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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. II. Band.

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Aber auf den Seiten jedes Saumthiers hingen zwei Körbe, nud in jedem Korb
steckte ein bewaffneter Pandur. Das war eine seine Waare! ha! ha! ha!"

-- "Gott ist groß und Mahomed sein Prophet! Es geht doch nichts in
der Welt über die Klugheit eines Rechtgläubigen!" jubelten die horchend Herum¬
stehenden.

-- "Ja fürwahr!" -- ergänzte der Erzähler -- "Gott ist groß, und weise
der Vezier von Trawnik, unser Herr. Serawicza überfiel die Karavane mit zehn
Haidukeu; es waren ihrer nur zehn, aber riesenhafte Kerle. Wie erschraken die
plötzlich, als die Strohdeckel vou deu Körben sielen und aus hundert Körben
hundert gerüstete Paudnreu hervorsprangen. Da sahen die Christenhunde ein
daß wir ihrer Klugheit auf deu Bart gespuckt. Aber was wahr ist, ist wahr,
bei Glauben und Gesetz, als der Serawicza sah, daß er in einer Wolfsgrube sei,
schrie er seinen Gesellen zu, sie sollen davou laufen und sich retten, und diese
liefen davon und retteten sich. Seravicza aber ging uus mit den Seinigen ent¬
gegen und ergab sich endlich, nachdem fünf Panduren von seiner Hand gefallen
waren."

-- "Und Ihr erschlüge ihn nicht, den Hund?!"

-- "Nein, wir fesselten ihn, führten ihn nach Trawnik, damit Jedermann
sehen könne, der Serawicza sei wirklich gefangen, damit Jedermann kommen könne,
zu sehen, wie Serawicza an die Ketten des Galgens gehängt wird. Aber
wie ich Euch schon sagte, wenn der Serawicza auch uur ein Christenhnud ist, ist
er doch tapfer. Als wir ihn zum Galgen führten, und Tausende rechtgläubigen
Volkes jauchzend zusahen, wirft der Serawicza, wie er beim Vezier vorbeigeführt
wird, seine Begleiter rasch zu Boden, springt ans das Pferd des Veziers und stößt
den strengen Vezier vom Pferd herab, gerade wie unser eins den Djaur, der uus
beim Begegnen nicht absteigend im Stande grüßt. Und ehe wir uns noch vom
Staunen erholen und den Vezier, dem ein Bein verrenkt war, aufheben konnten,
war der Serawicza auf dem Zelter des ehrenwerthen Veziers, dessen goldbeschlagene'
Sattelpistolen in der Hand, durch unsere Reihen gebrochen, und ehe wir ihn ver¬
folgen konnten, unsern Augen entschwunden. Nun, was sagt Ihr dazu?

-- "Schade! Jammerschade, daß der Serawicza nur ein Djaur
ist!" war die einstimmige Antwort der Hörer, und stiller, ja beinahe mit Ehr¬
furcht sahen sie die Haidukeu zurück aus Nowy Pazar durch das Lager reiten,
die befreiten Kameraden heimbringend, welche am andern Tage Emire, des
Pascha's Tochter, an die äußersten Posten des Lagers von Pazar ablieferten.




Aber auf den Seiten jedes Saumthiers hingen zwei Körbe, nud in jedem Korb
steckte ein bewaffneter Pandur. Das war eine seine Waare! ha! ha! ha!"

— „Gott ist groß und Mahomed sein Prophet! Es geht doch nichts in
der Welt über die Klugheit eines Rechtgläubigen!" jubelten die horchend Herum¬
stehenden.

— „Ja fürwahr!" — ergänzte der Erzähler — „Gott ist groß, und weise
der Vezier von Trawnik, unser Herr. Serawicza überfiel die Karavane mit zehn
Haidukeu; es waren ihrer nur zehn, aber riesenhafte Kerle. Wie erschraken die
plötzlich, als die Strohdeckel vou deu Körben sielen und aus hundert Körben
hundert gerüstete Paudnreu hervorsprangen. Da sahen die Christenhunde ein
daß wir ihrer Klugheit auf deu Bart gespuckt. Aber was wahr ist, ist wahr,
bei Glauben und Gesetz, als der Serawicza sah, daß er in einer Wolfsgrube sei,
schrie er seinen Gesellen zu, sie sollen davou laufen und sich retten, und diese
liefen davon und retteten sich. Seravicza aber ging uus mit den Seinigen ent¬
gegen und ergab sich endlich, nachdem fünf Panduren von seiner Hand gefallen
waren."

— „Und Ihr erschlüge ihn nicht, den Hund?!"

— „Nein, wir fesselten ihn, führten ihn nach Trawnik, damit Jedermann
sehen könne, der Serawicza sei wirklich gefangen, damit Jedermann kommen könne,
zu sehen, wie Serawicza an die Ketten des Galgens gehängt wird. Aber
wie ich Euch schon sagte, wenn der Serawicza auch uur ein Christenhnud ist, ist
er doch tapfer. Als wir ihn zum Galgen führten, und Tausende rechtgläubigen
Volkes jauchzend zusahen, wirft der Serawicza, wie er beim Vezier vorbeigeführt
wird, seine Begleiter rasch zu Boden, springt ans das Pferd des Veziers und stößt
den strengen Vezier vom Pferd herab, gerade wie unser eins den Djaur, der uus
beim Begegnen nicht absteigend im Stande grüßt. Und ehe wir uns noch vom
Staunen erholen und den Vezier, dem ein Bein verrenkt war, aufheben konnten,
war der Serawicza auf dem Zelter des ehrenwerthen Veziers, dessen goldbeschlagene'
Sattelpistolen in der Hand, durch unsere Reihen gebrochen, und ehe wir ihn ver¬
folgen konnten, unsern Augen entschwunden. Nun, was sagt Ihr dazu?

— „Schade! Jammerschade, daß der Serawicza nur ein Djaur
ist!" war die einstimmige Antwort der Hörer, und stiller, ja beinahe mit Ehr¬
furcht sahen sie die Haidukeu zurück aus Nowy Pazar durch das Lager reiten,
die befreiten Kameraden heimbringend, welche am andern Tage Emire, des
Pascha's Tochter, an die äußersten Posten des Lagers von Pazar ablieferten.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_92288/190>, abgerufen am 22.07.2024.