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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. I. Band.

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Meszaros commandire, so war ich doch zufrieden, daß wieder Übereinstimmung
in den Operativnöplan kommen werde. Den 6. kam ich nach Czegled und er¬
hielt dort den Befehl von Perczel, den 9. in Felegy Haza einzutreffen, wo General
Vetter mir fernere Befehle ertheilen werde. Da der Feind nicht drängte, ging ich
nach Pesth, um den Generat Dembinski zu sprechen, der mir mündlich den letzten
Befehl wiederholte, um dem Jellachich eine Schlappe beizubringen, der jetzt am
gefährlichsten erscheine. "

Während meines Aufenthalts in Pesch lernte ich den Obersten Bystrzanowöki
kennen, der mit sehr günstigen Instructionen der französischen Regierung und durch
Vermittelung des Fürsten Czartoryiöki mit den Agenten Serbiens, Kroatiens und
Böhmens eine Einigung mit Ungarn bewirken sollte, behufs namentlich eines
Bundes gegen Oestreich, deu gemeinschaftlichen Feind. Die Mission kam zu spät und
mißglückte, Bystrzauowöki wagte beinahe das Leben, das Kniczanin ihm rettete. Den¬
selben Abend erfuhr ich, daß Dcmbinöki meinen Brief an den Gouverneur Kossuth, in
welchem ich ihm schrieb, daß ich uur seinen Befehlen gehorchen werde, gelesen
habe, dieses auf sich bezöge und sehr hesiig gegen mich sich ausgesprochen hätte.
Ich bat einen Bekannten, das Mißverständnis) dem Dembinski schon in Folge des
Datums aufzuklären -- aber Dembinski faßte gegen mich von diesem Augenblick
an einen unversöhnlichen Haß. Den 8. Juli bekam ich von Perczel den Befehl,
mit meinem Corps nach Ketökemet zu marschiren, selbst aber mit Dvseöffy sogleich
nach Czegled zu einem Kriegsrath zu kommen. Nachdem Kossuth uns vorgetragen
hatte, daß die Russen über die Theiß gegangen und Perczel zu schwach sei, so
müsse sich das 9. Corps unter dessen Kommando vereinigen. Als ich bemerkte, daß es
vielleicht geeigneter wäre, dem General Dembinski dieses Kommando zu übertragen,
mindestens seinen Rath einzuholen, führ Perczel mit großer Heftigkeit gegen mich
auf, und machte mir über mein Mißtrauen heftige Vorwürfe, die Kossuth bald
unterbrach, und versprach, mit Dembiuski gleich selber die Sache abmachen zu
wollen.

Des Abends erhielt ich nach meiner Rückkehr noch folgende Depesche:

Der Landesgouverneur an Herrn General Visoczky in N. Körös.

Mit der Oberleitung des heute Morgens kriegsräthlich beschlossenen Opera-
tions-Plans -- die Übersetzung der Theiß durch die unter Ihrem und dem
Commando des Generals Perczel stehenden Truppen betreffend -- habe ich den
im Range altern General Perczel betraut. Ich ersuche Sie, Herr General, zum
Gelingen dieses Operations-Plans auch Ihrerseits alles aufbieten zu wollen, denn
es hängt hiervon die Zukunft des Landes ab.

, Czegled den 8. Juli 1849. Der Landes-Gouverneur Kossuth.

Jeden Nuparteischen frage ich, ob ich diesem Befehl uicht gehorchen sollte? --
ich marschirre demnach mit dem 9. Corps, welches unmittelbar Dösevffy befehligte,
nach Torkel und von dort auf Befehl Kossuth's nach Solnvk.


Meszaros commandire, so war ich doch zufrieden, daß wieder Übereinstimmung
in den Operativnöplan kommen werde. Den 6. kam ich nach Czegled und er¬
hielt dort den Befehl von Perczel, den 9. in Felegy Haza einzutreffen, wo General
Vetter mir fernere Befehle ertheilen werde. Da der Feind nicht drängte, ging ich
nach Pesth, um den Generat Dembinski zu sprechen, der mir mündlich den letzten
Befehl wiederholte, um dem Jellachich eine Schlappe beizubringen, der jetzt am
gefährlichsten erscheine. »

Während meines Aufenthalts in Pesch lernte ich den Obersten Bystrzanowöki
kennen, der mit sehr günstigen Instructionen der französischen Regierung und durch
Vermittelung des Fürsten Czartoryiöki mit den Agenten Serbiens, Kroatiens und
Böhmens eine Einigung mit Ungarn bewirken sollte, behufs namentlich eines
Bundes gegen Oestreich, deu gemeinschaftlichen Feind. Die Mission kam zu spät und
mißglückte, Bystrzauowöki wagte beinahe das Leben, das Kniczanin ihm rettete. Den¬
selben Abend erfuhr ich, daß Dcmbinöki meinen Brief an den Gouverneur Kossuth, in
welchem ich ihm schrieb, daß ich uur seinen Befehlen gehorchen werde, gelesen
habe, dieses auf sich bezöge und sehr hesiig gegen mich sich ausgesprochen hätte.
Ich bat einen Bekannten, das Mißverständnis) dem Dembinski schon in Folge des
Datums aufzuklären — aber Dembinski faßte gegen mich von diesem Augenblick
an einen unversöhnlichen Haß. Den 8. Juli bekam ich von Perczel den Befehl,
mit meinem Corps nach Ketökemet zu marschiren, selbst aber mit Dvseöffy sogleich
nach Czegled zu einem Kriegsrath zu kommen. Nachdem Kossuth uns vorgetragen
hatte, daß die Russen über die Theiß gegangen und Perczel zu schwach sei, so
müsse sich das 9. Corps unter dessen Kommando vereinigen. Als ich bemerkte, daß es
vielleicht geeigneter wäre, dem General Dembinski dieses Kommando zu übertragen,
mindestens seinen Rath einzuholen, führ Perczel mit großer Heftigkeit gegen mich
auf, und machte mir über mein Mißtrauen heftige Vorwürfe, die Kossuth bald
unterbrach, und versprach, mit Dembiuski gleich selber die Sache abmachen zu
wollen.

Des Abends erhielt ich nach meiner Rückkehr noch folgende Depesche:

Der Landesgouverneur an Herrn General Visoczky in N. Körös.

Mit der Oberleitung des heute Morgens kriegsräthlich beschlossenen Opera-
tions-Plans — die Übersetzung der Theiß durch die unter Ihrem und dem
Commando des Generals Perczel stehenden Truppen betreffend — habe ich den
im Range altern General Perczel betraut. Ich ersuche Sie, Herr General, zum
Gelingen dieses Operations-Plans auch Ihrerseits alles aufbieten zu wollen, denn
es hängt hiervon die Zukunft des Landes ab.

, Czegled den 8. Juli 1849. Der Landes-Gouverneur Kossuth.

Jeden Nuparteischen frage ich, ob ich diesem Befehl uicht gehorchen sollte? —
ich marschirre demnach mit dem 9. Corps, welches unmittelbar Dösevffy befehligte,
nach Torkel und von dort auf Befehl Kossuth's nach Solnvk.


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[0042] Meszaros commandire, so war ich doch zufrieden, daß wieder Übereinstimmung in den Operativnöplan kommen werde. Den 6. kam ich nach Czegled und er¬ hielt dort den Befehl von Perczel, den 9. in Felegy Haza einzutreffen, wo General Vetter mir fernere Befehle ertheilen werde. Da der Feind nicht drängte, ging ich nach Pesth, um den Generat Dembinski zu sprechen, der mir mündlich den letzten Befehl wiederholte, um dem Jellachich eine Schlappe beizubringen, der jetzt am gefährlichsten erscheine. » Während meines Aufenthalts in Pesch lernte ich den Obersten Bystrzanowöki kennen, der mit sehr günstigen Instructionen der französischen Regierung und durch Vermittelung des Fürsten Czartoryiöki mit den Agenten Serbiens, Kroatiens und Böhmens eine Einigung mit Ungarn bewirken sollte, behufs namentlich eines Bundes gegen Oestreich, deu gemeinschaftlichen Feind. Die Mission kam zu spät und mißglückte, Bystrzauowöki wagte beinahe das Leben, das Kniczanin ihm rettete. Den¬ selben Abend erfuhr ich, daß Dcmbinöki meinen Brief an den Gouverneur Kossuth, in welchem ich ihm schrieb, daß ich uur seinen Befehlen gehorchen werde, gelesen habe, dieses auf sich bezöge und sehr hesiig gegen mich sich ausgesprochen hätte. Ich bat einen Bekannten, das Mißverständnis) dem Dembinski schon in Folge des Datums aufzuklären — aber Dembinski faßte gegen mich von diesem Augenblick an einen unversöhnlichen Haß. Den 8. Juli bekam ich von Perczel den Befehl, mit meinem Corps nach Ketökemet zu marschiren, selbst aber mit Dvseöffy sogleich nach Czegled zu einem Kriegsrath zu kommen. Nachdem Kossuth uns vorgetragen hatte, daß die Russen über die Theiß gegangen und Perczel zu schwach sei, so müsse sich das 9. Corps unter dessen Kommando vereinigen. Als ich bemerkte, daß es vielleicht geeigneter wäre, dem General Dembinski dieses Kommando zu übertragen, mindestens seinen Rath einzuholen, führ Perczel mit großer Heftigkeit gegen mich auf, und machte mir über mein Mißtrauen heftige Vorwürfe, die Kossuth bald unterbrach, und versprach, mit Dembiuski gleich selber die Sache abmachen zu wollen. Des Abends erhielt ich nach meiner Rückkehr noch folgende Depesche: Der Landesgouverneur an Herrn General Visoczky in N. Körös. Mit der Oberleitung des heute Morgens kriegsräthlich beschlossenen Opera- tions-Plans — die Übersetzung der Theiß durch die unter Ihrem und dem Commando des Generals Perczel stehenden Truppen betreffend — habe ich den im Range altern General Perczel betraut. Ich ersuche Sie, Herr General, zum Gelingen dieses Operations-Plans auch Ihrerseits alles aufbieten zu wollen, denn es hängt hiervon die Zukunft des Landes ab. , Czegled den 8. Juli 1849. Der Landes-Gouverneur Kossuth. Jeden Nuparteischen frage ich, ob ich diesem Befehl uicht gehorchen sollte? — ich marschirre demnach mit dem 9. Corps, welches unmittelbar Dösevffy befehligte, nach Torkel und von dort auf Befehl Kossuth's nach Solnvk.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_85583/42>, abgerufen am 01.09.2024.