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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. I. Band.

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nachgereist, da trifft sie unterwegs der Maschinist des Stücks, Kurfürst Markulf,
Abgeordneter des Papstes, und eröffnet ihr, der heilige Vater werde sich nur
dann für Otto entscheiden, wenn dieser den Umgang mit Cäcilie abbricht. Wir
erfahren hier erst, daß Otto eigentlich verheirathet ist. Cäcilie soll also eine der
Situation entsprechende Seelengröße entwickeln, und ihrem Geliebten entsagen,
um ihm die Krone zu sichern: außer dem Papst haben auch noch der Köllig von
England und einige andere Potentaten die gleiche Bedingung ihres Beistandes
gestellt. -- Von dieser Resignation ist in Cäcilicns Seele keine Spur, sie freut
sich vielmehr, daß nunmehr der große Augenblick gekommen ist, wo Otto's Liebe
die Probe bestehen soll. -- Nach den unvermeidliche" Volks- und Schlachtscenen
zieht Otto in Aachen ein, und beweist die schickliche Großmuth, Milde und Ge¬
rechtigkeit. Die päpstlichen und baltischen Abgeordneten bringen ihren Auftrag
vor. Er weist sie zornig zurück. Nimm die Sache nicht zu leicht! ruft ihm
Cäcilie zu, es steht in der That so, ich bin das Hinderniß, das zwischeu Dir
und der Krone steht; wen ziehst Du vor? -- Beide! ruft Otto, indem er sie
unter den Arm nimmt, ich bin Manns genug, mich ohne den Papst und ohne
England zu behaupten. -- Er zieht stolz in die Kirche ein, große patriotische
Gruppe. >

Dritter Act. In der Zwischenzeit sind alle Hindernisse beseitigt. Nicht
allein ist Kaiser Philipp zu gelegener Zeit durch Otto vou Wittelsbach ermordet,
und unser Freund allgemein anerkannt, sondern es ist auch seine Gemahlin gestorben,
und Otto's Hand ist frei. Er könnte jetzt Cäcilien hcirarheu und als glücklicher
Gatte regieren, aber dann wäre des Stück zu Ende. Es ist Kälte zwischen den
beiden Liebenden eingetreten, ans welchen Gründen, davon erfahren wir kein
Wort. Genug, seit drei Tagen ist Cäcilie in einem Kloster des Orts, wo Otto
sich aufhält, und dieser hat sie noch nicht besucht. -- Mittlerweile spielen die
Maschinisten weiter. Kaiser Philipp hat eine Tochter hinterlassen, Beatrix, diese
soll Otto Heirathen, um den alten Zwist der Welsen und Hohenstaufen zu enden.
Will er das nicht, so soll der junge Friedrich, der letzte Hohenstaufe, als Gegen-
kaiser ausgestellt werden. Das ist aber nicht nöthig, er hat sich selber als solchen
producirt, ist gefangen genommen und sitzt ans einem der kaiserlichen Schlösser;
der Burgvogt wird ihn nur herausgeben, wenn Kaiser Otto seinen Siegelring
schickt. Diesen Ring hat er Cäcilien anvertraut. -- Alle diese Gespräche belauscht
Lara, die über Otto sehr aufgebracht ist, weil er ihre geliebte Gebieterin vernach¬
lässigt; sie brütet sofort über einem Plan. -- Beatrix wird dem Kaiser vorgestellt
und findet Gnade vor seinen Augen; eigeiMch liebt sie den junge" Friedrich,
aber sie scheint nicht sehr leidenschaftlicher Natur zu sein. Ob Otto sich sofort
in sie verliebt, oder ob es nur politische Rücksichten sind, die eine Annäherung
herbeiführen, erfahren wir nicht. Genug, Otto begibt sich sehr verdrüßlich in
das Kloster, wo Cäcilie in Verzweiflung seiner harrt. Er behandelt sie auffallend


nachgereist, da trifft sie unterwegs der Maschinist des Stücks, Kurfürst Markulf,
Abgeordneter des Papstes, und eröffnet ihr, der heilige Vater werde sich nur
dann für Otto entscheiden, wenn dieser den Umgang mit Cäcilie abbricht. Wir
erfahren hier erst, daß Otto eigentlich verheirathet ist. Cäcilie soll also eine der
Situation entsprechende Seelengröße entwickeln, und ihrem Geliebten entsagen,
um ihm die Krone zu sichern: außer dem Papst haben auch noch der Köllig von
England und einige andere Potentaten die gleiche Bedingung ihres Beistandes
gestellt. — Von dieser Resignation ist in Cäcilicns Seele keine Spur, sie freut
sich vielmehr, daß nunmehr der große Augenblick gekommen ist, wo Otto's Liebe
die Probe bestehen soll. — Nach den unvermeidliche» Volks- und Schlachtscenen
zieht Otto in Aachen ein, und beweist die schickliche Großmuth, Milde und Ge¬
rechtigkeit. Die päpstlichen und baltischen Abgeordneten bringen ihren Auftrag
vor. Er weist sie zornig zurück. Nimm die Sache nicht zu leicht! ruft ihm
Cäcilie zu, es steht in der That so, ich bin das Hinderniß, das zwischeu Dir
und der Krone steht; wen ziehst Du vor? — Beide! ruft Otto, indem er sie
unter den Arm nimmt, ich bin Manns genug, mich ohne den Papst und ohne
England zu behaupten. — Er zieht stolz in die Kirche ein, große patriotische
Gruppe. >

Dritter Act. In der Zwischenzeit sind alle Hindernisse beseitigt. Nicht
allein ist Kaiser Philipp zu gelegener Zeit durch Otto vou Wittelsbach ermordet,
und unser Freund allgemein anerkannt, sondern es ist auch seine Gemahlin gestorben,
und Otto's Hand ist frei. Er könnte jetzt Cäcilien hcirarheu und als glücklicher
Gatte regieren, aber dann wäre des Stück zu Ende. Es ist Kälte zwischen den
beiden Liebenden eingetreten, ans welchen Gründen, davon erfahren wir kein
Wort. Genug, seit drei Tagen ist Cäcilie in einem Kloster des Orts, wo Otto
sich aufhält, und dieser hat sie noch nicht besucht. — Mittlerweile spielen die
Maschinisten weiter. Kaiser Philipp hat eine Tochter hinterlassen, Beatrix, diese
soll Otto Heirathen, um den alten Zwist der Welsen und Hohenstaufen zu enden.
Will er das nicht, so soll der junge Friedrich, der letzte Hohenstaufe, als Gegen-
kaiser ausgestellt werden. Das ist aber nicht nöthig, er hat sich selber als solchen
producirt, ist gefangen genommen und sitzt ans einem der kaiserlichen Schlösser;
der Burgvogt wird ihn nur herausgeben, wenn Kaiser Otto seinen Siegelring
schickt. Diesen Ring hat er Cäcilien anvertraut. — Alle diese Gespräche belauscht
Lara, die über Otto sehr aufgebracht ist, weil er ihre geliebte Gebieterin vernach¬
lässigt; sie brütet sofort über einem Plan. — Beatrix wird dem Kaiser vorgestellt
und findet Gnade vor seinen Augen; eigeiMch liebt sie den junge» Friedrich,
aber sie scheint nicht sehr leidenschaftlicher Natur zu sein. Ob Otto sich sofort
in sie verliebt, oder ob es nur politische Rücksichten sind, die eine Annäherung
herbeiführen, erfahren wir nicht. Genug, Otto begibt sich sehr verdrüßlich in
das Kloster, wo Cäcilie in Verzweiflung seiner harrt. Er behandelt sie auffallend


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_85583/132>, abgerufen am 27.07.2024.