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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. I. Band.

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Pfarrer erscheinen in gemüthlichen Sinnen und Träumen innerhalb der Landschaft,
welche dieselben umgibt.ihre Thätigkeit segnend, ihr Leben verschönernd, sie zur
praktischen Weisheit führend. -- Ein Widmnngögedicht schenkt das Buch dem
Freunde des Dichters, dem armen Lenau. Er kann sich nicht mehr daran erfreuen.
'

Zunächst eine kurze Stelle als Probe der Behandlung,aus der Schilderung
einer Bauernstube:

Vom Ecksims zwischen zweien Wänden


Blickt die Madonna traurigmild,
'
Die schwarze Maria heißt solch Bild
Laßt seinen Goldgrund euch uicht blenden!
i
Er malt den Brand ägyptscher Souue,
Der Kind und Mutter sengte braun
Auf wilder Flucht nach fremden Gau'n;
Das ist des Bauers ächte Madonna!
Das Kind an der Brust, du braune Maid,
'
Du kennst, wie er, der Sonne Glühn,
'
Der Nächte Kummer, des Tages Mühu,
In schlechtem braunen Lodeuklcid,
Und deine Hände braun und raub,
Sie kennen, wie er, die Arbeit genau
Für deine Lieben, für dein Kind! --
Du aber, Himmelskönigin,
Geschirmt vom damastnen Baldachin,
Mit Wangen, die Milch und Rosen sind,
Mit dem lächelnden, wangenrothcn Kind,
Mit Haaren, gedreht aus Sonnengold,
Mit Fingern, aus Elfenbein gerollt,
In Stoffen, die den Kaufherrn loben,
Die Tyr gefärbt, Damast gewoben,
'
Des Reichthums Tochter bleib in Palästen,
'
Hüt ihren Hort vor schlimmen Gästen,
'
Schirm ihre Kinder vor dem Gleiten!
Gewohnt, auf Marmorgctäfel zu schreiten,
Hast du die Scholle nicht betreten;
Der Bauer kann zu dir uicht beten.
Sein eignes Sein nur hat verklärt
Der Mensch im Göttlichen, das er ehrt. t.
Nur wenn dir einst am Herzen liegt,
Anstatt des Klubs, das Sicbenschwcrt,
Des Schmerzes Göttlichkeit bekehrt
Daun Alle dir, die Alle besiegt! --

Die Methode seines Schaffens ist aus allen Gedichten leicht zu erkennen,
z. B. dem ersten Veilchen. Der Säuger Nithart geht durch die Auen, wo seine
Lieder durchs Land schwärmen, wie Lerchen, wie Honigbienen, die auch ihren
Stachel haben; das ganze Volk singt seine Lieder, denn die Gabe des Gesanges
tragt Feldblumen in die Hütte, hängt Nachtigällenbaner in der Fürstenhalle aus.
Es war im März, überall noch Ahnung künftiger Herrlichkeit, wie in den Kindern
vor Weihnacht; die Natur war noch wie eine Jungfrau im Uebergang vom Kinde


4*

Pfarrer erscheinen in gemüthlichen Sinnen und Träumen innerhalb der Landschaft,
welche dieselben umgibt.ihre Thätigkeit segnend, ihr Leben verschönernd, sie zur
praktischen Weisheit führend. — Ein Widmnngögedicht schenkt das Buch dem
Freunde des Dichters, dem armen Lenau. Er kann sich nicht mehr daran erfreuen.
'

Zunächst eine kurze Stelle als Probe der Behandlung,aus der Schilderung
einer Bauernstube:

Vom Ecksims zwischen zweien Wänden


Blickt die Madonna traurigmild,
'
Die schwarze Maria heißt solch Bild
Laßt seinen Goldgrund euch uicht blenden!
i
Er malt den Brand ägyptscher Souue,
Der Kind und Mutter sengte braun
Auf wilder Flucht nach fremden Gau'n;
Das ist des Bauers ächte Madonna!
Das Kind an der Brust, du braune Maid,
'
Du kennst, wie er, der Sonne Glühn,
'
Der Nächte Kummer, des Tages Mühu,
In schlechtem braunen Lodeuklcid,
Und deine Hände braun und raub,
Sie kennen, wie er, die Arbeit genau
Für deine Lieben, für dein Kind! —
Du aber, Himmelskönigin,
Geschirmt vom damastnen Baldachin,
Mit Wangen, die Milch und Rosen sind,
Mit dem lächelnden, wangenrothcn Kind,
Mit Haaren, gedreht aus Sonnengold,
Mit Fingern, aus Elfenbein gerollt,
In Stoffen, die den Kaufherrn loben,
Die Tyr gefärbt, Damast gewoben,
'
Des Reichthums Tochter bleib in Palästen,
'
Hüt ihren Hort vor schlimmen Gästen,
'
Schirm ihre Kinder vor dem Gleiten!
Gewohnt, auf Marmorgctäfel zu schreiten,
Hast du die Scholle nicht betreten;
Der Bauer kann zu dir uicht beten.
Sein eignes Sein nur hat verklärt
Der Mensch im Göttlichen, das er ehrt. t.
Nur wenn dir einst am Herzen liegt,
Anstatt des Klubs, das Sicbenschwcrt,
Des Schmerzes Göttlichkeit bekehrt
Daun Alle dir, die Alle besiegt! —

Die Methode seines Schaffens ist aus allen Gedichten leicht zu erkennen,
z. B. dem ersten Veilchen. Der Säuger Nithart geht durch die Auen, wo seine
Lieder durchs Land schwärmen, wie Lerchen, wie Honigbienen, die auch ihren
Stachel haben; das ganze Volk singt seine Lieder, denn die Gabe des Gesanges
tragt Feldblumen in die Hütte, hängt Nachtigällenbaner in der Fürstenhalle aus.
Es war im März, überall noch Ahnung künftiger Herrlichkeit, wie in den Kindern
vor Weihnacht; die Natur war noch wie eine Jungfrau im Uebergang vom Kinde


4*
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[0035] Pfarrer erscheinen in gemüthlichen Sinnen und Träumen innerhalb der Landschaft, welche dieselben umgibt.ihre Thätigkeit segnend, ihr Leben verschönernd, sie zur praktischen Weisheit führend. — Ein Widmnngögedicht schenkt das Buch dem Freunde des Dichters, dem armen Lenau. Er kann sich nicht mehr daran erfreuen. ' Zunächst eine kurze Stelle als Probe der Behandlung,aus der Schilderung einer Bauernstube: Vom Ecksims zwischen zweien Wänden Blickt die Madonna traurigmild, ' Die schwarze Maria heißt solch Bild Laßt seinen Goldgrund euch uicht blenden! i Er malt den Brand ägyptscher Souue, Der Kind und Mutter sengte braun Auf wilder Flucht nach fremden Gau'n; Das ist des Bauers ächte Madonna! Das Kind an der Brust, du braune Maid, ' Du kennst, wie er, der Sonne Glühn, ' Der Nächte Kummer, des Tages Mühu, In schlechtem braunen Lodeuklcid, Und deine Hände braun und raub, Sie kennen, wie er, die Arbeit genau Für deine Lieben, für dein Kind! — Du aber, Himmelskönigin, Geschirmt vom damastnen Baldachin, Mit Wangen, die Milch und Rosen sind, Mit dem lächelnden, wangenrothcn Kind, Mit Haaren, gedreht aus Sonnengold, Mit Fingern, aus Elfenbein gerollt, In Stoffen, die den Kaufherrn loben, Die Tyr gefärbt, Damast gewoben, ' Des Reichthums Tochter bleib in Palästen, ' Hüt ihren Hort vor schlimmen Gästen, ' Schirm ihre Kinder vor dem Gleiten! Gewohnt, auf Marmorgctäfel zu schreiten, Hast du die Scholle nicht betreten; Der Bauer kann zu dir uicht beten. Sein eignes Sein nur hat verklärt Der Mensch im Göttlichen, das er ehrt. t. Nur wenn dir einst am Herzen liegt, Anstatt des Klubs, das Sicbenschwcrt, Des Schmerzes Göttlichkeit bekehrt Daun Alle dir, die Alle besiegt! — Die Methode seines Schaffens ist aus allen Gedichten leicht zu erkennen, z. B. dem ersten Veilchen. Der Säuger Nithart geht durch die Auen, wo seine Lieder durchs Land schwärmen, wie Lerchen, wie Honigbienen, die auch ihren Stachel haben; das ganze Volk singt seine Lieder, denn die Gabe des Gesanges tragt Feldblumen in die Hütte, hängt Nachtigällenbaner in der Fürstenhalle aus. Es war im März, überall noch Ahnung künftiger Herrlichkeit, wie in den Kindern vor Weihnacht; die Natur war noch wie eine Jungfrau im Uebergang vom Kinde 4*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_85583/35>, abgerufen am 27.07.2024.