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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band.

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Theil des Jahres aus Reisen zu verbringen, wo er mit seinem wohlbeladenen,
nreist einspännigen Karren ans 2 Rädern, -- einem Gespann, welches fast aussieht
wie ein deutscher Mistkarren und das man in ganz Ungarn nur bei dem Brezo-
vaner und bei den Walachen in Siebenbürgen antrifft, -- bei Schustern und
Ledcrhändlern seine Waare absetzt, und sür das eingelöste Geld wieder rohe
Produkte einkauft, um sie uach Hause zu fahren und nach einigen Monaten
vielleicht wieder in dieser Gegend, als fertiges Leder feilzubieten. Dieses Hau¬
sirer, und der Umstand, daß die in seiner Fabrik abfallenden Hörner, Klanen,
Gerberwvllc und Roßhaare auch an den Mann gebracht werden müssen, machen
aus dem industriösen Bauer auch einen schlauen Geschäftsmann, der weder dem
speknlirenden Juden noch dem listigen Nachen nachsteht. Diese mannigfaltige Be¬
schäftigung hat in der Gemeinde von Brezova die Nothwendigkeit der Association
erzeugt, denn nur so kann deo Einkauf der rohen Produkte und der Absatz des
Fabrikats in fernen Gegenden in stetem Gange erhalten werden, ohne daß zu
Hause die Fabrikarbeit darunter leidet; und die Gemeinde hat deshalb sich eine
originale Zunftverfassung gegeben, und stellt auf ihren Namen Wechsel aus, die in
der Gegend allgemein angenommen werden. Aber außer Allem dem hat der Brezo-
vaner noch eine wichtige Thätigkeit, auch er ist fast immer ein Edelmann, und die
Krvnit des Nentraer CvmitatShauscS hat bei den früheren Restaurationen und
Depntirtenwahlen mauche Heldenthat auch dieser grün beschürzten adeligen
Meistri, welche mehr im Charakter des Ajax als des Odysseus war, aufgezeichnet.
Und da es in jener Zeit zu dem besondern Stolze eines ungarischen Edelmanns
gehörte, lateinisch reden zu können, so hatte mau oft Gelegenheit diese wandern¬
den Handwerker beim Handel mit Deutschen, Juden oder andern unlateinischen
Erdenkindern, nnter einander in der Sprache deö Tacitus über den Preis einer
Rindshaut convcrsiren zu hören. Der Religion nach sind die Brezovancr theils
römisch-katholisch, theils lutherisch, auch die letztem gemäßigt, und weniger fana¬
tisch, als die Männer von Miava. -- In dieser Gegend war es, wo die lutherischen
Geistlichen Hurban und Hvdza die Fahne des Panslavismus aufsteckten, und
einen Guerillakrieg erregten, in den ich trotz aller guten Vorsätze sofort mit bei¬
den Beinen hiueiusprang, in der Absicht schnell einige kleine Heldenthaten für Un¬
garn zu verrichten.

(Fortsetzung folgt.)




Theil des Jahres aus Reisen zu verbringen, wo er mit seinem wohlbeladenen,
nreist einspännigen Karren ans 2 Rädern, — einem Gespann, welches fast aussieht
wie ein deutscher Mistkarren und das man in ganz Ungarn nur bei dem Brezo-
vaner und bei den Walachen in Siebenbürgen antrifft, — bei Schustern und
Ledcrhändlern seine Waare absetzt, und sür das eingelöste Geld wieder rohe
Produkte einkauft, um sie uach Hause zu fahren und nach einigen Monaten
vielleicht wieder in dieser Gegend, als fertiges Leder feilzubieten. Dieses Hau¬
sirer, und der Umstand, daß die in seiner Fabrik abfallenden Hörner, Klanen,
Gerberwvllc und Roßhaare auch an den Mann gebracht werden müssen, machen
aus dem industriösen Bauer auch einen schlauen Geschäftsmann, der weder dem
speknlirenden Juden noch dem listigen Nachen nachsteht. Diese mannigfaltige Be¬
schäftigung hat in der Gemeinde von Brezova die Nothwendigkeit der Association
erzeugt, denn nur so kann deo Einkauf der rohen Produkte und der Absatz des
Fabrikats in fernen Gegenden in stetem Gange erhalten werden, ohne daß zu
Hause die Fabrikarbeit darunter leidet; und die Gemeinde hat deshalb sich eine
originale Zunftverfassung gegeben, und stellt auf ihren Namen Wechsel aus, die in
der Gegend allgemein angenommen werden. Aber außer Allem dem hat der Brezo-
vaner noch eine wichtige Thätigkeit, auch er ist fast immer ein Edelmann, und die
Krvnit des Nentraer CvmitatShauscS hat bei den früheren Restaurationen und
Depntirtenwahlen mauche Heldenthat auch dieser grün beschürzten adeligen
Meistri, welche mehr im Charakter des Ajax als des Odysseus war, aufgezeichnet.
Und da es in jener Zeit zu dem besondern Stolze eines ungarischen Edelmanns
gehörte, lateinisch reden zu können, so hatte mau oft Gelegenheit diese wandern¬
den Handwerker beim Handel mit Deutschen, Juden oder andern unlateinischen
Erdenkindern, nnter einander in der Sprache deö Tacitus über den Preis einer
Rindshaut convcrsiren zu hören. Der Religion nach sind die Brezovancr theils
römisch-katholisch, theils lutherisch, auch die letztem gemäßigt, und weniger fana¬
tisch, als die Männer von Miava. — In dieser Gegend war es, wo die lutherischen
Geistlichen Hurban und Hvdza die Fahne des Panslavismus aufsteckten, und
einen Guerillakrieg erregten, in den ich trotz aller guten Vorsätze sofort mit bei¬
den Beinen hiueiusprang, in der Absicht schnell einige kleine Heldenthaten für Un¬
garn zu verrichten.

(Fortsetzung folgt.)




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_185336/70>, abgerufen am 22.07.2024.