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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. I. Band.

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auch jedes ungestempelte Blatt über ganz England postmäßig befördert -- aber
wie gesagt nie durch die Königliche Post bezogen, welche blos nach dem Ge¬
setze gewisse Gewichte Papier versendet, ohne sich weder um deren Inhalt zu
bekümmern, uoch den newsmon und Buchhändlern in's Handwerk zu pfuschen.
Theurer sind die dergestalt bezogenen Journale nicht, denn die Provisionen, welche
die Zeitungserpeditionen jenen bewilligen, sind beträchtlich, bei der Ilmes 20 pCt.
und dergleichen.

Es sind daher die demokratischen Blätter durch die Entziehung des Postdebits
in Preußen bloß auf jenen Fuß gesetzt -- auf dem sich die englischen von jeher
alle befunden haben, und es handelt sich darum, indem man gegen jene specielle
Beeinträchtigung ankämpft, der gesammten Journalistik noch neue Vortheile zu
erringen. Wir schalten hier ein, daß alle unpolitischen wöchentlichen Blätter
Londons, die auf Sonnabend und Sonntag vordatirt find, schon am Donners-
tag Morgens erscheinen -- eben um Zeit zu gewinnen, den arbeitenden Volks-
classen am Sonnabend oder Sonntag ihre Mußestunden aufheitern zu Helfen.
Wir sagen dies, um unsere demokratische Presse -- oder eigentlich alle Volks-
Journalistik einzuladen, ihren Inhalt demnach zu Potenziren, daß er doch nicht
gar so bald gehaltleer ausrauche, denn mit bloßen Novitäten läßt sich kein Volk
gesund und seist auffüttern.

Wir schließen mit dem Vorschlage einer Adaptation des Debits englischer
Zeitungen an unsere deutschen Verhältnisse. Man klagt über Mangel an Erwerb --
dieser aber besteht größtentheils in Circulation des Geldes, dessen Menge in
einem Lande wohl ziemlich immer dieselbe bleibt. Irgend kleine Gewerbsleute,
Tabakkrämcr, Schneider ze., vorzüglich aber Papierhändler in den kleinen Städten
Deutschlands sollten doch also bekannt machen, daß sie diese und diese Zeitungen
und Journale verschleißen, Bestellungen auf sie annehmen. Damit wäre die
Sache wohl schon ziemlich eingeleitet, denn ob die von den verschiedenen Expe¬
ditionen demnach abgesandten Blätter in einem Packete dnrch die sogenannte
fahrende Post, oder unter Kreuzcouvert gesendet würden, würde dermal nnr selten
der schnellern Beförderung im Wege stehen^ da doch Alles meistens auf der Eisen-
bahn befördert wird. Etwas theurer dürften unter Kreuzband beförderte Blätter
etwa kommen, obgleich die bisher der Post bewilligte Provision nur deu Ver-
schleißern zu Gute kommen würde. Dieses relie Privat-Debit-System brächte
aber auch Rene Vortheile mit sich:

1) Da ein dergleichen Privatverschleiß eben nnr in seiner Vielfältigkeit Ge¬
winn bringen könnte, so würde es sich wohl finden, daß dadurch Blätter in Auf¬
nahme käme", die, obgleich gut gehalten, doch bisher uicht dem ordentlichen
Postdebit anheimgefallen sind -- etwa wegen ihrer wohlfeilen Preise :c.

2) Da ein dergleichen Verschleiß nicht ohne eine Art von Waarenlager (stock
in truäö) stattfinden könnte, so würden zuweilen einzelne Nummern von Jour-


auch jedes ungestempelte Blatt über ganz England postmäßig befördert — aber
wie gesagt nie durch die Königliche Post bezogen, welche blos nach dem Ge¬
setze gewisse Gewichte Papier versendet, ohne sich weder um deren Inhalt zu
bekümmern, uoch den newsmon und Buchhändlern in's Handwerk zu pfuschen.
Theurer sind die dergestalt bezogenen Journale nicht, denn die Provisionen, welche
die Zeitungserpeditionen jenen bewilligen, sind beträchtlich, bei der Ilmes 20 pCt.
und dergleichen.

Es sind daher die demokratischen Blätter durch die Entziehung des Postdebits
in Preußen bloß auf jenen Fuß gesetzt — auf dem sich die englischen von jeher
alle befunden haben, und es handelt sich darum, indem man gegen jene specielle
Beeinträchtigung ankämpft, der gesammten Journalistik noch neue Vortheile zu
erringen. Wir schalten hier ein, daß alle unpolitischen wöchentlichen Blätter
Londons, die auf Sonnabend und Sonntag vordatirt find, schon am Donners-
tag Morgens erscheinen — eben um Zeit zu gewinnen, den arbeitenden Volks-
classen am Sonnabend oder Sonntag ihre Mußestunden aufheitern zu Helfen.
Wir sagen dies, um unsere demokratische Presse — oder eigentlich alle Volks-
Journalistik einzuladen, ihren Inhalt demnach zu Potenziren, daß er doch nicht
gar so bald gehaltleer ausrauche, denn mit bloßen Novitäten läßt sich kein Volk
gesund und seist auffüttern.

Wir schließen mit dem Vorschlage einer Adaptation des Debits englischer
Zeitungen an unsere deutschen Verhältnisse. Man klagt über Mangel an Erwerb —
dieser aber besteht größtentheils in Circulation des Geldes, dessen Menge in
einem Lande wohl ziemlich immer dieselbe bleibt. Irgend kleine Gewerbsleute,
Tabakkrämcr, Schneider ze., vorzüglich aber Papierhändler in den kleinen Städten
Deutschlands sollten doch also bekannt machen, daß sie diese und diese Zeitungen
und Journale verschleißen, Bestellungen auf sie annehmen. Damit wäre die
Sache wohl schon ziemlich eingeleitet, denn ob die von den verschiedenen Expe¬
ditionen demnach abgesandten Blätter in einem Packete dnrch die sogenannte
fahrende Post, oder unter Kreuzcouvert gesendet würden, würde dermal nnr selten
der schnellern Beförderung im Wege stehen^ da doch Alles meistens auf der Eisen-
bahn befördert wird. Etwas theurer dürften unter Kreuzband beförderte Blätter
etwa kommen, obgleich die bisher der Post bewilligte Provision nur deu Ver-
schleißern zu Gute kommen würde. Dieses relie Privat-Debit-System brächte
aber auch Rene Vortheile mit sich:

1) Da ein dergleichen Privatverschleiß eben nnr in seiner Vielfältigkeit Ge¬
winn bringen könnte, so würde es sich wohl finden, daß dadurch Blätter in Auf¬
nahme käme», die, obgleich gut gehalten, doch bisher uicht dem ordentlichen
Postdebit anheimgefallen sind — etwa wegen ihrer wohlfeilen Preise :c.

2) Da ein dergleichen Verschleiß nicht ohne eine Art von Waarenlager (stock
in truäö) stattfinden könnte, so würden zuweilen einzelne Nummern von Jour-


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[0269] auch jedes ungestempelte Blatt über ganz England postmäßig befördert — aber wie gesagt nie durch die Königliche Post bezogen, welche blos nach dem Ge¬ setze gewisse Gewichte Papier versendet, ohne sich weder um deren Inhalt zu bekümmern, uoch den newsmon und Buchhändlern in's Handwerk zu pfuschen. Theurer sind die dergestalt bezogenen Journale nicht, denn die Provisionen, welche die Zeitungserpeditionen jenen bewilligen, sind beträchtlich, bei der Ilmes 20 pCt. und dergleichen. Es sind daher die demokratischen Blätter durch die Entziehung des Postdebits in Preußen bloß auf jenen Fuß gesetzt — auf dem sich die englischen von jeher alle befunden haben, und es handelt sich darum, indem man gegen jene specielle Beeinträchtigung ankämpft, der gesammten Journalistik noch neue Vortheile zu erringen. Wir schalten hier ein, daß alle unpolitischen wöchentlichen Blätter Londons, die auf Sonnabend und Sonntag vordatirt find, schon am Donners- tag Morgens erscheinen — eben um Zeit zu gewinnen, den arbeitenden Volks- classen am Sonnabend oder Sonntag ihre Mußestunden aufheitern zu Helfen. Wir sagen dies, um unsere demokratische Presse — oder eigentlich alle Volks- Journalistik einzuladen, ihren Inhalt demnach zu Potenziren, daß er doch nicht gar so bald gehaltleer ausrauche, denn mit bloßen Novitäten läßt sich kein Volk gesund und seist auffüttern. Wir schließen mit dem Vorschlage einer Adaptation des Debits englischer Zeitungen an unsere deutschen Verhältnisse. Man klagt über Mangel an Erwerb — dieser aber besteht größtentheils in Circulation des Geldes, dessen Menge in einem Lande wohl ziemlich immer dieselbe bleibt. Irgend kleine Gewerbsleute, Tabakkrämcr, Schneider ze., vorzüglich aber Papierhändler in den kleinen Städten Deutschlands sollten doch also bekannt machen, daß sie diese und diese Zeitungen und Journale verschleißen, Bestellungen auf sie annehmen. Damit wäre die Sache wohl schon ziemlich eingeleitet, denn ob die von den verschiedenen Expe¬ ditionen demnach abgesandten Blätter in einem Packete dnrch die sogenannte fahrende Post, oder unter Kreuzcouvert gesendet würden, würde dermal nnr selten der schnellern Beförderung im Wege stehen^ da doch Alles meistens auf der Eisen- bahn befördert wird. Etwas theurer dürften unter Kreuzband beförderte Blätter etwa kommen, obgleich die bisher der Post bewilligte Provision nur deu Ver- schleißern zu Gute kommen würde. Dieses relie Privat-Debit-System brächte aber auch Rene Vortheile mit sich: 1) Da ein dergleichen Privatverschleiß eben nnr in seiner Vielfältigkeit Ge¬ winn bringen könnte, so würde es sich wohl finden, daß dadurch Blätter in Auf¬ nahme käme», die, obgleich gut gehalten, doch bisher uicht dem ordentlichen Postdebit anheimgefallen sind — etwa wegen ihrer wohlfeilen Preise :c. 2) Da ein dergleichen Verschleiß nicht ohne eine Art von Waarenlager (stock in truäö) stattfinden könnte, so würden zuweilen einzelne Nummern von Jour-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_85583/269>, abgerufen am 27.07.2024.