Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
Vestreiehiseh'e Finanzen.

Einer der Baukdirectoren ist mit Tode abgegangen, der Freiherr von
Schleißnigg, einer der Männer, welche die Mitschuld belastet, daß der Auf¬
wand von 2 bis 3W Millionen den Vermögensstand eines ganzen Staates, wie
Oestreich, in seinen festen Stützen zerrüttet und unterwühlt; einer der Männer,
welche, um einige Procente für ihre Bankactien zu gewinnen, das Capital der
Nation angriffen.

Man kann es nicht oft genug wiederholen, daß das Gebahren der Bank-
direction, ihre Willfährigkeit und Servilität gegen die Finanzverwaltung, die Geld-
Verhältnisse der Monarchie eorrnmpirtcn; man muß es wiederholen, da nur die
Regelung der Baut, ihre Abtrennung von den Staatsfinanzen und eine öffentliche
Controle ihrer Verwaltung das Uebel heben könne". Der Minister Kraus, der
an den Bankdirecloren stets bereitwillige Knechte fand, selbst zu den verderblichsten
finanziellen Maßnahmen, legte in den Mund Sr. Majestät des Kaisers eine
Belobung derselben, und für den Nilin deö Landes wurde ein Mann wie Schleiß-
nigg mit kaiserlichem Wohlwollen beehrt!

Baron Schleißnigg stand währeud seines Lebens nichts weniger als in gutem
Rufe bei der Geschäftswelt; mit einem großen Reichthum verband er den knicke¬
rigste" Geldgeiz, der es nicht scheute, auch etwas unsaubere Mittel zur Erlangung
eines Gewinnes zu gebrauchen. Als die Märzrevolution ausbrach nud die Katzen¬
musiken in die Mode kamen, entging er und sein Bruder diesem Spectakel nicht,
da sie allgemein gehaßt wurden; Letzterer bedrückte die Einwohner seiner Häuser
derart, daß er wenige Freunde darunter fand, die ihn beschützt hätten. Ans
Furcht, daß sein Besitzthum beschädigt oder demolirt werden könnte, verkaufte er
eS schnell, da kein Käufer gegen baar zu finden war, für eine jährliche Leibrente,
starb aber schon im ersten Jahre.

Der jetzt Gestorbene benutzte seine Stellung als Bankdireetor, indem er das
Silber Wagenweise aus der Bank holen ließ, und Kundige behaupten, daß er
auf diese Weise über eine Million Gulden geprägter Münze aus den Baukkellern
nahm, die er daun wieder gegen Agio an den Geldmarkt brachte. Minister Kraus
aber zahlte für Herbeischaffung von Silber, um es in die Bank zu hinterlegen,
an 3 Mill. Agio!

Baron Schleißnigg, der Sohn eines Mannes, welcher in naher Beziehung
zum Kaiser Franz stand, und sich dadurch ein großes Vermögen, Titel und Orden
erwarb, wurde vom Schlage gerührt, als er eben Ducaten zählte und abwog;
seine Hinterlassenschaft soll an 6 Millionen Gulden betragen. Die Heldenthaten,
wodurch er diese Lorbeeren erwarb, sind in der Ow'om<iuv 80emal.lion8e der Wiener
Börse und der Bankdirection verzeichnet.


Grenzvoten. II, 57
Vestreiehiseh'e Finanzen.

Einer der Baukdirectoren ist mit Tode abgegangen, der Freiherr von
Schleißnigg, einer der Männer, welche die Mitschuld belastet, daß der Auf¬
wand von 2 bis 3W Millionen den Vermögensstand eines ganzen Staates, wie
Oestreich, in seinen festen Stützen zerrüttet und unterwühlt; einer der Männer,
welche, um einige Procente für ihre Bankactien zu gewinnen, das Capital der
Nation angriffen.

Man kann es nicht oft genug wiederholen, daß das Gebahren der Bank-
direction, ihre Willfährigkeit und Servilität gegen die Finanzverwaltung, die Geld-
Verhältnisse der Monarchie eorrnmpirtcn; man muß es wiederholen, da nur die
Regelung der Baut, ihre Abtrennung von den Staatsfinanzen und eine öffentliche
Controle ihrer Verwaltung das Uebel heben könne». Der Minister Kraus, der
an den Bankdirecloren stets bereitwillige Knechte fand, selbst zu den verderblichsten
finanziellen Maßnahmen, legte in den Mund Sr. Majestät des Kaisers eine
Belobung derselben, und für den Nilin deö Landes wurde ein Mann wie Schleiß-
nigg mit kaiserlichem Wohlwollen beehrt!

Baron Schleißnigg stand währeud seines Lebens nichts weniger als in gutem
Rufe bei der Geschäftswelt; mit einem großen Reichthum verband er den knicke¬
rigste» Geldgeiz, der es nicht scheute, auch etwas unsaubere Mittel zur Erlangung
eines Gewinnes zu gebrauchen. Als die Märzrevolution ausbrach nud die Katzen¬
musiken in die Mode kamen, entging er und sein Bruder diesem Spectakel nicht,
da sie allgemein gehaßt wurden; Letzterer bedrückte die Einwohner seiner Häuser
derart, daß er wenige Freunde darunter fand, die ihn beschützt hätten. Ans
Furcht, daß sein Besitzthum beschädigt oder demolirt werden könnte, verkaufte er
eS schnell, da kein Käufer gegen baar zu finden war, für eine jährliche Leibrente,
starb aber schon im ersten Jahre.

Der jetzt Gestorbene benutzte seine Stellung als Bankdireetor, indem er das
Silber Wagenweise aus der Bank holen ließ, und Kundige behaupten, daß er
auf diese Weise über eine Million Gulden geprägter Münze aus den Baukkellern
nahm, die er daun wieder gegen Agio an den Geldmarkt brachte. Minister Kraus
aber zahlte für Herbeischaffung von Silber, um es in die Bank zu hinterlegen,
an 3 Mill. Agio!

Baron Schleißnigg, der Sohn eines Mannes, welcher in naher Beziehung
zum Kaiser Franz stand, und sich dadurch ein großes Vermögen, Titel und Orden
erwarb, wurde vom Schlage gerührt, als er eben Ducaten zählte und abwog;
seine Hinterlassenschaft soll an 6 Millionen Gulden betragen. Die Heldenthaten,
wodurch er diese Lorbeeren erwarb, sind in der Ow'om<iuv 80emal.lion8e der Wiener
Börse und der Bankdirection verzeichnet.


Grenzvoten. II, 57
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0457" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/185794"/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Vestreiehiseh'e Finanzen.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_1740"> Einer der Baukdirectoren ist mit Tode abgegangen, der Freiherr von<lb/>
Schleißnigg, einer der Männer, welche die Mitschuld belastet, daß der Auf¬<lb/>
wand von 2 bis 3W Millionen den Vermögensstand eines ganzen Staates, wie<lb/>
Oestreich, in seinen festen Stützen zerrüttet und unterwühlt; einer der Männer,<lb/>
welche, um einige Procente für ihre Bankactien zu gewinnen, das Capital der<lb/>
Nation angriffen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1741"> Man kann es nicht oft genug wiederholen, daß das Gebahren der Bank-<lb/>
direction, ihre Willfährigkeit und Servilität gegen die Finanzverwaltung, die Geld-<lb/>
Verhältnisse der Monarchie eorrnmpirtcn; man muß es wiederholen, da nur die<lb/>
Regelung der Baut, ihre Abtrennung von den Staatsfinanzen und eine öffentliche<lb/>
Controle ihrer Verwaltung das Uebel heben könne». Der Minister Kraus, der<lb/>
an den Bankdirecloren stets bereitwillige Knechte fand, selbst zu den verderblichsten<lb/>
finanziellen Maßnahmen, legte in den Mund Sr. Majestät des Kaisers eine<lb/>
Belobung derselben, und für den Nilin deö Landes wurde ein Mann wie Schleiß-<lb/>
nigg mit kaiserlichem Wohlwollen beehrt!</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1742"> Baron Schleißnigg stand währeud seines Lebens nichts weniger als in gutem<lb/>
Rufe bei der Geschäftswelt; mit einem großen Reichthum verband er den knicke¬<lb/>
rigste» Geldgeiz, der es nicht scheute, auch etwas unsaubere Mittel zur Erlangung<lb/>
eines Gewinnes zu gebrauchen. Als die Märzrevolution ausbrach nud die Katzen¬<lb/>
musiken in die Mode kamen, entging er und sein Bruder diesem Spectakel nicht,<lb/>
da sie allgemein gehaßt wurden; Letzterer bedrückte die Einwohner seiner Häuser<lb/>
derart, daß er wenige Freunde darunter fand, die ihn beschützt hätten. Ans<lb/>
Furcht, daß sein Besitzthum beschädigt oder demolirt werden könnte, verkaufte er<lb/>
eS schnell, da kein Käufer gegen baar zu finden war, für eine jährliche Leibrente,<lb/>
starb aber schon im ersten Jahre.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1743"> Der jetzt Gestorbene benutzte seine Stellung als Bankdireetor, indem er das<lb/>
Silber Wagenweise aus der Bank holen ließ, und Kundige behaupten, daß er<lb/>
auf diese Weise über eine Million Gulden geprägter Münze aus den Baukkellern<lb/>
nahm, die er daun wieder gegen Agio an den Geldmarkt brachte. Minister Kraus<lb/>
aber zahlte für Herbeischaffung von Silber, um es in die Bank zu hinterlegen,<lb/>
an 3 Mill. Agio!</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1744"> Baron Schleißnigg, der Sohn eines Mannes, welcher in naher Beziehung<lb/>
zum Kaiser Franz stand, und sich dadurch ein großes Vermögen, Titel und Orden<lb/>
erwarb, wurde vom Schlage gerührt, als er eben Ducaten zählte und abwog;<lb/>
seine Hinterlassenschaft soll an 6 Millionen Gulden betragen. Die Heldenthaten,<lb/>
wodurch er diese Lorbeeren erwarb, sind in der Ow'om&lt;iuv 80emal.lion8e der Wiener<lb/>
Börse und der Bankdirection verzeichnet.</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzvoten. II, 57</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0457] Vestreiehiseh'e Finanzen. Einer der Baukdirectoren ist mit Tode abgegangen, der Freiherr von Schleißnigg, einer der Männer, welche die Mitschuld belastet, daß der Auf¬ wand von 2 bis 3W Millionen den Vermögensstand eines ganzen Staates, wie Oestreich, in seinen festen Stützen zerrüttet und unterwühlt; einer der Männer, welche, um einige Procente für ihre Bankactien zu gewinnen, das Capital der Nation angriffen. Man kann es nicht oft genug wiederholen, daß das Gebahren der Bank- direction, ihre Willfährigkeit und Servilität gegen die Finanzverwaltung, die Geld- Verhältnisse der Monarchie eorrnmpirtcn; man muß es wiederholen, da nur die Regelung der Baut, ihre Abtrennung von den Staatsfinanzen und eine öffentliche Controle ihrer Verwaltung das Uebel heben könne». Der Minister Kraus, der an den Bankdirecloren stets bereitwillige Knechte fand, selbst zu den verderblichsten finanziellen Maßnahmen, legte in den Mund Sr. Majestät des Kaisers eine Belobung derselben, und für den Nilin deö Landes wurde ein Mann wie Schleiß- nigg mit kaiserlichem Wohlwollen beehrt! Baron Schleißnigg stand währeud seines Lebens nichts weniger als in gutem Rufe bei der Geschäftswelt; mit einem großen Reichthum verband er den knicke¬ rigste» Geldgeiz, der es nicht scheute, auch etwas unsaubere Mittel zur Erlangung eines Gewinnes zu gebrauchen. Als die Märzrevolution ausbrach nud die Katzen¬ musiken in die Mode kamen, entging er und sein Bruder diesem Spectakel nicht, da sie allgemein gehaßt wurden; Letzterer bedrückte die Einwohner seiner Häuser derart, daß er wenige Freunde darunter fand, die ihn beschützt hätten. Ans Furcht, daß sein Besitzthum beschädigt oder demolirt werden könnte, verkaufte er eS schnell, da kein Käufer gegen baar zu finden war, für eine jährliche Leibrente, starb aber schon im ersten Jahre. Der jetzt Gestorbene benutzte seine Stellung als Bankdireetor, indem er das Silber Wagenweise aus der Bank holen ließ, und Kundige behaupten, daß er auf diese Weise über eine Million Gulden geprägter Münze aus den Baukkellern nahm, die er daun wieder gegen Agio an den Geldmarkt brachte. Minister Kraus aber zahlte für Herbeischaffung von Silber, um es in die Bank zu hinterlegen, an 3 Mill. Agio! Baron Schleißnigg, der Sohn eines Mannes, welcher in naher Beziehung zum Kaiser Franz stand, und sich dadurch ein großes Vermögen, Titel und Orden erwarb, wurde vom Schlage gerührt, als er eben Ducaten zählte und abwog; seine Hinterlassenschaft soll an 6 Millionen Gulden betragen. Die Heldenthaten, wodurch er diese Lorbeeren erwarb, sind in der Ow'om<iuv 80emal.lion8e der Wiener Börse und der Bankdirection verzeichnet. Grenzvoten. II, 57

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_185336
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_185336/457
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_185336/457>, abgerufen am 22.07.2024.