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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band.

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Die Wohnung des jeweiligen Rectors wird von den Studirenden der Theologie
förmlich belagert, und in derselben werden die "Micr-re <.'roäeirtuckos" ausgefer¬
tigt, durch toelche sich der lo^ta" bei der betreffenden Gemeinde legitimiren uniß.
Versteht sich wurde die Größe der zuzutheilenden Gemeinde mit dem Schulgrad
des dahin zu sendenden log-,tu", mit seiner moralischen Aufführung und nüssenschaft-
lichen Befähigung so viel als möglich in passende Uebereinstimmung gebracht.
Aber uicht immer ist es das Sire Honorar, was den lo^ta" bestimmte, um die
Absendung in eine oder die andere Gemeinde anzuhalten, soudern es konnueil noch
viele Nebenumstände hinzu, welche denselben in seinen Wünschen bestümnen und
im Verweigerungsfalle oft zur Verzweiflung bringen können. In vielen Gemein¬
den sind es nämlich die zahlreichen Edelleute derselben Konfession, welche im
Rayon derselben wohne", und die oft an und für sich magere Pfründe durch ihre
Privatgeschenle zu einer der feistesten machen. Oder der ><;gi.U.c>L war am ver¬
flossenen Feiertage in einer Gemeinde gewesen, und hat liebst den vielen herz¬
lichen Ermahnungen an die Gläubigen auch einige Herzens seufz er an eine
Ungläubige zurückgelassen. Oder aber die Predigt hat ihm das vorige Mal nicht
recht vom Stapel laufen wollen, und er wünschte zu seiner Ehrenrettung dieselbe
Gemeinde von seinen Fortschritten in der Kunst deö Demosthenes zu überzeugen ze.
Immerhin aber sind die lo^livres die schönsten Lichtpunkte in dem Leben eines
protestantischen Studio, und mancher hat noch in seinem hohen Alter die Aben¬
teuer zu erzählen, an welchen die toMlumos ff, reich sind. In der bestimmten
Gemeinde augelangt, wird der IvM'lus beim Richter oder Dorsnotar einquartirt,
legt hier seine crLäöntialc;" vor, und nachdem er seinen besten Anzug angelegt,
geht er zu dem Grundherrn deö Dorfes oder zu dem Vornehmsten des Com-
possessoratSadels, um seine ergebenste Aufwartung zu machen. Die einzelnen
Stücke seines Anzuges sind zwar selten nach den Anforderungen der eleganten
Welt an einander gereiht, und der feine moderne Frack, den er von einem reichen
College" borgte, will uicht ganz mit der geblümten Piqueweste und den weißen
engen Kvsakenhosen mit ledernen Steigricmen, und noch weniger mit den zwar
geglänzten aber ursprünglich tuhlederuen Stiefeln harmoniren, aber er hatte doch
immerhin seinen elegantesten Anzug angelegt, und der protestantische Edelmann
ist immer ein wohlwollender Gönner, und der w^no." wird stets mit echt magya¬
rischer Gastfreundschaft empfangen. Während der Feiertage wird der Je^-lus bei
dem Grundherrn oder den übrigen Notabilitäten des Ortes zur Tafel geladen,
und das ist die eigentliche Bildungsschule, wo der bei Schulstaub und Conviet-
suppe herangewachsene Studio mit feinern Sitten und feinern Bissen bekannt wird,
und man kann es dem s-ivttw vivre; eines solchen Musensohnes ansehen, wie
viele und welche le^Uono" er beiläufig durchgemacht haben mag. Daß die man¬
nigfachen Verhältnisse, in welchem der in-gula" zu dem Ortsrichter, Notar, Geist¬
lichen und adeligen Gutsbesitzer steht, ebenso viele Ausgangspunkte zu den inter-


Die Wohnung des jeweiligen Rectors wird von den Studirenden der Theologie
förmlich belagert, und in derselben werden die „Micr-re <.'roäeirtuckos" ausgefer¬
tigt, durch toelche sich der lo^ta« bei der betreffenden Gemeinde legitimiren uniß.
Versteht sich wurde die Größe der zuzutheilenden Gemeinde mit dem Schulgrad
des dahin zu sendenden log-,tu«, mit seiner moralischen Aufführung und nüssenschaft-
lichen Befähigung so viel als möglich in passende Uebereinstimmung gebracht.
Aber uicht immer ist es das Sire Honorar, was den lo^ta» bestimmte, um die
Absendung in eine oder die andere Gemeinde anzuhalten, soudern es konnueil noch
viele Nebenumstände hinzu, welche denselben in seinen Wünschen bestümnen und
im Verweigerungsfalle oft zur Verzweiflung bringen können. In vielen Gemein¬
den sind es nämlich die zahlreichen Edelleute derselben Konfession, welche im
Rayon derselben wohne», und die oft an und für sich magere Pfründe durch ihre
Privatgeschenle zu einer der feistesten machen. Oder der ><;gi.U.c>L war am ver¬
flossenen Feiertage in einer Gemeinde gewesen, und hat liebst den vielen herz¬
lichen Ermahnungen an die Gläubigen auch einige Herzens seufz er an eine
Ungläubige zurückgelassen. Oder aber die Predigt hat ihm das vorige Mal nicht
recht vom Stapel laufen wollen, und er wünschte zu seiner Ehrenrettung dieselbe
Gemeinde von seinen Fortschritten in der Kunst deö Demosthenes zu überzeugen ze.
Immerhin aber sind die lo^livres die schönsten Lichtpunkte in dem Leben eines
protestantischen Studio, und mancher hat noch in seinem hohen Alter die Aben¬
teuer zu erzählen, an welchen die toMlumos ff, reich sind. In der bestimmten
Gemeinde augelangt, wird der IvM'lus beim Richter oder Dorsnotar einquartirt,
legt hier seine crLäöntialc;« vor, und nachdem er seinen besten Anzug angelegt,
geht er zu dem Grundherrn deö Dorfes oder zu dem Vornehmsten des Com-
possessoratSadels, um seine ergebenste Aufwartung zu machen. Die einzelnen
Stücke seines Anzuges sind zwar selten nach den Anforderungen der eleganten
Welt an einander gereiht, und der feine moderne Frack, den er von einem reichen
College« borgte, will uicht ganz mit der geblümten Piqueweste und den weißen
engen Kvsakenhosen mit ledernen Steigricmen, und noch weniger mit den zwar
geglänzten aber ursprünglich tuhlederuen Stiefeln harmoniren, aber er hatte doch
immerhin seinen elegantesten Anzug angelegt, und der protestantische Edelmann
ist immer ein wohlwollender Gönner, und der w^no.« wird stets mit echt magya¬
rischer Gastfreundschaft empfangen. Während der Feiertage wird der Je^-lus bei
dem Grundherrn oder den übrigen Notabilitäten des Ortes zur Tafel geladen,
und das ist die eigentliche Bildungsschule, wo der bei Schulstaub und Conviet-
suppe herangewachsene Studio mit feinern Sitten und feinern Bissen bekannt wird,
und man kann es dem s-ivttw vivre; eines solchen Musensohnes ansehen, wie
viele und welche le^Uono» er beiläufig durchgemacht haben mag. Daß die man¬
nigfachen Verhältnisse, in welchem der in-gula« zu dem Ortsrichter, Notar, Geist¬
lichen und adeligen Gutsbesitzer steht, ebenso viele Ausgangspunkte zu den inter-


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[0432] Die Wohnung des jeweiligen Rectors wird von den Studirenden der Theologie förmlich belagert, und in derselben werden die „Micr-re <.'roäeirtuckos" ausgefer¬ tigt, durch toelche sich der lo^ta« bei der betreffenden Gemeinde legitimiren uniß. Versteht sich wurde die Größe der zuzutheilenden Gemeinde mit dem Schulgrad des dahin zu sendenden log-,tu«, mit seiner moralischen Aufführung und nüssenschaft- lichen Befähigung so viel als möglich in passende Uebereinstimmung gebracht. Aber uicht immer ist es das Sire Honorar, was den lo^ta» bestimmte, um die Absendung in eine oder die andere Gemeinde anzuhalten, soudern es konnueil noch viele Nebenumstände hinzu, welche denselben in seinen Wünschen bestümnen und im Verweigerungsfalle oft zur Verzweiflung bringen können. In vielen Gemein¬ den sind es nämlich die zahlreichen Edelleute derselben Konfession, welche im Rayon derselben wohne», und die oft an und für sich magere Pfründe durch ihre Privatgeschenle zu einer der feistesten machen. Oder der ><;gi.U.c>L war am ver¬ flossenen Feiertage in einer Gemeinde gewesen, und hat liebst den vielen herz¬ lichen Ermahnungen an die Gläubigen auch einige Herzens seufz er an eine Ungläubige zurückgelassen. Oder aber die Predigt hat ihm das vorige Mal nicht recht vom Stapel laufen wollen, und er wünschte zu seiner Ehrenrettung dieselbe Gemeinde von seinen Fortschritten in der Kunst deö Demosthenes zu überzeugen ze. Immerhin aber sind die lo^livres die schönsten Lichtpunkte in dem Leben eines protestantischen Studio, und mancher hat noch in seinem hohen Alter die Aben¬ teuer zu erzählen, an welchen die toMlumos ff, reich sind. In der bestimmten Gemeinde augelangt, wird der IvM'lus beim Richter oder Dorsnotar einquartirt, legt hier seine crLäöntialc;« vor, und nachdem er seinen besten Anzug angelegt, geht er zu dem Grundherrn deö Dorfes oder zu dem Vornehmsten des Com- possessoratSadels, um seine ergebenste Aufwartung zu machen. Die einzelnen Stücke seines Anzuges sind zwar selten nach den Anforderungen der eleganten Welt an einander gereiht, und der feine moderne Frack, den er von einem reichen College« borgte, will uicht ganz mit der geblümten Piqueweste und den weißen engen Kvsakenhosen mit ledernen Steigricmen, und noch weniger mit den zwar geglänzten aber ursprünglich tuhlederuen Stiefeln harmoniren, aber er hatte doch immerhin seinen elegantesten Anzug angelegt, und der protestantische Edelmann ist immer ein wohlwollender Gönner, und der w^no.« wird stets mit echt magya¬ rischer Gastfreundschaft empfangen. Während der Feiertage wird der Je^-lus bei dem Grundherrn oder den übrigen Notabilitäten des Ortes zur Tafel geladen, und das ist die eigentliche Bildungsschule, wo der bei Schulstaub und Conviet- suppe herangewachsene Studio mit feinern Sitten und feinern Bissen bekannt wird, und man kann es dem s-ivttw vivre; eines solchen Musensohnes ansehen, wie viele und welche le^Uono» er beiläufig durchgemacht haben mag. Daß die man¬ nigfachen Verhältnisse, in welchem der in-gula« zu dem Ortsrichter, Notar, Geist¬ lichen und adeligen Gutsbesitzer steht, ebenso viele Ausgangspunkte zu den inter-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_185336/432>, abgerufen am 22.07.2024.