Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. I. Band.Biographien unberühmter Nüssen. I. Schicksale eines polnischen Knaben^). Ein Herr von D., welcher an der lithauisch-podolischen Grenze ein Dörf¬ Vergebens versuchte seine Gattin mit ihrem dreizehnjährigen Knaben und Eine Folge der Revolution war die Bildung der Adelsprüfungsdepntationen. Auch Fran von D. meldete sich im Namen ihrer Familie, besonders aus Die Person, von welcher vorzugsweise gesprochen wird, so wie deren Familie, be¬
finden sich noch in Rußland; dies hat de" Einsender dieser Mitteilung veranlaßt, auch da die Namen nur durch Buchstaben anzudeuten, wo der Leser das Recht hat, ein ausgeschriebenes Wort zu verlangen. Das Mitgetheilte sind Auszüge aus Briefen, welche der Held dieser Geschichte in die Hände seiner Verwandten zu bringen wußte. Vielleicht findet sie der Leser deßhalb anziehend, weil sie nichts in Rußland Ungewöhnliche" enthalten. Biographien unberühmter Nüssen. I. Schicksale eines polnischen Knaben^). Ein Herr von D., welcher an der lithauisch-podolischen Grenze ein Dörf¬ Vergebens versuchte seine Gattin mit ihrem dreizehnjährigen Knaben und Eine Folge der Revolution war die Bildung der Adelsprüfungsdepntationen. Auch Fran von D. meldete sich im Namen ihrer Familie, besonders aus Die Person, von welcher vorzugsweise gesprochen wird, so wie deren Familie, be¬
finden sich noch in Rußland; dies hat de» Einsender dieser Mitteilung veranlaßt, auch da die Namen nur durch Buchstaben anzudeuten, wo der Leser das Recht hat, ein ausgeschriebenes Wort zu verlangen. Das Mitgetheilte sind Auszüge aus Briefen, welche der Held dieser Geschichte in die Hände seiner Verwandten zu bringen wußte. Vielleicht findet sie der Leser deßhalb anziehend, weil sie nichts in Rußland Ungewöhnliche« enthalten. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0021" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/85604"/> </div> <div n="1"> <head> Biographien unberühmter Nüssen.</head><lb/> <div n="2"> <head> I.<lb/> Schicksale eines polnischen Knaben^).</head><lb/> <p xml:id="ID_38"> Ein Herr von D., welcher an der lithauisch-podolischen Grenze ein Dörf¬<lb/> chen besaß und dasselbe wegen der Möglichkeit eines ungünstigen Aus¬<lb/> gangs der polnischen Revolution im Mai 1831 verkaufte, sah sich nach dieser<lb/> Revolution, die er als Offizier desselben Corps mitmachte, in welchem die be¬<lb/> rühmte Gräfin Emilie Plater als Capitain focht, zur Flucht gezwungen. Er<lb/> ging, mit einer kleinen lithauischen Mannschaft in dem romariuoschen Corps auf<lb/> östreichisches Gebiet und kam ohne besondere Hindernisse nach Belgien und<lb/> England.</p><lb/> <p xml:id="ID_39"> Vergebens versuchte seine Gattin mit ihrem dreizehnjährigen Knaben und<lb/> den beiden noch jüngern Töchtern ihm zu folgen. Die Bewachung der Gerichts-<lb/> krcise und besonders der Grenzdistricte wurde gleich nach der Unterwerfung Po¬<lb/> lens so forcirt, daß an keine Auswanderung und noch weniger an einen Aus¬<lb/> zug mit dem Vermögen gedacht werden konnte.</p><lb/> <p xml:id="ID_40"> Eine Folge der Revolution war die Bildung der Adelsprüfungsdepntationen.<lb/> In dem Gerichtskreisc, wo die Familie des flüchtigen D. sich dauernd aufge¬<lb/> halten, hielt eine solche Deputation im März 1833 ihren Einzug und begann<lb/> unverweilt ihre Arbeit.</p><lb/> <p xml:id="ID_41"> Auch Fran von D. meldete sich im Namen ihrer Familie, besonders aus<lb/> Rücksicht auf ihren Knaben, der durch den Verlust des Adels am Meisten leiden<lb/> konnte. Die Deputation forderte, im Juli -die Frau von D. auf, ihre Do-<lb/> cumente oder sonstigen Beweismittel vorzulegen. Sie besaß eine alte Urkunde,<lb/> deren lateinischer Text allerdings auf der einen Seite, und zwar an einer nicht<lb/> unwichtigen Stelle ein wenig unkenntlich geworden war; allein das Document war<lb/> im Uebrigen so beweiskräftig, daß mir böser Wille seine Echtheit bestreiten<lb/> konnte. Der zweite viel kräftigere Beweis war der Nachweis, daß noch jüngst<lb/> die Familie ein Dorf mit Gerichtsbarkeit frei und erblich besessen hatte.</p><lb/> <note xml:id="FID_4" place="foot"> Die Person, von welcher vorzugsweise gesprochen wird, so wie deren Familie, be¬<lb/> finden sich noch in Rußland; dies hat de» Einsender dieser Mitteilung veranlaßt, auch da die<lb/> Namen nur durch Buchstaben anzudeuten, wo der Leser das Recht hat, ein ausgeschriebenes<lb/> Wort zu verlangen. Das Mitgetheilte sind Auszüge aus Briefen, welche der Held dieser<lb/> Geschichte in die Hände seiner Verwandten zu bringen wußte. Vielleicht findet sie der Leser<lb/> deßhalb anziehend, weil sie nichts in Rußland Ungewöhnliche« enthalten.</note><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0021]
Biographien unberühmter Nüssen.
I.
Schicksale eines polnischen Knaben^).
Ein Herr von D., welcher an der lithauisch-podolischen Grenze ein Dörf¬
chen besaß und dasselbe wegen der Möglichkeit eines ungünstigen Aus¬
gangs der polnischen Revolution im Mai 1831 verkaufte, sah sich nach dieser
Revolution, die er als Offizier desselben Corps mitmachte, in welchem die be¬
rühmte Gräfin Emilie Plater als Capitain focht, zur Flucht gezwungen. Er
ging, mit einer kleinen lithauischen Mannschaft in dem romariuoschen Corps auf
östreichisches Gebiet und kam ohne besondere Hindernisse nach Belgien und
England.
Vergebens versuchte seine Gattin mit ihrem dreizehnjährigen Knaben und
den beiden noch jüngern Töchtern ihm zu folgen. Die Bewachung der Gerichts-
krcise und besonders der Grenzdistricte wurde gleich nach der Unterwerfung Po¬
lens so forcirt, daß an keine Auswanderung und noch weniger an einen Aus¬
zug mit dem Vermögen gedacht werden konnte.
Eine Folge der Revolution war die Bildung der Adelsprüfungsdepntationen.
In dem Gerichtskreisc, wo die Familie des flüchtigen D. sich dauernd aufge¬
halten, hielt eine solche Deputation im März 1833 ihren Einzug und begann
unverweilt ihre Arbeit.
Auch Fran von D. meldete sich im Namen ihrer Familie, besonders aus
Rücksicht auf ihren Knaben, der durch den Verlust des Adels am Meisten leiden
konnte. Die Deputation forderte, im Juli -die Frau von D. auf, ihre Do-
cumente oder sonstigen Beweismittel vorzulegen. Sie besaß eine alte Urkunde,
deren lateinischer Text allerdings auf der einen Seite, und zwar an einer nicht
unwichtigen Stelle ein wenig unkenntlich geworden war; allein das Document war
im Uebrigen so beweiskräftig, daß mir böser Wille seine Echtheit bestreiten
konnte. Der zweite viel kräftigere Beweis war der Nachweis, daß noch jüngst
die Familie ein Dorf mit Gerichtsbarkeit frei und erblich besessen hatte.
Die Person, von welcher vorzugsweise gesprochen wird, so wie deren Familie, be¬
finden sich noch in Rußland; dies hat de» Einsender dieser Mitteilung veranlaßt, auch da die
Namen nur durch Buchstaben anzudeuten, wo der Leser das Recht hat, ein ausgeschriebenes
Wort zu verlangen. Das Mitgetheilte sind Auszüge aus Briefen, welche der Held dieser
Geschichte in die Hände seiner Verwandten zu bringen wußte. Vielleicht findet sie der Leser
deßhalb anziehend, weil sie nichts in Rußland Ungewöhnliche« enthalten.
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