenes
Verbot also nicht. Nirgend aber tritt das Laster des Spiels abscheulicher auf,
als hier, wo der Hermelinmantel einer kläglichen Souveränität sich schützend
v. L. darüber breitet, ein Laster fördernd und durch das Laster erhalten.




Kleine Korrespondenzen und Notizen.

Oestreich ist ruhig, nur in Kroatien und der Woywodina gibt es Zähneknirschen
und geballte Fäuste, und man wird unwillkürlich an die im November 1848 in einem


Blaue, über den grandiosen Kursaal, die herrlichen Parkanlagen und alle diese
kostbaren Einrichtungen. Wem es so leicht gemacht wird, Schätze zu gewinnen,
der kann allerdings Stadt und Land verschönern. Allerdings ist nicht zu leugnen,
die Herren Bevollmächtigten der anonymen Gesellschaft haben in Verschönerung
des kleinen Homburgs und <u Unterhaltung der Fremden Außerordentliches ge¬
leistet. Dieser Kursaal bietet Alles was das Herz uur begehren kann: eine vor¬
treffliche Restauration, zweimal des Tages table d'linke, mehrere Zimmer für Whist
und Piquet; ein Lesezimmer, wo alle möglichen Zeitungen und Journale zu haben
sind (ich zählte 17 französische, 9 englische, 15 deutsche und holländische, und 2 russische).
Auch hat die „Gesellschaft" das Jagdrecht über 30,000 Acker Land erworben und
macht sich ein Vergnügen daraus, sämmtliche Kurgäste daran Theilnehmen zu lassen.

Die Herren verstehen sehr gut zu speculiren und haben nichts vergessen, was
ihnen von Nutzen sein könnte. Auch sind sie wohl bedacht gewesen, ihrem Unter¬
nehmen einen gewissen Anstrich der Solidität und Uneigennützigkeit zu geben. Ans
ihrem Roulette befindet sich nur eine Null, was allerdings für den Banquier we¬
niger vortheilhaft ist, denn man bedarf zum wenigsten mehr Zeit zum Verlieren.
Bekanntlich ist der Cylinder am Roulett in 38 Felder getheilt, welche mit den
Nummern 1 — 36, einer einfachen und einer doppelten Null bezeichnet sind.
Hiernach hat die Bank einen Vortheil von 5'°/z8 Procent. In Homburg
dagegen hat der Cylinder nur 37 Theile; der Vortheil der Bank ist mit¬
hin nnr 2-«/z7 Procent. Das Verhältniß ist wie 74 zu 38. -Wenn also
Jemand bei einer andern Bank zwei Jahre bedurft hätte, um mit seinem
Vermögen zu Ende zu kommen, so wird er in Homburg dies wünschenswerthe
Ziel erst in vier Jahren erreichen. Dagegen spielt man in Homburg vom 1. Ja¬
nuar bis zum 31. December, und gerade im Winter sollen oft die größten Sum¬
men gewonnen werden. Man sieht, die Herren Blanc wissen was sie thun.

Abscheu, Verachtung und Ekel vor diesem Treiben! Wie lauge wird man in
Deutschland noch solchen Unfug dulden? Als vor einiger Zeit das Hazardspiel
durch ein Reichsgesetz überall verboten wurde, da nannten sich auf mehreren Bä¬
dern die Banquiersund Croupiers eine geschlossene Gesellschaft und der Zutritt zu
ihren Spielsälen war nnr gegen einzulösende Karten gestattet. Man beachtete jenes
Verbot also nicht. Nirgend aber tritt das Laster des Spiels abscheulicher auf,
als hier, wo der Hermelinmantel einer kläglichen Souveränität sich schützend
v. L. darüber breitet, ein Laster fördernd und durch das Laster erhalten.




Kleine Korrespondenzen und Notizen.

Oestreich ist ruhig, nur in Kroatien und der Woywodina gibt es Zähneknirschen
und geballte Fäuste, und man wird unwillkürlich an die im November 1848 in einem


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[0404] Blaue, über den grandiosen Kursaal, die herrlichen Parkanlagen und alle diese kostbaren Einrichtungen. Wem es so leicht gemacht wird, Schätze zu gewinnen, der kann allerdings Stadt und Land verschönern. Allerdings ist nicht zu leugnen, die Herren Bevollmächtigten der anonymen Gesellschaft haben in Verschönerung des kleinen Homburgs und <u Unterhaltung der Fremden Außerordentliches ge¬ leistet. Dieser Kursaal bietet Alles was das Herz uur begehren kann: eine vor¬ treffliche Restauration, zweimal des Tages table d'linke, mehrere Zimmer für Whist und Piquet; ein Lesezimmer, wo alle möglichen Zeitungen und Journale zu haben sind (ich zählte 17 französische, 9 englische, 15 deutsche und holländische, und 2 russische). Auch hat die „Gesellschaft" das Jagdrecht über 30,000 Acker Land erworben und macht sich ein Vergnügen daraus, sämmtliche Kurgäste daran Theilnehmen zu lassen. Die Herren verstehen sehr gut zu speculiren und haben nichts vergessen, was ihnen von Nutzen sein könnte. Auch sind sie wohl bedacht gewesen, ihrem Unter¬ nehmen einen gewissen Anstrich der Solidität und Uneigennützigkeit zu geben. Ans ihrem Roulette befindet sich nur eine Null, was allerdings für den Banquier we¬ niger vortheilhaft ist, denn man bedarf zum wenigsten mehr Zeit zum Verlieren. Bekanntlich ist der Cylinder am Roulett in 38 Felder getheilt, welche mit den Nummern 1 — 36, einer einfachen und einer doppelten Null bezeichnet sind. Hiernach hat die Bank einen Vortheil von 5'°/z8 Procent. In Homburg dagegen hat der Cylinder nur 37 Theile; der Vortheil der Bank ist mit¬ hin nnr 2-«/z7 Procent. Das Verhältniß ist wie 74 zu 38. -Wenn also Jemand bei einer andern Bank zwei Jahre bedurft hätte, um mit seinem Vermögen zu Ende zu kommen, so wird er in Homburg dies wünschenswerthe Ziel erst in vier Jahren erreichen. Dagegen spielt man in Homburg vom 1. Ja¬ nuar bis zum 31. December, und gerade im Winter sollen oft die größten Sum¬ men gewonnen werden. Man sieht, die Herren Blanc wissen was sie thun. Abscheu, Verachtung und Ekel vor diesem Treiben! Wie lauge wird man in Deutschland noch solchen Unfug dulden? Als vor einiger Zeit das Hazardspiel durch ein Reichsgesetz überall verboten wurde, da nannten sich auf mehreren Bä¬ dern die Banquiersund Croupiers eine geschlossene Gesellschaft und der Zutritt zu ihren Spielsälen war nnr gegen einzulösende Karten gestattet. Man beachtete jenes Verbot also nicht. Nirgend aber tritt das Laster des Spiels abscheulicher auf, als hier, wo der Hermelinmantel einer kläglichen Souveränität sich schützend v. L. darüber breitet, ein Laster fördernd und durch das Laster erhalten. Kleine Korrespondenzen und Notizen. Oestreich ist ruhig, nur in Kroatien und der Woywodina gibt es Zähneknirschen und geballte Fäuste, und man wird unwillkürlich an die im November 1848 in einem

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_92822/404>, abgerufen am 21.06.2024.