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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. I. Band.

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Dies ist das Thema, welches er in Marion de Lorme (geschrieben 1829,
aufgeführt August 1831) ausführlicher bearbeitet hat. Eine berühmte Courtisane,
die Freude von ganz Paris, lernt einen schwärmerischen jungen Mann kennen,
der nicht weiß, wer sie ist, und kommt zu ihm in ein wirkliches Liebesverhältniß.
Durch dasselbe purificirt, kann sie sich doch von ihrer Vergangenheit nicht befreien;
nicht allein muß sie die Verachtung ihres Geliebten tragen, sobald dieser ihren
Namen erfährt, sie wird auch in eine schreckliche Versuchung geführt. Ihr Ge¬
liebter ist nämlich bei einem Duell ertappt, und ein tyrannisches Gesetz des Car-
dinals Richelieu bestimmt für jedes Duell den Tod. Um ihn zu retten, wirft sie
sich den Machthabern zu Füßen; sie verlangen für seine Freisprechung den Preis,
welcher bei ihrer früheren Stellung in der Gesellschaft nicht wunderbar erscheinen
kann. Aber jetzt!


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Sie erliegt dennoch der Versuchung, aus zu großer Liebe, wie ihr Geliebter
entschuldigend bemerkt. Und umsonst, er wird doch nicht gerettet. So schließt die
Tragödie, wie I" lioi s'-unis", wieder in halbem Wahnsinn; der Cardinal läßt
sich in seiner Sänfte vorübertragen, um der Hinrichtung beizuwohnen, sie stürzt
mit fliegenden Haaren darauf zu, und ruft: Seht Alle hin! da geht der rothe
Mann vorüber. Ein Schluß ohne Pointe. -- Der genetische Theil der Geschichte,
der offenbar das größte Interesse haben müßte -- wie nämlich eine solche Liebe
in einem rein weltlichen Gemüth entspringt -- ist bei Seite gelassen. G. Sand
hat in ihrer Isidore diese Aufgabe mit großer Meisterschaft gelöst. Hier wird das
Verhältniß als gegeben, die Möglichkeit desselben als bewiesen vorausgesetzt; die
weitere Verwickelung der Leidenschaft wird durch die gezierte Phraseologie, durch
Einmischung überflüssigen historischen Kostüms, und dnrch den Alexandriner gestört.

Marie Tndor ( 1833) ist in Prosa geschrieben, das Ueberspringen vom
Pathos zur Burleske sieht also nicht so gezwungen aus. Im Uebrigen ist der
Inhalt dieses Stückes noch viel widerwärtiger, als in Marion de Lorme -- Eine
junge Waise, Jane, wird von einem redlichen Arbeiter, Gilbert, auferzogen; er
liebt sie oder betet sie vielmehr an, und bestimmt sie zu seiner Frau. Er redet
nicht anders zu ihr, als mit gefalteten Händen: Dn Name! Du, deren Stirn
meine Lippen kaum zu berühren wagen n. s. w. -- Sie ist nicht mehr rein. All¬
nächtlich öffnet sie einem jungen Herrn vom Hofe, Fabiani, ihr Fenster. Fabian:
besucht sie nicht aus Liebe, sondern aus Gewinnsucht; er weiß, daß Jane die
Tochter des Hingerichteten Grafen Talbot ist, dessen Güter die Königin ihm, dem


?our Pie la goutto ä'e-ni »orde av xnussiöre,
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it 8ufüt, o'est ainsi <me tout reoionlv no Mir,
O'un 1^70» de «ol^it 011 ü'un ravon ü'smour.

Dies ist das Thema, welches er in Marion de Lorme (geschrieben 1829,
aufgeführt August 1831) ausführlicher bearbeitet hat. Eine berühmte Courtisane,
die Freude von ganz Paris, lernt einen schwärmerischen jungen Mann kennen,
der nicht weiß, wer sie ist, und kommt zu ihm in ein wirkliches Liebesverhältniß.
Durch dasselbe purificirt, kann sie sich doch von ihrer Vergangenheit nicht befreien;
nicht allein muß sie die Verachtung ihres Geliebten tragen, sobald dieser ihren
Namen erfährt, sie wird auch in eine schreckliche Versuchung geführt. Ihr Ge¬
liebter ist nämlich bei einem Duell ertappt, und ein tyrannisches Gesetz des Car-
dinals Richelieu bestimmt für jedes Duell den Tod. Um ihn zu retten, wirft sie
sich den Machthabern zu Füßen; sie verlangen für seine Freisprechung den Preis,
welcher bei ihrer früheren Stellung in der Gesellschaft nicht wunderbar erscheinen
kann. Aber jetzt!


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Sie erliegt dennoch der Versuchung, aus zu großer Liebe, wie ihr Geliebter
entschuldigend bemerkt. Und umsonst, er wird doch nicht gerettet. So schließt die
Tragödie, wie I« lioi s'-unis«, wieder in halbem Wahnsinn; der Cardinal läßt
sich in seiner Sänfte vorübertragen, um der Hinrichtung beizuwohnen, sie stürzt
mit fliegenden Haaren darauf zu, und ruft: Seht Alle hin! da geht der rothe
Mann vorüber. Ein Schluß ohne Pointe. — Der genetische Theil der Geschichte,
der offenbar das größte Interesse haben müßte — wie nämlich eine solche Liebe
in einem rein weltlichen Gemüth entspringt — ist bei Seite gelassen. G. Sand
hat in ihrer Isidore diese Aufgabe mit großer Meisterschaft gelöst. Hier wird das
Verhältniß als gegeben, die Möglichkeit desselben als bewiesen vorausgesetzt; die
weitere Verwickelung der Leidenschaft wird durch die gezierte Phraseologie, durch
Einmischung überflüssigen historischen Kostüms, und dnrch den Alexandriner gestört.

Marie Tndor ( 1833) ist in Prosa geschrieben, das Ueberspringen vom
Pathos zur Burleske sieht also nicht so gezwungen aus. Im Uebrigen ist der
Inhalt dieses Stückes noch viel widerwärtiger, als in Marion de Lorme — Eine
junge Waise, Jane, wird von einem redlichen Arbeiter, Gilbert, auferzogen; er
liebt sie oder betet sie vielmehr an, und bestimmt sie zu seiner Frau. Er redet
nicht anders zu ihr, als mit gefalteten Händen: Dn Name! Du, deren Stirn
meine Lippen kaum zu berühren wagen n. s. w. — Sie ist nicht mehr rein. All¬
nächtlich öffnet sie einem jungen Herrn vom Hofe, Fabiani, ihr Fenster. Fabian:
besucht sie nicht aus Liebe, sondern aus Gewinnsucht; er weiß, daß Jane die
Tochter des Hingerichteten Grafen Talbot ist, dessen Güter die Königin ihm, dem


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_92822/296>, abgerufen am 27.06.2024.