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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. II. Band.

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dem Antlitz der böhmischen Aga's konnte man leicht einen Zug stolzer Be¬
wunderung lesen, deun der Bosnier, wenn anch mit Leib und Seele Mahome-
daner, ist doch gewissermaßen stolz auf die Tapferkeit seiner christlicher Stamm¬
genossen, auch wenn sie ihm und seinem Glauben geradezu als blutige Feinde
gegenüberstehen.--"Glawac! Serawicza! die Söhne des Mladen!" Diese Na-
men gingen wie eine Lösung durch's ganze Lager und neugierig drängte sich
Alles zur Straße, um die zu sehen, von denen Jeder so viel gehört und um
deren Verwünschung willen der Muezzin oder Hodza so oft sein Gebet ver¬
längert hatte.

-- "Die zwei Jungen sind die Söhne des wolfsäugigen Milan, dem der
Teufel die Seele verunreinigen wolle. Seht doch, seht!"

-- "Und der dort ist Glawac, der dem Skopejer Pascha allein zehn Pan-
dnren erschlug, die ihn fangen wollten, als er verkleidet von Sarejevo zog. Der
Teufel wolle ihm die Seele verunreinigen. Seht den Glawac! seht!" --

-- "Und das ist der Serawicza, der dem Vezier von Trawnik entwischt ist.
Der Teufel wolle ihm die Seele verunreinigen."

-- "Das war ein Höllengeist, der ihm bei der Flucht geholfen, ein schwarzer
Hund von Höllengeist, vor dem sich unsere Christen neigen, wenn sie ihre Popen,
die Allah verdammen wird, in die Berge führen, zu beten.

-- "Hört, Bursche!" -- warf ein Bosnier hin -- "ich war dabei; es war
ein Wunder!"

-- "El so erzähle!" verlangten die Umstehenden.

-- "Ihr wißt doch, wie der Hund, der Serawicza, gehaust hat auf den
Straßen. Des Vezier's Kaduuen wollten schier verzweifeln im Harem zu Trawnik,
weil der Serawicze keine Seidenstoffe, keine Salben und riechenden Oele über
den Balkon hinüberließ. Kein Bewaffneter durfte sich von seinem Haufen ent¬
fernen, wenn er uicht Haidukenkugcln kosten wollte." --

-- "Der Hund! möge er selbst an einer Kugel ersticken!"

-- "Wißt Ihr aber, was ihm einmal bald geschehen wäre?" -- fuhr der
Erzählende fort. -- "Es ist wahr, so ein Christenhund ist auch manchmal klug,
aber was gilt seine Klugheit gegen die Klugheit eiues Rechtgläubigen. Die Klug¬
heit eines Rechtgläubigen ist größer, als die eines Ungläubigen, und erhabener,
als das Kameel, dessen Rücken das Sitzfleisch des großen Propheten geheiligt
hat, größer ist und erhabener, als das unreine Erdwieselcheu. Aber der Bart
des Veziers von Trawnik duftet vor überschwenglicher, rechtgläubiger Klugheit.
Allah möge den Vezier und dessen Klugheit segnen! Also wisset, die übermensch¬
liche Klugheit unsers Veziers vou Trawnik ließ sich von den Kaduuen bestim-
men, endlich eine Karavane mit Macht zu führen über das Gebirge Balkan und
sich zu rächen an den Haiduken. Die Karavane ging gen Ckopej. Viele und
kostbare Waare und ha! ha! ha! nur die gewöhnliche Bedeckung! Ha! ha! ha!


dem Antlitz der böhmischen Aga's konnte man leicht einen Zug stolzer Be¬
wunderung lesen, deun der Bosnier, wenn anch mit Leib und Seele Mahome-
daner, ist doch gewissermaßen stolz auf die Tapferkeit seiner christlicher Stamm¬
genossen, auch wenn sie ihm und seinem Glauben geradezu als blutige Feinde
gegenüberstehen.—„Glawac! Serawicza! die Söhne des Mladen!" Diese Na-
men gingen wie eine Lösung durch's ganze Lager und neugierig drängte sich
Alles zur Straße, um die zu sehen, von denen Jeder so viel gehört und um
deren Verwünschung willen der Muezzin oder Hodza so oft sein Gebet ver¬
längert hatte.

— „Die zwei Jungen sind die Söhne des wolfsäugigen Milan, dem der
Teufel die Seele verunreinigen wolle. Seht doch, seht!"

— „Und der dort ist Glawac, der dem Skopejer Pascha allein zehn Pan-
dnren erschlug, die ihn fangen wollten, als er verkleidet von Sarejevo zog. Der
Teufel wolle ihm die Seele verunreinigen. Seht den Glawac! seht!" —

— „Und das ist der Serawicza, der dem Vezier von Trawnik entwischt ist.
Der Teufel wolle ihm die Seele verunreinigen."

— „Das war ein Höllengeist, der ihm bei der Flucht geholfen, ein schwarzer
Hund von Höllengeist, vor dem sich unsere Christen neigen, wenn sie ihre Popen,
die Allah verdammen wird, in die Berge führen, zu beten.

— „Hört, Bursche!" — warf ein Bosnier hin — „ich war dabei; es war
ein Wunder!"

— „El so erzähle!" verlangten die Umstehenden.

— „Ihr wißt doch, wie der Hund, der Serawicza, gehaust hat auf den
Straßen. Des Vezier's Kaduuen wollten schier verzweifeln im Harem zu Trawnik,
weil der Serawicze keine Seidenstoffe, keine Salben und riechenden Oele über
den Balkon hinüberließ. Kein Bewaffneter durfte sich von seinem Haufen ent¬
fernen, wenn er uicht Haidukenkugcln kosten wollte." —

— „Der Hund! möge er selbst an einer Kugel ersticken!"

— „Wißt Ihr aber, was ihm einmal bald geschehen wäre?" — fuhr der
Erzählende fort. — „Es ist wahr, so ein Christenhund ist auch manchmal klug,
aber was gilt seine Klugheit gegen die Klugheit eiues Rechtgläubigen. Die Klug¬
heit eines Rechtgläubigen ist größer, als die eines Ungläubigen, und erhabener,
als das Kameel, dessen Rücken das Sitzfleisch des großen Propheten geheiligt
hat, größer ist und erhabener, als das unreine Erdwieselcheu. Aber der Bart
des Veziers von Trawnik duftet vor überschwenglicher, rechtgläubiger Klugheit.
Allah möge den Vezier und dessen Klugheit segnen! Also wisset, die übermensch¬
liche Klugheit unsers Veziers vou Trawnik ließ sich von den Kaduuen bestim-
men, endlich eine Karavane mit Macht zu führen über das Gebirge Balkan und
sich zu rächen an den Haiduken. Die Karavane ging gen Ckopej. Viele und
kostbare Waare und ha! ha! ha! nur die gewöhnliche Bedeckung! Ha! ha! ha!


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[0189] dem Antlitz der böhmischen Aga's konnte man leicht einen Zug stolzer Be¬ wunderung lesen, deun der Bosnier, wenn anch mit Leib und Seele Mahome- daner, ist doch gewissermaßen stolz auf die Tapferkeit seiner christlicher Stamm¬ genossen, auch wenn sie ihm und seinem Glauben geradezu als blutige Feinde gegenüberstehen.—„Glawac! Serawicza! die Söhne des Mladen!" Diese Na- men gingen wie eine Lösung durch's ganze Lager und neugierig drängte sich Alles zur Straße, um die zu sehen, von denen Jeder so viel gehört und um deren Verwünschung willen der Muezzin oder Hodza so oft sein Gebet ver¬ längert hatte. — „Die zwei Jungen sind die Söhne des wolfsäugigen Milan, dem der Teufel die Seele verunreinigen wolle. Seht doch, seht!" — „Und der dort ist Glawac, der dem Skopejer Pascha allein zehn Pan- dnren erschlug, die ihn fangen wollten, als er verkleidet von Sarejevo zog. Der Teufel wolle ihm die Seele verunreinigen. Seht den Glawac! seht!" — — „Und das ist der Serawicza, der dem Vezier von Trawnik entwischt ist. Der Teufel wolle ihm die Seele verunreinigen." — „Das war ein Höllengeist, der ihm bei der Flucht geholfen, ein schwarzer Hund von Höllengeist, vor dem sich unsere Christen neigen, wenn sie ihre Popen, die Allah verdammen wird, in die Berge führen, zu beten. — „Hört, Bursche!" — warf ein Bosnier hin — „ich war dabei; es war ein Wunder!" — „El so erzähle!" verlangten die Umstehenden. — „Ihr wißt doch, wie der Hund, der Serawicza, gehaust hat auf den Straßen. Des Vezier's Kaduuen wollten schier verzweifeln im Harem zu Trawnik, weil der Serawicze keine Seidenstoffe, keine Salben und riechenden Oele über den Balkon hinüberließ. Kein Bewaffneter durfte sich von seinem Haufen ent¬ fernen, wenn er uicht Haidukenkugcln kosten wollte." — — „Der Hund! möge er selbst an einer Kugel ersticken!" — „Wißt Ihr aber, was ihm einmal bald geschehen wäre?" — fuhr der Erzählende fort. — „Es ist wahr, so ein Christenhund ist auch manchmal klug, aber was gilt seine Klugheit gegen die Klugheit eiues Rechtgläubigen. Die Klug¬ heit eines Rechtgläubigen ist größer, als die eines Ungläubigen, und erhabener, als das Kameel, dessen Rücken das Sitzfleisch des großen Propheten geheiligt hat, größer ist und erhabener, als das unreine Erdwieselcheu. Aber der Bart des Veziers von Trawnik duftet vor überschwenglicher, rechtgläubiger Klugheit. Allah möge den Vezier und dessen Klugheit segnen! Also wisset, die übermensch¬ liche Klugheit unsers Veziers vou Trawnik ließ sich von den Kaduuen bestim- men, endlich eine Karavane mit Macht zu führen über das Gebirge Balkan und sich zu rächen an den Haiduken. Die Karavane ging gen Ckopej. Viele und kostbare Waare und ha! ha! ha! nur die gewöhnliche Bedeckung! Ha! ha! ha!

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_92288/189>, abgerufen am 22.07.2024.