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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band.

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Männer stolz und besonnen einher zu schreiten pflegen. Ja der Kleidung sind
die Walachen eitel und pnhsüchtig. Das Hemd, von weitem, faltigen Schnitt,
erscheint mit kunstreicher Nadel verziert und wird öster gewechselt und sieht ungleich
reiner und weißer, als bei den benachbarten Slowaken. Die übrige Tracht macht
sich ganz malerisch: bei dem Manne enge Beinkleider von weißer Farbe, tricot¬
artig prall anliegend und durch einen ledernen Leibgurt, welcher durch die Hosen¬
klappe geschlungen wird, über den Hüften fest zusammengehalten. Hals und Brust
bleiben frei, die Füße werde" gewöhnlich mit dem Kill^v (einfachen Ledersandalen
von der Art kroatischer OMnKvn) bedeckt oder bei Vermögenderen mit verzierten,
tschischmenähnlichen Hallsstiefeln von Tuch. Die meiste Sorgfalt verwendet der
Walache ans sein Oberkleid, ein weites Wamms von weißer, brauner, lieber noch
grüner, am liebsten aber blauer Farbe, an den Nähten und Ständern wird dasselbe
roth eingesäumt, und auf der Brust mit blanken Knöpfen und zierlicher Stickerei
überladen, der Rockkragen hat gewöhnlich einen schmalen rothen Aufschlag. Die
Kopfbedeckung besteht in einem eigenthümlichen Hut von schwarzer Farbe, der
einen kleinen runden Deckel, aber riesig große Krämpen hat, welche ans allen
Seiten gleichmäßig aufgestaut getragen werden, so daß sie den Deckel um viele
Zolle überragen. Bei den Weibern findet sich die eigenthümliche Erscheinung,
daß sie zwei Hemden tragen, die jedoch beide zusammen weniger verhüllen, als
bei uns eins. Ein Unterhemd, >'.>nun genannt, das unter dem Busen anfängt
und etwa bis aus den halben Schenkel herabreicht; knapp unter der Brust wird
eS fest zusammengezogen, daß es eine Taille erzeugt fast wie ein modisches Schnür¬
leibchen. Das Oberhemd heißt NnK-rwov (etwa soviel wie Aermelhemd) und be¬
steht, so zu sagen, nnr ans ein paar langen sehr feinen Leinwandärmeln und einem
kleinen, seinen Linnenstrcif, der von oben herab den Busen leicht bedeckt, ohne
jedoch allemal bis dahin zu reichen, wo das Unterhemd erst anfängt. Der Rock
(Zu/-rut8,) ist bunt, bauschig und voll Falten. Die Walachinncn weben und färben
dies Kleidungsstück selbst. Ihren Flachs spinnen sie häusig im Gehen, beim
Viehhüten; der Rocken wird an der schmucken, haubenartigen Kopfbedeckung, die
sie mit einigen Ungarinnen gleich haben, festgemacht und von da in sehr
langen Fäden auf eine zwischen den Fingern gekreiselte Kunkel gesponnen. Die
Walachinncn siud fleißiger und arbeitsamer als ihre Männer und besorgen den
ganzen Hausstand und die Feldarbeit größtentheils selbst.

Der Charakter des Walachei, ist im Allgemeinen ein guter, sanfter und ge¬
lassener. Stark zum Zorn gereizt, geberdet er sich wild und unbändig und weiß
sich wacker zu schlagen. Im Zustande der Zorneswuth macht ihn der Widerstand
zähe und wilder, wogegen er sich durch gütliches Entgegenkommen nicht eben
schwer besänftigen läßt. Eigenthümlich ist des Walachen Stolz auf seinen wala-
chischen Namen, an den er doch fast gar keine historischen Erinnerungen zu knüpfen


Grenzboten II. 1850. HZ

Männer stolz und besonnen einher zu schreiten pflegen. Ja der Kleidung sind
die Walachen eitel und pnhsüchtig. Das Hemd, von weitem, faltigen Schnitt,
erscheint mit kunstreicher Nadel verziert und wird öster gewechselt und sieht ungleich
reiner und weißer, als bei den benachbarten Slowaken. Die übrige Tracht macht
sich ganz malerisch: bei dem Manne enge Beinkleider von weißer Farbe, tricot¬
artig prall anliegend und durch einen ledernen Leibgurt, welcher durch die Hosen¬
klappe geschlungen wird, über den Hüften fest zusammengehalten. Hals und Brust
bleiben frei, die Füße werde» gewöhnlich mit dem Kill^v (einfachen Ledersandalen
von der Art kroatischer OMnKvn) bedeckt oder bei Vermögenderen mit verzierten,
tschischmenähnlichen Hallsstiefeln von Tuch. Die meiste Sorgfalt verwendet der
Walache ans sein Oberkleid, ein weites Wamms von weißer, brauner, lieber noch
grüner, am liebsten aber blauer Farbe, an den Nähten und Ständern wird dasselbe
roth eingesäumt, und auf der Brust mit blanken Knöpfen und zierlicher Stickerei
überladen, der Rockkragen hat gewöhnlich einen schmalen rothen Aufschlag. Die
Kopfbedeckung besteht in einem eigenthümlichen Hut von schwarzer Farbe, der
einen kleinen runden Deckel, aber riesig große Krämpen hat, welche ans allen
Seiten gleichmäßig aufgestaut getragen werden, so daß sie den Deckel um viele
Zolle überragen. Bei den Weibern findet sich die eigenthümliche Erscheinung,
daß sie zwei Hemden tragen, die jedoch beide zusammen weniger verhüllen, als
bei uns eins. Ein Unterhemd, >'.>nun genannt, das unter dem Busen anfängt
und etwa bis aus den halben Schenkel herabreicht; knapp unter der Brust wird
eS fest zusammengezogen, daß es eine Taille erzeugt fast wie ein modisches Schnür¬
leibchen. Das Oberhemd heißt NnK-rwov (etwa soviel wie Aermelhemd) und be¬
steht, so zu sagen, nnr ans ein paar langen sehr feinen Leinwandärmeln und einem
kleinen, seinen Linnenstrcif, der von oben herab den Busen leicht bedeckt, ohne
jedoch allemal bis dahin zu reichen, wo das Unterhemd erst anfängt. Der Rock
(Zu/-rut8,) ist bunt, bauschig und voll Falten. Die Walachinncn weben und färben
dies Kleidungsstück selbst. Ihren Flachs spinnen sie häusig im Gehen, beim
Viehhüten; der Rocken wird an der schmucken, haubenartigen Kopfbedeckung, die
sie mit einigen Ungarinnen gleich haben, festgemacht und von da in sehr
langen Fäden auf eine zwischen den Fingern gekreiselte Kunkel gesponnen. Die
Walachinncn siud fleißiger und arbeitsamer als ihre Männer und besorgen den
ganzen Hausstand und die Feldarbeit größtentheils selbst.

Der Charakter des Walachei, ist im Allgemeinen ein guter, sanfter und ge¬
lassener. Stark zum Zorn gereizt, geberdet er sich wild und unbändig und weiß
sich wacker zu schlagen. Im Zustande der Zorneswuth macht ihn der Widerstand
zähe und wilder, wogegen er sich durch gütliches Entgegenkommen nicht eben
schwer besänftigen läßt. Eigenthümlich ist des Walachen Stolz auf seinen wala-
chischen Namen, an den er doch fast gar keine historischen Erinnerungen zu knüpfen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_185336/505>, abgerufen am 03.07.2024.