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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. I. Band.

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Ueberdies aber bin ich selbst nicht im Besitze eines Planes, der die Bedürfe
nisse Deutschlands nach allen Seiten befriedigte, und namentlich den Nebeln in
den kleinen Staaten abhülfe. Es wird kaum ein Mensch jetzt ein klares Bild
davon haben können, wie sich der zukünftige Zustand Deutschlands gestalten könne
und solle. Bei dieser Dunkelheit des Weges ist es die Aufgabe nicht, neue um¬
fassende Plane zu machen, deren jeder seine Schwierigkeit hat, sondern nur die
nächsten Schritte zu thun, nach der Lage zu handeln, in die man providentiel
gekommen ist."

Endlich seine positiven Vorschläge: "Der weitere deutsche Bund wird blos von
den Fürsten gebildet ohne Parlament, und so, daß Oestreich und Preußen das
Hauptgewicht haben, nnr bei Divergenz unter ihnen die andern Stimmen Aus¬
schlag geben. Die Attributioncn dieses weitern Bundes sind: y Der Krieg --
dabei behalten Preußen und Oestreich noch ein selbstständiges Kriegsrecht nnter
gegenseitigem Vcrmittelungsrechte, die anderen deutscheu Staaten haben das Kriegs-
recht nur entweder im Bunde oder als Verbündete Oestreichs oder Preußens.
2) Das Austrägalgericht bei Streitigkeiten uuter deutscheu Regierungen, die nicht
beide der Union angehören und die legislativen Anordnungen zur gegenseitigen
Sicherheit unter solchen Regierungen. 3) Die fortdauernde Gewähr der vom
Bunde gegen bestimmte Berechtigte übernommenen Garantien, wenn auch zum
Theil uuter neuer veränderter Festsetzung derselben (z. B. gegen die Standes-
Herren). ^) Die Garantie der monarchischen Verfassung in Deutschland, jedoch
nur durch Erhaltung der bestimmten staatsrechtlichen Grundsätze, nicht durch poli¬
zeiliche Maßregeln. Dahin würde namentlich gehören die Berufung von den
Aussprüchen des Unions - Reichsgerichts, wo eine Regierung in den wesentlichen
monarchischen Rechte" durch dasselbe verkürzt zu sein behauptet (analog dem alten
recursus ack comlUir). Der Union dagegen bliebe dann die vollständige innere
Gesetzgebung, die gemeinsame diplomatische Vertretung und unter den angege¬
benen Modifikationen ein Kriegsrecht, Recht der bewaffneten Exekution und Reichs¬
gericht im Innern. Ueberdies müßte ihr das Recht als Eine Heeresmacht ihr
Contingent dem Bund zu steilen, eingeräumt werde". Es hätte da"" auch keine
Schwierigkeit, sondern uur Vortheil, daß Oestreich mit allen seinen Staaten dem
Bunde beiträte.

Durch eine solche Einrichtung würde allerdings das monarchische Element in
Deutschland wieder überwiegen; aber dies rechtliche Uebergewicht wäre doch tat¬
sächlich ermäßigt durch die constitutionelle Verfassung in Preußen, und darüber
müssen endlich die Staatsmänner sich klar werden, ob der Schwerpunkt nach Rück¬
sicht auf die "öffentliche Meinung" in das Parlament gelegt werden soll. Es ist
nnr das eine oder das andere möglich. -- Feruer würden hiedurch unter den
Staaten selbst wieder Oestreich und -Preußen überwiegen. Das ist, wenn eine
größere Eiicheir und Energie Deutschlands erreicht werden soll, unerläßlich; denn


Ueberdies aber bin ich selbst nicht im Besitze eines Planes, der die Bedürfe
nisse Deutschlands nach allen Seiten befriedigte, und namentlich den Nebeln in
den kleinen Staaten abhülfe. Es wird kaum ein Mensch jetzt ein klares Bild
davon haben können, wie sich der zukünftige Zustand Deutschlands gestalten könne
und solle. Bei dieser Dunkelheit des Weges ist es die Aufgabe nicht, neue um¬
fassende Plane zu machen, deren jeder seine Schwierigkeit hat, sondern nur die
nächsten Schritte zu thun, nach der Lage zu handeln, in die man providentiel
gekommen ist."

Endlich seine positiven Vorschläge: „Der weitere deutsche Bund wird blos von
den Fürsten gebildet ohne Parlament, und so, daß Oestreich und Preußen das
Hauptgewicht haben, nnr bei Divergenz unter ihnen die andern Stimmen Aus¬
schlag geben. Die Attributioncn dieses weitern Bundes sind: y Der Krieg —
dabei behalten Preußen und Oestreich noch ein selbstständiges Kriegsrecht nnter
gegenseitigem Vcrmittelungsrechte, die anderen deutscheu Staaten haben das Kriegs-
recht nur entweder im Bunde oder als Verbündete Oestreichs oder Preußens.
2) Das Austrägalgericht bei Streitigkeiten uuter deutscheu Regierungen, die nicht
beide der Union angehören und die legislativen Anordnungen zur gegenseitigen
Sicherheit unter solchen Regierungen. 3) Die fortdauernde Gewähr der vom
Bunde gegen bestimmte Berechtigte übernommenen Garantien, wenn auch zum
Theil uuter neuer veränderter Festsetzung derselben (z. B. gegen die Standes-
Herren). ^) Die Garantie der monarchischen Verfassung in Deutschland, jedoch
nur durch Erhaltung der bestimmten staatsrechtlichen Grundsätze, nicht durch poli¬
zeiliche Maßregeln. Dahin würde namentlich gehören die Berufung von den
Aussprüchen des Unions - Reichsgerichts, wo eine Regierung in den wesentlichen
monarchischen Rechte» durch dasselbe verkürzt zu sein behauptet (analog dem alten
recursus ack comlUir). Der Union dagegen bliebe dann die vollständige innere
Gesetzgebung, die gemeinsame diplomatische Vertretung und unter den angege¬
benen Modifikationen ein Kriegsrecht, Recht der bewaffneten Exekution und Reichs¬
gericht im Innern. Ueberdies müßte ihr das Recht als Eine Heeresmacht ihr
Contingent dem Bund zu steilen, eingeräumt werde». Es hätte da»» auch keine
Schwierigkeit, sondern uur Vortheil, daß Oestreich mit allen seinen Staaten dem
Bunde beiträte.

Durch eine solche Einrichtung würde allerdings das monarchische Element in
Deutschland wieder überwiegen; aber dies rechtliche Uebergewicht wäre doch tat¬
sächlich ermäßigt durch die constitutionelle Verfassung in Preußen, und darüber
müssen endlich die Staatsmänner sich klar werden, ob der Schwerpunkt nach Rück¬
sicht auf die „öffentliche Meinung" in das Parlament gelegt werden soll. Es ist
nnr das eine oder das andere möglich. — Feruer würden hiedurch unter den
Staaten selbst wieder Oestreich und -Preußen überwiegen. Das ist, wenn eine
größere Eiicheir und Energie Deutschlands erreicht werden soll, unerläßlich; denn


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[0181] Ueberdies aber bin ich selbst nicht im Besitze eines Planes, der die Bedürfe nisse Deutschlands nach allen Seiten befriedigte, und namentlich den Nebeln in den kleinen Staaten abhülfe. Es wird kaum ein Mensch jetzt ein klares Bild davon haben können, wie sich der zukünftige Zustand Deutschlands gestalten könne und solle. Bei dieser Dunkelheit des Weges ist es die Aufgabe nicht, neue um¬ fassende Plane zu machen, deren jeder seine Schwierigkeit hat, sondern nur die nächsten Schritte zu thun, nach der Lage zu handeln, in die man providentiel gekommen ist." Endlich seine positiven Vorschläge: „Der weitere deutsche Bund wird blos von den Fürsten gebildet ohne Parlament, und so, daß Oestreich und Preußen das Hauptgewicht haben, nnr bei Divergenz unter ihnen die andern Stimmen Aus¬ schlag geben. Die Attributioncn dieses weitern Bundes sind: y Der Krieg — dabei behalten Preußen und Oestreich noch ein selbstständiges Kriegsrecht nnter gegenseitigem Vcrmittelungsrechte, die anderen deutscheu Staaten haben das Kriegs- recht nur entweder im Bunde oder als Verbündete Oestreichs oder Preußens. 2) Das Austrägalgericht bei Streitigkeiten uuter deutscheu Regierungen, die nicht beide der Union angehören und die legislativen Anordnungen zur gegenseitigen Sicherheit unter solchen Regierungen. 3) Die fortdauernde Gewähr der vom Bunde gegen bestimmte Berechtigte übernommenen Garantien, wenn auch zum Theil uuter neuer veränderter Festsetzung derselben (z. B. gegen die Standes- Herren). ^) Die Garantie der monarchischen Verfassung in Deutschland, jedoch nur durch Erhaltung der bestimmten staatsrechtlichen Grundsätze, nicht durch poli¬ zeiliche Maßregeln. Dahin würde namentlich gehören die Berufung von den Aussprüchen des Unions - Reichsgerichts, wo eine Regierung in den wesentlichen monarchischen Rechte» durch dasselbe verkürzt zu sein behauptet (analog dem alten recursus ack comlUir). Der Union dagegen bliebe dann die vollständige innere Gesetzgebung, die gemeinsame diplomatische Vertretung und unter den angege¬ benen Modifikationen ein Kriegsrecht, Recht der bewaffneten Exekution und Reichs¬ gericht im Innern. Ueberdies müßte ihr das Recht als Eine Heeresmacht ihr Contingent dem Bund zu steilen, eingeräumt werde». Es hätte da»» auch keine Schwierigkeit, sondern uur Vortheil, daß Oestreich mit allen seinen Staaten dem Bunde beiträte. Durch eine solche Einrichtung würde allerdings das monarchische Element in Deutschland wieder überwiegen; aber dies rechtliche Uebergewicht wäre doch tat¬ sächlich ermäßigt durch die constitutionelle Verfassung in Preußen, und darüber müssen endlich die Staatsmänner sich klar werden, ob der Schwerpunkt nach Rück¬ sicht auf die „öffentliche Meinung" in das Parlament gelegt werden soll. Es ist nnr das eine oder das andere möglich. — Feruer würden hiedurch unter den Staaten selbst wieder Oestreich und -Preußen überwiegen. Das ist, wenn eine größere Eiicheir und Energie Deutschlands erreicht werden soll, unerläßlich; denn

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_85583/181>, abgerufen am 01.09.2024.