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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. I. Band.

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del, der damals getrieben wurde, weil die auf offener Straße verhungernden
Slovaken ihre Kinder verkauften. Wer sich der Mildthätigkeit erinnert, die da¬
mals in ganz Oberungarn ihre Hände öffnete, und daß Hunderte Familien die
verlassenen Kinder zu sich nahmen und den Eltern noch eine Wegzehrung gaben,
wird die Anklage des Scribenten zu würdigen wissen, der das ganze Land und
die Millionen Einwohner beschimpft, um die östreichische Negierung zu beloben,
weil sie zur Linderung der Noth -- 200,000 Gulden spendete; eine Summe,
welche nicht hinreichte, die arme Bevölkerung des einzigen Arvaer Comitats mit
Kleienbrot zu versorgen.

Seite 42 wird, nachdem die tiefe Demoralisation, die Alles ergreifende Sit¬
tenverwilderung der magyarischen Nation behauptet wurde, zuerst Kossuth's Name
genannt; die Begrüßung dieses Mannes lautet wörtlich:

"Dieser Volköbetrüger barg nur zu fest in seinem gleißnerischen Busen die
sehr wohl berechnete Ueberzeugung, daß zur Erreichung seiner teuflischen, mit der
Hölle vertragsmäßig abgeschlossenen Pläne (!!) ihm nur ein bereits gänzlich demo-
ralisirtes Volk zum blinden Werkzeuge dienen könne."

Das ist neu; wenn nur Herr von Adlerstein so gefällig sein wollte, den Höl-
lenvertrag Kossutl/s zu publiciren; hiermit wäre das Räthsel gelöst, wie die un¬
garische Revolution erst durch die rechtgläubigen Russen bewältigt werden konnte.

Seite 57: "Kossuth, diese Riesenschlange der niedrigsten Lüge und fein berech¬
neten Intrigue, dieser Heuchler, welcher öffentlich mit der heißesten Pietät für
König, Recht und Gesetz prahlte, in seinem tiefsten Innern aber schon damals
(1847) nach der künftigen Präsidentschaft der ungarischen Republik mit lüsternen
Blicken hiuüberschielte, gewann dadurch, daß er sein Glaubensbekenntnis) vorerst
durch eine seiner willfährigen Kreaturen verlautbaren ließ, den Vortheil, mit Muße
den Eindruck beobachten zu können, den eine Rebellion predigende Katechismus¬
lehre bei allen Klassen der Gesellschaft nothwendiger Weise hervorbringen mußte."

Diese Anspielung trifft Stancflcs' Sprachlehre und in Leipzig in ungarischer
Sprache erschienenes Volksbuch, wofür der Verfasser eingekerkert wurde, denn er
hatte -- unerhört! -- für die Aufhebung der Robot und des Zehends geschrie¬
ben. Herr von Adlerstein fügt entrüstet hinzu: "Dieser Kossuth'sche Söldling be¬
wies eine viel größere Niederträchtigkeit noch dadurch, daß er diesen offenen Auf¬
ruf zum Hochverrath (?) und zur Empörung - (hört!) Sr. k. k. Hoheit dem Hrn.
Erzherzog Palatin als ein Memorandum widmete und so sich nicht einmal scheute,
die grauen Haare des anerkannt verdienstvollsten Beschützers Ungarns mit der un¬
verhohlener Beleidigung des schamlosesten Spottes und Hohnes frecher Weise an¬
zutasten." (S. 00.) "Stancsics mußte sein niedriges Verbrechen in den Kase¬
matten der Ofener Josephsbastion büßen."

Mit den Wovten : "Wir sehen, daß der zwei Jahre später in Debreczin aus-


, GrenzboKn. i- 1850. !Z4

del, der damals getrieben wurde, weil die auf offener Straße verhungernden
Slovaken ihre Kinder verkauften. Wer sich der Mildthätigkeit erinnert, die da¬
mals in ganz Oberungarn ihre Hände öffnete, und daß Hunderte Familien die
verlassenen Kinder zu sich nahmen und den Eltern noch eine Wegzehrung gaben,
wird die Anklage des Scribenten zu würdigen wissen, der das ganze Land und
die Millionen Einwohner beschimpft, um die östreichische Negierung zu beloben,
weil sie zur Linderung der Noth — 200,000 Gulden spendete; eine Summe,
welche nicht hinreichte, die arme Bevölkerung des einzigen Arvaer Comitats mit
Kleienbrot zu versorgen.

Seite 42 wird, nachdem die tiefe Demoralisation, die Alles ergreifende Sit¬
tenverwilderung der magyarischen Nation behauptet wurde, zuerst Kossuth's Name
genannt; die Begrüßung dieses Mannes lautet wörtlich:

„Dieser Volköbetrüger barg nur zu fest in seinem gleißnerischen Busen die
sehr wohl berechnete Ueberzeugung, daß zur Erreichung seiner teuflischen, mit der
Hölle vertragsmäßig abgeschlossenen Pläne (!!) ihm nur ein bereits gänzlich demo-
ralisirtes Volk zum blinden Werkzeuge dienen könne."

Das ist neu; wenn nur Herr von Adlerstein so gefällig sein wollte, den Höl-
lenvertrag Kossutl/s zu publiciren; hiermit wäre das Räthsel gelöst, wie die un¬
garische Revolution erst durch die rechtgläubigen Russen bewältigt werden konnte.

Seite 57: „Kossuth, diese Riesenschlange der niedrigsten Lüge und fein berech¬
neten Intrigue, dieser Heuchler, welcher öffentlich mit der heißesten Pietät für
König, Recht und Gesetz prahlte, in seinem tiefsten Innern aber schon damals
(1847) nach der künftigen Präsidentschaft der ungarischen Republik mit lüsternen
Blicken hiuüberschielte, gewann dadurch, daß er sein Glaubensbekenntnis) vorerst
durch eine seiner willfährigen Kreaturen verlautbaren ließ, den Vortheil, mit Muße
den Eindruck beobachten zu können, den eine Rebellion predigende Katechismus¬
lehre bei allen Klassen der Gesellschaft nothwendiger Weise hervorbringen mußte."

Diese Anspielung trifft Stancflcs' Sprachlehre und in Leipzig in ungarischer
Sprache erschienenes Volksbuch, wofür der Verfasser eingekerkert wurde, denn er
hatte — unerhört! — für die Aufhebung der Robot und des Zehends geschrie¬
ben. Herr von Adlerstein fügt entrüstet hinzu: „Dieser Kossuth'sche Söldling be¬
wies eine viel größere Niederträchtigkeit noch dadurch, daß er diesen offenen Auf¬
ruf zum Hochverrath (?) und zur Empörung - (hört!) Sr. k. k. Hoheit dem Hrn.
Erzherzog Palatin als ein Memorandum widmete und so sich nicht einmal scheute,
die grauen Haare des anerkannt verdienstvollsten Beschützers Ungarns mit der un¬
verhohlener Beleidigung des schamlosesten Spottes und Hohnes frecher Weise an¬
zutasten." (S. 00.) „Stancsics mußte sein niedriges Verbrechen in den Kase¬
matten der Ofener Josephsbastion büßen."

Mit den Wovten : „Wir sehen, daß der zwei Jahre später in Debreczin aus-


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[0273] del, der damals getrieben wurde, weil die auf offener Straße verhungernden Slovaken ihre Kinder verkauften. Wer sich der Mildthätigkeit erinnert, die da¬ mals in ganz Oberungarn ihre Hände öffnete, und daß Hunderte Familien die verlassenen Kinder zu sich nahmen und den Eltern noch eine Wegzehrung gaben, wird die Anklage des Scribenten zu würdigen wissen, der das ganze Land und die Millionen Einwohner beschimpft, um die östreichische Negierung zu beloben, weil sie zur Linderung der Noth — 200,000 Gulden spendete; eine Summe, welche nicht hinreichte, die arme Bevölkerung des einzigen Arvaer Comitats mit Kleienbrot zu versorgen. Seite 42 wird, nachdem die tiefe Demoralisation, die Alles ergreifende Sit¬ tenverwilderung der magyarischen Nation behauptet wurde, zuerst Kossuth's Name genannt; die Begrüßung dieses Mannes lautet wörtlich: „Dieser Volköbetrüger barg nur zu fest in seinem gleißnerischen Busen die sehr wohl berechnete Ueberzeugung, daß zur Erreichung seiner teuflischen, mit der Hölle vertragsmäßig abgeschlossenen Pläne (!!) ihm nur ein bereits gänzlich demo- ralisirtes Volk zum blinden Werkzeuge dienen könne." Das ist neu; wenn nur Herr von Adlerstein so gefällig sein wollte, den Höl- lenvertrag Kossutl/s zu publiciren; hiermit wäre das Räthsel gelöst, wie die un¬ garische Revolution erst durch die rechtgläubigen Russen bewältigt werden konnte. Seite 57: „Kossuth, diese Riesenschlange der niedrigsten Lüge und fein berech¬ neten Intrigue, dieser Heuchler, welcher öffentlich mit der heißesten Pietät für König, Recht und Gesetz prahlte, in seinem tiefsten Innern aber schon damals (1847) nach der künftigen Präsidentschaft der ungarischen Republik mit lüsternen Blicken hiuüberschielte, gewann dadurch, daß er sein Glaubensbekenntnis) vorerst durch eine seiner willfährigen Kreaturen verlautbaren ließ, den Vortheil, mit Muße den Eindruck beobachten zu können, den eine Rebellion predigende Katechismus¬ lehre bei allen Klassen der Gesellschaft nothwendiger Weise hervorbringen mußte." Diese Anspielung trifft Stancflcs' Sprachlehre und in Leipzig in ungarischer Sprache erschienenes Volksbuch, wofür der Verfasser eingekerkert wurde, denn er hatte — unerhört! — für die Aufhebung der Robot und des Zehends geschrie¬ ben. Herr von Adlerstein fügt entrüstet hinzu: „Dieser Kossuth'sche Söldling be¬ wies eine viel größere Niederträchtigkeit noch dadurch, daß er diesen offenen Auf¬ ruf zum Hochverrath (?) und zur Empörung - (hört!) Sr. k. k. Hoheit dem Hrn. Erzherzog Palatin als ein Memorandum widmete und so sich nicht einmal scheute, die grauen Haare des anerkannt verdienstvollsten Beschützers Ungarns mit der un¬ verhohlener Beleidigung des schamlosesten Spottes und Hohnes frecher Weise an¬ zutasten." (S. 00.) „Stancsics mußte sein niedriges Verbrechen in den Kase¬ matten der Ofener Josephsbastion büßen." Mit den Wovten : „Wir sehen, daß der zwei Jahre später in Debreczin aus- , GrenzboKn. i- 1850. !Z4

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_92822/273>, abgerufen am 24.07.2024.