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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band.

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zngewogen"); kurz überall, wo er aus seinem Alltagsleben heraufstieg, kreuzte
sich sein Weg mit eineni Deutschen, wie sollte er also nicht in der Meinung
befestigt werden: "vom Deutschen kommen alle Plagen?" So bildete
sich el" von den magyarischen verschiedener "ungarischer" Patriotismus, besonders
bei den Nordslaven und deutschen Einwohnern Ungarns, die, an der Nordgrenze
Ungarns wohnend, mit dein "Kreisanttswesen" öfter in Berührung kommen und
die als zum großen Theil lutherische Protestanten auch noch andere Reminiscenzen
haben, die fiir deu einwandernden deutschen Beamten, und als solcher erscheint
jeder, der von Wien geschickt wird, nichts weniger als Sympathien erregen können.

Schließlich noch einiges über die Person, die sür den Verfasser von "Un¬
garns Zukunft" gehalten wird, denn wie es scheint, wird er in der Zukunft noch
manchmal in das Scbicksalsrad Ungarns eingreifen, und es ist daher von Interesse,
mit seiner Vergangenheit vertraut zu sein. Herr Zsedunpi ist ein Mann von
dreißig und einigen Jahren, einnehmenden Aeußern und bedeutendem Talent.
In seiner Jugend war er, wie jeder ungarische Jüngling, liberal, schlug später um,
und kämpfte in den Landtagen von 18-43 und 18^- in den Reihen der Conser-
vativen; doch hier waren in Ungarn die Lorbeeren nicht leicht zu erwerben, er
suchte sich also im Bureau für die "Schwierigkeiten" der Tribune zu entschädigen.

Als Hofrath bei der ungarischen Hofkanzlei in Wien allgestellt, zog Herr
Zsedc'api durch seine Geschmeidigkeit und seine wirtlichen Fähigkeiten die Auf¬
merksamkeit der östreichischen Negierung auf sich, und ein seinem Talent entspre¬
chender, höherer Wirkungskreis wäre nun nicht entgangen, wenn die Revolution
von 18^8 nicht ihr mächtiges Veto dazwischen geschleudert hatte. Die Revolution
traf ihn übrigens nicht in Wien, sondern in Preßburg als Deputirter der Zipser
Gcsp. bei der Ständetafel, wo er in den. ersten Tagen der Revolution, mit dieser
damals allein herrschenden Göttin, ein kühnes, halsbrecherisches Spiel wagte.

Nachdem nämlich das erste, n u abhängige ungarische Ministerium am 23.
März ernannt und sanctionirt worden war, glaubten sich die Volksvertreter in
Preßburg ihren Arbeiten mit Muße wieder hingeben zu können, als am 3l. des¬
selben Monats der Landtag und die Bevölkerung Ungarns durch zwei königl.
Nescripte in Furcht und Schrecke,! versetzt wurde. Das erste enthielt die Ver¬
ordnung, der zufolge die bisherige "ungarische Hofkammer" beizubehalten, und
ihr die Verwaltung der Caineralgüter (ungarische StaatSdvmaincn), der Berg¬
werke und das Salzmonopvl unterzuordnen und von dem Finanzministerium zu
trennen sei. Ferner will der König durch diese Kammer, die in Wien verblei¬
ben soll, sein Ernennnngs-und Begnadigungsrecht ohne Einfluß der Minister



Obwohl seit Joseph'S Tod in Ungar" alle Akuter in den Couutatc", Städte", bei
den hoher" Gcrichtötafel" ". s. >v. uut Ung.lo" besetzt wäre", so bliebe" doch die Dreis.igst-
äuiter, Grcuzwacht ""d Salz- und Bergwertämter i" de" Hände" der "mit der Abini-
"istratio" besser vertraute"" Deutsche".

zngewogen"); kurz überall, wo er aus seinem Alltagsleben heraufstieg, kreuzte
sich sein Weg mit eineni Deutschen, wie sollte er also nicht in der Meinung
befestigt werden: „vom Deutschen kommen alle Plagen?" So bildete
sich el» von den magyarischen verschiedener „ungarischer" Patriotismus, besonders
bei den Nordslaven und deutschen Einwohnern Ungarns, die, an der Nordgrenze
Ungarns wohnend, mit dein „Kreisanttswesen" öfter in Berührung kommen und
die als zum großen Theil lutherische Protestanten auch noch andere Reminiscenzen
haben, die fiir deu einwandernden deutschen Beamten, und als solcher erscheint
jeder, der von Wien geschickt wird, nichts weniger als Sympathien erregen können.

Schließlich noch einiges über die Person, die sür den Verfasser von „Un¬
garns Zukunft" gehalten wird, denn wie es scheint, wird er in der Zukunft noch
manchmal in das Scbicksalsrad Ungarns eingreifen, und es ist daher von Interesse,
mit seiner Vergangenheit vertraut zu sein. Herr Zsedunpi ist ein Mann von
dreißig und einigen Jahren, einnehmenden Aeußern und bedeutendem Talent.
In seiner Jugend war er, wie jeder ungarische Jüngling, liberal, schlug später um,
und kämpfte in den Landtagen von 18-43 und 18^- in den Reihen der Conser-
vativen; doch hier waren in Ungarn die Lorbeeren nicht leicht zu erwerben, er
suchte sich also im Bureau für die „Schwierigkeiten" der Tribune zu entschädigen.

Als Hofrath bei der ungarischen Hofkanzlei in Wien allgestellt, zog Herr
Zsedc'api durch seine Geschmeidigkeit und seine wirtlichen Fähigkeiten die Auf¬
merksamkeit der östreichischen Negierung auf sich, und ein seinem Talent entspre¬
chender, höherer Wirkungskreis wäre nun nicht entgangen, wenn die Revolution
von 18^8 nicht ihr mächtiges Veto dazwischen geschleudert hatte. Die Revolution
traf ihn übrigens nicht in Wien, sondern in Preßburg als Deputirter der Zipser
Gcsp. bei der Ständetafel, wo er in den. ersten Tagen der Revolution, mit dieser
damals allein herrschenden Göttin, ein kühnes, halsbrecherisches Spiel wagte.

Nachdem nämlich das erste, n u abhängige ungarische Ministerium am 23.
März ernannt und sanctionirt worden war, glaubten sich die Volksvertreter in
Preßburg ihren Arbeiten mit Muße wieder hingeben zu können, als am 3l. des¬
selben Monats der Landtag und die Bevölkerung Ungarns durch zwei königl.
Nescripte in Furcht und Schrecke,! versetzt wurde. Das erste enthielt die Ver¬
ordnung, der zufolge die bisherige „ungarische Hofkammer" beizubehalten, und
ihr die Verwaltung der Caineralgüter (ungarische StaatSdvmaincn), der Berg¬
werke und das Salzmonopvl unterzuordnen und von dem Finanzministerium zu
trennen sei. Ferner will der König durch diese Kammer, die in Wien verblei¬
ben soll, sein Ernennnngs-und Begnadigungsrecht ohne Einfluß der Minister



Obwohl seit Joseph'S Tod in Ungar» alle Akuter in den Couutatc», Städte», bei
den hoher» Gcrichtötafel» ». s. >v. uut Ung.lo» besetzt wäre», so bliebe» doch die Dreis.igst-
äuiter, Grcuzwacht »»d Salz- und Bergwertämter i» de» Hände» der „mit der Abini-
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_185336/399>, abgerufen am 22.07.2024.