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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. I. Band.

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aus, daß ich ihm zuletzt beim Rapport mit allen Stabsoffizieren der Legion das Be¬
leidigende seines Verfahrens öffentlich vorhalten mußte. In Szegedin vereinten wir uns
mit Guyons Corps. Kossuth berief uns den 29. Juli 184!) in Szegedin zum Kricgstathc;
wir waren 10 Generale; Pcrczcl ergriff zuerst das Wort und begann mit Kossuth einen sehr
lebhaften Streit, aber der Gouverneur trat mit einer solchen Energie auf daß dem Pcr¬
czcl nichts übrig blieb, als seine Entlassung zu fordern. Hierauf las Kossuth ein
Schreiben Görgcys aus Debreezyu, in welchem er ausdrücklich erklärte, daß seine Ar¬
mee so demoralisirt sei, daß sie gegen Uebermacht nicht kämpfen könne, und er demnach
meine, man könne mit' den Russen eine Convention schließen, auf eine für Oestreich
sehr verletzende Weise. Hieraus wurde über den Oberbefehl deliberirt, McSzaros lehnte
ihn entschieden ab. Man flüsterte, Dcmbinski würde ihn annehmen, und wie ich später
erfuhr nur deshalb, um für Polen desto kräftiger wirken zu können; aber es wurde
nichts entschieden. Denselben Abend erhielt ich folgendes Billet. Der Landes-Gou-
verneur an Herrn General Viszoezki hier. Szeged. d. 20. Juli 1849. Ich ersuche
Sie hiermit, Herr General, im Vertrauen, sich unumwunden darüber sogleich äußern zuwvllen,
ob Sic der Wahl des Feldmarschall-Lieutenants Dembiuski zum Ober-Commandanten,
Ihrer innern Ueberzeugung nach, bepflichten würden. Der Landes-Gouverneur L. Kossuth.

Diese Anfrage setzte mich in große Unruhe; ich hatte damals weder Herz noch
Zutrauen zu Dcmbinski; seine militärische Tüchtigkeit hatte ich nie zu beurtheilen Ge¬
legenheit gehabt; die Heftigkeit seines Charakters, durch welche er so oft schon verletzt
hatte, fürchtete ich der ganzen Sache wegen. Zu meiner Beruhigung ging ich zum
Obristen ZamoySti, den ich zwar nicht kannte, der aber mit Dcmbinski genau bekannt
war, und sagte offen meine Meinung und mein Anliegen. Hierauf ging ich zu Kossuth
und erklärte ihm meine günstige Entscheidung für Dcmbinski, bemerkte jedoch, daß es
gerathen sei, so lange mit der Ernennung zu zögern, bis daS Gvrgey'sche Corps an¬
gelangt wäre, um diesem kein Motiv zu geben, sich den Russen zu ergeben. So wurde Dcm¬
binski Obcrseldhcrr, McSzaros General-Quartiermeister. Ich sollte an Pcrczel's Stelle
das Corpscommando übernehmen, schlug es jedoch aus, und bat den General Dcm¬
binski, da ich unwohl war, um Urlaub auf einige Tage. Anstatt der Antwort hierauf,
erhielt ich den Befehl, den 1. August auf's linke Theisufer überzugehen. Es ereignete
sich am zweiten Tage hierauf, daß ich einen Unteroffizier, wegen Insubordination zum Er¬
schießen verurtheilte; deshalb ging ich mit dem Obristen Poniuski zu DeMbinski zur
Meldung. Anstatt einer trocknen militärischen Antwort, sagte er mir, er hätte zwar
noch kein Todesurtheil unterschrieben, er stimme jedoch meiner Meinung bei; hierauf
unterhielt er sich mit mir über die Bewegungen der Feinde und gab mir zum Abschiede
freundlich die Hand. Dies Verfahren entwaffnete mein Mißtrauen, und ich beschloß,
ihm treu zu helfen. Zum Unglück erkrankte ich bedeutend. Die Oestreicher schlugen
eine Brücke über die Theis, obgleich die polnische Legion sich tüchtig hielt und viel
Leute verlor, unter diesen den Lieutenant Januszkicwicz. Dieses war die letzte Schlacht,
der ich beiwohnte. Den S. Angust griffen uns die Oestreicher mit ganzer Macht an,
trotz der Tapferkeit Dembinski's, dem ein Pferd erschossen und der von einer Granate an der
Schulter verwundet wurde, retirirten wir ununterbrochen, die Polen deckten am häufig¬
sten die Nachhut.

Die Obristen ZamoySki und Bystrzonowski begleiteten den General Dcmbinski als
Freiwillige und setzten sich ununterbrochen dem feindlichen Feuer aus. Deu 9. August
kam es endlich zur Schlacht bei TemeSwar. General Bem war angekommen, nach dem
aufgesprengten Gerücht mit 40,000 Mann und ungeheurer Artillerie, in der That aber
allein, um den Oberbefehl zu übernehmen. Seine Ankunft hatte aber wirklich eine
muthige Aufregung im ganzen Heere veranlaßt und deshalb wohl entschied sich Bem, ohne
seine, noch des Feindes Kräfte zu keimen, sofort eine Schlacht zu liefern gegen die Ab¬
sicht Dembinski's, der ihm den Oberbefehl übergab, und auf die Bitte Bem's, das


aus, daß ich ihm zuletzt beim Rapport mit allen Stabsoffizieren der Legion das Be¬
leidigende seines Verfahrens öffentlich vorhalten mußte. In Szegedin vereinten wir uns
mit Guyons Corps. Kossuth berief uns den 29. Juli 184!) in Szegedin zum Kricgstathc;
wir waren 10 Generale; Pcrczcl ergriff zuerst das Wort und begann mit Kossuth einen sehr
lebhaften Streit, aber der Gouverneur trat mit einer solchen Energie auf daß dem Pcr¬
czcl nichts übrig blieb, als seine Entlassung zu fordern. Hierauf las Kossuth ein
Schreiben Görgcys aus Debreezyu, in welchem er ausdrücklich erklärte, daß seine Ar¬
mee so demoralisirt sei, daß sie gegen Uebermacht nicht kämpfen könne, und er demnach
meine, man könne mit' den Russen eine Convention schließen, auf eine für Oestreich
sehr verletzende Weise. Hieraus wurde über den Oberbefehl deliberirt, McSzaros lehnte
ihn entschieden ab. Man flüsterte, Dcmbinski würde ihn annehmen, und wie ich später
erfuhr nur deshalb, um für Polen desto kräftiger wirken zu können; aber es wurde
nichts entschieden. Denselben Abend erhielt ich folgendes Billet. Der Landes-Gou-
verneur an Herrn General Viszoezki hier. Szeged. d. 20. Juli 1849. Ich ersuche
Sie hiermit, Herr General, im Vertrauen, sich unumwunden darüber sogleich äußern zuwvllen,
ob Sic der Wahl des Feldmarschall-Lieutenants Dembiuski zum Ober-Commandanten,
Ihrer innern Ueberzeugung nach, bepflichten würden. Der Landes-Gouverneur L. Kossuth.

Diese Anfrage setzte mich in große Unruhe; ich hatte damals weder Herz noch
Zutrauen zu Dcmbinski; seine militärische Tüchtigkeit hatte ich nie zu beurtheilen Ge¬
legenheit gehabt; die Heftigkeit seines Charakters, durch welche er so oft schon verletzt
hatte, fürchtete ich der ganzen Sache wegen. Zu meiner Beruhigung ging ich zum
Obristen ZamoySti, den ich zwar nicht kannte, der aber mit Dcmbinski genau bekannt
war, und sagte offen meine Meinung und mein Anliegen. Hierauf ging ich zu Kossuth
und erklärte ihm meine günstige Entscheidung für Dcmbinski, bemerkte jedoch, daß es
gerathen sei, so lange mit der Ernennung zu zögern, bis daS Gvrgey'sche Corps an¬
gelangt wäre, um diesem kein Motiv zu geben, sich den Russen zu ergeben. So wurde Dcm¬
binski Obcrseldhcrr, McSzaros General-Quartiermeister. Ich sollte an Pcrczel's Stelle
das Corpscommando übernehmen, schlug es jedoch aus, und bat den General Dcm¬
binski, da ich unwohl war, um Urlaub auf einige Tage. Anstatt der Antwort hierauf,
erhielt ich den Befehl, den 1. August auf's linke Theisufer überzugehen. Es ereignete
sich am zweiten Tage hierauf, daß ich einen Unteroffizier, wegen Insubordination zum Er¬
schießen verurtheilte; deshalb ging ich mit dem Obristen Poniuski zu DeMbinski zur
Meldung. Anstatt einer trocknen militärischen Antwort, sagte er mir, er hätte zwar
noch kein Todesurtheil unterschrieben, er stimme jedoch meiner Meinung bei; hierauf
unterhielt er sich mit mir über die Bewegungen der Feinde und gab mir zum Abschiede
freundlich die Hand. Dies Verfahren entwaffnete mein Mißtrauen, und ich beschloß,
ihm treu zu helfen. Zum Unglück erkrankte ich bedeutend. Die Oestreicher schlugen
eine Brücke über die Theis, obgleich die polnische Legion sich tüchtig hielt und viel
Leute verlor, unter diesen den Lieutenant Januszkicwicz. Dieses war die letzte Schlacht,
der ich beiwohnte. Den S. Angust griffen uns die Oestreicher mit ganzer Macht an,
trotz der Tapferkeit Dembinski's, dem ein Pferd erschossen und der von einer Granate an der
Schulter verwundet wurde, retirirten wir ununterbrochen, die Polen deckten am häufig¬
sten die Nachhut.

Die Obristen ZamoySki und Bystrzonowski begleiteten den General Dcmbinski als
Freiwillige und setzten sich ununterbrochen dem feindlichen Feuer aus. Deu 9. August
kam es endlich zur Schlacht bei TemeSwar. General Bem war angekommen, nach dem
aufgesprengten Gerücht mit 40,000 Mann und ungeheurer Artillerie, in der That aber
allein, um den Oberbefehl zu übernehmen. Seine Ankunft hatte aber wirklich eine
muthige Aufregung im ganzen Heere veranlaßt und deshalb wohl entschied sich Bem, ohne
seine, noch des Feindes Kräfte zu keimen, sofort eine Schlacht zu liefern gegen die Ab¬
sicht Dembinski's, der ihm den Oberbefehl übergab, und auf die Bitte Bem's, das


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[0045] aus, daß ich ihm zuletzt beim Rapport mit allen Stabsoffizieren der Legion das Be¬ leidigende seines Verfahrens öffentlich vorhalten mußte. In Szegedin vereinten wir uns mit Guyons Corps. Kossuth berief uns den 29. Juli 184!) in Szegedin zum Kricgstathc; wir waren 10 Generale; Pcrczcl ergriff zuerst das Wort und begann mit Kossuth einen sehr lebhaften Streit, aber der Gouverneur trat mit einer solchen Energie auf daß dem Pcr¬ czcl nichts übrig blieb, als seine Entlassung zu fordern. Hierauf las Kossuth ein Schreiben Görgcys aus Debreezyu, in welchem er ausdrücklich erklärte, daß seine Ar¬ mee so demoralisirt sei, daß sie gegen Uebermacht nicht kämpfen könne, und er demnach meine, man könne mit' den Russen eine Convention schließen, auf eine für Oestreich sehr verletzende Weise. Hieraus wurde über den Oberbefehl deliberirt, McSzaros lehnte ihn entschieden ab. Man flüsterte, Dcmbinski würde ihn annehmen, und wie ich später erfuhr nur deshalb, um für Polen desto kräftiger wirken zu können; aber es wurde nichts entschieden. Denselben Abend erhielt ich folgendes Billet. Der Landes-Gou- verneur an Herrn General Viszoezki hier. Szeged. d. 20. Juli 1849. Ich ersuche Sie hiermit, Herr General, im Vertrauen, sich unumwunden darüber sogleich äußern zuwvllen, ob Sic der Wahl des Feldmarschall-Lieutenants Dembiuski zum Ober-Commandanten, Ihrer innern Ueberzeugung nach, bepflichten würden. Der Landes-Gouverneur L. Kossuth. Diese Anfrage setzte mich in große Unruhe; ich hatte damals weder Herz noch Zutrauen zu Dcmbinski; seine militärische Tüchtigkeit hatte ich nie zu beurtheilen Ge¬ legenheit gehabt; die Heftigkeit seines Charakters, durch welche er so oft schon verletzt hatte, fürchtete ich der ganzen Sache wegen. Zu meiner Beruhigung ging ich zum Obristen ZamoySti, den ich zwar nicht kannte, der aber mit Dcmbinski genau bekannt war, und sagte offen meine Meinung und mein Anliegen. Hierauf ging ich zu Kossuth und erklärte ihm meine günstige Entscheidung für Dcmbinski, bemerkte jedoch, daß es gerathen sei, so lange mit der Ernennung zu zögern, bis daS Gvrgey'sche Corps an¬ gelangt wäre, um diesem kein Motiv zu geben, sich den Russen zu ergeben. So wurde Dcm¬ binski Obcrseldhcrr, McSzaros General-Quartiermeister. Ich sollte an Pcrczel's Stelle das Corpscommando übernehmen, schlug es jedoch aus, und bat den General Dcm¬ binski, da ich unwohl war, um Urlaub auf einige Tage. Anstatt der Antwort hierauf, erhielt ich den Befehl, den 1. August auf's linke Theisufer überzugehen. Es ereignete sich am zweiten Tage hierauf, daß ich einen Unteroffizier, wegen Insubordination zum Er¬ schießen verurtheilte; deshalb ging ich mit dem Obristen Poniuski zu DeMbinski zur Meldung. Anstatt einer trocknen militärischen Antwort, sagte er mir, er hätte zwar noch kein Todesurtheil unterschrieben, er stimme jedoch meiner Meinung bei; hierauf unterhielt er sich mit mir über die Bewegungen der Feinde und gab mir zum Abschiede freundlich die Hand. Dies Verfahren entwaffnete mein Mißtrauen, und ich beschloß, ihm treu zu helfen. Zum Unglück erkrankte ich bedeutend. Die Oestreicher schlugen eine Brücke über die Theis, obgleich die polnische Legion sich tüchtig hielt und viel Leute verlor, unter diesen den Lieutenant Januszkicwicz. Dieses war die letzte Schlacht, der ich beiwohnte. Den S. Angust griffen uns die Oestreicher mit ganzer Macht an, trotz der Tapferkeit Dembinski's, dem ein Pferd erschossen und der von einer Granate an der Schulter verwundet wurde, retirirten wir ununterbrochen, die Polen deckten am häufig¬ sten die Nachhut. Die Obristen ZamoySki und Bystrzonowski begleiteten den General Dcmbinski als Freiwillige und setzten sich ununterbrochen dem feindlichen Feuer aus. Deu 9. August kam es endlich zur Schlacht bei TemeSwar. General Bem war angekommen, nach dem aufgesprengten Gerücht mit 40,000 Mann und ungeheurer Artillerie, in der That aber allein, um den Oberbefehl zu übernehmen. Seine Ankunft hatte aber wirklich eine muthige Aufregung im ganzen Heere veranlaßt und deshalb wohl entschied sich Bem, ohne seine, noch des Feindes Kräfte zu keimen, sofort eine Schlacht zu liefern gegen die Ab¬ sicht Dembinski's, der ihm den Oberbefehl übergab, und auf die Bitte Bem's, das

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_85583/45>, abgerufen am 01.09.2024.